Читать книгу Tausendfürst - Nick Finkler - Страница 5
Besuch im Lager
ОглавлениеDer Tag war lang und unbarmherzig geworden, denn trotz des immer stärker einsetzenden Winters in den Bergen von Ryes gab es ab und zu heiße Tage. Und obwohl die Zelte der Respen, die noch immer die Villa belagerten, wie geschaffen dafür waren, sowohl Kälte als auch Hitze von den Insassen fernzuhalten, so waren die acht Gefährten um Kapitän Caspar und dessen Leibwächter Eldrit diese Wetterumschwünge nicht gewohnt und bekamen die Temperaturen deutlich zu spüren. Ein Soldat kam herein, trank aus einem Lederbeutel kühles Quellwasser und gab auch den Hunden davon. Als aber Yhildrat, der sonst eher ruppige Räuberhauptmann, für sich und die anderen um Wasser bat, gingen sie leer aus.
Als es Abend wurde und die eisige Luft sich langsam wieder ins Zelt schlich, wurde sie vom Duft gebratenen Fleisches erfüllt. Den Freunden lief schon das Wasser im Mund zusammen, doch das war rasch vergessen, als der Mann eintrat, der sie so wortlos begrüßt hatte. Anders als beim ersten Mal trug er nun einen dunkelblauen Mantel, sein graues Haar war kurz geschnitten. Auf der Stirn, die morgens noch von der Militärmütze bedeckt worden war, prangte nun ein seltsam verschlungenes Zeichen: Ein schwarzer Kringel, der nahtlos in einen blauen überging. Unter dem Mantel konnte man schwarze Kleidung erkennen, und noch etwas fiel auf. Er trug keine Waffe bei sich, was bedeuten musste, dass er sich seiner Sicherheit vollkommen bewusst war. Langsam und immer noch wortlos schritt er um den Pfahl herum, an dem die acht Gefangenen teils hingen, teils saßen. Mit Stricken waren ihnen die Hände festgebunden worden, wobei die des Edeltrolls noch immer durch den schier endlos dehnbaren Mantel verdeckt wurden. Die Füße waren ihrerseits mit schweren Eisenketten an den Felsboden gebunden und wurden durch stählerne Klammern verstärkt. Zusätzlich war eine lange Kette zwölfmal um die gesamte Truppe gelegt worden, so eng es nur ging, und mit zwei Schlössern versehen worden. Bei Juliet, der pereluanischen Magierin, blieb der wuchtige Mann mit dem hämischen Grinsen stehen und streckte die Hand nach ihr aus. Die Hunde blieben ganz ruhig liegen. Langsam strich er ihr über das angewiderte Gesicht, fuhr die Konturen ab und zog seine Hand wieder zurück. Dann hockte er sich vor sie hin und betrachtete sie genauer.
"Du bist eine Perelua, das sehe ich sofort.''
Seine Stimme klang heiser und bedrohlich. Juliets Augen flammten leicht auf.
"Ja, ich kenne mich mit den Völkern aus. Nicht mit allen, aber mit den meisten. Perelua sind ein aufmüpfiges Volk, das sich nahe der ketrenkischen Wälder aufhält. Groß genug sind die ja, da gibt es zahllose Siedlungsmöglichkeiten. Allerdings sollen viele eures Volkes ums Leben gekommen sein, als die Hauptdörfer von diversen Leuten aufgemischt wurden.''
Er bekam ein breites Lächeln, als er sah, wie Juliets Ausdruck immer verbissener wurde.
"Na, nun schau doch nicht gleich so. Denkst du etwa, dass meine Männer damit zu tun haben? Da muss ich dich enttäuschen. Wir spielen hier oben nur Schatzsucher. Die in der Villa haben etwas, das wir unserem Boss besorgen sollen. Dafür gibt es eine ordentliche Entlohnung. Das ist alles. Mit eurem Völkchen haben wir nichts zu schaffen, aber ich weiß, wer es war.''
Er stand auf und ging um die Gruppe herum, während Juliet immer wütender auf dieses Ekelpaket wurde.
"Ah, und hier sitzt ja ein ganz nettes Tierchen.'' Er stand vor Eldrit. "Hm, von deinem Gesicht her kannst du doch eigentlich nur ein Trollgemisch sein, nicht wahr? Wie nennt ihr euch gleich wieder? Edeltrolle? Nun, was euch so edel machen soll, abgesehen von eurer Schlankheit gegenüber den richtigen Trollen, weiß ich nicht. Aber sehr mächtig scheint ihr nicht zu sein. Soweit mir bekannt ist, gibt es im eurem Reich nur noch einen Regenten, der zudem aus seiner Heimat geflohen ist oder so etwas. Wie erbärmlich!''
Sein Lachen erfüllte das Zelt. Wie gerne hätte Eldrit erwidert, dass er nicht geflohen war, sondern lediglich einen wichtigen Auftrag angenommen hatte. Dann war es an den Räubern, verspottet zu werden.
"Oh, wie reizend. Räuberpack von der Südseite Geryals. Euch erkennt man aber auch überall. Die gleichen zerrissenen Klamotten, die gleichen dämlichen Gesichter.''
Besonders große Augen machte er bei dem Stillen, dem zungenlosen hageren Räuber mit den scharfen Augen. "Ach nein, welche Freude! Wenn mir das Gesicht noch richtig in Erinnerung ist, allerdings musst du schwer gehungert haben, armes Kerlchen, dann bist du doch einmal Oberaufseher im Gefängnis von Melarc gewesen, mit deinem schicken Anzug und dem tollen Hut, nicht wahr? Das war noch, bevor man dich zum Bürgermeister einer kleinen Stadt gemacht hatte. Wie man so tief sinken kann. Und dieser breite Kerl hier'', er kam nun ganz nahe an Fugre heran, den stämmigen Räuber, der sich schon oft auf der langen Reise als hilfreich erwiesen hatte, und seine Stimme wurde zu einem bitteren Flüsterton.
