Читать книгу Following You - Bis in die Ewigkeit - Mika D. Mon - Страница 13
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Seth
11 Jahre zuvor…
Ich schütte die Nudeln in das kochende Wasser und fülle etwas Öl für die Tomatensoße in den Topf daneben. In einer halben Stunde sollte meine Schwester von der Schule nach Hause kommen. Ein Blick an die Wanduhr über der Küchentür bestätigt mir meine Vermutung. Eilig laufe ich aus der Küche in das Schlafzimmer unseres Vaters und bewege den Mauszeiger hin und her. Nachdem der Bildschirmschoner mit den umherschwimmenden Fischen im Aquarium ausgeht, aktualisiere ich das E-Mail-Programm. Nichts. Keine Nachricht von meinem Vater. Verdammt.
Verzweifelt seufzend stoße ich die Luft aus. Wann kommt er endlich wieder? So lange hat er uns noch nie allein gelassen. Ich mache mir Sorgen. Als auch nach dem fünften Mal Aktualisieren keine neue E-Mail aufleuchtet, mache ich mich auf den Weg zurück in die Küche. Da lässt mich ein lautes Klopfen an der Tür zusammenfahren.
Was zum …?
Irritiert kräusle ich die Stirn und gehe auf den Eingang zu, schaue durch den Türspion und sehe einen Mann davorstehen. Er ist groß, hat olivfarbene Haut, stechende, fast schwarze Augen und ebenfalls schwarze Haare.
»Ja?«, rufe ich durch die Tür.
»Ich bin ein Freund von deinem Vater. Lass mich rein«, ruft er und ich mache augenblicklich einen Schritt zurück. Ich kenne keine Freunde von meinem Vater und ich weiß, dass die Männer, mit denen er an seiner »Arbeit« zu tun hat, nicht nett sind.
»Mein Vater ist nicht da!«, antworte ich und ärgere mich, dass meine Stimme nicht so fest klingt, wie ich es will.
»Das weiß ich, mein Junge. Darum bin ich auch hier. Lass mich rein. Dein Vater würde mich auch nicht draußen stehenlassen.«
Ich zögere, knete meine feuchten Hände vor Aufregung und bin froh, dass Rory in der Schule und nicht hier ist.
»Ich zähle bis drei. Wenn die Tür dann nicht auf ist, werde ich sie aufbrechen und das musst du dann bezahlen.« Er schreit diese Worte nicht, doch er sagt sie mit so einer kompromisslosen Dominanz, dass ich Angst bekomme.
»Eins.« Schnell renne ich zur Tür, drehe den Schlüssel um und öffne sie. An dem Mann mit den dunklen Augen drängen sich nun zwei weitere vorbei. Einer packt mich schmerzhaft am Oberarm und zerrt mich ins Wohnzimmer. Der andere Kerl fängt an, unsere Schubladen und Schränke aufzureißen und alles zu durchwühlen, was er finden kann.
»Was tut ihr? Hört auf! Das gehört uns!«, schreie ich aufgebracht, während der Mann, der bisher mit mir gesprochen hat, in vollkommener Ruhe die Tür hinter sich schließt und auf mich zukommt, während er sich in unserer Wohnung umsieht.
Der Mann ist sicher schon Mitte - Ende fünfzig und allein seine Präsenz bereitet mir Angst und ich weiß nicht mal, warum.
Mittlerweile drückt mir einer der anderen beiden Kerle meine Arme auf den Rücken und zerrt mir an den Haaren den Kopf in den Nacken, sodass ich den, ich nehme mal an, Chef der drei, direkt ansehen muss.
»Was wollen Sie von mir?«, fahre ich ihn an, wovon er sich jedoch nicht beeindrucken lässt.
»Wie ist dein Name, Junge?«
»Corvin! Und wer sind Sie?«, sage ich ihm und funkle ihn aus schmalen Augen an.
»Mein Name ist Aqil«, stellt er sich mir mit einem Grinsen auf den Lippen vor. »Weißt du, Corvin, ich will dir verraten, warum wir hier sind«, beginnt er und fängt an, mich langsam zu umkreisen. Seine schwarzen Augen wandern dabei über jeden Zentimeter meines Körpers. Ich fühle mich plötzlich nackt vor ihm. Der Kerl hinter mir hält mich weiter eisern fest, sodass ich ihm nicht mit dem Blick folgen kann, während er mich umrundet.
»Dein Vater hat für uns gearbeitet und er war eigentlich nicht schlecht darin. Weißt du denn, was sein Job war?«
Ich ziehe irritiert die Brauen zusammen. Der Mann namens Aqil fasst mir an den Oberarm und drückt mir prüfend in das Fleisch. Was wird das hier?
»Er passt auf Leute und Dinge auf«, sage ich und fühle mich plötzlich dumm, nichts Genaues über seine Arbeit zu wissen. Er spricht nie darüber, trotzdem weiß ich, dass er kriminell ist. Sicher hat er mit Drogen zu tun, aber ich wollte auch nie mehr davon wissen, weil ich nicht wie mein Vater sein will. Mein Leben wird anders aussehen als seines. Genauso das meiner kleinen Schwester. Ich werde ein duales Studium bei der Polizei machen. Das habe ich mir schon genau überlegt.
