Читать книгу Das Versprechen - Michaela Santowski - Страница 10
7
ОглавлениеMittlerweile waren vier Wochen vergangen, in denen Mel verständlicher Weise nichts mehr von Alexander gehört hatte. Sie selber hatte sich in ihrer Arbeit vergraben und fühlte sich langsam besser. Letztendlich siegte ihr Kopf über ihr Herz. Erstens kannte sie Alexander gar nicht lange genug, um übermäßig viel zu trauern, zweitens waren sie nicht mal wirklich zusammen gewesen und drittens war eins absolut klar: Wenn der Sex schlecht war, konnte man keine Beziehung aufbauen. Alexander war zu alt, um noch lernen zu können, wie man mit Frauen im Bett umgehen sollte. Das hätte er bereits wissen müssen. Trotzdem frustrierte Mel die ganze Situation.
Sie blickte in ihren Spiegel, fuhr sich durch die langen Haare und seufzte: „Es ist wohl doch was dran an dem Sprichwort: Wenn man sich etwas zu sehr wünscht, geht es nicht in Erfüllung.“ Doch mach mal deinem Herzen klar, dass du dich absolut wohl fühlst als Single und niemanden an deiner Seite brauchst.
„Besser alleine als jemanden wie Björn“, machte sie sich selber Mut. „Ich will einen attraktiven, selbstbewussten Mann, dessen Ego allerdings nicht so groß ist, dass er außer sich selbst niemanden mehr wahrnimmt.“ Mel streckte den Rücken durch. „Ich will jemanden, dessen Kuss mich bereits umhaut“, zählte sie ihrem Spiegelbild auf. „Der mich ernst nimmt, mir auf Augenhöhe begegnet. Und genauso jemanden werde ich jetzt finden.“ Entschlossen schnappte sie sich ihre Schlüssel, schmiss ihre Wohnungstür zu und machte sich auf den Weg zu Anna. Wenigstens war ihre Freundin auch noch nicht fündig geworden mit ihrer Dating App. Das tröstete Mel ein wenig. Sie selber hatte das Dating Handy ganz nach hinten in ihre Schublade geschoben. Das Thema war endgültig durch.
„Bin fertig“, begrüßte Anna sie und eilte ihr schon entgegen. Gemeinsam schlenderten sie Richtung Treibhaus, wo der Rest bereits auf sie wartete.
„Wir sollten heute noch an den Waldsee fahren“, stellte Anna nach einem Blick in den wolkenlosen, blauen Himmel fest.
„Unbedingt“, stimmte Mel zu. „Wenn die anderen keine Lust haben, fahren wir beide alleine.“
Anna lachte auf. „Als hätte es das schon mal gegeben.“
Zehn Minuten später erreichten sie das Bistro. Bis auf Torsten waren schon alle da.
„Seid ihr sicher, dass ihr draußen sitzen wollt?“, fragte Anna skeptisch als sie sich dem Tisch näherten.
PJ blickte sie fragend an.
„Weißt du nicht mehr: Der blöde Honig hat das letzte Mal dermaßen viele Wespen angezogen, dass wir schließlich reingehen mussten.“
Vinz winkte ab. „Wir stellen einfach auf den Nachbartisch eine Schüssel mit Honig. Dann lassen die uns schon in Ruhe.“
„Wenn ich gestochen werde, kannst du was erleben“, grinste Anna, setzte sich aber.
„Das ist der Plan“, antwortete Vinz und warf ihr einen verführerischen Blick zu. Anna prustete los. „Träum weiter!“ Mel liebte diese Lockerheit. Sie ließ sich neben Anna nieder und griff sich eine Karte. Obwohl sie immer das gleiche nahm, warf sie trotzdem jedes Mal wieder einen Blick in die Karte, um letztendlich doch das italienische Frühstück samt Latte Macchiato zu bestellen.
„Hey, Leute“, vernahmen sie Torsten Stimme, der polternd auf ihren Tisch zukam. „Das ist Oliver“, stellte er den Mann an seiner Seite vor. „Wir sind zusammen zur Schule gegangen und haben uns gerade zufällig getroffen.“
Da alle mit ihren Karten beschäftigt waren, erklang nur ein kurzes Gemurmel. Lediglich Anna blickte kurz hoch. „Klasse, Torsten. Und jetzt setzt euch. Ich will endlich bestellen.“ Sie sah sich nach der Kellnerin um.
