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1.1.3Besonderheiten des Konzeptes

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Das in diesem Buch dargestellte Konzept mit seinen Grundannahmen, Zielsetzungen und Arbeitsformen entwickelt bestehende Ansätze der Lerntherapie weiter und schließt damit auch eine Lücke hinsichtlich der derzeit angebotenen Ausbildungen. Insbesondere sind diese Aspekte wichtig: Zunächst wird die systemische Perspektive stärker berücksichtigt, als das bislang geschehen ist. »Das Kind spiegelt sich in die Welt«, sagt Joachim Bauer (2006, S. 57), und beschreibt damit das bereits unmittelbar nach der Geburt einsetzende permanente wechselseitige Aufnehmen und spiegelnde Zurückgeben von Signalen zwischen dem Kind und seinen Bezugspersonen. Dieses Aussenden von Signalen und der Aufnahme der Reaktion ist vermutlich die wichtigste Grundlage für das gesunde Aufwachsen von Kindern. Damit wird deutlich, welche Bedeutung dem unmittelbaren sozialen Umfeld des Kindes zukommt. Entsprechend muss es in eine lerntherapeutische Arbeit mit einbezogen werden.

Die zweite Besonderheit besteht in der ganzheitlichen Betrachtung des Kindes, und zwar unter besonderer Berücksichtigung der seelischen Ebene. Wir sehen als unangemessen wahrgenommenes Verhalten in der Regel als Ausdruck seelischer Nöte an (mehr dazu im Abschnitt 4.3, »Therapeut-Kind-Interaktion«). Der Einbezug der Möglichkeit ungelöster seelischer Konflikte wie Ängsten oder Selbstwertproblemen und ihrer Wirkkraft bezüglich des Verhaltens des Kindes in die Arbeit mit dem Kind und seiner Umwelt ist ein entscheidender Aspekt unseres Verständnisses von Lerntherapie. Wir möchten daher für die innerseelischen Vorgänge der Klienten sensibel machen und Möglichkeiten aufzeigen, auf sie einzugehen. Mehr als bei Erwachsenen, deren Sicht auf die Welt auch sehr unterschiedlich ist, gilt bei Kindern, dass sie buchstäblich in ihrer jeweils individuellen, eigenen Realität leben. Diese individuelle Wirklichkeit, auch die innerseelische, muss wahrgenommen und mit berücksichtigt werden.

Schließlich möchten wir für praktisch tätige oder in Ausbildung befindliche Lerntherapeuten die Bedeutung der Erfahrungsebene hervorheben, da sie es in erster Linie ist, die das Lernen ermöglicht. Zum Beispiel können Sie einen Text darüber lesen, dass Perspektivenübernahme wichtig ist, also dass Sie sich in die Situation des Kindes hineinversetzen sollen und ihm für das Problem keine Lösung präsentieren sollen – oder Sie können im Rollenspiel Ihrem Gegenüber ein eigenes Problem schildern, hören, wie es sagt »Dann mache mal das und das«, und dann die Abwehr spüren, die Sie gegen diese Lösungsmöglichkeit haben, weil es eben nicht Ihre Lösung ist, sondern die Ihres Gegenübers. Erst dieses Gefühl, dass Sie Ihre eigene Lösung brauchen, macht das Verständnis für das Thema »Perspektivenübernahme« vollständig. Erst dann sind Sie wirklich in der Lage, sich mit Lösungsvorschlägen für die Probleme anderer zurückzuhalten.

Systemische Lerntherapie

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