Читать книгу DIE NOVIZEN - Michael Stuhr - Страница 6

Оглавление

KAPITEL 2 - Juni 1994 - SANDER

Julias alter Fiesta hatte seine Mucken. Wenn man bei mehr als viertausend Touren das Gaspedal ganz durchdrückte, verschluckte er sich, und es war, als würde der Wagen von einem starken Gummiband fest gehalten. - Gunther hatte soeben das Gaspedal bei Tempo Hundert ganz durchgedrückt und sofort war der Wagen ruckelnd immer langsamer geworden. Der Tacho stand jetzt schon auf Achtzig und die Nadel fiel immer noch weiter.

"Gas wegnehmen, dann wird er schneller", riet Julia vom Beifahrersitz und sah Gunther nervös an. Die beiden hatten trotz des schönen Wetters mit Absicht darauf verzichtet, für diese Fahrt Gunthers BMW zu nehmen. "Wenn wir da mit einem teuren Wagen auflaufen, meint der Typ doch gleich, dass er ruhig noch was auf die Pacht draufschlagen kann", hatte Gunther, wohl nicht ganz zu unrecht, gemeint.

Gunther nahm das Gas etwas zurück und der Wagen beschleunigte wieder. "Das erinnert mich an gewisse Computerprogramme", grinste er zu Julia hinüber. "Zum Beenden auf `'Start' drücken."

Julia lachte unsicher auf. Sie liebte ihren Muckel, wie sie den Wagen nannte, und Gunthers Spott traf sie fast persönlich. Er meinte es ja nicht böse, aber er konnte eben nur mit neuen Sachen richtig gut umgehen, und hatte für ihr 'so genanntes Auto', wie er Muckel bezeichnete, vom ersten Tag an nur sanfte Verachtung übrig gehabt.

Muckel war Julias erster Wagen, den sie sich sofort nach Beendigung ihres Studiums gekauft hatte, und auch da war er schon nicht mehr ganz neu gewesen. Jetzt war er fünfzehn Jahre alt, und die letzte TÜV-Abnahme hatte er nur dem Umstand zu verdanken, dass Julia ihr knappstes T-Shirt angezogen und einen intensiven Flirt mit dem Prüfbeamten angefangen hatte. Von den Rostlöchern und den halbblinden Scheinwerfern abgesehen, waren auch die Fensterheber schwergängig, das Schiebedach klemmte, und die Scheibenwischer konnte man nur mit einem Trick in Gang setzen. Muckel hatte eine schwache Lichtmaschine, brauchte ein bestimmtes Ritual beim Anlassen, und manchmal sprang er überhaupt nicht an. Man musste es dann einfach nach zwanzig Minuten wieder versuchen - dann ging es garantiert.

"Blöde Kiste", murmelte Gunther und trommelte mit den Fingern nervös auf das Lenkrad. Er fuhr jetzt hinter einem LKW und traute sich nicht, ihn zu überholen. - Muss man ja auch nicht, fand Julia. Man kann ja genauso gut dahinter bleiben. Sie sagte aber nichts.

"Sander? Sander?" Der ältere Mann mit dem struppigen Hund überlegte laut. "Sander? Sander? - Wo soll der wohnen?"

Gunther warf Julia einen bedeutsamen Blick zu. "Zwischen den beiden Ortschaften hier", erklärte er dem Mann nochmals betont langsam und deutlich. "In der alten Mühle am Ende des Waldweges. - Aber welchen Waldweges?"

Die beiden waren zwischen den Dörfern in zwei der vielen Wege eingebogen, aber sie hatten sich fast festgefahren und in Muckels Karosserie hatte es bei den Schlaglöchern verdächtig geknackt. Gunthers Handy war im Moment nicht zu gebrauchen. "Kein Netz" stand auf dem Display; die ganze Gegend war ein einziges, riesiges Funkloch.

"Mühle? Mühle? Waldweg?" Der Mann schüttelte den Kopf. "Aber nicht an dieser Straße! - Nicht wahr, Flocki?", wandte er sich an seinen Hund. Flocki schnüffelte uninteressiert an Gunthers Hosenbein und sah, wenn möglich, noch stumpfsinniger aus, als sein Herrchen.

"Ja, dann danke." Gunther wandte sich ab, und hatte den Wagen fast schon erreicht, als die Stimme des Mannes ihn aufhielt: "Warten Sie mal! - Da gibt es doch die alte Nebenstrecke, die wird aber kaum noch benutzt. - Da fahren nur die Bauern mit ihren Treckern lang."

