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Liebe Leser*innen,
ОглавлениеGrußwort des Vorstands der .lkj) Sachsen-Anhalt und des Projekt-Overhead-Teams
Torsten Sowada
Dr. Mieste Hotopp-Riecke
die Bevölkerungsentwicklung in den ländlichen Räumen Sachsen-Anhalts ist hinsichtlich der Bevölkerungszahlen in ihrer Größe und Struktur maßgeblich vom demografischen Wandel geprägt. Dieser muss gestaltet werden, wenn wir auch morgen noch auskömmlich, zufrieden und nachhaltig in den ländlichen Regionen unseres Landes leben wollen.
In Sachsen-Anhalt, wie auch in anderen Regionen Deutschlands, geht der Trend hin zu einer alternden Gesellschaft. Diese demografische Entwicklung – einhergehend mit einem Strukturwandel in unserer Gesellschaft – stellt nicht nur Sachsen-Anhalt vor große Herausforderungen.
Entsprechende scheinbar profane Fragen offenbaren dabei strukturelle Herausforderungen vor allem in ländlichen Räumen: Wie erreiche ich die nächste Kaufhalle, den nächsten Jugendklub – falls es einen gibt – oder wo kann ich mal wieder einen Theaterabend genießen? Gibt es ausreichend Ärzte, Kindergärten und Schulen im ländlichen Raum und wie steht es mit dem öffentlichen Personennahverkehr? Welche kulturellen Angebote gibt es für mich und wie kann ich selbst aktiv mit Gleichgesinnten zur kulturellen Aufwertung meiner Region beitragen? Welche Perspektiven und Selbstermächtigungen bietet dafür die außerschulische und kulturelle Bildung vor Ort? Das sind Fragen, die die Menschen bewegen, insbesondere in den kleineren Städten und Dörfern, die vom Einwohner*innenrückgang besonders betroffen sind.
Die Landesvereinigung kulturelle Kinder- und Jugendbildung Sachsen-Anhalt e.V. (lkj) hat mit dem Bundesmodellprojekt Dehnungsfuge – auf dem Lande alles dicht? und den daraus entstandenen wiederbelebten Leerständen, neuen Netzwerken, Initiativen und Kampagnen versucht, in fünf ländlichen Regionen in vier Bundesländern gemeinsam mit den Menschen vor Ort mindestens punktuelle Antworten zu finden. Doch gerade weil wir dieses Thema nicht allein bearbeiten, weil es relevant ist für alle Bundesländer, halten Sie mit diesem Buch etwas Neues in den Händen, das weit über die vier Bundesländer der Dehnungsfuge hinausgreift, das Sie einerseits begeistern möchte für kulturelles Engagement in ländlichen Räumen, für die Aktivierung von Kultur und Bildung als Haltefaktoren im Kontext des demografischen Wandels. Andererseits werden Analysen und Erfahrungen zu Konzepten, Methoden und Fördermöglichkeiten kritisch untersucht und Bedarfe und Fehlstellen aufgezeigt.
Der Inhalt und die Entstehung des Buches zeigen, was möglich ist, wenn sich engagierte Bürger*innen, Kulturschaffende, Alteingesessene und Zugezogene, Jugendliche und Expert*innen gemeinsam und mit Neugier für Kultur, für Perspektiven, Integration und Bildung in ihrer Heimat einsetzen. Insbesondere das hohe Engagement und der künstlerische Input von vielen jungen Geflüchteten bzw. Migrant*innen in der Dehnungsfuge und deren Netzwerken hat uns deutlich gezeigt, wie wertvoll es sein kann, wenn frische neue Ideen in Wechselwirkung mit Tradition und gewachsener Gemeinschaft treten. Wir denken dabei z.B. an einen DJ aus Damaskus, der so manche Dorfdisko rockte, einen syrischen Schriftsteller, der seinen ersten Roman in deutscher Sprache schrieb und an die vielen Jugendlichen, die noch nie Theater gespielt haben und auf einmal in ausverkauften Sälen auf der Bühne standen, das Publikum mitrissen und begeisterten. Wenn z.B. über 80 Menschen im Alter von 6 bis 85 ein halbes Jahr lang zusammen an einem Theaterprojekt zur Geschichte ihres Dorfes arbeiten wie in Bittkau, wenn Leerstand zu einem offenen Bürger*innentreff wird wie in der Kleinen Markthalle in Stendal, ein altes Schulgebäude zum Kunst- und Kreativhaus Old School in Havelberg wird, dann sind dies Zeichen für die Lebenslust der Menschen vor Ort, dann sind dies Perspektiven für neue künstlerische und kreative Freiräume in der Region, die einer Würdigung und Förderung bedürfen.
Auch die .lkj) Sachsen-Anhalt als Dach- und Fachverband für kulturelle Kinder- und Jugendbildung ist daher bemüht, die Zusammenarbeit mit Einheimischen, Zugezogenen, diversen gesellschaftlichen Akteur*innen und Kulturschaffenden fortzusetzen und zu verstärken sowie die Aktivitäten der Kunst- und Kulturszene insbesondere in ländlichen Räumen zu unterstützen. Wir möchten nach dem Projektende der Dehnungsfuge an dieser Stelle noch einmal herzlich danke sagen an all die engagierten Menschen in den Standorten, an die Kulturschaffenden im Ehrenamt und in der Freiberuflichkeit, an die großen und ganz kleinen Kulturbetriebe in der Region und an die Projektmitarbeiter*innen.
Der Inhalt und die Entstehung des Buches zeigen, was möglich ist, wenn sich engagierte Bürger*innen, Kulturschaffende, Alteingesessene und Zugezogene, Jugendliche und Expert*innen gemeinsam und mit Neugier für Kultur, für Perspektiven, Integration und Bildung in ihrer Heimat einsetzen.