Читать книгу Reisen ins innerste Afrika - Mungo Park - Страница 10
ZWEITER ABSCHNITT
ОглавлениеDER VERFASSER REIST VON PISANIA AB
UND ERREICHT DSCHINDI.
ER GEHT WEITER NACH MEDINA, DER
HAUPTSTADT VON WULLI.
UNTERREDUNG MIT DEM KÖNIG. AMULETTE.
ER KOMMT NACH KOBRA.
BESCHREIBUNG DES MUMBO JUMBO.
ER KOMMT NACH KUDSCHAR UND ERREICHT
TALLIKA IM KÖNIGREICH BONDU.
Am 2. Dezember 1795 verließ ich die freundliche Wohnung Dr. Laidleys. Glücklicherweise hatte ich einen Negerbedienten namens Johnson, der Englisch und Mandingo sprach. Er stammte aus diesem Teil Afrikas, war in seiner Jugend als Sklave nach Jamaika gekommen, hatte dort seine Freiheit erhalten, war mit seinem Herrn nach England gegangen, wo er sich mehrere Jahre aufhielt, und endlich nach seinem Vaterland zurückgekehrt. Dr. Laidley empfahl ihn mir, und ich mietete ihn als Dolmetscher für monatlich fünfzehn Barren, wovon er zehn und seine zurückbleibende Frau fünf erhielt.
Dr. Laidley gab mir auch einen seiner Negerjungen namens Demba mit, einen lebhaften Burschen, der die Mandingo-Sprache redete und bei unserer Rückkehr seine Freiheit erhalten sollte, wenn er mir treu dienen und sich gut aufführen würde. Ich besorgte mir ein Pferd, ein kleines, aber lebhaftes Tier, das mich sieben Pfund zehn Schilling kostete, und zwei Esel für meine beiden Begleiter. An Gepäck nahm ich so wenig wie möglich mit, nur Lebensmittel für zwei Tage, etwas Korallen, Bernstein und Tabak, um mir neuen Mundvorrat zu verschaffen. Etwas Wäsche, die unentbehrlichsten Kleidungsstücke, einen Sonnenschirm, einen Taschensextanten, einen Kompass und ein Thermometer, zwei Vogelflinten, zwei Paar Pistolen und einige andere Kleinigkeiten.
Ein freier Mann, ein Mohammedaner namens Madibu, der nach dem Königreich Bambarra reiste, zwei Slatihs, die nach Bondu gingen, und ein Neger namens Tami aus Kasson, ebenfalls ein Mohammedaner, der mehrere Jahre Dr. Laidley als Schmied gedient hatte und jetzt mit seinen Ersparnissen in seine Geburtsstadt zurückkehrte, boten mir ihre Dienste an, so weit unsere Reise uns miteinander führen werde. Sie gingen alle zu Fuß und trieben ihre Esel vor sich her.
So hatte ich nicht weniger als sechs Begleiter, in deren Augen ich ein bedeutender Mann war; denn man hatte ihnen angekündigt, dass ihre glückliche Rückkehr in die Gegenden am Gambia lediglich von meinem Wohlergehen abhinge. Dr. Laidley und die Herren Ainsley waren so gütig, mich die ersten zwei Tagereisen mit einem Teil ihrer Bedienten zu begleiten. Ich glaube gewiss, sie befürchteten, dass sie mich nie wiedersehen würden.
Nachdem wir über den Walli-krik, einen Arm des Gambias, gesetzt hatten, erreichten wir noch am gleichen Tag Dschindi und stiegen im Haus einer schwarzen Frau ab, die vormals die Geliebte eines weißen Handelsmannes gewesen war und deshalb vorzugsweise Seniora genannt wurde. Am Abend spazierten wir nach einem benachbarten Dorf, das einem der reichsten Slatihs namens Jemaffu Mamandu gehörte. Wir trafen ihn zu Hause, und er fühlte sich durch unseren Besuch so geehrt, dass er uns ein schönes Rind schenkte, das gleich geschlachtet und teilweise für unser Abendbrot zubereitet wurde. Die Neger essen gewöhnlich sehr spät. Um uns nun während der Zubereitung des Abendessens die Zeit zu vertreiben, forderte man einen Mandingo auf, einige lustige Geschichten zu erzählen, die wir auch drei Stunden lang mit anhörten. Diese Erzählungen sind den arabischen ähnlich, nur sind sie mehr scherzhafter Art. Ich teile hier im Auszug eine mit.
