Читать книгу Following You - Bis du nicht mehr fliehen kannst - Mika D. Mon - Страница 11

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Er


Wenn man zu lange in den Schatten gelebt hat, schmerzt es, wieder in das Licht zu blicken.

Ich war mir bereits sicher gewesen, dass das Haus der Königs von der Polizei überwacht wird, und habe daher absichtlich in einiger Entfernung gehalten, um Kiki aus dem Auto zu lassen. Leider haben mich die Drecksbullen dennoch entdeckt und jetzt auf ihrem Radar. In dem Moment, in dem das Blaulicht hinter mir angeht und die Sirenen ertönen, ist der schwarze Maserati Segen und Fluch zugleich.

Ich bin schneller als die Polizeiwagen von der Stange, aber ich bin auch auffällig wie ein bunter Hund. In Frankfurt fahren zwar so einige Protzkarren herum, nichtsdestotrotz sind sie die Minderheit. Während die Sirenen hinter mir jaulen, trete ich das Gaspedal gewaltsam durch. Die Reifen quietschen und der Wagen schießt nach vorne, während ich in den Sitz gepresst werde. Meine Fingerknöchel treten weiß hervor, als ich das Lenkrad fest umfasse.

»Fuck«, zische ich und schaue über den Rückspiegel nach hinten. Die blinkenden Lichter der Polizeiwagen blenden mich und ich kneife die Augen leicht zusammen.

Zum Glück kenne ich einige Schleichwege. Sie werden den Bullen nicht gefallen und Ace noch viel weniger.

»Sorry, Ace«, murmle ich und reiße das Lenkrad herum, während ich die Handbremse anziehe. Mit quietschenden Reifen drifte ich um eine scharfe Kurve und nehme so eine private Durchfahrt. Mit mörderischer Geschwindigkeit rase ich über den schmalen Weg und ignoriere dabei, dass die Reifen den Schotter hochschleudern und ich eine Mülltonne über den Haufen fahre, die scheppernd umkippt und ihren Inhalt verteilt. Am Ende der Durchfahrt biege ich wieder auf eine öffentliche Straße ab, bekomme die Kurve nicht ganz und schlittere in einen anderen Wagen hinein.

Er hupt, bremst, die Reifen quietschen, ich sehe Qualm hinter mir aufsteigen und höre lautes Krachen, als der Hintermann ihm auffährt. Ein erneuter Blick in den Rückspiegel verrät mir, dass es einer der Bullen durch meine Abkürzung geschafft hat. Die anderen stecken irgendwo hinter dem Unfall fest.

»Hartnäckige Zecke«, knurre ich und trete erneut das Gaspedal durch. »Ich hasse Autofahren.«

Mein Abstand zur Polizei erhöht sich sprunghaft, als die Pferdestärken des Wagens mir einen Schub nach vorne geben. Vor mir leuchtet eine rote Ampel im Dunkel der Nacht und einige Autos vor mir fahren über die Kreuzung. Keine Zeit, zimperlich zu sein. Mit Vollgas rase ich auf die Kreuzung zu und kann nur hoffen, dass die Leute aufgrund der lauten Polizeisirenen vorsichtig fahren.

Ich verfehle nur knapp ein anderes Auto, welches sich noch schnell über die Ampel schummeln wollte und nicht mit einem voranrasenden Maserati gerechnet hatte. Ich weiche ihm aus, meine Hinterräder rutschen kurz weg, doch die Elektronik des Wagens korrigiert das Manöver, sodass die Reifen schnell wieder Grip auf der Straße finden.

Die kleine Unachtsamkeit hat jedoch ausgereicht, damit der Polizeiwagen aufholt. Auch von anderen Seiten höre ich wieder Sirenen. Ich weiß, dass ich nicht mehr viel Zeit habe. Sie werden versuchen, mir alle Wege abzuschneiden und wenn nötig Straßensperren errichten. Wenn ich Pech habe, schicken sie sogar einen Hubschrauber, der mich im Auge behält und meine Positionen durchgibt.

Ich muss diese Verfolgungsjagd schnell beenden. Wir haben schon viel zu lange GTA gespielt und ich habe verdammt noch mal keine Lust, bei einem Autounfall draufzugehen oder im Knast zu landen.

Die Kippe zwischen meinen Lippen ist inzwischen heruntergebrannt, aber ich hatte noch keine Zeit, die Überreste loszuwerden. Daher belasse ich sie vorerst dort und knete den immer heißer werdenden Filter überlegend mit meinen Schneidezähnen. Irgendwann spucke ich sie einfach auf den Boden des Wagens und trete mit dem freien Fuß drauf. Wie soll ich die Polizei nur loswerden?

Ich rase unter einer Brücke entlang und sehe direkt vor mir, wie zwei weitere Streifenwagen mit Blaulicht auf meine Straße einbiegen.

Meine einzige Chance ist es, irgendwo hinzufahren, wo so viele Autos sind, dass ich nahezu darin untergehe. Ein Parkhaus zum Beispiel. Das Problem ist, dass dort mit Sicherheit Kameras sind und ich eventuell in der Falle sitze. Dennoch sehe ich im Moment keine andere Möglichkeit.

