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Etwas Neues beginnt

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Nachdem ich ein Jahr lang Steve als Mentor gedient und die Gemeinde entsprechend vorbereitet hatte, erhielt meine Familie den Auftrag, in Long Beach in Kalifornien etwas Neues zu starten. Wir wurden ausgesandt, um Menschen wie den ersten Steve zu finden und zu erreichen, Menschen, die in großen Probleme steckten und alle Hoffnung verloren hatten. Unsere Aufgabe war es, ihnen wieder Hoffnung und einen Sinn für ihr Leben zu geben, ähnlich wie es beim zweiten Steve war. Wir wurden ausgesandt, um unter den postmodernen Leuten der Stadt neue Gemeinden zu gründen, die wir „Awakening Chapels“ nannten.

Eine einzelne Gemeinde zu gründen, war keine Option für uns; wir waren fest entschlossen eine Gemeindemultiplikationsbewegung zu starten, und wir wollten auf alles verzichten, was uns von diesem Ziel abbringen konnte, selbst auf bewährte Dinge. Ich habe herausgefunden, dass es viele effektive Methoden im christlichen Dienst gibt, die aber gleichzeitig eine Multiplikation verhindern. Erfolg, wie ihn fast das gesamte moderne Christentum definiert, ist oft kontraproduktiv für eine gesunde Reproduktion. Wir waren gewillt, alles aufzugeben, was keine Multiplikation gesunder Jünger, Leiter, Gemeinden und Bewegungen zur Folge hatte. Deshalb gründeten wir auch eine neue Organisation mit dem Namen „Church Multiplication Association“ (CMA), um die nötigen Ressourcen zu entwickeln, damit wir unseren Auftrag erfüllen konnten.

Wir wählten Long Beach, weil uns drei Dinge wichtig waren: ein städtisches Zentrum, ein Gebiet mit einem großen Hochschulkomplex mit vielen jungen Menschen und ein Strand in der Nähe (natürlich nur, um Taufen durchführen zu können).

Wir kamen mit ein paar Methoden, die sich für das Reproduzieren von Jüngern als wirksam erwiesen hatten, und einem Team aus zwölf radikalen Christen, die bereit waren, etwas Neues auszuprobieren. Weit wichtigere Eigenschaften waren unser Wunsch zu lernen und dass wir Herzen hatten, die hören wollten, was der Geist uns zu sagen hatte. Die Gemeinden, die Gott anfing, entsprachen nicht dem, was wir geplant hatten, doch als wir der Führung des Herrn der Ernte folgten, entdeckten wir, wie wir neue Gemeinden gründen konnten, die gesund waren und sich reproduzieren konnten. Diese neuen Gemeinden waren klein und trafen sich meist in Privathäusern.

Ich hatte nie beabsichtigt, „Hauskirchen“ zu gründen, und bin immer ein wenig überrascht, wenn man mich als eine Autorität auf diesem Gebiet sieht. Wir nennen sie nicht Hauskirchen. Stattdessen nennen wir sie „organische Gemeinden“. Damit wollen wir betonen, was uns wichtig ist: das gesunde Leben und die natürliche Art und Weise der Reproduktion.

Wir vermeiden den Begriff Hauskirche aus verschiedenen Gründen. Zum einen hat die Hauskirche in den USA in einigen Kreisen den Ruf, aus verärgerten und nonkonformistischen Leuten zu bestehen, die sich von anderen isolieren und Waffen im Keller lagern. Natürlich trifft das in den meisten Fällen nicht zu, aber der Begriff ruft negative Bilder hervor.

Ein weiterer Grund, weshalb wir diesen Begriff vermeiden, ist, weil Jesu Gemeinde nicht an irgendwelche Gebäude gebunden ist, egal, ob diese einen Schornstein oder einen Turm auf dem Dach haben. Wir haben Gemeinden entdeckt, die sich an den unterschiedlichsten Orten treffen: auf leeren Grundstücken, in Parks oder auf Parkplätzen. Und trotzdem nennt man sie nicht „Parkplatz-Gemeinden“. Ich habe von Gemeinden gehört, die sich in Umkleideräumen treffen, in Studentenvereinigungen und in Firmen. Einer unserer Gemeindegründer hat eine Arbeit mit dem Namen „Jesus in der Bar“ begonnen; sie treffen sich in einer Kneipe. Ich habe sogar von einer Frau gehört, die wegen ihres Mitgefühls für von Männern missbrauchte Frauen eine Gemeinde in einem Strip-Club gründete! Wir halten deshalb jetzt keine Seminare zum Thema „Wie starte ich eine Gemeinde in einem Strip-Club“ – auch wenn wir zweifelsohne viele Menschen für einen solchen Workshop begeistern würden. Natürlich hoffen wir, dass die Gemeinde irgendwann den Strip-Club verlässt, aber ich habe nichts dagegen einzuwenden, dass das Reich Gottes auch einen solchen Ort beeinflusst.