»Vor mehreren Jahren wurden die Einwohner von Dumasansa, einer Stadt am Gambia, sehr von einem Löwen geplagt, der jede Nacht ihre Herden anfiel. Wütend über die ewige Plage, beschloss das Volk, Jagd auf das Raubtier zu machen. Sie zogen aus, den Feind zu suchen, und fanden ihn im Dickicht verborgen. Sie feuerten sogleich auf ihn und waren glücklich genug, ihn so stark zu verwunden, dass ihn die Kraft verließ, als er auf sie losspringen wollte. Er sank zwar zurück, zeigte aber doch so viel Stärke, dass sich ihm niemand zu nähern wagte. Man beratschlagte, wie man sich seiner lebendig bemächtigen könne, weil es der sicherste Beweis der Tapferkeit sei und ihnen zugleich einen ansehnlichen Verdienst eintragen würde, wenn sie das Tier nach der Küste brächten und es den Europäern verkauften. Ein alter Mann schlug vor, das Sparrenwerk eines Hausdachs abzunehmen und es über den Löwen zu werfen. Sollte er auf sie losspringen, während sie sich ihm näherten, so dürften sie nur das Dach über sich herabfallen lassen und durch die Öffnungen feuern.
Dieser Vorschlag wurde angenommen. Die Löwenjäger hoben ein Hüttendach ab und zogen mutig damit zu Felde. Jeder hatte in der einen Hand ein Schießgewehr und trug auf der anderen Schulter das Dach. So näherten sie sich dem Feind, der aber wieder Kräfte gesammelt hatte und so grimmig aussah, dass es die Jäger für klüger hielten, für ihre eigene Sicherheit zu sorgen, und sich mit dem Dach zudeckten. Unglücklicherweise war der Löwe aber zu schnell. Während sie das Dach niederließen, machte er einen Sprung und war mit seinen Verfolgern im gleichen Käfig gefangen. Zum Entsetzen und Jammer der Dumasanser verzehrte das Tier einen nach dem andern. Noch jetzt ist es in jener Gegend gefährlich, diese Geschichte zu erzählen; denn die Einwohner haben sich dadurch in der ganzen Nachbarschaft zum Gelächter gemacht, und mit nichts kann man sie so aufbringen, als wenn man sie auffordert, einen Löwen lebendig zu fangen.«
Am 3. Dezember nahm ich um ein Uhr nachmittags von Dr. Laidley und den Herren Ainsley Abschied und ritt langsamen Schrittes in den Wald hinein. Ein grenzenloser Wald lag vor mir, und zwar in einem Land, dessen Einwohner so roh sind, dass ein Weißer meistens zum Gegenstand der Neugier oder der Raubsucht wird. Die Freunde, denen du eben Lebewohl gesagt hast, sind wahrscheinlich die letzten Europäer, die du gesehen hast, dachte ich. Von nun an bist du vielleicht auf immer aus der Gesellschaft der Christen ausgeschlossen. Solche Gedanken trübten meine Seele, und ich mochte vielleicht drei Meilen im tiefen Nachdenken geritten sein, als ich in meinen Träumereien durch einen Haufen Volks gestört wurde, das auf uns zulief, die Esel anhielt und uns andeutete, dass wir nach Peckaba gehen und uns bei dem König von Wulli melden oder den gewöhnlichen Zoll hier auf der Stelle erlegen müssten. Vergebens suchte ich ihnen begreiflich zu machen, dass ich unmöglich Abgaben entrichten könne, da ich gar nicht in Handelsgeschäften reiste. Sie erwiderten, alle Reisenden müssten dem König ein Geschenk machen; wenn ich das nicht wolle, so dürfe ich nicht weiterreisen. Da sie zahlreicher als wir und überdies sehr laut waren, hielt ich es für das Klügste nachzugeben, und reichte ihnen vier Barren Tabak für den König, worauf sie mich meines Weges ziehen ließen. Bei Sonnenuntergang kam ich in ein Dorf nahe bei Kutacunda und blieb dort über Nacht.
