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Mittwoch, 1. September 2010 – Portmullen, Schule

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Mit einem blauen Baumwollpullover bekleidet, dazu Jeans und sportliche Freizeitschuhe, stand Edwin Guthrie im Lehrerzimmer vor dem versammelten Kollegium der Portmullen Junior School. Um seinen Hals hing an einem Band eine braungeränderte Brille, die vor seiner Brust fröhlich hin und her pendelte, während er Connor kräftig die Hand schüttelte.

„Und damit begrüße ich Sie im Namen aller Kolleginnen und Kollegen herzlich an unserer kleinen Schule, Mr. Wood!“, beendete der Schulleiter seine Begrüßungsrede.

Alle Umstehenden applaudierten und schüttelten Connor der Reihe nach die Hand.

„Vielen Dank, ich werde mein Bestes geben, um ihrem guten Ruf gerecht zu werden, von dem mir mehrfach berichtet wurde, seit ich vor vier Tagen in Portmullen eingetroffen bin.“

Tatsächlich hatte Matthew ihn darüber aufgeklärt, es würde im Ort spekuliert, ob er wirklich der passende Nachfolger für den pensionierten Mr. Winter sei, der schließlich auf Kintyre geboren war und bis auf die Zeit seines Studiums in Glasgow hier gelebt hatte. Die Leute seien misstrauisch gegenüber diesem „Fremden“, wie sie ihn nannten und fürchteten, er könne der Ausbildung ihrer Kinder schaden. Wer wusste schließlich, ob er korrekt Englisch sprach? Und was trieb ihn überhaupt von Frankreich nach Schottland, fragten sich nicht nur die betroffenen Eltern.

Mary vermutete das Schlimmste, hatte Matthew erzählt und sich ausgeschüttet vor Lachen, als er Connor von ihrer Theorie berichtet hatte. Mary glaube, Connor gehöre einer Sekte an und sei des Landes verwiesen worden, weil er mit Zauberei versucht habe, das Böse im Land zu verbreiten. Vielleicht war er so etwas wie ein Terrorist, hatte sie Matthew in der Küche zugeflüstert, nachdem sie sich vergewissert hatte, dass alle Fenster und Türen verschlossen waren. Mit seiner kräftigen Statur und dem pechschwarzen, lockigen Haar sehe er aus wie einer dieser Attentäter, die in irgendeinem Terrorcamp in einem dieser gefährlichen Länder ausgebildet worden war. Wie einer, der an den islamischen Gott glaubte und sich selbst in die Luft sprengte, damit er sich dessen Gnade würdig erwies. Und nun wolle der fremde Mr. Wood seine radikalen Ideen möglicherweise nach Schottland einschleppen, schließlich habe sie ihn bei seinem Hokuspokus auf der Wiese beobachtet!

Connor hatte Matthew entsetzt angestarrt und keine Worte gefunden.

Doch dieser hatte nur gelacht und ihm erklärt: „Weißt du, Connor, meine Frau hat ihr ganzes Leben in diesem Ort verbracht. Sie wurde hier geboren, ist hier zur Schule gegangen, zugegeben nur wenige Jahre, hat auf dem Hof der Sinclairs Hauswirtschaft gelernt und schließlich einen Mann geheiratet, der ihr nicht die große Welt bieten kann!“

Matthew hatte mit den Schultern gezuckt.

„Dadurch hat Mary nie etwas Anderes kennengelernt, außer des Markttratsches vielleicht“, fügte er kopfschüttelnd ein, „und der Reportagen im Fernsehen, die von Terroranschlägen und der bedrohten inneren Sicherheit unseres Landes berichten.“

„Ihr Weltbild scheint ziemlich verzerrt zu sein“, hatte Connor ernst festgestellt.

„Ja“, seufzte Matthew, „und leider steht sie damit nicht allein. Ihre Freundinnen, die regelmäßig zum Teeklatsch kommen, teilen Marys Meinung und stehen Fremden sehr misstrauisch, wenn nicht gar feindselig, gegenüber.“

„Das erklärt ihr Verhalten im Haselnussgebüsch“, hatte Connor versucht, dem Thema etwas Heiteres abzugewinnen.

Matthew war sich mit beiden Händen über die Augen gefahren, als wollte er fortwischen, was er gesehen hatte.