Gunther drehte sich um. "Und? - Gibt es da eine alte Mühle?", fragte er in dem leiernden Tonfall, der Julia verriet, wie gereizt er war.

"Ja, natürlich!", bestätigte der Mann und nickte heftig. "Auf halber Strecke. - Da steht so ein Häuschen an der Straße, wegen der Wildschweine."

"So eine Futterstelle?"

"Ach was!" wehrte der Mann unwillig ab und sah Gunther an, als sei der nicht ganz bei Trost. "Wir füttern hier doch keine Wildschweine! - Nicht wahr, Flocki? - Da sind die Mülleimer drin und die gelben Säcke, damit die ..."

"Und wo ist die Straße?" Das war alles, was Gunther noch wissen wollte, und das expressi-galoppi bitte.

"Sie wollen zur alten Mühle, ja?" Der Mann legte den Kopf schräg.

"Ja-a!"

"Da lang!" Das Kopfnicken des Mannes deutete knapp die Richtung an, wo direkt hinter dem Ortsschild ein schmaler, kopfsteingepflasterter Weg von der Hauptstraße abbog. "Das ist die alte Hauptstraße. - Nicht wahr, Flocki?", beugte er sich wieder zu dem Hund hinab.

Flockis Antwort, wenn er denn eine gab, hörten die beiden nicht mehr. Nach einem hastig hingeworfenen "Danke!" hatte Gunther sich wieder hinter Muckels Lenkrad geklemmt und die Tür zugeknallt. Der kleine Wagen machte einen wilden Hopser, als er anfuhr, und Augenblicke später bogen sie in die Seitenstraße ein, die zwar an den Rändern von Gebüsch und Unkraut überwuchert, aber sonst in einem erstaunlich guten Zustand war.

Gunther fuhr zu schnell, und Muckels Karosserie dröhnte auf dem Kopfsteinpflaster. Es ging an einem Neubau vorbei, auf dessen Garagenhof zwei Ball spielende Kinder innehielten, und dem Wagen neugierig hinterherschauten.

"Mami, Mami! Guck mal, ein Auto!", meinte Julia mit künstlich hoch geschraubter Stimme und setzte noch ein im tiefsten Steinkohlenbass gebrummtes "Nicht wahr, Flocki?" drauf.

Gunther musste grinsen und sah seine Partnerin belustigt an. Fast augenblicklich war seine schlechte Laune verflogen und er fuhr etwas langsamer. Das war es, was Julia hatte bezwecken wollen und nun entspannte sie sich wieder.

"Wenn wir das Haus pachten", meinte Gunther, "werden wir uns wohl einen Geländewagen kaufen müssen."

"Wieso?" überschrie Julia das Rasseln der Heckklappe. "Geht doch prima!"

"Denk mal an den Winter!" Gunther ließ den Wagen vorsichtig ein steiles Gefälle hinabrollen, das in der Senke sofort in eine ebenso steile Steigung überging.

"Winterreifen, Schneeketten", schlug Julia vor. Sie dachte überhaupt nicht daran, sich ohne Not von ihrem Muckel zu trennen. Es fraß zwar an ihrem Öko-Gewissen, dass der Katalysator wahrscheinlich nicht mehr so richtig funktionierte, aber Bäume gab es viele, Muckel jedoch nur einmal.

Im Moment war es sogar so, dass die Bäume die Sicht auf die Landschaft komplett verstellten. Die schmale Straße führte durch dichten Wald und das Laubdach versperrte den Blick auf den Himmel fast vollständig. Dennoch war es nicht dunkel unter den Bäumen. Vereinzelt drang die Sonne durch die Blätter, und die Straße vor ihnen war mit einem wirren Muster aus goldenen Flecken gesprenkelt.

Je weiter die Fahrt ging, desto besser gefiel Julia die Umgebung. Nur die Strommasten, an denen auch eine Telefonleitung befestigt war, deuteten darauf hin, dass in dieser Wildnis vielleicht wirklich irgendwo ein Haus liegen mochte. Sie hoffte jetzt schon, dass sie den Zuschlag erhalten würden. So einsam zu wohnen, das hatte sie sich schon immer gewünscht. Fort von der Stadt, von den so genannten Freunden, von der Familie, den Klienten - von allem, was in ihrem Leben schief gegangen war. Endlich die Erinnerung hinter sich lassen, nur noch sie selbst sein, und sich in einen Zauberwald zurückziehen, unerreichbar, wie auf einem anderen Planeten.

