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Kapitel 4

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Hanari-Siedlung Grünwasser, nordwestlich der Hauptstadt Harinagar

Barek 17 Grünwasser warf immer wieder einen misstrauischen Blick zu den Kragenechsen am Rand des Ackers. Es waren nur zwei, die scheinbar gelangweilt auf ihren Hinterläufen saßen und sich ausgiebig putzten, aber Barek kannte diese räuberischen Wesen gut genug, um Gefahr zu ahnen. Nicht für sich, denn die Kragenechsen waren kaum unterarmlang und viel zu feige, doch sie schätzten die Fruchtpflanzen-Setzlinge, die er seit dem Sonnenaufgang in die vorbereiteten Furchen steckte.

Barek rieb sich über die Schnauze und hechelte. Es war heiß und sein Körper wurde nur schwer mit der Wärme fertig. Immer wieder trank er aus der Wasserflasche und benetzte seinen Nacken. Auch wenn das kurzfristig Linderung brachte, so schrumpfte sein Vorrat doch bedenklich. Sicherlich – der Bach, der vom See durch Grünwasser führte, war nahe, aber die beiden Kragenechsen waren noch sehr viel näher und konnten Bareks bisherige Arbeit rasch zunichte machen. Es war immer wieder erstaunlich, wie flink sich diese Räuber bewegten und wie gekonnt sie frische Setzlinge in einer einzigen Bewegung aus dem Boden reißen und in ihren Rachen stopfen konnten. Zudem musste der Jungmann befürchten, dass jene beiden nur die Vorboten eines ganzen Rudels waren.

„Wenn man selber einmal von einer Stechfrucht nascht, ist immer sofort ein Feldwächter da“, knurrte er missmutig, „aber wenn man sie wirklich braucht, ist keiner in der Nähe.“

Er warf einen Klumpen Erde in Richtung der Echsen, doch diese hüpften nur ein Stück zur Seite, stellten ihre Panzerkragen für einen Moment auf und schienen Barek dann wieder vollständig zu ignorieren und sich der Körperpflege hinzugeben.

„Verdammte Brut!“, fluchte er.

Die kleinen Plagegeister waren als Einzelwesen recht harmlos, auch wenn sie eine diebische Veranlagung hatten, wenn es um Essbares ging. Im Rudel wurden sie jedoch zum wirklichen Ärgernis. Dann fanden sie sogar den Mut, durch das Dorf zu jagen und dort jede Menge Unruhe zu stiften. Dann gingen immer ein paar Sachen zu Bruch, weil die Kragenechsen nicht darauf zu achten schienen, was in ihrem Weg lag. Zudem nutzte mancher Hanari, was ihm gerade in die Hände fiel, um nach den kleinen Plünderern zu werfen.

Wenn es ja nur ein paar Früchte, Setzlinge oder dergleichen gewesen wären … Der Ertrag des Dorfes war gut und das hätte man verschmerzen können. Aber ein Rudel Kragenechsen, das gute Nahrungsgründe fand, konnte sich rasend schnell vermehren und dann wurde ihr Kot zu einer Gefahr. Während der Paarungszeit sonderten die Wesen eine Substanz ab, die den Boden eines Feldes vergiftete und den Acker auf Jahre hinaus unbenutzbar machte. Das Einzige, was dann noch half war, die Anbaufläche für viele Wochen unter Wasser zu setzen. Die Wissenden behaupteten, das schwemme das Gift aus dem Boden heraus oder verdünne es so sehr, dass man wieder Früchte setzen könne. Das war mit viel Arbeit verbunden und das betroffene Feld fiel für eine ganze Ernteperiode aus. Barek hoffte inbrünstig, dass es nicht dazu kommen werde, denn dieses Feld war ganz neu angelegt.

Die letzten zwei Tage waren voller harter Arbeit gewesen.

Ganz Grünwasser hatte geholfen, dieses Feld zu roden. Es hatte eine Menge Schweiß gekostet, die Pfahlwurzeln der gefällten Bäume auszugraben. Diese würde man in den kommenden Wochen zermahlen und dann als Dünger wieder auf dem Acker ausbringen. Dann hatte man alles nach Steinen abgesucht und ein paar beeindruckende Brocken gefunden. Auch diese mussten entfernt werden, damit der Pflug keinen Schaden nahm. Hartholz und gutes Eisen sorgten dann für die zahlreichen Furchen.

