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Kapitel 6
ОглавлениеBriefing-Raum 4, Deck 74, D.C.S. Trafalgar, elf Tage bis zum Ziel
Es waren Dutzende von Männern und Frauen, die in den Briefing-Raum hineindrängten und auf den ersten Blick schien es schwer, sie auseinanderhalten zu können. Alle trugen den hellgrauen Uniformoverall der Sky-Cav, die dunkelgrauen Kampfstiefel und das dunkelgraue Barett ihrer Waffengattung. Am rechten Oberarm waren die Hoheitsfarben des Direktorats zu sehen, am linken das Wappenschild der fünften Sky-Cav. Vom Podium aus waren die Namensschilder nicht lesbar, aber das störte den wartenden Major nicht. Er kannte jeden der Ankömmlinge aus vergangenen Ausbildungen und wusste, wie er sie zu behandeln hatte. Er ließ ihnen ein wenig Spielraum und wartete geduldig, bis sie sich alle einen Platz gesucht hatten. Der Blick und das Lächeln des Majors verrieten Gutmütigkeit, doch das durfte niemanden darüber hinwegtäuschen, dass er hart wie Tri-Stahl werden konnte.
Er wusste, dass diese Trooper ungeduldig waren. Sie zerrten an ihrer symbolischen Leine, denn sie wollten endlich zuschlagen. Er konnte es gut verstehen, dass sie ein wenig Dampf ablassen mussten. Schließlich tippte er an das Implant hinter seinem Ohr und seine Worte wurden leise, aber deutlich an jeden der Anwesenden übertragen. „Achtung an Deck!“
Augenblicklich herrschte Ruhe und die Haltung der Sitzenden straffte sich ein wenig.
„Ich brauche mich Ihnen eigentlich nicht vorzustellen, Ladies und Gentlemen, aber ich will es dennoch tun, damit Ihnen die Bedeutung meiner Worte klar ist. Ich werde mich nicht wiederholen. Sky-Trooper Charles, seien Sie so freundlich und wecken Sie Sky-Trooper Baramovicz. Es ist zwar ein Segen für einen Soldaten, zu jeder Zeit und an jedem Ort eine Mütze voll Schlaf nehmen zu können, aber meine Unterweisung ist davon natürlich ausgenommen. Master-Sergeant Basari, Sie brauchen Charles nicht zu notieren. Er ist eingenickt, bevor ich begonnen habe.“
Diese Art von Gerechtigkeitssinn war typisch für den hageren Major. „Viele der Fakten werden Sie bereits aus den Unterrichtseinheiten vor unserem Abflug kennen, aber nach unserem langen Schläfchen kann es nicht schaden Ihre Kenntnisse aufzufrischen – zudem gibt es auch ein paar neue Fakten.“ Er räusperte sich und wandte sich an die akustische Steuerung des Raumes. „Projektion eins auf Haupt-Videoschirm beginnen, Steuerung über Augenimpuls.“
Die meisten der Männer und Frauen hatten die dreidimensionale Grafik schon gesehen, dennoch betrachteten sie diese mit großem Interesse. Dies war ein Briefing für das Landeunternehmen und für einen Soldaten wurde dann jede Information interessant, da sie ihm helfen konnte am Leben zu bleiben.
