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6. Kapitel – Übernachtung in Spanien
ОглавлениеEmeline sagte, wie sehr sie sich freuen würde auf den gemeinsamen Urlaub mit Thibaut und Jola, aber sie wären ja noch nicht angekommen.
Würde dies ein Problem sein? Tymon fragte sich das. Oft hatte das zweite Gesicht von seiner Liebe zutreffend die Zukunft ausleuchten können, wenn auch manchmal nur diffus. Er hoffte, es würde ihnen nichts schlimmes passieren. Sinnigerweise spielte das Radio gerade: „Fragile“, von Sting gesungen.
Eingedenk der Tatsache, dass seine Frau nun schwanger sein könnte, war er froh später eine Übernachtung zu haben. Auch setzte er durch, manchmal für eine Kaffeepause an einer Raststätte haltzumachen. Dieser Fürsorge gegenüber war Emeline Gott sei Dank gnädig.
Doch ihre Gedanken kreisten schon längst nicht mehr um eine mögliche Schwangerschaft, vielmehr machte sie sich eher Gedanken um Jola. So stolz war sie auf ihre Jüngste, die mit Bravour ihre Ausbildung als Hebamme hinter sich gebracht hatte und genau wusste, was sie von ihrem Leben wollte.
Letztes Jahr im August hatten Jola und Thibaut sich vermählt, ganz in weiß hatte ihre Jüngste geheiratet, sie war eine romantische, schöne Braut, und das Fest auf dem Lande war eine schöne Gelegenheit alle Anverwandte ihres Schwiegersohnes kennen zu lernen. Man war sich direkt grün, und die Hochzeitsparty, die bis in den frühen Morgenstunden ging, öffnete Emelines Herz für Jolas altbackenen Wünsche. Nun wollte sie so jung wie sie gerade war, einundzwanzig Jahre, bald ein Baby haben. Aber nichts tat sich bislang und so war Emeline ganz froh, Thibaut würde sich als ernsthafter Ehemann erst einmal beweisen müssen. Amüsiert hörte sich seine frisch gebackene Schwiegermutter von seiner Mutter an, warum seine Mutter ihn Thibaut nannte, sie wäre Zeit ihrer Lebens frankophil gewesen und würde auf französische Namen stehen. „Das kann sich für Jola als Halbfranzösin nicht falsch anfühlen, und Thibaut ist wirklich ein gelungener Name.“ Seine Mutter hatte vom Wein angesäuselt heftig genickt.
Aber Emeline war, wie gesagt, noch etwas skeptisch, sie war eine Frau, die alles vorfühlen konnte. Und die auch mal das Schwere im Leichten sehen konnte.
Tymon, der gerne vergangene Zeiten nachging, meinte, als sie dann nur verlautbarte, wie schön das Hochzeitsfest von Jola doch gewesen wäre: „Weißt du noch wie die Zigeuner, die von Thibauts Oma engagiert wurden, ins Haus kamen und bald darauf als Geigenspieler, die Stimmung anheizten.“ „Ja es war unglaublich romantisch und zugleich zeitlos schön, wenn man ein Herz für Gott in seinem Busen trägt wird alles gut“, antwortete seine Frau.
Beide kamen dann auf das Musiktalent ihrer Jüngsten zu sprechen, das beide ziemlich hoch ansetzten. Das Studium der Geige hätte Jola mehr an Gott angebunden, wie sie meinte und an die Liebe zu ihrem Leben. Auch sagte Emeline: „Vielleicht hätte sie besser Geige studiert – an der Musikhochschule.“ Tymon meinte dazu: „Mit einem Musikstudium wäre sie Königin in ihrem eigenen Reich geworden. Ich fühlte direkt nach der Geburt, dass sie sie sofort haben wollten für alles, was sie ist. Außerdem ist sie dir zu ähnlich, als dass sie sich bekommen hätte, für das, wer sie denn für sich gewesen wäre.“ „Dann war ihre aktuelle Berufswahl richtig?“, fragte Emeline neugierig. Tymon schien angestrengt nachzudenken, dann antwortete er: „Als Hebamme muss sie Kindern helfen auf die Welt zu kommen und was sie Müttern hinterlassen darf, ist, dass sie dabei Leben gerettet hat, man aber selber weitermachen muss.“ Emeline schmunzelte und doch schämte sie sich ein wenig, da Tymon einer der wenigen Männer war, der ihren Beruf vollkommen ernstnahm.