„Manchmal mache ich mir Sorgen um sie, Connor“, hatte er ihm anvertraut.

„Mary denkt sich Geschichten aus und glaubt schließlich daran. Nun gut, ich könnte vielleicht darüber lachen – wenn sie auf unserem Hof blieben. Aber Mary trägt sie hinaus in den Ort und infiziert andere Menschen mit ihren irrsinnigen Ideen.“

„Willst du damit sagen, Matthew“, hatte Connor halb ernst, halb lachend gefragt, „die Einwohner von Portmullen halten mich für einen Terroristen? Für jemanden, der das Böse bringt?“

Matthew hatte gezögert.

„Wenigstens glauben viele, du seist eine Gefahr für ihre Kinder“, hatte er zügig das Thema beendet und Connor auf den herrlichen Morgen aufmerksam gemacht.

„Ich werde versuchen“, versprach Connor seinen neuen Kollegen, „den Kindern unserer Schule ein guter Lehrer zu sein und sie all das zu lehren, was sie für ihr weiteres Leben benötigen werden.“

Die ältere Dame, die ihm genau gegenüberstand, räusperte sich geräuschvoll.

„Und gerne“, fügte Connor lächelnd hinzu, „werde ich mich mit wertvollen Ratschlägen meiner neuen Kollegen auseinandersetzen.“

Er blickte in die strahlenden Augen einer jungen Frau, die sich ihm bereits als Lucy vorgestellt hatte, noch bevor Mr. Guthrie im Lehrerzimmer erschienen war.

„Herzlich willkommen, Connor! Ich bin Duncan“, beendete nun ein junger Kollege in Jeans und Turnschuhen die Förmlichkeiten und trat erneut an Connor heran, klopfte ihm auf die Schulter und erklärte, er sei im letzten Sommer in Frankreich gewesen und habe sowohl die Kultur, als auch das gute Essen genossen.

„Ja“, bestätigte Connor lachend, „davon gibt es reichlich! Kultur und Essen, meine ich!“

„Und erst die guten französischen Weine!“, schwärmte Duncan und schloss verträumt die Augen, als sehe er die Weinberge wieder vor sich und sitze in einem schummerigen Lokal mit einer Flasche rotem Bordeaux.

„Bevor wir uns nun in privaten kulinarischen Vorzügen ergehen“, warf die ältere Dame spitz ein, „möchte ich Sie bitten, Mr. Wood, etwas über sich zu erzählen. Schließlich wollen wir doch wissen, mit wem wir zusammenarbeiten werden!“

Erstaunt blickte Connor sie an.

„Ja, gerne, Mrs. – wenn Sie mir Ihren Namen nennen würden, könnte ich Sie persönlich ansprechen.“

„Mein Name ist Montgomery“, erklärte sie mit erhobenem Kopf, „Meredith Montgomery.“

„Danke, Mrs. Montgomery, gerne würde ich Ihnen Rede und Antwort stehen“, Connor sah zur Uhr, „aber wenn ich mich nicht täusche, beginnt in wenigen Minuten der Unterricht, und Mr. Guthrie möchte mich zu meiner Klasse begleiten.“

Pikiert sah Mrs. Montgomery an Connor vorbei und sprach: „Die Gelegenheit wird sich zu einem späteren Zeitpunkt bieten.“

„Davon bin ich überzeugt.“

Nachdem Mr. Guthrie den Schülern ihren neuen Lehrer vorgestellt hatte, stand Connor allein vor einer Schar neugieriger Kinder, die ihn mit großen Augen betrachteten.

„Stimmt es, dass du aus Frankreich kommst?“ platzte ein kleiner Junge heraus, nachdem er die Spannung nicht mehr ausgehalten hatte.

„Ja, das ist richtig.“

„Was hast du da gemacht?“ wollte ein Mädchen wissen, dessen Zöpfe fröhlich auf und ab wippten.

„Ich habe dort Kinder unterrichtet. So wie ihr es seid.“

„Und warum bist du da jetzt nicht mehr?“

„Haben die auch gedacht, dass du gar kein Lehrer bist?“

„Wer hat dir denn erzählt, ich sei kein Lehrer?“, fragte Connor überrascht.