Am Morgen des 4. Dezember kamen wir durch Kutacunda und wurden in der Nähe in einem kleinen Dorf angehalten, um dem König von Wulli Zoll zu entrichten. Die folgende Nacht ruhten wir in dem Dorf Tabajang, und am nächsten Mittag, dem 5. Dezember, erreichten wir Medina, die Hauptstadt des Gebietes von Wulli. Das ganze Land zeigt hier leicht ansteigende Hügel mit großen Waldungen. In den dazwischen liegenden Tälern befinden sich die Städte. Bei jeder Stadt ist hinreichend Land angebaut, um die Einwohner zu ernähren. Der Boden ist sehr fruchtbar. In den Tälern werden vornehmlich Baumwolle, Tabak und allerhand Küchengewächse erzeugt, die Hügel aber werden mit Korn besät. Bloß gegen die Gipfel hin deuten kurzes Gesträuch und roter Eisenstein die Grenze der Fruchtbarkeit an.
Die Einwohner sind Mandingos, die man in Mohammedaner (Buschrihns) und in Heiden (Kafiren – Ungläubige) aufteilt. Die Heiden bilden bei Weitem die größere Anzahl, und auch die Regierung liegt in ihren Händen. Obschon bei wichtigen Vorfällen die vornehmsten Mohammedaner zurate gezogen werden, sind sie doch von der ausübenden Gewalt ausgeschlossen, die allein in den Händen des Mansah oder Fürsten und seiner vornehmsten Staatsbedienten liegt. Den ersten Rang unter ihnen behauptet der Farbanna oder nächste Thronerbe. Auf ihn folgen, entsprechend der Autorität, die sie besitzen, die Alkaids oder Provinzgouverneure, die auch Kimohs genannt werden. Das übrige Volk teilt man in Freie und Sklaven. Unter den Ersteren sind die oben erwähnten Slatihs die Vornehmsten, in allen Klassen aber wird das Alter geehrt.
Der älteste Sohn ist Erbe des Throns. Ist er aber noch unmündig oder gibt es überhaupt keinen männlichen Nachfolger, so versammeln sich die Vornehmsten und übergeben dem nächsten Verwandten des verstorbenen Monarchen die Regierung, nicht etwa als Vormund oder Regent, sondern für sich, indem sie den Unmündigen ausschließen. Die Staatsausgaben werden durch Tribut vom Volk und durch Zollabgaben von den durchgehenden Waren bestritten. Kaufleute, die landeinwärts gehen, müssen ihre Abgaben in europäischen Waren entrichten; die aus dem Innern des Landes zur See wollen dagegen in Eisen und Baumbutter, und zwar in jeder einzelnen Stadt, welche sie unterwegs passieren.
Medina (d.h. arabisch »Stadt«, ein Name, den die Neger wahrscheinlich von den Mohammedanern entlehnt haben), die Hauptstadt des Königreichs, in dem ich mich jetzt befand, ist von ansehnlicher Größe. Sie zählt achthundert bis tausend Häuser und ist nach allgemeiner Landessitte mit einer hohen Lehmmauer, einer Umzäunung mit spitzigen Pfählen und dornigem Gesträuch umgeben. Die Mauer ist aber sehr verfallen, und die Umzäunung hat von der Hand rüstiger Hausfrauen, die die Pfähle als Brennholz wegschleppten, manches gelitten. Ich wohnte bei einem nahen Verwandten des Königs, der mir in Absicht der Etikette sagte, dass ich dem König nicht die Hand reichen dürfe, wenn ich ihm vorgestellt werde. Diese Freiheit gestatte er keinem Fremden. Ich wollte ihm nämlich am Nachmittag meine Aufwartung machen und mir die Erlaubnis erbitten, durch sein Gebiet nach Bondu reisen zu dürfen.