„Also schön, Leute: Alle unsere Informationen beruhen auf den Berichten der Beobachtungsmission der Magellan, die sich heimlich auf dem Planeten befindet. Insgesamt sind diese Leute nun seit zwanzig Jahren dort und haben eine Vielzahl von Details sammeln können. Dazu konnten sie auch drei Sonden nutzen, die sich im Orbit befinden. Nun, das hier ist ein Eingeborener von Roald-37-S. In unseren Augen ist er keine besondere Schönheit. Er hat Ähnlichkeit mit einer misslungenen Kreuzung aus Eichhörnchen, Hund und Schlange. Der Kopf erinnert an einen Schäferhund mit langer Schnauze, ist allerdings nicht behaart – im Gegensatz zu den langen Ohren, die wie der Körper mit grauem Fell bedeckt sind. Der Bauch ist mit feinen Schuppen bedeckt, die je nach Stimmungslage die Farbe ändern. Der Schwanz ist lang und buschig und erinnert tatsächlich sehr an ein Eichhörnchen.“
„Fast wie der von Riordan.“
Der Major musste Ohren wie ein Luchs haben, denn er hatte die geflüsterte Bemerkung gehört. „Corporal Galley, ich habe nichts gegen Bemerkungen, die zum Thema beitragen. Eine Anspielung auf persönliche Vorzüge oder Nachteile von Sky-Trooper Riordan gehört wohl sicher nicht dazu. Master-Sergeant Basari, Corporal June Galley wird die Ehre haben, in ihrer Freizeit bei den Wartungsarbeiten in der Rüstkammer zu helfen.“
„Bestätigt, Major, Sir“, war die ruhige Stimme des Master-Sergeants zu hören. „Ist notiert.“
„Nun, Ladies und Gentlemen, an den Zähnen können Sie erkennen, dass die Eingeborenen Fleischfresser sind. Dabei spreche ich von echtem Fleisch und nicht dem Soja-Zeug, das man uns als Steak vorsetzt.“ Ein paar gedämpfte Lacher waren zu hören. „Heute sind sie zu Allesfressern geworden, denn wir wissen, dass sie Ackerbau betreiben. Interessanterweise sind es Eier legende Säugetiere. Sie legen Eier, brüten sie aus und stecken die Jungen dann in eine verborgene Bruttasche am Unterleib, wo sie auch gesäugt werden. Man hat bei der Untersuchung eines toten Weibchens die entsprechenden … äh … Zitzen entdeckt. Die Eingeborenen selbst nennen sich ,Hanari‘. Das ist aber so ziemlich das Einzige, was wir von ihrer Sprache wissen.“
„Wir wollen ja ohnehin kein Schwätzchen mit ihnen halten“, warf ein Trooper ein.
Diesmal lächelte der Major trotz der Unterbrechung. „Richtig, dazu wird uns die Zeit fehlen. Dieser Einsatz muss in der besten Tradition der Sky-Cavalry ablaufen: wie der Blitz runter, knallhart zuschlagen und wieder schnell verschwinden. Wenn unser Job beendet ist, sind die Fleischsammler dran.“
Die Projektion wechselte mehrfach und zeigte den Planeten aus verschiedenen Höhen.
„Es gibt eine Handvoll Städte und eine Vielzahl von Siedlungen, die alle ungefähr dem Mittelalter der menschlichen Kultur entsprechen – dem frühen Mittelalter. Für diejenigen, die sich in der Geschichte nicht so gut auskennen: Die Eingeborenen beherrschen die Anfänge des Schmiedehandwerks. Sie sind in zahlreiche Gruppen zersplittert. Eine einheitliche Organisation existiert nicht. Insgesamt leben so ungefähr zwölf Millionen Eingeborene auf dem Hauptkontinent. Die beiden anderen wurden nicht besiedelt. Das Beobachter-Team hat einige Kämpfe der Hanari aufgezeichnet. Ihre Krieger tragen eine Art Harnisch, der den Oberkörper rundum schützt, sowie Armschienen – dazu Helme und ziemlich große Metallschilde.“
Ein Trooper hob die Hand und der Major nickte ihm zu. „Sir, wie effektiv sind ihre Waffen?“
