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2Bedürfnisse Studierender im Schulpraktikum

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Verschiedene Studien verweisen auf die grundsätzliche Relevanz von psychologischen Bedürfnissen und deren Erfüllung für eine gesunde, zufriedene, engagierte und erfolgreiche Ausübung des Lehrberufs (z. B. Betoret, Lloret & Gómez-Artiga, 2015; Klassen, Perry & Frenzel, 2012; Olcar, 2015). Es gibt außerdem erste Hinweise darauf, dass Bedürfnisse und Bedürfniserfüllung auch im Kontext der Ausbildung von Lehrpersonen von Bedeutung sind (Filak & Sheldon, 2003; Vermeulen, Castelijns, Kools & Koster, 2012). Für das Lernen in Schulpraktika wurden insbesondere allgemeine Bedürfnisse von Lernenden, wie soziale Eingebundenheit, Kompetenzerleben und Autonomie (nach Deci & Ryan, 2000), untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass die Bedürfniserfüllung über den Verlauf eines vierzehnwöchigen Praktikums für die drei Bedürfnisse durchschnittlich moderat ausfällt, zum Teil jedoch erhebliche Schwankungen während der Praxisphase aufwies, die keiner linearen Tendenz folgten (Evelein et al., 2008). Eine weitere Studie verdeutlichte, dass die Erfüllung allgemeiner Lernbedürfnisse von Studierenden in signifikantem Zusammenhang mit schülerförderlichem Verhalten (z. B. Autonomiegewährung, Hilfsbereitschaft) der angehenden Lehrpersonen im Unterricht steht (Korthagen & Evelein, 2016).

Die Grenzen der aufgeführten Untersuchungen sind darin zu sehen, dass eine alleinige Fokussierung auf allgemeine Lernbedürfnisse in Praxisphasen nicht hinreichend zu sein scheint. Die Besonderheit von Schulpraktika liegt darin, dass die intendierten Lernziele darüber erreicht werden sollen, dass Studierende (zumindest vorübergehend) die Rollen und Aufgaben von berufstätigen Lehrkräften übernehmen (Hammerness et al., 2005; McDonald et al., 2014). Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass für die angehenden Lehrpersonen auch die speziellen psychologischen Bedürfnisse von berufstätigen Lehrpersonen, wie zum Beispiel Sicherheitsbedürfnisse (Vasile, Margaritoiu & Eftimie, 2011), das Bedürfnis nach einer gedeihlichen Lehrer/-in-Schüler/-in-Beziehung (Klassen et al., 2012) sowie das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (McNeil, Hood, Kurtz, Thousand & Nevin, 2006; Palak & Papuda-Dolinska, 2015), relevant sein dürften.

Ausgehend von einer umfassenden Durchsicht der vorhandenen Forschungsliteratur zu schulpraktischen Studien und aufbauend auf etablierten psychologischen Bedürfniskonzeptionen, wurden vier kontextspezifische Bedürfnisse von Studierenden im Schulpraktikum herausgearbeitet, die allgemeine Lernbedürfnisse mit spezifischen berufsbezogenen Bedürfnissen von Lehrpersonen zusammenführen (vgl. Dreer, 2016, 2018). Demnach werden die Bedürfnisse nach (1) Einführung in den Schulalltag, (2) Einbindung in die Lehrer(innen)- und Schüler(innen)schaft, (3) Selbsterprobung und (4) Selbstverwirklichung unterschieden. Eine Übersicht über die vier Dimensionen gibt Tabelle 1.

Tabelle 1: Übersicht über die vier Dimensionen psychologischer Bedürfnisse Studierender im Schulpraktikum nach Dreer (2016)

DimensionBezugskonzeptKurzbeschreibung
Einführung in den SchulalltagSicherheitsbedürfnisse (Maslow, 1943; Vasile et al., 2011)Bedürfnis,einen festen Platz an einer als angemessen eingeschätzten Schule zu erhalten nach räumlicher und organisationsbezogener Orientierung an der Schule
Einbindung in die Lehrer(innen)- und Schüler(innen)schaftSoziale Einbindung (Deci & Ryan, 2000; Klassen et al., 2012)Bedürfnis,in der Schulgemeinschaft akzeptiert zu werden; dazu gehört, als professionelle/-r Kollege/-in wertgeschätzt und respektiert zu werden als relevante Bezugsperson durch die Schüler/-innen wahrgenommen zu werden
SelbsterprobungAutonomie/Kompetenzerleben (Deci & Ryan, 2000; Meyer & Kiel, 2014)Bedürfnis,angemessenen und typischen Herausforderungen des Lehrberufs erfolgreich zu begegnen, dabei über Wahlmöglichkeiten zu verfügen und sich als Initiator/-in der eigenen Handlung zu fühlen
SelbstverwirklichungSelbstverwirklichung (Maslow, 1943; McNeil et al., 2006; Palak & Papuda-Dolinska, 2015)Bedürfnis,das individuelle Potenzial in Bezug auf die Aufgaben des Lehrberufs voll auszuschöpfen die eigene Persönlichkeit (individuelle Stärken, Interessen und Vorlieben) mit wichtigen Aspekten der Lehrtätigkeit bedeutsam und längerfristig in Verbindung zu bringen
Lehrberuf: Vorbereitung, Berufseinstieg, Perspektiven (E-Book)

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