Der König hieß Dschatta und war ein ehrwürdiger Greis. Ich fand ihn auf einer Matte vor seiner Tür sitzend, zu beiden Seiten viele Männer und Frauen, die sangen und in die Hände klatschten. Ich grüßte ihn ehrerbietig und trug mein Anliegen vor. Der König antwortete gnädig, dass er mir nicht nur die Erlaubnis gebe, durch seine Staaten zu reisen, sondern auch für meine Sicherheit beten wolle, worauf einer von meinen Begleitern wahrscheinlich zum Dank für die Gnade des Königs ein arabisches Lied zu singen oder vielmehr zu brüllen begann. Zwischen jeder Pause schlugen der König und alle Anwesenden die Hände gegen die Stirn und riefen mit andächtiger Feierlichkeit »Amen, Amen«. Der König versprach mir auch, mich am anderen Tag sicher bis an die Grenze seines Reichs geleiten zu lassen. Ich beurlaubte mich und schickte am Abend dem König eine Anweisung für zwölf Maß Rum auf Dr. Laidley. Dafür bekam ich von ihm einen großen Vorrat Lebensmittel als Gegengeschenk.
Am 6. Dezember ging ich morgens wieder zum König, um mich zu erkundigen, ob er mir einen Führer und Begleiter besorgt habe. Ich fand seine Majestät auf einem Fell an einem großen Feuer sitzend, denn die Afrikaner sind gegen die geringste Veränderung in der Lufttemperatur äußerst empfindlich und beklagen sich oft über Kälte, wenn ein Europäer es vor Hitze kaum aushält. Er empfing mich sehr freundlich und bat mich dringend, doch von dem Vorhaben abzusehen, in das Innere des Landes zu reisen. Ich solle die Einwohner der östlichen Gegend nicht mit den Wullis vergleichen; denn diese wären mit den Weißen bekannt und ehrten sie, jene aber hätten nie einen Weißen gesehen und würden mich unfehlbar umbringen. Ich dankte ihm für seine gütige Fürsorge, sagte aber, dass ich alles genau erwogen habe und fest entschlossen sei, trotz aller Gefahren weiterzugehen. Er schüttelte den Kopf, drang aber nicht weiter in mich, sondern sagte nur, dass der Führer sich am Nachmittag einstellen werde.
Wirklich kam er um zwei Uhr. Ich nahm also Abschied von dem guten alten König, machte mich auf den Weg, und in drei Stunden erreichten wir Kondschur, ein kleines Dorf, wo wir über Nacht bleiben wollten. Hier kaufte ich für einige Korallen ein schönes Schaf, das meine Begleiter sogleich unter vielen religiösen Zeremonien schlachteten.
Mein Dolmetscher und ein Serawullih stritten sich um die Hörner. Ich legte den Streit dadurch bei, dass ich jedem eines gab. Die Neger verwenden solche Hörner als Kapseln, um die Amulette, die sie beständig bei sich tragen, vor Nässe zu schützen und sicher aufzubewahren. Diese Amulette sind Gebete oder Sprüche aus dem Koran, welche die Priester auf kleine Stückchen Papier schreiben und den unwissenden Eingeborenen verkaufen, die ihnen außerordentliche Wunderkräfte zuschreiben. Einige Neger tragen sie in Schlangenhaut eingewickelt um den Fuß und glauben, dadurch vor dem Biss dieser giftigen Tiere geschützt zu sein. Andere nehmen sie mit in den Krieg und bilden sich ein, dass ihnen dann der Feind nichts anhaben könne. Gewöhnlich aber verwendet man sie als Hilfsmittel gegen Krankheiten, gegen Hunger und Durst. Man sollte kaum glauben, wie ansteckend diese Art von Aberglauben ist; denn obwohl die meisten Neger Heiden sind und die mohammedanische Lehre verwerfen, so habe ich doch keinen gefunden, der nicht an die mächtige Wirksamkeit dieser Amulette fest glaubte. Wahrscheinlich rührt dies daher, dass die Eingeborenen das Schreiben als eine Art von Magie ansehen und mehr Vertrauen auf die Kunst des Magiers als auf die Sprüche des Propheten setzen.
