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Demokratie leben! Vom Modellprojekt in die Wirklichkeit

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Axel Schneider

Am 1. Januar 2015 startete das neue Bundesprogramm Demokratie lebenl – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit auf Initiative des BMFSFJ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend). Ein Vorgängerprogramm des gleichen Ministeriums namens Toleranz fördern – Kompetenz stärken wurde mit beachtlichen 30 Millionen Euro im ersten Projektjahr abgelöst. Das von der damaligen Ministerin Manuela Schwesig eingebrachte Programm umfasste drei Säulen: Etwa 70 % der Mittel flossen in sogenannte Partnerschaften für Demokratie, die sich mit konkreten Aktivitäten vor Ort für Vielfalt und Demokratie stark machen und von der Weiterbildung bis zur Opferberatung reichen. Säule Nummer zwei war die strukturelle Förderung von gut zwei Dutzend bundeszentralen Trägern mit überregionaler Bedeutung, und in die dritte Säule Modellprojekte flossen zunächst 6 Millionen Euro pro Jahr. Hier sollten in unterschiedlichen Bereichen innovative Projekte gefördert werden, die sich gegen „Angriffe auf Demokratie, Freiheit und Rechtstaatlichkeit sowie Ideologien der Ungleichwertigkeit“ richten. Als Problemstellungen wurden in der damaligen Ausschreibung genannt: „Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus, die Herausforderungen durch Islam- bzw. Muslimfeindlichkeit, Antiziganismus, Ultranationalismus, Homophobie, gewaltbereiter Salafismus bzw. Dschihadismus, linke Militanz und andere Bereiche“ Die Projektdauer von fünf Jahren entsprach den Forderungen aus der Trägerlandschaft. „Ich möchte die Projekteritis beenden und mit unseren Programmpartnern eine Partnerschaft des Vertrauens auf Augenhöhe aufbauen. Die Organisationen, Vereine und Träger brauchen Vertrauen und PlanungsSicherheit“, betonte Manuela Schwesig, „das ist mit dem neuen Bundesprogramm Demokratie lebenl gewährleistet.“

Diese jeweils für fünf Jahre geförderten 54 Projekte teilten sich in folgende Themenfelder:

Aktuelle Formen von Islam-/Muslimfeindlichkeit (14)

Homophobie und Transphobie (9)

Aktuelle Formen des Antisemitismus (13)

Demokratieentwicklung im ländlichen Raum (9)

Antiziganismus (9)

Im ersten Förderjahr gingen bundesweit 54 Modellprojekte an den Start, darunter fünf im Bundesland Sachsen-Anhalt (Träger: Katholische Erwachsenenbildung im Land Sachsen-Anhalt e.V., Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt e.V., Netzwerk für Demokratie und Courage e.V., Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen e.V. und .lkj) – Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e.V.). Im Gegensatz zu den meisten Bundesprogrammen gab es bei den Modellen keine flächendeckende Verteilung: Während in Berlin allein 19 Projekte angesiedelt waren, gingen sechs Bundesländer (Brandenburg, Bremen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Thüringen) völlig leer aus*

Das in diesem Buchbehandelte Projekt Dehnungsfuge – Auf dem Lande alles dicht? gehört einerseits zum Verbund der fünf Modellprojekte in Sachsen-Anhalt, andererseits zu den bundesweit neun Modellen der „Demokratieentwicklung im ländlichen Raum“. In den ersten Jahren der Modellprojektphase war der Austausch der Akteur*innen in den Bundesländern oder den Themenfeldern nicht strukturiert oder systematisiert. Das zuständige Landesministerium für Arbeit und Soziales Sachsen-Anhalt beteiligte sich finanziell an den maßgeblich vom Bund finanzierten Modellprojekten. Koordinierung, Beratung und Unterstützung durch das Land kamen erst im Lauf der fünf Jahre auf Nachfrage hinzu. Eine Zusammenarbeit der Projektträger mit der zuständigen Bundesbehörde war zum Projektstart ebenfalls durch Unsicherheit und Kompetenzwirrwarr geprägt. Zuständig war nämlich die Nachfolgebehörde des Bundesamtes für den Zivildienst, die sich ab 2011 BAFZA (Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben) nannte. Die sogenannte Regiestelle im BAFZA wurde im Referat 304 am Standort Schleife (Landkreis Görlitz) gebildet. Hier wurden im Laufe der Jahre die administrativen Rahmenbedingungen erprobt und entwickelt.

Weitergehende Informationen sind unter folgendem Link einsehbar:

www.dji.de/fiLeadmin/user_upLoad/DemokratieLeben/Zweiter_Bericht_ModeLLprojekte_2016.pdf

Ein weiterer Player war das Deutsche Jugendinstitut, das vom BMFSFJ mit der Programmevaluation beauftragt wurde. Dieses untersuchte die Umsetzung und die Effekte der Programmaktivitäten in ihrer Gesamtheit, ordnete sie fachlich ein und bewertete sie. Die wissenschaftliche Begleitung realisierte eine Projektbegleitung mit unterschiedlicher Reichweite und Tiefe: Sie kombinierte quantitative Erhebungen bei allen Projekten mit qualitativen Erhebungen bei einem ausgewählten Teil der Projekte.

Ein besonderes Merkmal der Dehnungsfuge war, dass im Grundkonzept mit Theatern im ländlichen Raum nicht nur in unterschiedlichen Regionen, sondern auch in drei unterschiedlichen Bundesländern kooperiert werden sollte. Es erwies sich als außerordentlich schwierig, Ko-Finanzierungen aus Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern zu generieren, was im Lauf der Jahre dazu führen musste, dass sich Schwerpunkte verlagert haben. Dadurch wurde die Projektentwicklung spannend und kreativ – sie wurde über die fünf Jahre dynamisch und von verschiedensten äußeren und inneren Faktoren, die nicht immer planbar waren, abhängig. Diese Kreativität, Dynamik und Spannung spiegeln daher auch die Beiträge in dieser Publikation wider.

Auf dem Lande alles dicht?

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