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II. Öffentlich-rechtlicher Vertrag
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Neben dem Verwaltungsakt (Rn. 39 ff.) als der für die Verwaltung typischen und häufigsten Handlungsform hält das VwVfG in seinen §§ 54 bis 62 mit dem öffentlich-rechtlichen Vertrag eine weitere und immer bedeutsamer werdende Möglichkeit für die Behörde bereit, wie diese ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründen, ändern oder aufheben kann, vgl. auch §§ 53 bis 61 SGB X.[187] Während sich das Instrument des Verwaltungsakts dadurch auszeichnet, dass die Behörde mit seiner Hilfe einseitig eine Regelung gegenüber dem Bürger trifft („hoheitliche Maßnahme“; Rn. 46), besteht das Wesensmerkmal des öffentlich-rechtlichen Vertrags gerade darin, dass Bürger und Behörde einvernehmlich (konsensual) handeln (Befriedungsfunktion). Zur Anwendung gelangt der öffentlich-rechtliche Vertrag denn auch vornehmlich dort, wo die Verwaltung in besonderem Maße auf Kooperation mit dem Einzelnen angewiesen ist, wie etwa im Bereich des Städtebaurechts zur Herstellung eines tatsächlichen Interessenausgleichs oder als rudimentärer Rahmen der Public Private Partnerships (PPP), mittels derer Private in die Erledigung öffentlicher Aufgaben mit einbezogen werden. Neben diesen Vorteilen birgt der öffentlich-rechtliche Vertrag freilich auch Gefahren. Stichworte sind insoweit der „Ausverkauf von Hoheitsrechten“ bzw. umgekehrt die „Monetarisierung von Verwaltungsleistungen“ (Rn. 111).
JURIQ-Klausurtipp
Wie bereits in der Verortung der für den öffentlich-rechtlichen Vertrag geltenden Vorschriften zum Teil im VwVfG (§§ 54 bis 62 S. 1) und zum Teil im BGB (siehe § 62 S. 2 VwVfG) zum Ausdruck kommt, bewegen sich auch Fallbearbeitungen in diesem Bereich auf der Grenze zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht. Seiner Grundstruktur nach unterscheidet sich der öffentlich-rechtliche Vertrag denn auch nicht vom privatrechtlichen Vertrag. In beiden Fällen kann ein vertraglicher Anspruch, d.h. das Recht der einen Vertragspartei, von der anderen ein Tun oder Unterlassen verlangen zu können (vgl. § 194 Abs. 1 BGB), nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn der Anspruch entstanden, nicht erloschen und durchsetzbar ist. Insoweit ist daher auch in der öffentlich-rechtlichen Klausur zivilrechtlich zu „denken“, d.h. der aus dem Zivilrecht bekannte Aufbau zu wählen:
1. | Anspruch entstanden? → Ist der öffentlich-rechtlich (Rn. 97) zu qualifizierende Vertrag (Rn. 95) wirksam zustande gekommen, d.h. ist die Schriftform des § 57 VwVfG (Rn. 106 und Rn. 117) gewahrt, die etwaig erforderliche Zustimmung Dritter bzw. die Mitwirkung anderer Behörden nach § 58 VwVfG erfolgt (Rn. 104 f.) und liegt auch i.Ü. keine Nichtigkeit i.S.v. § 59 VwVfG (Rn. 115 ff.) vor? |
2. | Anspruch erloschen? → Erlöschenstatbestände enthalten u.a. § 60 VwVfG (Rn. 114) und § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. §§ 275, 323 ff., 362 BGB. |
3. | Anspruch durchsetzbar? → Einredetatbestände sind v.a. in § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. §§ 214, 242, 273 und 320 BGB enthalten. |
Inhaltlich – und insoweit ist die Klausur wieder originär öffentlich-rechtlich – sind die öffentlich-rechtlichen Normen (des VwVfG, vgl. dessen § 62 S. 1, sowie v.a. die Grundrechte) und die allgemeinen Rechtsgrundsätze zu beachten, an welche die Behörde auch bei Wahl der vertraglichen Handlungsform gebunden ist (Rn. 107 f.).
Im Fall der Nichterfüllung der vertraglichen Verpflichtung muss die jeweils andere Vertragspartei Klage vor dem Verwaltungsgericht erheben, um ihren Anspruch zwangsweise durchzusetzen. Dies gilt auch für die Behörde, die sich durch den Vertragsschluss mit dem Bürger auf die Ebene der Gleichordnung begibt und ihre Ansprüche aus öffentlich-rechtlichem Vertrag daher nicht einseitig mittels Verwaltungsakt fest- und durchsetzen darf (Argument der „Waffengleichheit“; Rn. 127). Zur Möglichkeit der Unterwerfung unter die sofortige Vollstreckung siehe § 61 VwVfG.