„Och, das hat die Lauren meiner Mama erzählt. Und die hat es von Emma.“

„Nein, das war doch Sue, die das erzählt hat, meine Tante!“

„Stimmt nicht, Mrs. Humphrey, die Schneiderin, hat gesagt, dass Mr. Wood ein Zauberer ist!“

Connor lachte.

„So, nun beruhigt euch mal“, bat er. „Natürlich bin ich ein Lehrer, sonst hätte euer Schulleiter Mr. Guthrie mich doch gar nicht eingestellt. Und der ist schließlich selbst Lehrer und muss das wissen.“

„Ja, schon, aber vielleicht hat er nicht gemerkt, dass du zaubern kannst!“

„Wenn ich zaubern könnte, würde ich dafür sorgen, dass ich all eure Namen schon kenne“, lenkte Connor die Kinder ab.

„Wir können ja Namensschilder basteln!“, rief ein groß gewachsenes Mädchen und griff schon nach einem Stück Papier.

„Das ist eine gute Idee“, stimmte Connor zu, „wenn man sich mit Namen anspricht, kann man sich viel besser kennenlernen, und das wollen wir doch, oder?“

„Ja!“, riefen die Kinder im Chor und begannen eifrig, Tischkarten zu basteln.

In der Pause traf Connor auf dem Schulhof Lucy. Sie hatte ihm den Rücken zugekehrt und beobachtete eine Gruppe mehrerer Jungen, die sich balgten wie junge Hunde. In ihrem schmalen weinroten Rock und der weißen Bluse wirkte sie beinahe wie eine zu groß geratene Schülerin in Uniform. Ihr brünettes Haar trug sie im Pagenschnitt, und von Zeit zu Zeit versuchte sie es hinter ein Ohr zu streichen, doch war es dafür nicht lang genug und fiel sofort wieder zurück in ihr Gesicht.

„Hallo, Lucy!“, sprach Connor sie von hinten an, und Lucy schrak zusammen. Sie schlug mit der Hand vor ihre Brust und drehte sich herum.

„Hast du mich erschreckt!“, prustete sie und strich verlegen ihr Haar hinter das Ohr. Sachte glitt die braune Strähne zurück und streichelte mit der hervorstehenden Spitze ihre gerötete Wange.

„Das war nicht meine Absicht.“

Langsam fing Lucy sich wieder.

„Was war dann deine Absicht?“, fragte sie dennoch verunsichert.

„Ich wollte dir nur Gesellschaft leisten“, erklärte Connor und fügte schmunzelnd hinzu, „und dir Rede und Antwort stehen!“

„Keine Sorge, das brauchst du bei mir nicht. Ich lasse mir keine Geschichten erzählen, die aus örtlichen Märchenbüchern stammen.“

Lucy stockte und blickte hastig um sich. Dann fuhr sie leise fort.

„Meredith ist da anders. Sie lässt sich vom Gerede anderer Leute leicht beeindrucken und glaubt am liebsten an das Böse im Menschen.“

„Das klingt, als wäre sie nicht deine beste Freundin!“, stellte Connor trocken fest.

„Das kann man wohl sagen!“, entfuhr es der jungen Lehrerin ungezügelt.

„Als ich hier vor vier Jahren anfing, hat sie behauptet, ich hätte mein Examen nur mit Hilfe besonderer Unterstützung meines Professors bestanden! Dabei hat sie ihre Augenbrauen hochgezogen, als hätte sie persönlich meiner „besonderen“ Prüfung beigewohnt!“, ereiferte Lucy sich.

„Nichts als schmutzige Unterstellungen waren das damals! Ich glaube...“

Erneut blickte Lucy forschend in alle Richtungen, um sich zu vergewissern, dass niemand sie belauschte.

„Ich glaube“, fuhr sie flüsternd fort, „Mrs. Montgomery muss sich vor Mr. Guthrie immer als unfehlbar darstellen, weil sie nicht die pädagogischen Fähigkeiten besitzt, die er von ihr erwartet.“

„Puh, das sind ja Offenbarungen an meinem ersten Schultag! Wie soll ich mir denn nun mein eigenes Bild von der Kollegin machen?!“ Connor grinste.