Die Ältesten waren davon überzeugt, dass der Boden hier sehr gut sei und eine ausgezeichnete Ernte bringen würde. Aber bevor man die kostbaren Fruchtpflanzen in langen Reihen ausbrachte, wurde immer erst eine Probereihe gepflanzt. Immerhin konnten im Boden Substanzen verborgen sein, die den Setzlingen nicht bekamen, obwohl die Wissenden von Grünwasser die Erde ausgiebig beschnüffelt und sogar gekostet hatten.

Barek war die Aufgabe zugefallen, einen kleinen Bereich des Feldes mit Setzlingen zu versehen. Er konnte sich durchaus denken, warum man ausgerechnet ihn dafür auswählte. Am Tag nach der Bildervorführung waren ein Ältester und ein Gewissensbewahrer bei seinen Eltern erschienen und hatten mit diesen gesprochen. Er vermutete, dass seine Bemerkungen während der Vorführung der Grund dafür waren. Wahrscheinlich war es einer der alten Kämpfer aus dem Vereinigungskrieg gewesen, der sich über ihn beschwerte. Die waren ja sehr empfindlich, wenn man nicht sofort auf den Bauch rutschte, sobald von ihren früheren Verdiensten die Rede war.

Jedenfalls hatte Barek 17 Grünwasser die durchaus zweifelhafte Ehre, nun alleine auf dem neuen Feld zu stehen und die Probesetzlinge auszubringen – eine einfache und zugleich mühevolle Arbeit: ein Stoß mit dem Rundholz (der ein passendes Loch schuf), dann das Setzen der Jungpflanze, die Erde mit nicht zu großem Druck anpressen und wieder einen Schritt weiter für die nächste Pflanze.

Normalerweise würden andere dabei helfen. Barek fluchte auf seine vorlaute Schnauze, die langen Ohren alter Krieger und den Eifer der Gewissensbewahrer. Die meisten der Dorfbewohner waren auf den anderen Feldern oder am Bewässerungssystem. Die Gräben mussten gesäubert und die hölzernen Schieber überprüft werden. Barek wäre wahrhaftig lieber dort gewesen. Auch das war keine einfache Arbeit, aber das Wasser hätte bei dieser Hitze Linderung verschafft.

Abermals drückte er einen Setzling in den Boden, richtete sich auf und warf einen erneuten Blick zu den beiden Kragenechsen. Sein Schwanz wurde sofort buschig, als er erkannte, dass ihn sein Gefühl nicht betrogen hatte. Jetzt waren es fünf und mit Sicherheit verbargen sich noch weit mehr im Hintergrund.

Barek überlegte. Hilfe zu holen machte keinen Sinn. Sobald er das Feld verließ, würden sich die Echsen darüber hermachen und bis er mit anderen Dorfbewohnern zurückkehren konnte, war hier schon alles geplündert und nicht nur das. Er konnte ein Weibchen mit intensiv rotem Kragen sehen. Die verdammten Biester waren in der Paarungszeit und sie würden das ganze Feld ruinieren, wenn sie über die Setzlinge herfielen.

Die Lefzen zogen sich voller Zorn von seinen Zähnen zurück. Eher hilflos bückte er sich und sammelte ein paar Erdbrocken. Das würde nicht viel helfen. Sie waren trocken und nicht fest – keine geeigneten Wurfgeschosse, um die Echsen zu verscheuchen.

Das neue Feld lag ein Stück vom Bachlauf entfernt. Der Bewässerungsgraben war ganz neu angelegt und somit kein anderer Dorfbewohner in der Nähe. Dort, wo die Furchen aufhörten, war das Feld von dichtem Bewuchs umgeben: Rotgras, Dornenbüsche und ein paar Kegelbäume, die den Kragenechsen ein ideales Versteck boten. Wie erwartet tauchten nun immer mehr der Reptilien auf. Es war, als würden sie Bareks Hilflosigkeit spüren.