Wir verlangen von unseren Gemeinden nicht, dass sie klein bleiben und sich in Privathäusern treffen; das würde am Ziel vorbeigehen. Unser Ziel ist, dass die Gemeinden gesund sind und sich reproduzieren. Der Grund, weshalb unsere Gemeinden eher klein bleiben, ist die dynamische, lebensverändernde Eigenschaft einer „Clique“ von Brüdern und Schwestern, die aktiv miteinander einem Auftrag nachgehen. Unsere Art von Gemeinden sind also von Haus aus so angelegt, dass sie klein, vertraut und missionarisch sein wollen.

Diese neuen Gemeinden waren anders als die, zu denen wir bisher gehört hatten. Sie waren die Folge dessen, dass wir den Samen (des Evangeliums) in guten Boden aussäten und beobachteten, dass sich die Gemeinde auf natürliche, organische Weise entwickelte. Diese organischen Gemeinden schossen praktisch überall aus dem Boden, wo wir den Samen säten: in Cafés bzw. Kaffeehäusern, Hochschulen, Firmen und in Privathäusern oder Wohnungen. Wir glauben, dass Gemeinde überall da stattfinden sollte, wo sich das Leben abspielt. Es sollte nicht so sein, dass wir das Leben verlassen müssen, um zur Gemeinde zu gehen.

Weil wir Gemeinde als etwas Lebendiges sahen, als ihrem Wesen nach organisch, folgten wir gewissen natürlichen Entwicklungsphasen. Dies hatte eine Multiplikation auf allen Ebenen des Gemeindelebens zur Folge: Jünger, Leiter, Gemeinden und schließlich Bewegungen. Bei allem Leben beginnt die Reproduktion auf der Stufe der Zelle: Durch Multiplikation und Verwandlung entstehen daraus schließlich komplexere lebendige Einheiten. Das Leben reproduziert sich und entwickelt sich normalerweise vom Mikro- zum Makro-Organismus. Auch bei unserer Bewegung war es so.

Wenn wir neue Dinge entdeckten, teilten wir dies anderen mit, und bald entstanden in den ganzen USA und auf der ganzen Welt solche organische Gemeinden. Es sieht vielleicht so aus, als hätten wir klar verstanden, was wir taten, aber wir hatten keinen ausgeklügelten Plan. Es war eher so, dass wir aus unseren Fehlern und unseren zufälligen Erfolgen lernten.

Ursprünglich hatten wir die originelle und einzigartige Idee, ein Kaffeehaus zu eröffnen. Erkennen Sie hier den Sarkasmus? Wir hatten alles genauestens geplant: Wer backt Muffins und anderes Gebäck, wer kocht den Kaffee, wer spielt Gitarre und singt coole Jesus-Lieder in der Ecke? Wir hatten sogar schon ein Ladenlokal dafür angemietet. Dann trat der Herr dazwischen und flüsterte mir zu: „Warum wollt ihr Kaffeehäuser eröffnen, um die Verlorenen anzuziehen? Warum geht ihr nicht in die Kaffeehäuser, wo sie schon sind?“

Das war für uns ein Wendepunkt. Unsere ursprüngliche Strategie erfordert, dass wir die Leute von den Kaffeehäusern, in denen sie zu Hause waren, zu unserem Kaffeehaus „bekehrten“, um dann ein paar davon zu Jesus zu bekehren. Der Herr der Ernte hatte aber wieder einmal eine bessere Idee. Er gab uns eine einfache Umdenk-Lektion: Statt nur eine weitere „Kommt alle zu uns“-Form von Gemeinde zu sein, die möglichst attraktiv für die Leute sein will, wollte er, dass wir eine „missionale“2 und inkarnatorische Gemeinde sind, die zu den Verlorenen geht. Sechs Jahre später sind die Auswirkungen davon nun schon in 32 Bundesstaaten der USA und in 23 Ländern zu spüren.