"Verdammt weit draußen." Gunther sah die Sache ein wenig anders. Er musste schließlich jeden Tag zur Arbeit in die Stadt. Er sah auf den Tacho. "Schon achtundvierzig Kilometer."

"Weniger", korrigierte Julia schnell. "Durch die Suche haben wir einen ganz schönen Umweg gemacht."

"Stimmt", stellte Gunther nachdenklich fest. "Bergler fährt jeden Tag über sechzig Kilometer zur Firma. Das ist wohl der Preis für eine ruhige Wohnlage. - Da wäre ich dann mit, sagen wir mal, vierzig Kilometern noch ganz gut dran."

"Schauen wir mal, wie das Haus überhaupt aussieht." meinte Julia. "Wenn es nun eine totale Bruchbude ist ..."

In diesem Moment tauchte auf der linken Seite ein asphaltierter Weg auf, der noch tiefer in den Wald hineinführte. An der Einmündung stand ein kleiner Bretterverschlag. - Wohl das Müllhäuschen, von dem der Mann gesprochen hatte.

"Schau mal, hier kommt sogar die Post vorbei." Gunther zeigte erfreut auf den angerosteten Hausbriefkasten, der auf die Bretter aufgeschraubt war.

Die Holzmasten bogen jetzt ebenfalls von der alten Hauptstraße ab. Die Leitungen überquerten einen hohen Maschendrahtzaun und folgten dann dem schmalen Weg. Offenbar gab es nur ein einziges Haus hier in der Gegend.

Gunther hielt den Wagen an und stieg aus, weil ein einfaches Tor aus Stahlrohren und Maschendraht die Zufahrt versperrte. "Vorsicht, bissiger Hund!", warnte ein verblichenes, mit dünnem Moos behaftetes Blechschild. Gunther ging auf das Tor zu und drückte dagegen. Es war nicht verschlossen und gab überraschend leicht nach.

"Gehört das ganze Gelände etwa dazu?", fragte Julia, als sie durch das Tor gefahren waren, und von einer Mühle noch nichts zu sehen war.

"Mehr als drei Hektar, hat dieser Sander gesagt."

"Wie viel ist das - ein Hektar?"

"Ganz schön viel, jedenfalls." Gunther hatte am Morgen mit dem Vermieter gesprochen. `Ren.bed. Waldhs. Auf gr. Grdstck. in eins. Lg. günst. zu verp.´ hatte in der Zeitungsanzeige gestanden. Dass es dabei um eine alte Mühle mit einem Riesengrundstück ging, hatte er erst am Telefon erfahren, und dann waren sie natürlich sofort gestartet.

Plötzlich trat Gunther fluchend auf die Bremse und lenkte den Wagen scharf nach rechts. Julia schreckte auf und suchte unwillkürlich nach Halt, als ein dunkelgrüner Jaguar mit hoher Geschwindigkeit aus der Biegung kam und mit unvermindertem Tempo dicht an dem Fiesta vorbei rauschte. Undeutlich konnte sie das verkniffene Gesicht des Fahrers erkennen. Die junge Frau auf dem Beifahrersitz war platinblond und auf dem Rücksitz saßen zwei ebenfalls hellblonde Kinder.

"Da hat aber einer schlechte Laune!" Gunther schaute dem Wagen im Rückspiegel kopfschüttelnd nach.

"Will ich ja wohl hoffen, dass der nicht immer so fährt", meinte Julia. Ihre Hände zitterten leicht. Sie hatte sich schon eingeklemmt in den Trümmern des Wagens gesehen. Wäre der Fahrer des Jaguar nur zwanzig Zentimeter weiter herübergekommen ...

Gunther fuhr wieder an und sofort nach der Kurve wichen die Bäume zurück. Eine Lichtung tat sich auf - ein dreieckiges Stück Grasland mitten im Wald. Frei ging der Blick weiter in die Senke hinab, in der eine Ansammlung unterschiedlicher Gebäude stand. Aus der bergseitigen Spitze des Dreiecks perlte ein Wasserlauf herab, sammelte sich in einem großen, birkenumstandenen Mühlteich, floss an der Mühle, einem großen, finsteren Bruchsteinbau, vorbei, und verschwand als träger, breiter Bach hinter dem halb verfallenen Mühlengebäude. Der Hof war mit Ziegeln gepflastert und auf der anderen Seite stand ein solide aussehender, allerdings vom Wetter ausgeblichener Bretterschuppen.

Gunther stoppte den Wagen auf der Kuppe. "Phantastisch", sagte er nur und zeigte auf das Fachwerkhaus neben der Mühle, das dem Eigentümer offenbar als Wohnung diente.