„Kommt nur!“, rief er voller Zorn. „Ein paar von euch werde ich erwischen und ihr schmeckt ziemlich gut. Ihr wollt euch an unseren Früchten mästen? Wartet nur ab, ich werde schon dafür sorgen, dass ihr mit ein paar Früchten am Abendbrot teilnehmt – und zwar als Hauptgericht!“

Die Drohung beeindruckte die kleinen Räuber überhaupt nicht. Immer mehr erschienen um das Feld herum und viele spreizten erregt ihren Kragen. Ein paar sprangen vor und wieder zurück. Die Reptilien waren schlau genug, Bareks Kampfkraft auf die Probe zu stellen, doch der wiederum war klug genug, auf das Werfen der kümmerlichen Geschosse zu verzichten.

Das Weibchen, das ihm schon zuvor wegen des intensiv roten Kragens aufgefallen war, stieß nun ein lautes Zischen aus. Dann stürmten alle auf einmal los. Es mochten inzwischen um die fünfzig der flinken Räuber sein. Barek schrie seine Wut hinaus und schleuderte die Erdbrocken, doch er wusste, dass er nichts ausrichten würde.

Dann erschien das Ungeheuer.

Es stand ganz plötzlich vor Barek und überragte diesen um mehr als das Doppelte. Ein flammendroter gedrungener Leib, getragen von vier stämmigen Beinen. Messerscharfe Klauen blitzten an den vier Armen. Am schlimmsten war das Maul – ein riesiges Maul, weit geöffnet und voller bluttriefender Zähne. Das Gebrüll war furchtbar.

Barek machte instinktiv unter sich und warf sich flach auf den Boden.

Die Kragenechsen überschlugen sich förmlich, kreischten entsetzt und rannten und hüpften, was ihre Sprungläufe hergaben.

Barek lag zitternd in der Ackerfurche, bedeckte den Schädel mit seinen Pfoten und hoffte nur, das Monster möge ihn verschonen oder der Tod ihn wenigstens rasch ereilen.

Stattdessen hörte er unvermittelt ein lautes Lachen.

Furchtsam hob er den Kopf und sah gerade noch, wie sich die entsetzliche Kreatur vor seinen Augen auflöste. Verwirrt blieb er liegen, bis er eine Stimme hinter sich hörte.

„Ich denke, du kannst dich gefahrlos erheben. Immerhin erfreulich, dass dich meine Bilder auf solche Weise beeindrucken.“

Barek erhob sich beschämt und sah Fallet vor sich. Der Magier des Bilderwerfens wippte belustigt auf seinen Beinen.

„Das … das Monster war nicht echt?“, fragte der Jungmann verwirrt.

Fallet lachte erneut. „Offensichtlich nicht. Und ebenso offensichtlich kam ich wohl zur rechten Zeit, um diese lästigen Echsen zu vertreiben.“

„Oh, das ist wohl wahr.“ Barek sah den Bilderwerfer dankbar an. „Ich schulde dir Dank. Es war furchterregend und überaus beeindruckend.“

Der Magier winkte ab. „In gewisser Weise war es zudem ein köstlicher Spaß, junger Freund, auch wenn er ein wenig auf deine Kosten ging. Es würde mich auch wundern, wenn es irgendwo einen Hanari gäbe, der meine Kunst nicht zu schätzen wüsste. Schließlich bin ich der große Fallet, der magische Ereignisse zeigt, und so die Herzen erfreut.“ Er lachte abermals und es machte auf Barek den Eindruck, als amüsierte sich der Magier vor allem über sich selbst. Er zwinkerte den Jungmann verschwörerisch an. „Nun, diesmal habe ich ein wenig Furcht in die Herzen gesenkt, nicht wahr?“

„Ganz gewiss.“ Langsam beruhigten sich Bareks zitternde Glieder wieder. „Sag, großer Magier, dieses … dieses Monster – wie konntest du sein Bild werfen? Ich hörte, die Bilder müsse man in der Magierakademie in der Hauptstadt erlernen.“ Er kräuselte verlegen die Lefzen. „Jedenfalls hat das unser Wissender gesagt.“