Am 7. verließ ich Kondschur und kam am 8. nach Kolor, einer ansehnlichen Stadt, wo mir am Eingang eine Art von Maskenkleid aus Baumrinde auffiel, das an einem Baum hing und nach der Aussage meiner Begleiter dem Mumbo Jumbo gehöre. Dies ist ein Knecht Ruprecht, den man in allen Mandingo-Städten findet, und mit dessen Hilfe die heidnischen Einwohner ihre Frauen zum Gehorsam bringen. Da sie nämlich so viele Frauen nehmen, wie sie ernähren können, kommt es oft vor, dass diese miteinander in Streit geraten und das Ansehen des Hausherrn nicht hinreicht, sie wieder zur Ruhe zu bringen. So wird der Mumbo Jumbo als Mittler gerufen, und diesem gelingt es immer, die Ruhe wiederherzustellen.
Dieser sonderbare Vertreter der Gerechtigkeit, in dem man entweder den Mann selbst vermutet oder doch jemanden, den er über alles unterrichtet hat, verkündet in dieser auffallenden Verkleidung, mit einer Rute bewaffnet, seine Ankunft durch ein lautes und schreckliches Geschrei in den Wäldern außerhalb der Stadt. Sobald es dunkel wird, beginnt seine pantomimische Rolle. Er kommt in die Stadt und begibt sich nach dem Bentang, wo sich alle Einwohner sogleich versammeln. Für die Frauen ist dieser Vorfall wohl eben nicht erfreulich; denn da der Verkleidete ihnen völlig unbekannt ist, so fürchtet jede verheiratete Frau, dass der Besuch ihr zugedacht sei. Erscheinen aber müssen sie alle, wenn sie aufgefordert werden. Mit Gesang und Tanz, der bis Mitternacht dauert, beginnt die Zeremonie, dann heftet der Mumbo seine Blicke auf die Verbrecherin. Diese Unglückliche wird darauf sogleich ergriffen, nackt ausgezogen, an einen Pfahl gebunden und unter Gelächter und Spott der ganzen Versammlung entsetzlich mit der Mumbo-Rute gepeitscht. Es ist empörend, dass gerade die Frauen sich bei solchen Gelegenheiten am lautesten gegen ihre arme Mitschwester zeigen. Diese unsittliche Szene pflegt bis zur Morgendämmerung zu dauern.
Mumbo Jumbo
Am 9. Dezember fanden wir unterwegs nirgends Wasser und eilten deshalb bis nach Tabakunda. Am Abend des 10. kamen wir nach Kuniakary, einer Stadt, fast so groß wie Kolor. Am 11. erreichten wir Kudschar, die Grenzstadt von Wulli gegen Bondu, von dem es durch eine Wüste von zwei Tagereisen getrennt ist. Mein Führer, dem ich etwas Bernstein für seine Mühe gegeben hatte, kehrte nun zurück. Da man mir hier voraussagte, dass ich in der Wüste nicht immer Wasser finden werde, sah ich mich nach Leuten um, die ich als Führer und zugleich als Wasserträger verwenden konnte. Zwei einheimische Elefantenjäger erboten sich dazu. Ich nahm sie an und zahlte jedem drei Barren im Voraus. Der Tag war indes zum größten Teil verstrichen, wir blieben also diese Nacht noch in Kudschar. Obschon der Anblick eines Weißen den Bewohnern dieser Stadt nicht völlig fremd ist, da mehrere von ihnen die Gegenden am Gambia zu besuchen pflegen, so betrachteten sie mich dennoch mit einem Gemisch von Neugier und Ehrfurcht.
