Читать книгу Following You - Bis du nicht mehr fliehen kannst - Mika D. Mon - Страница 12
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Er
Ace labert mich voll, während ich aus dem Beifahrerfenster starre. Erst meckert er darüber, wie ich so unvernünftig sein kann, dann beschwert er sich, dass die Überwachungskameras uns aufgezeichnet haben und er jetzt ein neues Auto kaufen muss.
»Es ist dir aber schon klar, dass mein Maserati mehr wert war als alle Schulden, die dein Vater jemals hatte?«
Ich stoße die Luft genervt aus. »Schreibs auf meine Rechnung.«
»Deine Ruhe möchte ich mal haben. Hast keine Kohle, um dir mal vernünftige Klamotten zu kaufen, aber fährst mein Auto zu Schrott.«
»Was hast du gegen meine Klamotten?« Ich runzle die Stirn.
»Deine Stiefel fallen bald auseinander. Das Leder ist doch schon ganz abgeplatzt. Deine Hose ist total ausgewaschen und du trägst immer diese eine Lederjacke mit der Kapuze, im Sommer und im Winter. Hast du keine anderen Jacken?«
»Nein.«
Ace seufzt resigniert.
Wir konnten das Parkhaus unbehelligt verlassen und fahren gemütlich durch die Innenstadt zu dem Hochhaus, in dem Ace wohnt. Auf dem Beifahrersitz versuche ich, mich so klein wie möglich zu machen, was nicht einfach ist, da ich eben nicht klein bin. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass die Polizei unsere kriminelle Ausstrahlung regelrecht riechen kann, sobald sie in unsere Fenster schaut.
Ace versprüht den rohen Charme eines Zuhälters und ich sehe genau so aus wie der Auftragskiller, der ich bin. Ein Glück, dass Grimm nicht hier ist, denn sein skelettierter Anblick hätte den Rahmen gesprengt.
»Wieso hast du das Mädchen weggeschickt?«, fragt Ace plötzlich. Allein an sie zu denken, flutet meinen Körper mit einer schmerzhaften Kälte, die sich von meiner Mitte ausbreitet und langsam durch meine Venen frisst.
»Es ist besser so für sie.«
»Wieso glaubst du das?«
Ich wende meinen Blick vom Fenster ab und werfe meinem Kumpel einen Was-soll-die-Frage-Blick zu, den er mit einem interessierten Augenbrauenheben quittiert.
»Weil das, was wir vorhaben, verdammt nochmal ein Selbstmordkommando ist, Ace«, kläre ich ihn über das Offensichtliche auf. »Wie hoch stehen die Chancen, dass wir es überleben, wenn wir uns mit Daimos Kahlish und den Los Caídos gleichzeitig anlegen, mh? Ich habe keine Lust, Kiki da mit reinzuziehen. Es war mein Auftrag, sie zu beschützen, und nicht, ihr Leben zu ruinieren. Was ich sowieso schon gemacht habe. Wenn ich Glück habe, konzentrieren sich die Los Caídos jetzt auf uns und interessieren sich nicht mehr für diesen bescheuerten Krieg zwischen den Pharmakonzernen.«
»Ich hoffe, du hast recht«, sagt Ace ernst und biegt in seine Tiefgarage ein. »Wenn dem Mädchen etwas passiert, will ich nicht in deiner Haut stecken.«
Wow. Danke. Penner.
Ace ist ein Schauspieler, ein Trickster und doch manchmal so gnadenlos ehrlich, dass es mir die Sprache verschlägt.
Aber er hat recht. Meine Entscheidung, Kiki wegzuschicken und in ihr altes Leben zurückzulassen, kann auch nach hinten losgehen. Wenn mein Plan nicht aufgeht und die Los Caídos die Königs mit in unseren kleinen Krieg ziehen, dann wird Kiki die Erste sein, die auf ihrer Abschussliste steht. In diesem Fall wäre sie bei mir sicherer.
Aber es würde auch bedeuten, dass sie nie wieder ein normales Leben führen kann. Dass ich ihr all ihre unverwirklichten Träume entreißen würde. Ein Leben mit mir bedeutet, auf der mörderischen Klinge des Todes zu tanzen. Immer nur einen Schritt davon entfernt, draufzugehen.