„Das ist Anna“, grinste Torsten, während er sich auf einen Stuhl fallen ließ. „Anscheinend hat sie Hunger. Meine Schwester Janine kennst du ja noch“, erklärte Torsten weiter. „Die dritte Dame am Tisch ist Mel. Links davon PJ.“ Dieser hob wenigsten grüßend die Hand, auch wenn er nicht hochblickte. „Dann Sascha, Mark und Vinz.“
„Freut mich“, sagte Oliver, obwohl ihn anscheinend niemand zur Kenntnis nahm.
Mel, die sich wie nicht anders zu erwarten für das italienische Frühstück entschieden hatte, hob beim Klang dieser dunklen, warmen Stimme den Kopf. Neben Torsten saß ein unglaublich attraktiver Dunkelhaariger, der freundlich lächelnd in die Runde blickte. Als erstes fielen Mel seine Klamotten auf. Er trug ein weißes Button Down Hemd zu einer dunklen Lederjacke. Seine Haare waren etwas länger als gerade modern war und ein paar Strähnen fielen ihm vorwitzig in die Stirn. Seine vollen Lippen hatten etwas Sinnliches an sich, sodass sich Mel unwillkürlich fragte, wie es wohl war, diese zu küssen. Kurz darauf fragte sie sich, ob ihr Badezimmerspiegel neuerdings Wünsche erfüllen konnte. Als seine braunen Augen auf Mels trafen, schien er einen Moment zu zögern. Dann lehnte er sich leicht vor und sagte: „Guten Morgen, Schönheit. Falls du noch nicht weißt, was du nehmen möchtest, könnte ich dir sicherlich behilflich sein.“
Die Art und Weise wie er das sagte, ließ keinerlei Zweifel, dass er nicht vom Essen sprach. Damit war klar, dass ihr Spiegel keine Wünsche erfüllen konnte. Oder nur Teile eines Wunsches. Obwohl er genau ihr Typ war, schob sich automatisch das Bild von Björn vor ihr Auge: Großes Ego gepaart mit Machogehabe und Arroganz. Sie verzog angewidert den Mund. „Ich weiß genau, was ich will“, konterte sie. „Zu harte Eier kann ich nicht ausstehen.“
Um Olivers Mund spielte ein angedeutetes Lächeln. „Du scheinst eine Herausforderung zu sein“, stellte er fest und setzte sich wieder aufrecht hin. „Ich liebe Herausforderungen.“
„Da bin ich mir sicher“, entgegnete Mel kühl und winkte der Kellnerin. Wirklich schade. Einen kleinen Moment lang hatte sie gedacht, er könne etwas für sie sein. Aber sein Selbstvertrauen war ihr eine Spur zu groß.
Anna hatte das Gespräch gespannt verfolgt. „Hey, Neuer, bist du Single?“, kam sie wie immer direkt auf den Punkt.
„Noch“, entgegnete er mit einem Seitenblick in Mels Richtung.
Mark grinste. „Vergiss es, Macho! An Mel beißt du dir die Zähne aus. Die weiß genau, was sie will und was sie nicht will.“
„Keine harten Eier“, antwortete Oliver und griff nach der Karte. „Das habe ich schon verstanden. Aber was nicht ist, kann ja noch werden.“
„Ich kann ihn nicht ausstehen“, erklärte Mel entschieden, als sie mit Anna allein war. Sie waren auf dem Weg nach Hause, um ihre Badesachen zu holen. Danach wollten sich alle am Langenhagener Waldsee treffen.
„Er ist sehr charmant und verdammt attraktiv“, stellte Anna fest.
„Das weiß er auch ganz genau.“ Mel schmiss ihren Bikini in die Badetasche.
„Ich habe nichts gegen ein gesundes Selbstvertrauen.“
„Aber ein Ego, das durch keine Tür passt, ist doch etwas übertrieben“, stellte Mel klar.
„Dabei ist er doch genau dein Typ“, vermutete Anna.
„Wenn er nicht so von sich überzeugt wäre“, gab Mel zu. „Erinnert mich zu sehr an Björn. Arbeitet bestimmt als ITler.“
Anna zuckte schmunzelnd mit den Schultern. „Ist wahrscheinlich eh nicht lange dabei.“