Читать книгу Über das Gärtnern - Monty Don - Страница 8
ОглавлениеDer August ist eine schwierige Zeit, heißt es unter Gärtnern oft. Aber wo ich lebe, ist das nicht der Fall. Mein Edelsteingarten schwingt sich im August und September trotz kürzer werdender Tage zur Hochform auf, denn die Nächte sind warm. Dahlien, Bananen, Zinnien, Tithonien, Sonnenblumen, Tabak und Kosmeen blühen hemmungslos. Die abnehmende Lichtmenge lässt in Kombination mit der Wärme die üppigen Farben – etwa Pflaumenblau, Karamell, Violett und Rubinrot – satt leuchten.
Herbst
Am 23. September, der Herbst-Tagundnachtgleiche, beginnt sich das Jahr allmählich zurückzuziehen. Tag und Nacht halten sich kurzzeitig die Waage, dann schlägt das Pendel in Richtung Dunkelheit aus, und das Jahr ist verloren. Der Herbst kann eine schöne Zeit sein – farbenreich und leicht wie Rauch, voller Blüten und Früchte. Trotzdem ist er stets auch traurig verhangen. Das Fest ist vorbei, das Licht über der Nordhalbkugel verblasst.
In Herefordshire schmeckt der Herbst nach Frucht und Alkohol. Der Duft nach Cider hängt in der Luft, wenn in den vielen Tausend Hainen die reifenden Äpfel schwer an den Ästen hängen. Etliche dieser Obstgärten bestehen noch immer aus den mächtigen Hochstämmen, unter denen Schafe grasen. Sie beherrschen auch meinen eigenen Garten, in dem insgesamt über 50 Apfelsorten wachsen. Wir ernten sie zwar und lagern sie sorgsam ein, doch der Boden ist trotzdem übersät von Fallobst, an denen sich die Hunde überfressen – mit äußerst unangenehmen Folgen für die Verdauung.
Nicht die kühle Abendluft und nicht der peitschende Herbstregen tragen den Pflanzen und Vögeln und Menschen die Kunde vom nahenden Winter zu, sondern die geringfügige Veränderung der Tageslänge. Wir können Wintersämlinge noch so verwöhnen, Mulch streuen, sie mit Pflanzglocken, Vlies und Windschutz vor Unbill bewahren, doch ist all das müßig ohne genug Licht.
Während Schwalben nach Süden flüchten und der Mensch mit der Jahreszeit hadert, gehen Pflanzen das Ganze praktischer an. Rosen, Eschen, Äpfel und Konsorten rüsten sich, angeregt von den kürzer werdenden Tagen, für den Winter. Würde man sie mit künstlichem Licht versorgen, würden sie, selbst wenn die Temperaturen exakt denen in der Natur draußen entsprächen, frostempfindlicher werden als ihre Pendants, die nur Sonnenlicht abbekommen.
Wenngleich Licht, Farbe sowie die Energie von Mensch und Pflanze nachlassen, gilt es im Herbst doch möglichst viele Vorkehrungen für das nächste Jahr zu treffen. Eine Tür schließt sich, eine andere – kleiner und ferner – öffnet sich. Es geht nicht darum, den Garten zu Bett zu bringen, sondern ihn behutsam aufs Aufstehen vorzubereiten. Das nächste Jahr will geplant werden, Pflanzen müssen gepflanzt, umgesiedelt und bestellt werden. Je mehr Sie zwischen jetzt und Weihnachten den Boden auf das Frühjahr vorbereiten, desto besser ist es für Sie und den Garten. Natürlich steht und fällt alles mit dem Wetter. Aber das Gute an dieser Jahreszeit ist, dass man reichlich Zeit hat, bis zum nächsten Frühjahr alles zu erledigen.
Herbstlaub
Die Amerikaner nennen den Herbst fall. Dieses Wort bringt, wie ich finde, die Jahreszeit mit ihren fallenden Blättern gut zum Ausdruck. Das Ausmaß der Farbenpracht hängt vom spätsommerlichen Wetter ab. Heiße Tage und kalte Nächte regen die Bäume zur Bildung von kohlenhydratähnlichen Substanzen an, die für die rote Pigmentierung zuständig sind. Die Blätter verwandeln Stärke in Zucker, mit dem der Baum versorgt wird. Aber kalte Nächte verhindern, dass er vom Blatt zu den Wurzeln zurücktransportiert wird. Die Konzentration von Zucker färbt Laub rot. Zersetzt sich das grüne Chlorophyll, kommt dieses Rot zum Vorschein. Je größer der Unterschied zwischen Tag- und Nachttemperatur, je heißer also die Tage Ende Juli und Anfang August, desto stärker leuchtet das Laub.
Anders verhält es sich bei gelbem Laub. Seine Farbe ist im Wesentlichen auf den Abbau von Chlorophyll zurückzuführen. Dadurch kommt das Gelb zum Vorschein, das schon immer da war. Bäume mit gelbem Sommerlaub wachsen immer langsamer als solche mit grünen Blättern, denn sie bekommen weniger Zucker und Stärke, die mithilfe des grünen Chlorophylls produziert werden.