Julia konnte ihm nur zustimmen. Zwar war das Weiß der Ausfachungen mit der Zeit zu einem schmutzigen Grau geworden, die grüne Farbe an Tor und Fensterrahmen blätterte ab, und die Sprossenfenster waren blind vor Staub und altem Schmutz. - Aber da war nichts, was man mit Farbe und Putzmittel nicht wieder hätte in Ordnung bringen können. Das Dach war einwandfrei, vor dem Haus gab es einen verwilderten Bauerngarten und auf der Südseite kletterte ein Dickicht tiefgrüner Weinranken bis zur Dachrinne empor. Julia verliebte sich auf den ersten Blick in das Haus. Selbst das auf dem Hof herumliegende Gerümpel störte kaum und stellte in ihren Augen kein wirkliches Problem dar.

Irgendetwas fiel Julia an dem umgebenden Gelände auf, sie schaute genauer hin. Sicher, das war es! - Das Areal war komplett mit Gras überwachsen, aber dennoch zeichneten sich in dem Grün unterschiedlich gefärbte Linien und Flächen ab, so, als würden unsichtbare Straßen oder Kanäle das Grundstück durchziehen. Sie machte Gunther darauf aufmerksam. "Gebäudereste", meinte der. "Da haben auch mal Häuser gestanden und die Grundmauern liegen noch dicht unter der Oberfläche."

Das war logisch, fand Julia, und gab sich wieder ganz der Betrachtung des Wohnhauses hin. - So hatte sie wohnen wollen, solange sie denken konnte.

Gunther ließ den Wagen langsam auf den Hof rollen und schaute sich vorsichtig um. Er hatte das Schild an der Einfahrt nicht vergessen. Da aber nirgends ein Hund zu sehen war, stiegen er und Julia schließlich aus und gingen zum Tor des Wohnhauses hinüber. Halb in der Erwartung, wütendes Gebell aus der Deele zu hören, schlug Gunther drei Mal hart an das hohe Tor, aber nichts geschah.

"Vielleicht ist er weggefahren", meinte Julia. Sie dachte an die Familie in dem Jaguar.

"Er hat gesagt, dass er den ganzen Tag zu Hause ist." Gunther schlug noch ein paar Mal an das Tor.

Julia musste trocken schlucken. "Hoffentlich hat er nicht schon verm ..."

"Ich habe doch gesagt, Sie sollen verschwinden!", brüllte da völlig überraschend eine Stimme aus dem Haus.

Julia und Gunther wichen unsicher einen Schritt zurück, da wurde auch schon einer der Torflügel aufgerissen und ein uralter, massiger Mann kam blitzschnell einen Schritt weit durch die Öffnung. Er sah sehr wütend aus, und in der linken Hand trug er eine Schrotflinte, deren Lauf genau auf Gunthers Füße gerichtet war.

Der Alte sah Gunther ins Gesicht. "Ach so", meinte er nur, kniff die Augen zusammen und ließ den Lauf der Waffe ein wenig sinken. Mit geübtem Griff nahm er die Flinte hoch, und ließ sie mit dem Kolben voran hinter dem Torflügel zu Boden gleiten. "Kommen Sie rein", sagte er statt einer Entschuldigung, drehte sich um und ging in das Dunkel des Hauses.

Gunther sah Julia groß an, hob kurz die Schultern und folgte dem Alten. "Sie sind Herr Sander, nehme ich an?", fragte er laut in das Dunkel der Deele hinein, wo die Silhouette des Mannes nur undeutlich zu erkennen war. Julia schloss das Tor hinter sich und tastete sich langsam voran.

"Natürlich bin ich das!" Eine Tür am Ende der Deele öffnete sich, und endlich kam etwas mehr Licht herein. Julia sah undeutlich noch mehrere andere Türen, die zu verschiedenen Kammern gehören mochten.

Julia ging hinter Sander und Gunther in den Raum, der für den alten Mann gerade Stehhöhe hatte. Für so ein Fachwerkhaus war das Zimmer erstaunlich groß; es maß etwa drei mal fünf Meter. Freiliegende, rauchgeschwärzte Balken, auf denen ebenso dunkle Bretter lagen, bildeten die Decke. Die Wände schienen aus einem gekalkten Lehmputz zu bestehen, der sich nach oben hin immer mehr verdunkelte. Julias Herz machte einen Hopser und sie musste unwillkürlich tief Luft holen, als sie den offenen Kamin an der Schmalseite des Raumes entdeckte. - Einfach traumhaft!