Die meisten Christen versuchen herauszufinden, wie sie Menschen zu Jesus bringen können. Für die Gründung von Gemeinden, die sich auf natürliche Weise reproduzieren, ist jedoch entscheidend, Jesus zu den verlorenen Menschen zu bringen. Wir sind nicht daran interessiert, eine regionale Gemeinde zu gründen, sondern wir möchten Jesus für die ganze Region verfügbar machen.

Die ersten sieben Wochen in Long Beach waren meine Familie und ich ohne Zuhause. Ein befreundetes Paar besaß ein Haus, das sie uns vermieten wollten, also packten wir unsere Sachen, um umzuziehen. Dann mussten wir aber feststellen, dass die vorhergehenden Mieter ihre Meinung geändert und das Haus nicht verlassen hatten. Uns blieb nichts anderes übrig, als all unser Hab und Gut in meinem Büro unterzustellen und die Nächte auf geliehenen Betten und Sofas oder in Motels zu verbringen. Wir waren wie Nomaden, die umherzogen – mit einem Hund, einer Katze, einem Vogel und drei Kindern. Zwei Wochen verbrachten wir in einem Motel, aber wir konnten die Haustiere dorthin nicht mitnehmen. Sie blieben in meinem Büro. So musste ich mehrmals am Tag meinen Hund ausführen. Ich weiß noch, wie ich eines Abends mit dem Hund auf den Signal Hill hinaufging, um den die Stadt Long Beach herumgebaut ist. Während der Hund an jedem Busch schnüffelte, hatte ich mit Gott eine heiße Diskussion. Warum hatte er uns von unserem Zuhause weggeführt? Ich fragte ihn, was er mir durch das alles sagen wollte, und er gab mir eine Antwort.

In dieser Nacht hörte ich die Stadt, und Gottes Stimme sprach zu meinem Herzen. Ich hörte, wie sich Ehemänner und Ehefrauen gegenseitig anschrien. Ich hörte Hunde bellen, Autos quietschen, Sirenen heulen und Pistolen schießen. Ich hörte die Dinge, die Jesus hört, wenn er der Stadt zuhört, und ich fing an zu weinen. In diesem Moment brach der Herr mir das Herz für diese Stadt und für diese Menschen, die in der Dunkelheit versklavt sind. Ich flehte Gott an, er möge die Gefangenen freilassen und in Long Beach sein Reich, wie es im Himmel besteht, zu errichten.

Nach dieser Begebenheit wurde das Haus, in das wir ursprünglich einziehen sollten, frei und wir zogen ein. Das neue Haus war in einer schmalen Gasse, etwas nach hinten versetzt, aber ohne Garten. Da wir aber immer noch den Hund hatten, ging ich jeden Abend mit ihm auf einen Gebetsspaziergang raus – also zumindest ich betete, ich kann natürlich nicht für den Hund sprechen. Ich entdeckte ein Kaffeehaus in der Nähe, das voller junger Leute war, die jeden Abend dort waren. Ich betete für diesen Ort und die Leute, die ich dort jeden Abend sah, wenn ich mit dem Hund unterwegs war. Ich verbrachte Stunden damit, Gott um die Seelen dieser jungen Menschen zu bitten. Dann fing ich an, regelmäßig mit einigen Mitarbeitern in dieses Kaffeehaus zu gehen.

Wir spielten Schach, Dame oder Domino mit den Stammgästen und wurden so langsam Teil der Gruppe. Wir hörten ihnen aufmerksam zu und boten denen, die Probleme hatten, an, leidenschaftlich für sie zu beten. Wir hielten ihnen keine Predigten, aber sie fragten uns immer wieder nach unserem geistlichen Leben. Es muss etwas Attraktives an uns gewesen sein, denn viele wollten mehr über Jesus erfahren.

Bald war mein Wohnzimmer mit neuem Leben erfüllt. Aber anstatt ein größeres Haus zu suchen, schickten wir kleine Gruppen von zwei bis drei Leuten in andere Kaffeehäuser, um andere Gemeinden zu gründen.

Organische Gemeinde

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