Sie erzählte ihm dann von einer Geburt, die sehr risikoreich gewesen wäre und dass sie durch ihre Sensitivität einmal ein kleines Mädchen fast alleine auf die Welt brachte, da die Oberärztin nicht im Raum war. Emeline ließ die Gebärende einfach machen, wie sie das für sich dachte und war erstaunt, wie einfühlsam deren türkischer Ehemann auf die Bauch-tanzende, werdende Mutter einging, er sagte: „Dies wird ein Schleier-Tanz.“
Als Emeline dann das Baby nach der Geburt mit versorgte und zurechtmachte, sagte die vorher hinzugekommene Oberärztin, wie sehr sie alle das hohe Gewicht der türkischen Tochter bewundern würden. Sophia, wie die türkische Mutter hieß, sagte: „Sie wird eine Ringerin werden müssen.“ Aber der ehrfürchtige Vater sagte, „ich werde sie Rose nennen.“ Und Emeline freute sich, sagte aber leise in sich hinein: „Jede Blume duftet anders.“
Tymon, der dies aufregend fand, wenn seine Frau aus damaligen Zeiten erzählte, sagte auch diesmal: „ Die spannendsten Momente im Berufsleben scheint einem oft der Himmel auf den Leib zu schreiben.“ Emeline lächelte, auch wenn ihr Beruf lange Jahre her war.
Bevor sie wegdöste sagte sie: „Ich bin nun eher gespannt, wie es meiner eigenen Tochter erging, aber wir sehen sie ja bald.“ „Ja, auch ich freue mich wie ein Schneehund“, hörte sie ihn mit seiner tiefen, schmeichelnden Stimme, wie von Ferne sagen.
Umsichtig schaltete Tymon später das Radio aus.
Einige Stunden später, verließ er die Straße, es war schon spät am Abend. Sie suchten sich das Hotel, das Tymon per Smartphone in San Sebastian ausgemacht hatte.
Es war ein kleines Hotel, mit Balkon, das sauber geführt wurde. Das reichhaltige Frühstück am nächsten, frühen Morgen mundete so, dass sich ihre schlechte Laune legte. Man hatte sich, mitten in der Nacht, haltlos gestritten, ob sich eine mögliche Schwangerschaft durch eine zu leidenschaftliche Umarmung lösen könnte. Aufgrund dessen hatte sich Emeline im weiteren in eine zärtliche Verführerin verwandeln müssen, um Tymon in eine zarte Stimmung zu bringen. Fast wollte er nämlich vor Zorn das Weite suchen. Dann war beinah alles wieder gut, denn in der Frühe wehrte sie seine Wünsche wieder nicht ab. Hatte er nun gedacht, dass er sie schwängern müsste, falls es noch nicht „geklappt“ hätte, vielleicht um sie für immer zu behalten? Emeline fragte sich das unter der lauwarmen Dusche, aber als sie später angezogen und zurecht gemacht hatte, war Tymon schon aus dem Zimmer. Sie fand ihn unten, laut pfeifend, beim Frühstücksbuffet. Er schaufelte sich gerade den Teller voll, und schaute sie dann aber mit seinen dunklen Augen ernsthaft an.
Später verließen sie so einigermaßen wieder miteinander überein, das ansprechende Hotel. Er streichelte ihren Nacken und Schauer rannen Emeline den Rücken hinunter. Sie befand, dass der Urlaub bislang auch eine Tour der Liebe war. David, ihr Vater, würde sagen eine „tour pour toujours“. Doch was würde sie alles noch erwarten? In Gedanken nahm sie wieder den Beifahrersitz ein, nachdem sie das Gepäck umständlich verstaut hatte. Plötzlich kam ein Gewitter auf. Es blitzte und donnerte. „Das haben wir ja gut abgepasst“, meinte Tymon, ein wenig amüsiert. „Ja, auch der Himmel scheint sich klären zu wollen“, sagte sie leise. „Wie du meinst“, sagte er so dahin und dann verzog er unmerklich den Mund. Schließlich fuhr Tymon versiert den Wagen an und die Reise nahm ihren weiteren Verlauf.