Читать книгу Das Versprechen - Michaela Santowski - Страница 12

9

Оглавление

Oliver betrat am nächsten Morgen den Vorlesungssaal der Uni Hannover. Er studierte im dritten Semester Maschinenbau. Nach dem Abi hatte er es vorgezogen, erstmal eine Lehre zu machen. Doch irgendwann merkte er, dass er höher hinaus wollte. Also begann er zu studieren. Die wenigen Frauen, die sich in der Vorlesung befanden, hoben ohne Ausnahme den Kopf und warfen ihm teils offene, teils verstohlene Blicke zu. Oliver war sich seiner Wirkung auf Frauen bewusst. Allerdings musste er einräumen, dass es nicht schwierig war, unter den Studenten aufzufallen. Er war einer der wenigen, die sich anständig kleideten. Nie im Leben würde er ein T-Shirt anziehen, dass ihm fünf Nummern zu groß war und meistens auch noch dreckig. Oder Hosen, wo der Hintern in den Kniekehlen saß. Er fand, wenn man einen durchtrainierten Body hatte, sollte man das auch zeigen. Deswegen waren seine Hosen eng geschnitten, vor allen Dingen am Hintern, und seine T-Shirts sauber und figurbetont. Er trug stets dunkle Jacken, entweder Leder – oder Jeansjacken. Sein Dreitage-Bart war gepflegt, seine Haare gewaschen und gestylt. Er benutzte jeden Morgen Parfum, nicht haufenweise, sondern so, dass es als angenehm empfunden werden konnte. Und leider stach er damit aus der Masse schon heraus. Grüßend hob er die Hand in Richtung André, der weiter oben saß. Einige Frauen kicherten.

„Alles klar, Ladies?“, fragte er im Vorbeigehen, während er sich seinen Weg zu André bahnte. Seine Gedanken schweiften zum gestrigen Tag und zu Mel. Er glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Blick. Sowas war was für kitschige Filme. Aber er glaubte definitiv an Begehren auf den ersten Blick. Und genau das war passiert. Er hatte sie gesehen und wollte sie. So einfach war das. Obwohl sie sich zierte, war er sich sicher, sie früher oder später in seinem Bett zu haben, eher früher als später. Bis jetzt hatte ihm noch keine lange widerstehen können.

„Ey, Alter“, begrüßte André ihn und schubste sein Zeug beiseite, damit er sich setzen konnte. „Wie war´s Wochenende?“

Oliver nickte. „Ganz okay.“ André war nur ein Studienkollege, kein Freund. Es gab keinen Grund ihm alles haarklein zu berichten. „Und selbst?“, fragte er ohne wirkliches Interesse. André merkte nicht mal, dass Oliver nicht zuhörte. Ein paar Mädels drehten sich in seine Richtung, tuschelten etwas. Dann stand eine auf und schlenderte auf ihn zu. Erwartungsvoll blickte Oliver sie an.

„Hast du vielleicht Lust, nachher mit uns zu essen?“, sprach sie so schnell, dass Oliver Mühe hatte, sie zu verstehen.

Er lächelte sie freundlich an. „Sorry, aber leider bin ich schon verabredet.“

„Dann vielleicht ein anderes Mal?“

„Ganz bestimmt.“ Oliver lächelte sie an, was ihr augenblicklich eine leichte Röte in die Wange schießen ließ. Sie murmelte etwas das so ähnlich klang wie Ich freu mich drauf und verschwand wieder.

André starrte der Frau hinterher. „Wie machst du das bloß?“

Oliver zuckte mit den Schultern. „Wer hat der hat.“

„Vielleicht sollte ich mir die Haare dunkel färben“, überlegte André laut.

Und deinen Kleidungsstil dringend ändern, dachte Oliver, sagte aber nichts. Als die Vorlesung zu Ende war, eilte Oliver nach draußen und schickte Torsten eine WhatsApp.

Ich hatte gestern echt viel Spaß. Deine Freunde sind top. Liegt am Wochenende wieder etwas an?

Kurze Zeit später kam die Antwort.

Du hältst mich wohl für dämlich Ich füge dich unserer WhatsApp Gruppe hinzu, damit du genau weißt, wann du Mel wo finden kannst. Freue mich trotzdem, dich wieder häufiger zu sehen

Oliver schmunzelte. Das Projekt ´Mel erobern´ konnte beginnen.

„Hast du das gesehen?“, fauchte Mel als Anna die Tür öffnete. Demonstrativ hielt sie ihr das Handy vor die Nase und stürmte in die Wohnung.

„Komm doch rein“, seufzte Anna und schloss die Tür.

Mel tigerte im Wohnzimmer auf und ab.

„Möchtest du was Trinken?“, fragte Anna.

„Ich nehme einen Mojito.“

Anna zeigte ihr einen Vogel. „Ich mixe doch nicht an einem stinknormalen Montag irgendwelche Cocktails für dich. Ich habe außerdem morgen Vorlesung.“

„Ein Glas Weißwein tut es auch.“

Anna reichte ihr zwei Gläser und öffnete eine Flasche. Dann setzten sie sich gemeinsam aufs Sofa.