"Setzen Sie sich", forderte der Alte die Besucher auf und ließ sich selbst aufstöhnend auf ein uraltes Biedermeiersofa sinken. Julia griff nach einem Stuhl und auch Gunther setzte sich an den hohen Tisch mit den gedrechselten Beinen. Die Wachstuchdecke auf dem Tisch war schon zur Zeit von Julias Kindheit unmodern gewesen, und sie kam sich vor, als sei sie um Jahrzehnte, ja, fast um Jahrhunderte, zurückversetzt worden. Gemächlich schwang das Pendel des Regulators, bei jedem Ausschlag ein deutlich hörbares Ticken in den Raum schickend, hin und her. Es war, als liefe die Zeit hier langsamer ab. Sander musterte seine Gäste schweigend, aber selbst das war nicht unangenehm. Niemand musste es hier eilig haben. Vergessen war der ungestüme Empfang mit der Waffe in der Hand. Hier waren Ruhe und Frieden.

"Sie kommen wegen des Hauses.", eröffnete der Alte schließlich das Gespräch und beugte sich vor. Seine Stimme war erstaunlich warm und kräftig, und seine Bewegungen standen denen eines jüngeren Mannes an Geschmeidigkeit kaum nach.

"Steinmann", stellte Gunther sich vor. "Wir haben vorhin telefoniert. - Und das ist Frau Delker, meine Partnerin. - Hatten Sie Streit mit den Leuten, die uns eben entgegengekommen sind?"

"Partnerin?", wiederholte Sander, ohne auf Gunthers Frage einzugehen, und ein verschlagenes Grinsen schlich sich auf sein Gesicht. "So sagt man heute, wenn man nicht richtig verheiratet ist, ja?"

"Wir leben seit", Gunther überlegte kurz, "fast zehn Jahren zusammen."

"So lange doch schon." Sander gab sich erstaunt, aber seine Augen sprühten vor Spott.

"Auf jeden Fall schon länger, als die Durchschnittsehe hält!" versuchte Julia sich einzuschalten, aber Sander ignorierte sie vollständig. "Und jetzt wollen Sie aufs Land ziehen. - Sie, und ihre Lebensabschnittsgefährtin", stellte er fest, und sah Gunther dabei mit herabgezogenen Mundwinkeln an.

"Mit meiner Lebensgefährtin, ja", korrigierte Gunther, und es lag eine gewisse Schärfe in seiner Stimme.

"War doch nur Spaß." Sander machte eine beschwichtigende Handbewegung.

Julia biss sich auf die Lippen. Sie hielt nichts von solchen Späßen, und hätte dem Alten gern ein paar Takte gegeigt, aber sie hielt doch lieber den Mund.

"Ja, ja, ich hatte zu meiner Zeit auch ein paar - Partnerinnen", fuhr Sander mit einem Zwinkern fort. "Aber ich war ja nebenbei auch noch richtig verheiratet. Da nennt man das wohl noch anders."

"Was soll das?" Gunther war drauf und dran, wirklich ärgerlich zu werden. - Julia und er waren schließlich nicht gekommen, um sich dummdreist anmachen zu lassen. "Ich glaube, wir sollten lieber über das Haus reden!"

"Ach, ich meine ja nur, dass Sie beide es richtig machen." Der Alte setzte ein harmloses Gesicht auf. "Ich habe mich vielleicht ungeschickt ausgedrückt, aber es ist doch wirklich besser, ein festes Verhältnis zu haben, statt ständig mit irgendwelchen Nutten herumzumachen. - Ist doch so, oder? - Sie kennen das ja."

"Nein! Kenne ich nicht!" Gunther war nicht bereit, die Unterhaltung weiter in diesen Bahnen laufen zu lassen. Er beugte sich vor und starrte angriffslustig über den Tisch. Julia war ganz seiner Meinung - Der Alte war ganz offensichtlich ein schmieriger Drecksack, und wenn es so weiterging, dann konnten sie das Haus vergessen.

"Wollen Sie das Haus jetzt vermieten, oder nicht?", fragte Gunther mühsam beherrscht. Bei der nächsten blöden Bemerkung würde ihm nämlich der Kragen platzen, und dann würde Sander sie wohl mit der Schrotflinte vom Hof jagen, so, wie die Leute in dem Jaguar.

"Gut!" lenkte Sander bedächtig nickend zu Gunthers Überraschung ein. "Lassen Sie uns von dem Haus reden. - Gefällt es Ihnen?"

DIE NOVIZEN

Подняться наверх