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ОглавлениеPROLOG: TIEF IN DER STEPPE
Weit zog sich das Ödland vor Ysells Augen bis zum Horizont hin. Die Sandfelder zwischen den Flächen trockener Gräser wurden immer größer, je weiter der Clan sich von der Stadt entfernte. Staubschleier, die der ewige Steppenwind vor sich her trieb, ließen den Eindruck einer bewegten, sanft pulsierenden Oberfläche entstehen. Es war gefährlich hier draußen, wo noch nie ein Mensch gegangen war; überall unter dem Sand konnten die großen, krebsartigen Jumper verborgen liegen, aber Ysells Hunde waren wachsam und sicherten ihren Weg zuverlässig ab.
Ysell schaute sich um: Tross und Clan folgten den Aufspürern in weitem Abstand. Alles war in bester Ordnung.
Seit mehreren Monden zog Ysell nun schon durch die Steppe und das immer währende Gleichmaß der Landschaft schläferte die Sinne ein. Ysell erlaubte es ihren Gedanken, zurückzugehen in die Zeit, in der alles begonnen hatte. Gerade dachte sie daran, wie sie Bogan kennen gelernt hatte und wie niedlich Läufer, ihr mächtiger Leithund, als Welpe gewesen war, als es geschah:
Plötzlich stob vor Ysell eine Sandfontäne auf, und ein riesiger Jumper schoss mit hoch aufgerichteten Scheren aus seiner Mulde. Ysell wich zurück, doch ein zangenartiger Griff um die hartlederne Beinschiene brachte sie zu Fall, und noch bevor sie überrascht aufschreien konnte, war die zweite Schere des Jumpers über ihr. Ohne nachzudenken riss Ysell ihren schweren Knüppel mit beiden Händen in die Bahn des herabsausenden Mordwerkzeugs, das daran abprallte. Sie wollte sich zur Seite rollen, aber die Schere, die ihre Wade umklammerte, hielt unerbittlich fest. Immer stärker wurde der Druck, lange würde die Beinschiene das nicht mehr aushalten. Das riesige, krebsartige Tier versuchte kraftvoll mit der anderen Schere an Ysells Körper heranzukommen. Immer wieder stieß das scharfkantige Instrument wuchtig auf die ungeschützten Körperpartien herab, doch noch gelang es Ysell, die Schere mit Hilfe des Knüppels von sich fern zu halten.
Der Riesenkrebs durchschaute Ysells Abwehrtechnik schnell. Plötzlich griff er den Knüppel direkt an und begann, ruckartig daran zu reißen. Ysell merkte, wie ihr das Holz durch die Finger glitt. Der Jumper war unglaublich stark. Mit einem mächtigen Ruck riss er ihr das Holz aus den Händen und in hohem Bogen flog es davon. Ysell wusste, dass sie tot war, denn schon sauste die armlange Schere auf ihren Unterleib hinab. Mit bloßen Händen griff sie in die Bahn des mörderischen Werkzeugs und brachte es tatsächlich einige Fingerbreit vom Ziel ab, so dass es sich knapp neben ihr in den Sand bohrte. Die Schere begann sich zu öffnen und drängte nun von der Seite auf Ysell zu. All ihre Kraft aufbietend drückte sie das Mordinstrument von sich fort, aber der Jumper war viel stärker als sie. Es war hoffnungslos. In wenigen Augenblicken schon würde sie nachgeben müssen und dann...
Ysell gab sich verloren, denn die Trossleute waren mit den Tragtieren wenigstens zweihundert Schrittmaß weit entfernt. Kalt und leidenschaftslos starrten die Insektenaugen des Jumpers auf sie herab, und Ysell sah, wie die Gier gelblichen Schleim aus seiner Fressöffnung triefen ließ. Verbissen und mit äußerster Anstrengung versuchte sie, die ruckartig auf sie zu drängende Schere fern zu halten und das Unvermeidliche vielleicht doch noch zu verhindern, bis die Hunde heran waren. – Das war sie Bogan schuldig, denn er hatte sie ausgebildet. Ysell kämpfte um ihr Leben, aber sie kämpfte auch, um Bogan nicht zu enttäuschen. - Bogan, mit dem alles begonnen hatte...