„Sie benutzen Spieße und eine Art Schwert. Fernwaffen, selbst Pfeil und Bogen, scheinen ihnen unbekannt zu sein. Ihre Waffen sind nicht in der Lage, die Körperpanzer unserer Kampfanzüge zu durchdringen. Selbst die Auftreffwucht wird wohl durch die Pneumo-Federung weitestgehend abgedämpft.“
„Schön zu wissen“, fügte ein Sergeant hinzu. „Auch wenn es kein Trooper eingestehen wird, Sir: Unsere Leute fühlen sich mit den Blaupuls-Dingern ein wenig … äh … nackt.“
Der Major sah zu der zuvor gescholtenen June Galley hinüber. „Corporal Galley, was ist Ihre Meinung?“
„Ich kann mich an dieses Blaupuls-Zeug nicht gewöhnen, Sir“, antwortete sie ohne Zögern. „Schön, der Schuss fühlt sich so ähnlich an wie bei Hochrasanz-Geschossen, aber im Grunde ist das doch nur ein blauer Lichtpfeil, den wir da abschießen, Sir.“
„Ich kann Ihnen allen versichern, dass die Energiegeschosse, die wir als Blaupuls bezeichnen, außerordentlich effektiv auf die Eingeborenen wirken. Schon ein Streifschuss reicht aus, um das Nervensystem der Wesen auszuschalten.“ Der Offizier schien die Anwesenden durchdringend anzusehen. „Sie wissen, Ladies und Gentlemen, worauf es ankommt und der Einsatz der Hochrasanz-Munition ist strikt untersagt. Nur die Offiziere erhalten zusätzlich Magazine mit der Standard-Munition. Auf Roald-37-S gibt es nämlich eine ganze Menge von Lebewesen und dazu gehören auch ein paar beeindruckend große Räuber.“ Der Major zwinkerte zur Steuerung hinüber und eine schnelle Folge von Projektionen lief ab. „Einzelheiten hierzu können Sie den verfügbaren Dateien entnehmen. Beruhigen sollte Sie aber vor allem, dass auf dem Planeten keine bedrohlichen Krankheitserreger festgestellt wurden. Während der letzten Tage hat jeder von Ihnen mehrere Injektionen mit dem Standard-Antibiotikum erhalten, Sie sind also entsprechend geschützt.“
Master-Sergeant Mario Basari hob die Hand. „Vielleicht noch ein Wort zum Einsatzablauf, Sir?“
„Sicher, Master-Sergeant. Der grobe Einsatzplan ist Ihnen allen bekannt. Nach dem Einschwenken der Träger in den Orbit werden sofort die Jagdbomber starten. Sie werfen Gas-Aerosolbomben über den Zielgebieten ab. Das Kampfgas wird praktisch alle Hanari ausschalten, aber es könnte Eingeborene geben, die durch Zufall geschützt waren. Gut abgedichtete Räume könnten das bewirken oder aber starke Winde beeinträchtigen die Konzentration des Gases. Damit müssen wir rechnen, da wir die Konzentration und Wirksamkeit des Gas-Aerosols nicht heraufsetzen können. Es soll seine Wirkung verloren haben, wenn die Sky-Cav auf dem Boden aufsetzt. Sie, Ladies und Gentlemen, werden von den Landungsbooten rund zwanzig Minuten nach dem Luftangriff abgesetzt. Jeder Kampftruppe wird ein bestimmtes Zielgebiet zugewiesen. Ihre Aufgabe ist es sicherzustellen, dass es keinerlei Widerstand mehr geben wird. Notgedrungen wird sich jede Einsatzgruppe um mehrere Ziele kümmern müssen. Dazu haben Sie nur drei Tage Zeit.“
„Drei Tage sind erbärmlich wenig – bei allem Respekt, Sir“, warf ein anderer Kanonier ein.
„Mehr Zeit haben wir nicht. Wir müssen vom Minimum der verfügbaren Zeit ausgehen. Aber Sie sind die Sky-Cav, Ladies und Gentlemen, und Sie werden das auch schaffen.“ Der Major überlegte kurz. „Für jede Einsatzgruppe wird es ein eigenes Briefing für den unmittelbaren Einsatz geben. Sollten neue Informationen verfügbar sein, werden diese dabei berücksichtigt. Gibt es noch Fragen?“
Es gab noch eine ganze Reihe von Fragen. Immerhin war es die erste Invasion, die die Menschheit auf einer fremden Welt und gegen eine außerirdische Intelligenz durchführen würde.