Am Abend gab man mir ein Getränk zur Erfrischung, das wie sehr gutes englisches Bier schmeckte. Mich interessierte die Zubereitung, und ich erfuhr zu meiner Verwunderung, dass es wirklich aus Korn gemacht wird und man dieses, wie in England den Weizen, vorher malzt. Eine Wurzel von angenehmer Bitterkeit ersetzt den Hopfen.
Am Morgen des 12. erfuhr ich, dass einer der Elefantenjäger davongegangen sei. Damit die beiden anderen nicht seinem Beispiel folgen möchten, ließ ich sogleich ihre Kalebassen mit Wasser füllen und trat mit Sonnenaufgang meine Reise durch die Wüste an. Wir hatten kaum eine Meile zurückgelegt, als meine Begleiter anhielten, um ein Safi zu bereiten, damit uns unterwegs nichts Übles geschehe. Am Ende sagten sie dreimal hintereinander ein paar Sprüche her, spien auf einen Stein, warfen ihn dann mitten auf den Weg und zogen nun getrost weiter in der festen Überzeugung, dass der Stein alles Böse auf sich genommen habe, was die höheren Mächte bewegen könnte, uns zu schaden.
Um Mittag gelangten wir an einen großen Baum, den die Eingeborenen Nimba Taba nennen. Er war mit unzähligen Lumpen und kleinen Zeugfetzen behängt, die von den Reisenden wohl ursprünglich an die Zweige geknöpft worden waren, um dem Wanderer anzuzeigen, dass Wasser in der Nähe zu finden sei. Im Laufe der Zeit wurde das eine heilige Gewohnheit, sodass jetzt niemand wagte, an dem Baum vorüberzugehen, ohne etwas daranzuhängen. Auch ich hängte ein schönes Stück Zeug daran auf. Da meine Führer sagten, dass in der Nähe ein Quell oder See sein müsse, so ließ ich die Esel abladen und ihnen Futter geben, während wir uns ausruhten und an unseren Vorräten labten. Inzwischen schickte ich einen Elefantenjäger aus, um den Brunnen zu suchen, da wir die Nacht dort verbringen wollten, wenn er Wasser führte. Der Neger entdeckte eine Tränke, aber das Wasser war dick und schlammig. Am Ufer zeigten sich Spuren eines erst kürzlich erloschenen Feuers und Überreste von Speisen, ein Zeichen, dass Reisende oder Straßenräuber den Ort kurz zuvor verlassen hatten. Meine Begleiter fürchteten das Letztere und rieten mir deshalb, lieber bis zu einem anderen Wasserplatz zu gehen, den wir ihrer Versicherung nach gewiss gegen Abend erreichen würden. Wir brachen also sogleich wieder auf, doch wurde es bald acht Uhr, als wir dort eintrafen. Da wir von der langen Tagereise ermüdet waren, zündeten wir ein großes Feuer an und lagerten uns, umgeben von den Lasttieren, einen Büchsenschuss weit von dem Wald auf dem nackten Boden. Die Neger beschlossen, nacheinander Wache zu halten.
Ich fürchtete keine Gefahr, doch hegten die Neger die ganze Reise über eine unbeschreibliche Furcht vor Straßenräubern. Sobald der Tag anbrach, füllten wir unsere Sufros oder Schläuche und die Kürbisse aus dem See und machten uns auf den Weg nach Tallika, der ersten Stadt in Bondu, die wir am Vormittag des 13. erreichten. Ich kann mich nicht von den Wullis trennen, ohne zu rühmen, dass sie mich überall freundlich empfingen und ich über ihre herzliche Aufnahme an den Abenden die Mühseligkeiten des Tages gewöhnlich vergaß. Obgleich mir die afrikanische Lebensweise anfänglich nicht gefiel, so fand ich doch bald, dass die Gewohnheit alle kleinen Unbequemlichkeiten erträglich macht.