Ich schnappe mein Handy, welches in der Mittelkonsole hin- und hergeschleudert wird, wähle Ace’ Kontakt und klemme es mir zwischen Schulter und Ohr, damit ich beide Hände zum Lenken frei habe.

»Wieso fährst du mit über hundert durch die Stadt?!«, meldet sich Ace kurz nach dem ersten Freizeichen aufgebracht.

»Du kannst das sehen?«

»Willkommen im einundzwanzigsten Jahrhundert, Seth! Was tust du, verflucht?!«

»Hol mich beim Parkhaus Alte Oper ab! Warte direkt an der Ausfahrt!«, knurre ich ins Telefon und lege auf.

In diesem Moment versuchen die Polizeiwagen vor mir, mich auszubremsen. Ich sehe ihre Rücklichter aufleuchten und weiß, dass ich in der Falle sitze, wenn ich jetzt darauf eingehe. Die Polizisten werden sich darauf konzentrieren, vor allem die anderen Verkehrsteilnehmer nicht zu gefährden. Sie werden also keine waghalsigen Manöver wagen. Ich allerdings schon.

Während sie bremsen, gebe ich noch einmal Vollgas und krache mit Wucht von hinten in die Wagen hinein. Die Beamten sind zäh und verlieren nicht die Kontrolle, wie ich es erwartet hatte. Ich muss ausholen und ein anderes Auto rammen, um mir Platz zu machen. Das Metall kreischt, als es aufeinandertrifft. Es hört sich an wie ein Unfall und fühlt sich auch so an. Gut, es ist ja auch einer. Ein Ruck geht durch meinen gesamten Körper. Dann trete ich das Gaspedal erneut durch und schaffe es an dem Wagen vorbei.

Ich muss mich beeilen und gleichzeitig hoffen, dass Ace schnell genug ist. Oder dass er überhaupt kommt und seinen Kragen riskiert.

Es wäre dem Drecksack durchaus zuzutrauen, dass er seine edlen Flossen aus der Geschichte raushalten will. Ich habe ihm bereits genug Ärger eingebrockt. Auf die Polizei direkt am Rockzipfel kann er sicher verzichten. Ich brauche einen Plan B, falls er nicht auftaucht. Letztendlich bleibt mir nur die Flucht zu Fuß. So oder so muss ich den Wagen im Parkhaus loswerden. Dann verlasse ich das Haus zu Fuß. Irgendwie. Wird schon klappen.

Mit diesem völlig unausgereiften Plan steuere ich das Parkhaus an. Ich bemühe mich, die Polizei an meinen Fersen abzuschütteln oder wenigstens etwas Abstand zwischen uns zu bringen. Im Parkhaus brauche ich definitiv Zeit, um ungesehen davonzukommen.

Ich versuche mein Glück in Seitengassen und mit Schleichwegen, aber meine Verfolger sind hartnäckig. Als wir uns bereits ganz in der Nähe des Parkhauses befinden, bleibt mir nur noch eine Verzweiflungstat. Ich biege erneut, mit quietschenden Reifen, in eine private Durchfahrt von einem Hotel ab und ignoriere einfach die heruntergelassene Schranke. Die rot-weiß gestreifte Stange bricht mit einem lauten Krachen und landet hinter mir auf der Straße. Ich brettere durch den Privatparkplatz und durchbreche auch die Schranke bei der Ausfahrt ohne Rücksicht auf Verluste.

Das Heulen der Sirenen ist leiser geworden und ein Blick in den Rückspiegel bestätigt meine Vermutung: Die Polizei ist mir nicht gefolgt und fährt den Umweg außen herum.

Auf dem Weg zur Alten Oper kann ich meinen Vorsprung noch etwas ausbauen. Als ich in die enge Spur zum Parkhaus einbiege, sind die Sirenen weiter entfernt. Möglicherweise haben sie nicht mal gesehen, dass ich hierhin abgebogen bin, und suchen mich draußen. Ich nehme mir sogar die Zeit, einen Zettel an der Schranke zu ziehen, um keinen Alarm oder so etwas auszulösen, und fahre dann nach unten, suche mir den kürzesten Weg zur Ausfahrt und atme erleichtert auf, als ich Ace’ Mercedes AMG direkt bei der Schranke warten sehe.

Ich mache mir nicht die Mühe einzuparken, sondern halte mitten auf der Fahrbahn an und steige aus. Auch die Tür des Mercedes öffnet sich und ein völlig fassungsloser Ace kommt aus dem Wagen. Mit einer ringbesetzten Hand fährt er sich durch sein braunes Haar und sein Mund klappt auf.

»Mein Maserati«, jammert er entsetzt.

»Bisschen Schwund ist immer«, murmle ich, spucke genervt auf den Boden und werfe keinen Blick mehr auf den Maserati zurück. Es ist mir klar, dass die Luxuskarre vollkommen zerschrammt, zerkratzt und zerbeult sein muss. Für mich sind Autos jedoch nur Gebrauchsgegenstände und dieser hier hat mir gute Dienste als Fluchtwagen geleistet. Ace sieht das allerdings etwas anders. Für ihn sind Autos wie Babys. Manchmal nennt er sie sogar so.

Ich steige in den Mercedes ein.

»Lass uns abhauen.«

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