Nein, das kann ich ihr nicht antun. Genauso wenig, wie ich es meiner Schwester antun kann. Ich muss die beiden aus diesem Teil meines Lebens fernhalten. Rory weiß von nichts. Für sie bin ich nur der schwer arbeitende Bruder, der es doch nicht schafft, die Lücke auszufüllen, die unser Vater hinterlassen hat. Aber Kiki kennt mein Geheimnis. Bei ihr ist es zu spät, meine Maske wieder aufzusetzen.
Während ich mir mein Gehirn zermartere und alle möglichen Wege und Fälle durchgehe, parkt Ace den Wagen und wir steigen aus.
Schweigend gehen wir zum Aufzug und fahren nach ganz oben. Wir beide sind in unsere eigene Welt versunken, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie es in Ace gerade aussieht. Er lehnt an der Fahrstuhlwand, die Arme genauso verschränkt wie ich und schaut ernst ins Leere.
Ob er sich Sorgen macht? Ob er Angst hat? Ace ist nicht der Typ, seine Emotionen nach außen zu tragen. Zumindest nicht die Echten. Als sich unsere Blicke kreuzen, zupft ein Grinsen an seinen Mundwinkeln. Genau wie ich trägt er eine Maske. Bloß sieht seine fröhlich aus im Gegensatz zu meiner. Meine ist mehr so »sprich mich nicht an oder ich schlage dir den Schädel ein«-mäßig.
Als wir mit dem Aufzug oben ankommen, seufze ich resigniert auf. Kikis Wohlergehen geht mir nicht aus dem Kopf. »Ich muss sichergehen, dass ihr nichts passiert.«
Ace wirft mir einen mahnenden Blick zu, als er an mir vorbeigeht, um seine Wohnungstür zu öffnen. Wir betreten die große Penthousewohnung, die letztendlich nur ein gigantischer, im fernöstlichen Stil eingerichteter Raum ist.
»Kommt nicht in Frage. Wir können uns nicht noch mehr Fehler leisten, Seth. Wenn es um die Kleine geht, bist du unkonzentriert. Wir haben jetzt einen Krieg zu gewinnen. Also konzentrier dich auf unsere Mission, klar?«
»Was?«, knurre ich. »Willst du mich verarschen, Ace?«
»Nein, Seth. Ich will unsere Ärsche retten. Hör zu- …« Er bleibt mitten im Raum stehen und dreht sich zu mir um. Seine eisblauen Augen blitzen gefährlich auf, als er in meine blickt. Er tritt an mich heran, sodass wir nur noch eine Handbreit voneinander entfernt sind.
Ich spüre die Bedrohung, die von ihm ausgeht. Sie kriecht wie ein elektrisierender Parasit unter meine Haut und breitet sich in mir aus, bis sich meine Muskeln automatisch anspannen. Bereit, zu kämpfen, wenn es sein muss. Aber Ace will nur reden. Es ist lediglich der animalische Überlebensinstinkt, der sich in mir regt.
»Du hattest die Wahl und du hast dich dafür entschieden, sie fortzuschicken. Ich habe keine Lust, dass du alles riskierst, indem du jetzt die ganze Zeit mit den Gedanken bei ihr bist. Wir haben keine Zeit, Babysitter zu spielen. Ihr Vater ist reich genug, sich und sie zu beschützen. Entweder du konzentrierst dich jetzt oder du kannst deine Freiheit an den Nagel hängen. Verstanden?«
Ich knirsche mit den Zähnen und balle meine Fäuste. Ich hasse es, dass Ace in der Lage ist, mir Befehle zu erteilen. Es wäre so einfach, mein Messer zu ziehen und ihm seine Kehle aufzuschneiden. Er würde es erst bemerken, wenn es bereits zu spät ist und das rote Lebenselixier aus der klaffenden Wunde sprudelt.
Aber genau das mache ich aus zwei Gründen nicht.
Erstens: Ich brauche ihn, um die Los Caídos zu besiegen und Deimos Kahlish loszuwerden.
Zweitens – und das ist das viel größere Problem – ich mag den Scheißkerl einfach.
Schnaubend drehe ich mich von ihm weg. »Ist gut. Ich werde sie in Ruhe lassen.«