Читать книгу Über das Gärtnern - Monty Don - Страница 13
ОглавлениеWetter
Wir Gärtner müssen mit dem Wetter auf Du und Du stehen. Schließlich haben wir ständig damit zu tun. Wir sehen nach oben und lesen den Himmel, blicken um uns und schätzen ab, was passiert ist und wie es sich auswirkt.
Aus gärtnerischer Sicht ist Wetter weder besonders gut noch schlecht. Es ist einfach. Pflanzen passen sich an Unbilden an und erholen sich fast immer, wenn die Witterung sie beutelt. Die meisten überleben so gut wie alles, wenn sie nur am richtigen Ort wachsen.
Gärtner können nicht immer nach draußen marschieren und exakt nach Plan vorgehen, doch das ist auch gar nicht so wichtig. Seien Sie lieber flexibel. Achten Sie auf das Wetter und richten Sie sich danach, aber bleiben Sie geduldig. Es ist besser, sich ihm zu ergeben als dagegen anzukämpfen.
Regen hat vielerlei Auswirkungen auf den Garten. Frost erzählt eine Geschichte, die Wochen oder sogar Jahreszeiten lang dauert. Temperatur ist ein entscheidender Faktor, wirkt aber eher unterschwellig. Das alles muss ein Gärtner interpretieren können.
Wind
Jeder Wind schwingt eine andere Waffe, und jeder Garten hat seine Schwachstellen, die bedingt sind durch Bepflanzung, Ausrichtung und Lage.
Lernen Sie den Wind kennen. Bisweilen wird er als grimmiger Gegner, gelegentlich auch als Freund auftreten. Immer aber sollte er einem vertraut sein. Merken Sie sich, welche Folgen die verschiedenen Winde und ihre Richtungen in Ihrem Garten haben.
In meinem Garten sind Südwinde etwas Willkommenes, denn sie trocknen alles rasch. Das heißt aber auch, dass wir immer wieder umherhasten und unsere Pflanzen stützen müssen, weil die Südwinde an ihnen rütteln. Westwinde bringen Regen und manchmal Stürme, Nordwinde Schnee. Ostwinde im Frühjahr können verheerende Wirkung haben, denn sie schneiden wie eine Eisklinge durch alles hindurch – einschließlich der Wände in unserem Haus.
Lernen Sie den Wind kennen. Bisweilen wird er als grimmiger Gegner, gelegentlich auch als Freund auftreten. Immer aber sollte er einem vertraut sein.
Wind kann aus einer völlig unproblematischen Temperatur eine tödliche Kältewelle machen. Er trocknet Laub aus und stresst Pflanzen oder verformt sie sogar. Seien Sie darauf gefasst und treffen Sie nach Möglichkeit Vorkehrungen zu ihrem Schutz. Darbt ein Gewächs, prüfen Sie immer zuerst, wie sehr es Wind ausgesetzt ist – es kann unter ihm leiden, auch wenn die Pflanzen direkt daneben keinerlei Probleme mit ihm zu haben scheinen.
Gärtner kennen die feinen Unterschiede auf ihrem Grund und Boden – oder sollten sie zumindest kennen. Mikroklimata spielen in allen Gärten außer den kleinsten eine wichtige Rolle. Es gibt immer Bereiche einer ansonsten völlig gleich aussehenden Rasenfläche, die beim Betreten knirschen, weil der Frost sie im Griff hat, während der Rest weich und warm ist. Zwei völlig identische Pflanzen in nicht einmal einem Meter Entfernung zueinander gedeihen gänzlich unterschiedlich, nur weil die eine vom Wind getroffen wird, der sich durch eine Lücke in der Hecke am anderen Ende des Gartens zwängt.
Gutes Wetter bemesse ich nicht danach, was ich oberhalb der Knie, sondern was ich an den Füßen tragen muss. Wenn ich ohne Gummistiefel durch den Garten laufen kann, ist schönes Wetter. Aber wenn ich sorglos in meiner Anlage herumwerkeln und mit nur leichtem Schuhwerk unbekümmert von der Rabatte zum Weg zum Rasen springen kann, dann ist das Wetter perfekt.
Natur
Es heißt, das Gärtnern sei ein Kampf, den man gewinnen oder verlieren könne. Gemäß dieser Philosophie ist derjenige ein »guter« Gärtner, der über die Natur triumphiert. Er regiert mit harter Hand, unterstützt von Herstellern diverser Gifte und Gerätschaften zum Vernichten möglichst vieler Gartenprotagonisten, seien es Schnecken, Ameisen, Dickmaulrüssler, Giersch, Quecke, Wespen, Maulwürfe, Blattläuse, Kälte, Mehltau, Trockenheit oder Hallimasch – die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Die Natur, so scheint es, ist nur darauf aus, die Glückseligkeit in unserem Heim zu ruinieren. Lediglich stete Wachsamkeit und natürlich dieses Wundermittel, das da so schön farbenfroh verpackt ist und so verführerisch beworben wird, können den Gärtner und sein Reich vor dem Untergang bewahren.
Das alles ist blanker Unsinn. Wir brauchen die Natur mehr, als sie uns braucht. Das ist keine Beziehung auf Augenhöhe. Diene ihr und sie wird sich um dich kümmern. Missbrauche sie, und alles ist verloren.
Jedes lebende Wesen auf Ihrem Grund, ob Flora oder Fauna, gibt Ihnen etwas. Das müssen Sie zurückgeben. Die Bilanz muss ausgeglichen sein. Entnehmen Sie deshalb nie mehr, als Sie hineinstecken.