„Ich glaube“, kicherte Lucy verschwörerisch, „das hast du schon vor der ersten Stunde getan!“

„Wie kommst du darauf?“

„Ich habe dich beobachtet. Deine Augen!“

„Na, da muss ich wohl in Zukunft eine dunkle Brille aufsetzen!“, scherzte Connor.

„Wenn ich so leicht zu durchschauen bin!“

Erstaunt blickte Lucy ihn an. Hatte er wirklich etwas zu verbergen, so wie sie alle behaupteten? Hoffentlich würde er ihre Offenheit nicht zu seinen Gunsten ausnutzen! Ja, war es womöglich Dummheit gewesen, ihm ihre geheimsten Vermutungen anzuvertrauen? Warum nur vertraute sie ihm so blind? Sie kannte diesen Mann doch gar nicht! Welche Fähigkeiten besaß er? Na, das würde sie noch herausfinden.

Plötzlich kam ein Ball geflogen, und Connor konnte ihn gerade noch auffangen. Dem Ball folgte fast ebenso schnell der kleine Tom aus seiner Klasse, der ihn vorhin nach seiner Herkunft gefragt hatte. Seine Wangen waren knallrot vom Fußball spielen, und atemlos fragte er Connor: „Krieg‘ ich ihn wieder?“

„Na klar“, antwortete dieser, „allerdings musst du vorher noch ein Wort sagen!“

Lässig drehte Connor den Fußball auf der Fingerspitze und wartete auf Toms Antwort.

„Äh“, begann er zu überlegen. „Sie meinen den Zauberspruch?“

Mit leuchtenden Augen sah er hinauf zu seinem großen Lehrer. Connor lachte.

„Nein, Tom, ein Wort reicht schon.“

„Äm, Simsalabim?“

Nun lachte auch Lucy, die zwar die Zusammenhänge nicht begriff, sich aber über Toms kleine Stirn amüsierte, die sich in tiefe Denkfalten gelegt hatte.

„Schade, Tom, es kommt kein Hase aus dem Ball gesprungen!“

„Ach, bitte, Mr. Wood!“, bettelte Tom nun ungeduldig.

„Ja, bravo!“, rief Connor. „Das war das richtige Zauberwort!“

Und bevor Tom sich versah, war sein Lehrer mit dem Ball in der Hand zum Rasenplatz gelaufen, wo er einen Einwurf machte, von dem die Kinder ihren Eltern begeistert berichten würden.

„Spielen Sie doch mit, Mr. Wood!“, rief Jason übermütig, und fast wäre Connor seiner Bitte gefolgt. Doch dann besann er sich seines Amtes und Matthews Worte, aus denen er schloss, dass er als „Fremder“ unter ständiger Beobachtung stand. Und tatsächlich erblickte Connor Mrs. Montgomery, die sich zu der staunenden Lucy gesellt hatte und argwöhnisch sein Treiben überwachte.

„Ihr müsst leider ohne mich spielen“, erklärte er den enttäuschten Jungen und kehrte gemäßigten Schrittes auf den Schulhof zurück.

„Mr. Wood“, erklang sofort Mrs. Montgomerys nasale Stimme, „Sie sind an dieser Schule, um die Kinder Disziplin zu lehren und nicht, um sie zu belustigen! Wie sollen sie denn Respekt erlernen, wenn ihr Lehrer wie ein wild gewordener Stier über das Schulgelände rennt und mit ihnen Ball spielt?!“

Das Wort „Ball“ betonte sie mit gerümpfter Nase, gerade so, als handelte es sich um unangenehm riechende Ausscheidungen eben dieses Stiers, mit dem sie Connor verglichen hatte.

„Da haben Sie vollkommen Recht, Mrs. Montgomery“, stimmte Connor ihr zu, „aber haben Sie nicht auch manchmal das Gefühl, Sie müssten zu Ihren Wurzeln zurückkehren und noch einmal Kind sein? Mit allem, was dazu gehört. Neugier, Übermut, Unbefangenheit und Leichtsinn. Für alles offen sein, was das Leben einem bietet! Risiken eingehen, Abenteuer erleben und nicht an das Morgen denken!“