»Ich verrate dir jetzt mal, was dein Vater die letzten zwei Wochen gemacht hat. Okay?« Aqil kommt noch einen Schritt näher auf mich zu und durchbohrt mich förmlich mit seinem Blick. »Dein Vater hat sich Geld von uns geliehen. Viel Geld. Vielleicht hat er es verwettet, vielleicht hat er sich davon Drogen gekauft, es ist mir auch vollkommen egal, was er damit gemacht hat. Er hat es uns jedoch nie zurückgezahlt und das kann er jetzt auch nicht mehr.«
Eine Eiseskälte durchfährt meinen Körper und Übelkeit keimt in mir auf. Diese Worte klingen nicht gut. Sie klingen ganz und gar nicht gut.
»Wieso nicht?«, stelle ich flüsternd die Frage, deren Antwort ich eigentlich gar nicht wissen will.
Aqil beugt sich zu mir hinab, sodass mir der Duft seines Aftershaves in die Nase steigt. »Weil er tot ist, mein Junge. Dein feiger Vater hat sich eine Pistole in den Mund gesteckt und abgedrückt.«
Tränen steigen mir in die Augen, doch ich halte sie krampfhaft zurück und schüttele heftig den Kopf. Dass die Finger, die mich eisern an den Haaren festhalten, an meiner Kopfhaut zerren, ist mir egal.
»Das ist nicht wahr! Das hat er nicht! Das würde er nicht.« Mein Herz schlägt schmerzhaft gegen meine Brust und ich bekomme schlecht Luft.
»Doch, es ist wahr, mein Junge. Dein toller Vater hat dich und deine kleine Schwester allein gelassen und unser Chef ist der Ansicht, dass der Körper eines kleinen sechsjährigen Mädchens über die Zeit hinweg sicher einen Teil seiner Schulden abbezahlen kann.«
Das ist der Moment, in dem ich nicht nur mit einem Fuß mit Kraft nach hinten trete, sondern auch den Kopf zurückrucken lasse. Ich spüre, wie ich meinen Hinterkopf gegen den Unterkiefer des Mannes donnere, der mich festhält, und höre, wie er vor Schmerz flucht. Er knickt nach vorn, da ich ihm genau gegen das Knie getreten habe. Ich entreiße ihm meine Arme und stürze nach vorn auf den Anführer zu. Platziere meine Faust in seinem Gesicht, sodass Blut an meinen Fingerknöcheln hängenbleibt. Der nächste Schlag landet in seinem Bauch. Ich hole nochmal aus, doch da legen sich schraubstockartig Finger um meine Handgelenke, führen sie zusammen, sodass er sie ohne Probleme mit einer Hand festhalten kann. Mit der anderen umgreift er meinen Daumen und ein furchtbares Knacken ist zu hören. Ich schreie auf vor Schmerz und will mich von ihm losreißen, doch Aqil ist um ein Vielfaches stärker als ich und hält mich einfach fest. Nun greift er mir in die Haare und reißt an ihnen, sodass ich den Kopf in den Nacken legen und ihn ansehen muss.
Erneut kämpfen sich Tränen ihren Weg in meine Augen. Diesmal nicht nur aus Verzweiflung und Trauer, sondern auch aus Schmerz. Ich kann sie nicht zurückhalten, aber in dem Moment, als sich die erste Träne aus meinen Augen löst, lässt er meine Handgelenke los und umfasst gnadenlos meinen Hals. Er drängt mich nach hinten, sodass ich mit dem Hinterkopf schmerzhaft gegen den Wohnzimmerschrank donnere.
»Nicht. Weinen«, knurrt er mir förmlich entgegen, während seine Augen beinahe wahnsinnig funkeln.
»Ich kann kein heulendes Würmchen gebrauchen, Corvin. Ich will einen Kämpfer. Ich will den Corvin, der mir die Nase blutig geschlagen und sich aus Dimis festem Griff befreit hat. Nur so wirst du in dieser Welt überleben. Nur SO wirst du deine liebe, kleine Schwester vor dem Strich bewahren können. Hast du das verstanden? DU bist jetzt der Mann hier im Haus. DU wirst die Schulden deines Vaters abarbeiten müssen und ICH werde es sein, der dich zu einem Killer ausbildet. Der dich zu einem Mann macht. Schaffst du das, Corvin? Schaffst du das?«
Ich zittere und ich weiß nicht, ob vor Angst oder vor Zorn. Vielleicht auch eine Mischung aus beidem. Als er seine Hand an meinem Hals lockert, ziehe ich schnell etwas Sauerstoff in meine Lunge. Ich erwidere seinen abwartenden Blick und lasse mir all seine Worte durch den Kopf gehen. Ich bin jetzt der Mann hier im Haus. Ich bin jetzt derjenige, der sich um meine kleine Schwester kümmern muss. Ich, weil unser Vater uns allein gelassen hat.
»Ja«, hauche ich.
»Was, ja?«
»Ja. Ich schaffe das.«