Nichts Schlechtes zu tun ist in der Regel wichtiger, als Gutes zu tun. Oftmals ist Nichtstun, Zusehen und Abwarten die beste Lösung. Seien Sie bescheiden in allen Dingen – auch beim Umweltschutz. Die Natur kommt im Allgemeinen ganz gut ohne Ihre Hilfe zurecht.
Bewahren Sie das Kostbare und Rare. Häufig sind es die Randgruppen – die Seltenen, die Kleinen, die Schwachen –, die sich als Erste verabschieden. Und wenn sie einmal fort sind, lassen sie sich nur schwer wieder zurückholen. Die Häufigen und Robusten dagegen überleben. Das heißt, dass die Zahl der Arten im Garten schneller zurückgeht als die Zahl der Einzellebewesen. Letztlich hat man zwar mehr Individuen, aber weniger Vielfalt. Diese Vielfalt jedoch, und nicht die Anzahl der Pflanzen oder Tiere, ist der Schlüssel zur ökologischen Gesundheit.
Pflegen Sie Ihre Insekten. Sie als »Mitesser« oder »Schädlinge« zu betrachten ist absurd. Sie sind das wichtigste sichtbare Tierleben im Garten und sollten entsprechend geschätzt werden. Schaffen Sie geeignete Lebensräume und versorgen Sie sie mit Nahrung, aber massakrieren Sie Insekten nie – niemals! – willkürlich.
Insekten sind das wichtigste sichtbare
Tierleben im Garten und sollten
entsprechend geschätzt werden.
Ehren Sie die Pilze. Gärtner neigen dazu, sie alle als schädlich abzutun. Haben Sie keine Angst vor ihnen. Nur ein Bruchteil ist schädlich, die allermeisten dagegen sind für das Leben im Garten unverzichtbar. Erde ohne Pilze ist öde und unfruchtbar. Pilzfäden erreichen Stellen, zu denen nicht einmal die kleinsten Wurzeln gelangen. Zudem bilden Pilze Symbiosen mit allen möglichen Gewächsen von Moosen bis zu Bäumen. Sie holen Stoffe von tief unten aus der Erde, damit Pflanzen davon profitieren, und dürfen sich dafür vom Zucker in den Pflanzen ernähren. Die oberirdisch sichtbaren Pilze sind lediglich die Fruchtkörper, mit denen sie ihre Sporen verbreiten.
Wir sind Ignoranten, und neue Erkenntnisse fördern nur zutage, wie wenig wir wissen. Ständig entdecken wir Erstaunliches, ja, Revolutionäres. Wir wissen beispielsweise nun, dass Bakterien in manchen Blättern Stickstoff binden und dass Bäume ihre Nährstoffe aus einer Entfernung von bis zu siebzehn Kilometern holen. Siebzehn Kilometer! Bleiben Sie offen für Neues, und klammen Sie sich nicht an überkommenes Wissen oder Gepflogenheiten.
Unordentlich sein ist eine Tugend
Seien Sie unordentlich. Lassen Sie langes Gras stehen, Blätter liegen, altes Holz faulen, Gras zwischen Ritzen hervorlugen, Moos auf Steinen wachsen. Sie sind alle entscheidende Lebensräume für wichtige Bestandteile eines gesunden Gartens.
Irgendwo in Ihrem Garten sollte immer ungemähtes Gras vor sich hin wachsen. Nichts nützt Insekten mehr als langes Gras. Ideal wären Wiesen verschiedener Höhe, aber schon ein Quadratmeter, auf dem die Halme ungehindert sprießen dürfen, ist Gold wert.
Würmer sind vorzügliche Indikatoren für Bodengesundheit und -fruchtbarkeit. Allein in Großbritannien gibt es über 25 Regenwurmarten, die alle eine wichtige Rolle beim Umarbeiten des Bodens spielen. Ihre Produktivität ist beeindruckend: Würmer arbeiten jährlich 100 bis 200 Tonnen Erde pro Hektar um – so viel wie ein Pflug. Ob es uns gefällt oder nicht, die Erde bewegt sich unter unseren Füßen.
Nach wie vor neigen wir dazu, alles, was den Boden »stört«, also Regenwürmer, Maulwürfe oder Ameisen, als Schädlinge zu betrachten, die dezimiert oder gleich ganz ausgemerzt werden müssen. Aber diese unterirdischen Lebewesen spielen eine wichtige Rolle bei der Lockerung des Bodens und dem Einarbeiten von organischer Substanz in die Erde. Wenn also das nächste Mal ein Maulwurf die Architektur ihres Rasens neu interpretiert, verfluchen Sie ihn nicht, sondern seien Sie dankbar für die Arbeit, die er für Sie erledigt.
Die meisten sogenannten »Schädlinge« sind fast nie die Krankheit, sondern nur das Symptom. Statt sie zu bekämpfen, finden Sie lieber heraus, warum sie sich bei Ihnen so wohlfühlen. Vermutlich haben Sie das sich selbst regulierende Gleichgewicht, das sie im Zaum hält, gestört. Das allein ist – noch – nicht schlimm. Man kann das Gleichgewicht wieder herstellen. Aber nicht, indem man Schädlinge auslöscht.
Halten Sie sich Bienen. Keine Bienen = kein Garten = keine Menschen. Sie müssen keine Bienenstöcke haben, es reicht, die Tiere in Ihren Garten zu locken. Bienen mögen breite, offene Blüten. Kultiviert man sie so lange wie möglich, also von Frühjahr bis Herbst, versorgt man die Insekten beständig mit Nektar.
Behandeln Sie Ihren Garten so, wie Sie behandelt werden möchten. Der Planet ist nichts Weltfernes, er ist Realität. Die Erde ist Ihr Garten. Machen Sie also das Richtige. Jeder profitiert davon.