Читать книгу Following You - Bis in die Ewigkeit - Mika D. Mon - Страница 4

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Kiki

Ich sitze auf der Toilette und starre auf den Test in meiner Hand. Auf dieses kleine Plastikding mit dem Sichtfenster, welches zwei verdammte Striche zeigt.

Zwei Striche, die bedeuten, dass ich nicht mehr alleine bin. Zwei Striche für zwei Personen. Ich und das kleine Zellhäufchen in meinem Unterleib, welches in den nächsten Monaten zu einem Baby heranwachsen wird.

Es muss ein Irrtum sein, versuche ich mir einzureden, wir hatten nicht oft ungeschützten Sex. Es kann einfach nicht passiert sein!

Noch während ich versuche, mich mit diesem Gedanken selbst zu überzeugen, dreht sich mir mein Magen um und ich eile schnell vom Klo, um mich in die Schüssel zu übergeben. So sehr ich mir auch wünschte, es wäre anders:

Ich bin schwanger. Ich wusste es bereits, bevor ich den Test gemacht habe. Die Übelkeit all die Zeit, meine Schweißausbrüche …

Ich bin nicht bereit, ein Kind zu bekommen.

Und Seth ist es noch viel weniger.

Er hat mir mehr als einmal deutlich gemacht, dass er keine Zukunft mit Kind, Haus und Garten mit mir sieht.

Nachdem die Übelkeit auf ein erträgliches Maß abgeflacht ist, stehe ich langsam auf, spüle mir den Mund aus und putze mir die Zähne. Schweißgebadet blicke ich in den kleinen Spiegel über dem Waschbecken.

Meine dicken, wilden Haare habe ich zusammengebunden. Sie sind braun, weil ich sie mir vor wenigen Tagen getönt habe, um mein Aussehen zu verändern. Im Kontrast zu der dunklen Haarfarbe wirkt mein Gesicht aschfahl und unter meinen Augen schimmern bläuliche Schatten.

Kurz gesagt: Ich sehe so scheiße aus, wie ich mich fühle.

Ich habe die Hölle überlebt, doch auf dem Weg hindurch habe ich alles verloren. Mein Vater und seine beiden Leibwächter sind von dem Los Caídos-Syndikat bei einem Anschlag ermordet worden. Sie haben mir den wichtigsten Menschen aus meinem Leben gerissen. Dieser Welt einen Helden genommen. Drei Helden. Ansgar und Dimitri, die beiden Personenschützer, waren gute Männer. Männer mit Familie. Sie haben ihr Leben gelassen, um meinen Vater zu beschützen. Dennoch wurde er letztendlich vor meinen Augen hingerichtet.

Selbst jetzt, Wochen später, fühlt es sich an, als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen werden, wenn ich daran denke.

Die Bilder verfolgen mich bei Tag und bei Nacht in meinen Träumen. Ich höre das laute Dröhnen der Explosion in meinen Ohren, schmecke den Staub, der von der Decke auf meine Zunge rieselt und fühle das Brennen des Qualms in meinen Augen. Wie in der Wirklichkeit taumele ich nachts in die Küche, wo ich mit ansehen muss, wie meinem Vater in den Kopf geschossen wird und er leblos zu Boden sackt.

Das Trauma sitzt tief. Diese Geschehnisse haben eine Wunde in meine Seele gerissen, die niemals ganz verheilen wird.

All das lässt sich nahezu an den Schatten um meine Augen ablesen.

Ich ziehe meinen Kosmetikbeutel von dem kleinen Schränkchen unter dem Waschbecken hervor und stelle ihn neben den Wasserhahn. Mit Make-up überdecke ich das Grauen der Wirklichkeit. Weg mit den Schatten, weg mit dem Trauma. Es ist da. Aber außer mir muss es niemand sehen.

Concealer, Maskara, Rouge und Lipgloss machen im Handumdrehen einen vorzeigbaren Menschen aus mir.

»Und jetzt?«, frage ich mein Spiegelbild. Dann schiele ich auf den Schwangerschaftstest, der neben der Toilette liegt. Ich hebe ihn auf und kontrolliere noch einmal, ob auch wirklich zwei Striche zu sehen sind. Leider habe ich sie mir nicht eingebildet. Sie sind da. Egal wie sehr ich es mir wünsche, sie werden nicht mehr verschwinden.

Nur um sicherzugehen, vergleiche ich das Ergebnis ein fünftes Mal mit der Packungsbeilage. Zwei Striche bedeuten eine Schwangerschaft zu einer Wahrscheinlichkeit von 99%. Meine körperlichen Symptome radieren allerdings auch das letzte Prozent aus.

Aber das bedeutet ja noch nicht, dass das Baby auch bleibt. Ich kann ja höchstens seit wenigen Tagen oder Wochen schwanger sein.

Ich schnappe mir mein Handy und google nach der Wahrscheinlichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs. Das Ergebnis gibt mir Hoffnung. Zwar zeigen unterschiedliche Seiten verschiedene Daten, doch alle sind sich einig: Viele Schwangerschaften enden in den ersten Wochen. Völlig unbemerkt wird der Embryo abgestoßen.

Seufzend schließe ich meine Augen und atme erleichtert aus.

Bestimmt werde ich das Kind verlieren.

Ich fühle mich schlecht, weil ich es mir wünsche. Weil ich mir wünsche, dass dieses »Problem« einfach verschwindet. Wie viele Frauen versuchen, verzweifelt schwanger zu werden? Wie viele Frauen haben Fehlgeburten und zerbrechen daran, weil sie ihre ungeborenen Kinder verlieren? Aber ich bete dafür, dass mir genau das passiert. Ich bete dafür, dass das Leben endet, bevor es wirklich entstehen kann.

Macht mich das zu einem schlechten Menschen? Zu einem Monster?

Ich bin neunzehn Jahre alt. Der Vater des Kindes ist ein Schwerverbrecher. Ein Mörder. Abgesehen von meiner besten Freundin Leonie gibt es niemanden hier, der mir helfen würde, es großzuziehen.

Aber was mache ich, wenn die Schwangerschaft zu keinem natürlichen Ende kommt? Ich schiebe diesen Gedanken beiseite, da ich mich jetzt noch nicht damit auseinandersetzen will.

Es klopft an der Badezimmertür. Ich schrecke auf und stopfe den Test schnell in seine Packung und beides in meinen Kosmetikbeutel.

»Ja?!«, rufe ich eilig.

»Du bist schon so lange im Bad. Geht es dir nicht gut, Kiki?«, höre ich Auroras Stimme von draußen. Seths kleine Schwester ist zwei Jahre jünger als ich und hat mich, ohne zu zögern, als die Freundin ihres Bruders angenommen.

»Ich glaube, ich habe etwas Falsches gegessen! Es ist nichts weiter.« Na toll, ich Idiotin. Jetzt hat sie die Vorstellung von mir im Kopf, wie ich mit Durchfall auf dem Klo hocke. Hätte mir nichts anderes einfallen können?

»Oh, ach so. Brauchst du was? Soll ich dir was in der Apotheke holen?«, fragt Rory besorgt.

»Nein, danke. Ich lege mich gleich einfach etwas hin, dann geht es schon wieder!«

»Okay, alles klar. Wenn was ist, dann ruf mich!«

»Danke, Rory!«

Als ich höre, wie sich ihre Schritte entfernen, stelle ich meine Schminke zurück unter das Waschbecken und setze mich auf den heruntergelassenen Toilettendeckel. Danach verkrieche ich mich ins Bett. In ein paar Stunden wird es mir wieder besser gehen.

Following You - Bis in die Ewigkeit

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