„Was ist denn passiert?“, fragte Anna, während sie einen Schluck des herrlich erfrischenden Weines trank.

„Torsten hat diesen Oliver hinzugefügt.“

„Habe ich gesehen“, sagte Anna.

„Mehr hast du nicht zu sagen?“, fragte Mel entsetzt.

Anna zuckte mit den Schultern. „Ich finde ihn nett. Wir hatten noch viel Spaß gestern, als du weg warst.“

„Das kann ich mir vorstellen.“ Mel schaute ihre Freundin beleidigt an.

„Jetzt reg dich ab! Klar hält er sich für den Mittelpunkt der Welt“, erklärte sie. „Das ist kaum zu übersehen. Aber er ist auch wirklich sehr attraktiv.“

„Na und? Gibt ihm das das Recht, sich so zu benehmen?“

„Was genau hat er denn gesagt, dass du sogar einen Tag später noch dermaßen wütend bist?“

„Er hat mir genau geschildert, wie er mich auf welche Weise zum Orgasmus bringen wird.“

Anna verschluckte sich an ihrem Wein und begann, heftig zu husten. Mel klopfte ihr auf den Rücken.

„Nicht dein Ernst?“, keuchte Anna, als sie wieder Luft bekam. Mel nickte, innerlich kochend bei dem Gedanken an seine Worte. Ob vor Wut oder vor Erregung wollte sie immer noch nicht wissen.

„Das passt zu ihm“, lachte Anna. „Oh man. Das kann ich mir absolut vorstellen. Damit hat er anscheinend schon mehr erreicht als Alexander, der immerhin das Bett mit dir geteilt hat.“

„Ich finde das überhaupt nicht witzig“, empörte sich Mel, die Anspielung auf Alexander ignorierend. Schließlich hatte sie ähnliche Gedanken selbst schon gehabt.

„Doch das ist es“, grinste Anna. „Ich wette, er hat das so gut dargestellt, dass seine Worte dich nicht kalt gelassen haben.“

Mel fühlte sich ertappt und trank schnell einen Schluck Wein.

„Ich wusste es!“, schrie Anna triumphierend.

„Das ist hier aber nicht das Thema. Das Thema ist“, lenkte Mel ab, „dass er in unserer Gruppe ist. Er hat vor, sich in unsere Clique zu drängeln und ständig dabei zu sein.“

„Ich wusste nicht, dass wir ein `Wegen-Überfüllung-Geschlossen Schild` aufgehängt hätten.“

„Jetzt nimm mich doch mal ernst!“ Mel sprang auf und funkelte Anna böse an.

„Wie könnte ich? Du benimmst dich total lächerlich.“

„Ich will ihn nicht jedes Wochenende sehen müssen“, maulte Mel.

„Lass ihn doch einfach links liegen. Er wird schon das Interesse verlieren. So jemand wie er hat es doch gar nicht nötig, einer Frau länger hinterher zu rennen.“

Mel ließ sich wieder aufs Sofa plumpsen. „Da hast du wohl recht“, gab sie schließlich zu. „Aber er hat irgendwas an sich, das mich einfach wahnsinnig macht.“

„Nicht zu übersehen. Ich habe noch nie erlebt, dass du dich so überfahren lässt.“

Mel horchte auf. „Was meinst du?“

„Du hast nur reagiert.“

Fragend sah Mel Anna an. Diese seufzte. „Ihr seid euch nicht auf Augenhöhe begegnet. Er hat dich total dominiert.“

„Na hör mal“, empörte sich Mel.

„Sorry, Schätzchen, aber da gibt es nichts zu hören. Das war nicht nur ein Sieg nach Punkten für ihn, das war ein kompletter Knock Out.“

Mel war einen kurzen Moment beleidigt. Doch leider musste sie Anna Recht geben. So überfahren hatte sie ein Mann tatsächlich noch nie. Noch ein Grund mehr ihn zu meiden.

„Und was soll ich deiner fachlichen Meinung nach jetzt tun?“

„Tief durchatmen und ihm keine Gelegenheit mehr geben, dich zu überfahren. Lass ihn links liegen. Es sei denn, du hast doch Interesse an ihm?“, fügte sie fragend hinzu.

„Auf gar keinen Fall.“ Mel schüttelte vehement den Kopf.

„Kam die Ablehnung nicht ein wenig zu schnell?“, grinste Anna.

„Du kannst mich mal“, lachte Mel. „Ich hasse es, dass meine beste Freundin Psychologie studiert.“

„Darauf trinken wir!“ Anna füllte die Gläser erneute. Als Mel zurück in ihrer Wohnung war, war es schon nach Mitternacht. Aber sie fühlte sich entspannt und auf die nächste Begegnung mit Mr. Arrogant vorbereitet. Der konnte sich auf was gefasst machen!

Das Versprechen

Подняться наверх