Meredith stand mit offenem Mund auf dem Schulhof. Ihr sorgfältig toupiertes, blondes Haar rührte sich nicht im Wind, denn der dichte Sprühnebel von Haarspray hatte ihm jede Lebendigkeit genommen. Oberhalb ihrer Augen trug Meredith zwei aufgemalte braune Halbmonde, mit denen sie die spärlich ausgeprägten Augenbrauen zu betonen gedachte. Leider wirkten sie aber eher wie traurige Münder zweier Clowns, bemerkte Connor, und verliehen ihr ein maskenhaftes Aussehen. Auch den dazugehörigen Augen fehlte jede Heiterkeit. Starr waren sie auf Connor gerichtet und sprachen von Verachtung. Nervös zuckte der Muskel neben ihrem rechten Nasenflügel. ‚Musculus levator labii superioris alaeque nasi‘ schoss es Connor in den Kopf. Ein Muskel, den das Säugetier zum Zähnefletschen benötigte. Wäre Mrs. Montgomery ein Hund, überlegte Connor, würde sie ihn in diesem Moment anknurren. Vielleicht steckte in ihr die Seele eines Rottweilers oder eines Dobermanns! Möglicherweise erlitt der arme Hund die Strafe, in diesem Körper weiterleben zu müssen. Da hätte Connor auch geknurrt! Fast musste er lachen, riss sich aber zusammen. Diese Sorte Mensch, die Meredith verkörperte, war genau Connors Zielgruppe, und er hoffte stark, dass sein Vorhaben endlich gelingen mochte. Mit dieser Verachtung, mit diesen Vorurteilen würde niemals Frieden herrschen. Vielleicht befand er sich exakt am richtigen Ort für seine Mission, denn in Portmullen schien sich eine massive Front von intoleranten und konfrontationsbereiten Mitmenschen aufgebaut zu haben. Das würde seine Pläne zwar erheblich erschweren, aber möglicherweise ein positives Ergebnis forcieren. Hier bestand wirklich erhöhter Handlungsbedarf!

Nachdem Mrs. Montgomery sich von Connors unglaublicher Äußerung erholt hatte, stammelte sie schließlich: „Mr. Wood, Sie sind ein Kindskopf! Ich weiß nicht, ob Ihr Verhalten und Ihre Ideologie den Erwartungen unserer Schule gerecht werden!“

In diesem Moment ertönte das Klingelzeichen, das die nächste Stunde ankündigte, und Lucy ging widerwillig ins Schulgebäude zurück. Jedoch nicht, ohne sich noch einmal nach Connor umzudrehen. Welch ein außergewöhnlicher Mann.

„Mrs. Montgomery“, sprach dieser nun ruhig, obwohl die Kinder bereits den Schulhof verließen, „es geht nicht um meine Ideologie. Ich möchte die Kinder lediglich zum Lernen motivieren. Und das funktioniert in diesem Alter über ihren Spieltrieb. Spielen macht erfinderisch und neugierig. Es macht die Kinder offen für neue Ideen und baut Schranken ab. In einem durch Unbefangenheit geprägten Umfeld wird es auch dem schwächsten Schüler gelingen, sich für Lerninhalte zu begeistern. Und mit der Begeisterung geht der Erfolg einher, Mrs. Montgomery! Dieser Erfolg wiederum führt zu einem friedvollen Miteinander, denn niemand mehr wird Neid, Versagensängste oder Konkurrenz spüren, die unweigerlich Aggressionen erzeugen. Überlegen Sie doch, Meredith“, geriet Connor immer mehr in Euphorie, während sein Gegenüber angesichts des offenkundigen Authoritätsverlustes sichtlich zusammenzuckte, als Connor sie beim Vornamen nannte.

„Bedenken Sie, dass Aggression keinen Respekt kennt! Und disziplinieren lässt sie sich mit Worten schwer. Gewaltlosigkeit ist mein Ziel, Mrs. Montgomery! Und die erreicht man meiner Meinung nach mit Verständnis, Einfühlungsvermögen und Toleranz. Und mit gelegentlichem Kindsein, denn nur dadurch erhält sich der erwachsene Mensch das Verständnis für die junge Generation und kann sie lehren, durch ein vorurteilsfreies und gewaltloses Miteinander Frieden in der Welt zu schaffen. Und das ist es doch, was wir uns alle wünschen, nicht wahr, Mrs. Montgomery?“

Mit diesen Worten ließ er sie stehen und begab sich zu seinen Schülern, die lärmend durch den Klassenraum liefen.

Dolúrna

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