„Nun, euer Wissender hat recht und zugleich auch unrecht.“ Fallet schien kurz zu überlegen, wie er seine magische Kunst denn wohl einem einfachen Hanari erklären könne. „Wir Magier können auch eigene Bilder werfen. Es erfordert viel Kraft und Konzentration. Viel leichter wird es, wenn man ein Bild zuvor schon gesehen hat. In der Akademie entwerfen wir sie gemeinsam und sie später zu werfen ist leicht, da wir sie zuvor ja schon gesehen haben und nur aus dem Gedächtnis aufrufen müssen.“

„Dann hast du dieses Monster schon zuvor gesehen?“

„Oh ja! Es ist Bestandteil eines neuen Sternenmärchens.“

„Ein Sternenmärchen? Ich liebe Sternenmärchen.“

Fallet verzog amüsiert die Lefzen. „Soso, hast du denn schon eines gesehen?“

„Nein“, gestand Barek verschämt. „Aber einer unserer Wissenden erzählte, in den großen Städten werden sie gezeigt.“

Fallet ging in die Hocke und schien die Setzlinge interessiert zu betrachten. „Das ist wahr. Das Publikum möchte Neues sehen. Nichts gegen ein paar Heldenbilder von Haldar – mögen die Wolken ihm gewogen sein –, aber vielen unserer Hanari, vor allem den jungen, wären weniger Heldenbilder sehr viel lieber. Sie möchten Abwechslung.“

„Abenteuer und Sternenmärchen“, pflichtete Barek bei.

Der Magier richtete sich wieder auf und strich sich nachdenklich über den Kopf. „Ja, Abenteuer und Sternenmärchen … Würdest du gerne eines sehen?“

„Ganz gewiss!“

„Nun ja, wir Magier erlernten ,Der rotmäulige Fremde aus dem Sternenraum‘. Du kannst dir sicher denken, dass das Monstrum von eben aus diesen Bildern stammt. Ich weiß nur nicht, ob ich dieses Sternenmärchen in Grünwasser zeigen soll. Manche ängstigen sich.“

„Also ich habe unter mich gemacht“, gestand Barek freimütig. „Aber vielleicht kannst du es nicht ganz so furchtbar zeigen. Also, mit geschlossenem Maul und ohne das entsetzliche Brüllen.“

„Nun, das wäre eine Möglichkeit.“

„Darf ich dich etwas fragen?“

„Tust du das nicht schon?“

„Also beim Bilderwerfen – ich habe dich so verstanden, dass ihr Magier euch alle die gleichen Bilder einprägt. Also müsst ihr sie euch doch auch gemeinsam ansehen. Aber wie entsteht das allererste Bild? Das, das ihr später uns anderen zeigt?“

„Ich merke, du bist ein sehr kluger Hanari, denn du stellst die richtigen Fragen.“ Erneut überlegte Fallet. „Eigentlich ist es recht einfach, auch wenn es mich ein wenig verlegen macht dies zuzugeben. An der Akademie werden ganze Häuser oder einzelne Räume in riesigen Hallen nachgebaut. Sogenannte Bildspieler übernehmen die Rollen, die für die Ereignisse benötigt werden. Du glaubst nicht, wie sehr der arme Kerl gelitten hat, der in das Kostüm des roten Monsters schlüpfen musste. Sein Anzug wurde sehr dick mit Stoffen ausgepolstert und die zusätzlichen Gliedmaßen mussten mit Stöcken und langen Fäden geführt werden. Na ja, die werden dank der Kraft der Fantasie eines Magiers beim Bildwerfen entfernt. Ein Magier merkt sich nur, was für das Bildereignis von Bedeutung ist. Es ist eine große Gabe, mein Freund.“ Der Bilderwerfer deutete eine Verbeugung an. „Und vor dir steht einer der Besten. Schließlich bin ich der große Fallet, der magische Ereignisse zeigt und so die Herzen erfreut.“

Barek 17 Grünwasser klaffte die Schnauze vor Staunen offen. Fallet legte dem Jungmann die Pfote auf die Schulter. „Also gut. Heute Abend werden meine Gehilfen die Nachricht verbreiten, dass ich morgen ein Sternenmärchen zeige. Offen gesagt bin ich gespannt, wie es bei der Landbevölkerung ankommen wird.“

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