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Was verstehen wir unter dem Ausdruck „Bewegung“?

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Was empfindet ein Osteopath, wenn sie oder er den Primären Respiratorischen Mechanismus ertastet? Er empfindet eine unwillkürliche rhythmisch fluktuierende Bewegung, die überall im Körper festgestellt werden kann. Sie umfasst die von Sutherland so genannte Flexion und Extension der medialen Strukturen bzw. die Außenrotation sowie Innenrotation der bilateralen Strukturen. Wie können wir plausibilisieren, dass diese Bewegung existiert? Es gibt verschiedene Experimente, die belegen, dass eine Bewegung existiert. Aus meiner Sicht ist aber keines eindeutig. Allerdings ist es bloß von akademischem Interesse, ob die Empfindung eines Osteopathen mit objektiver reproduzierbaren Mitteln als der Palpation erforscht und so als belegbar interpretiert werden kann. Entscheidend ist dies aus einer klinischen Perspektive nicht. Klinisch ist ausschlaggebend, was der Praktiker interpretiert.

Wir müssen dasjenige, was wir primär empfinden, als so genannte Bewegung interpretieren. Der Körper fühlt sich so an, als ob er sich bewege. Es handelt sich um eine Reaktion im sensorischen Kortex des Behandlers auf eine physiologische Affizierung seitens des Körpers des Patienten. Ob dieser sich in einem gewöhnlichen Verständnis bewegt oder nicht, ob es sich dabei um eine Veränderung der Materie von einer Position im Raum zu einer anderen handelt, mag zwar von akademischem Interesse sein. Klinisch ist dies freilich nicht sehr relevant. Klinisch bedeutungsvoller ist der taktile Eindruck der palpierenden Finger des Behandlers. Wir nehmen eine Qualität wahr. Dem Palpieren erschließt sich eine Qualität der Gewebe, die als eine stetige, regelmäßige Fluktuation erscheint. Es fühlt sich so an, als ob die Gewebe im gesamten Körper auf eine langsame Kraft von Ebbe und Flut reagieren.

Die Hypothese Sutherlands ermöglicht eine Interpretation der klinischen Erfahrung und hilft dabei, einen therapeutischen Erfolg zu prognostizieren. Wenn zukünftig mit hinreichend empfindlichen Instrumenten objektiv und eindeutig bewiesen werden könnte, dass es keine irgendwie geartete Bewegung gibt, würde sich unsere Empfindung immer noch nicht ändern. Denn wir fühlen den Index einer Aktion. „Bewegen“ und „Bewegung“ sind die zurzeit besten Worte, die wir haben, um unsere Empfindung zu beschreiben und einen Ausdruck für die Aufgabe der Lehre zu finden. Wenn irgendwann gezeigt werden kann, dass es keine Bewegung gibt, werden wir neu darüber nachdenken müssen, was es mit der sinnlichen Erfahrung auf sich hat. Es könnte sich beispielsweise um ein bislang unbekanntes physiologisches Phänomen handeln. Um Verwirrung zu vermeiden, gelten daher in diesem Buch Wörter wie „Bewegung“, „bewegen“ bzw. „Fluktuation“ als Zeichen für dasjenige, das wir als „Bewegung“, „bewegen“ und „Fluktuation“ interpretieren.

Die Anatomie der Potency

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