"Warst du nicht der jämmerliche Familienvater, der damals um seine Frau und seine drei Kinder geweint hat? Einige Monate ist das erst her, nicht wahr? Ich war anwesend, musst du wissen.'' Fugres Herz schlug schneller, er begann zu zittern. "Meine Männer sind gute Attentäter, wenn das Geld stimmt. Und sie sind göttliche Attentäter, wenn es ihnen dabei auch noch Spaß macht.''
Er erhob sich und zeigte auf Juliet: "Dafür war ich nicht verantwortlich.'' Dann wanderte sein Finger zu Fugre: "Dafür schon.'' Fugre wollte aufspringen, was allein wegen der Ketten schon nicht gelang. Der Mann grinste abermals und ging zu Fenrir weiter.
"Und sieh einer an.''
Das war für einen Augenblick alles, was er sagte. Dieser Mann mit den vielen Tätowierungen flößte ihm offenbar irgendwie Furcht ein. Er erkannte die Abstammung des Mannes, der ehemals ein Dimensionstor bewacht hatte, ehe er sich Eldrit und den anderen anschloss, sofort.
"Sieh einer an. Von euch haben wir auch schon viele besiegt, sehr viele.''
Sowohl er als auch Fenrir wussten, dass das nicht stimmte, Fenrir sah es in seinen Augen. Der Mann hingegen fürchtete sich, auch nur das Volk auszusprechen, dem Fenrir angehörte. Hier saß einer, der ihm wirklich Angst machte. Zuletzt stand der wuchtige General vor Caspar.
"Schau sich einer diesen Haufen Dreck an. Ein ganz gewöhnlicher Mensch, unterwegs mit allem möglichen Unrat von Bunyarba. Wie lustig! Was treibt dich wohl hierher, Menschlein?''
Der bärtige Kapitän war sich zwar der Situation bewusst, in der sie steckten, doch war der ängstliche Blick, den der General Fenrir zugeworfen hatte, nicht spurlos an ihm vorüber gegangen.
"An mir ist nicht mehr Mensch als an dir, Breitschädel.''
Der Mann wollte etwas sagen, warf dann aber einen Seitenblick zu Fenrir und ging aus dem Zelt.
"Was war das denn jetzt?'' brachte Yhildrat hervor. "Mir ist das Herz bis in die Füße gerutscht, Caspar. Alle Wetter!''
Auch Eldrit war von der Äußerung seines Freundes erstaunt. "Wie konntest du so leichtfertig mit ihm reden wie mit einem Kind? Das gibt garantiert Strafmaßnahmen.''
Caspar indes war vollkommen ruhig. "Nun sorgt euch nicht, ich habe genau das Richtige getan. Ihr habt nicht gesehen, was ich sehen konnte. Aus einem unerfindlichen Grund hat der gute Mann Angst vor unserem Dimensionenwächter. Er wird uns nichts antun, solange Fenrir bei uns ist, warum auch immer.''
Fenrir hingegen weigerte sich, auf die Fragen nach seiner Abstammung zu antworten, weder seinen neuen Freunden noch den Feinden.
Es verging eine halbe Woche ohne größere Vorkommnisse, bis eine Nacht kam, in der es im Nachbarzelt auffällig laut wurde und die Gefährten aufhorchen ließ. Der sarkastische General hatte seine Stimme inzwischen wieder, und sein Gesprächspartner war kaum zu hören, denn meist sprach der General. Aber es schien dennoch ein wichtiger Gast zu sein.
"Wie dem auch sei. Guten Abend, General Srel.'' Die Stimme war weich und irgendwie sehr jung.
"Guten Abend, Eure Lordschaft. Habt Ihr gut her gefunden?''
"Kommen wir besser zur Sache, General. Wie ist die Sachlage?''
"Nun, zur Zeit befinden wir uns auf einer neutralen Ebene der Belagerung. Wir konnten einige Verluste beim Feind verbuchen, haben allerdings auch selbst Soldaten einbüßen müssen. Darunter ein sehr zuverlässiger Mann, der ...''
"Wie ist das passiert?''
"Nun, tja. Soweit mir bekannt ist, soll ein Drache ...''
"Ich bitte Sie, Srel! In Ryes gibt es keine Drachen. Auch wenn ich schon einige Jahre nicht mehr hier war, so ist mir die hiesige Fauna doch bestens im Gedächtnis.''
"Nun, ein Drache könnte doch durch eines der Tore gekommen sein. Schließlich sind auch wir so nach Ryes gelangt.''
"Es halten sich sämtliche Drachen meines Wissens nur noch in drei Dimensionen auf. Und die sind für die typische Faulheit der Drachen zu weit von hier entfernt, als dass sich jemand von ihnen die Mühe gemacht hätte.''
"Zumindest war es ein Drache, der das Lager angegriffen hat. Das steht fest. Und nun haben wir vor ein paar Tagen Gefangene gemacht, die mir auch höchst seltsam erscheinen.''
"Wieso seltsam?''
"Nun, es ist eine kleine Gruppe von verschiedenen Volksvertretern, deren Absichten mir nicht klar werden. Da wäre dieser Edeltroll, eine Perelua, vier Räuber, ein alter Mensch und ein ...''
Er stockte. Die Abstammung Fenrirs auszusprechen fiel dem General sehr schwer.
"Nun sagen Sie schon! Wer noch, so schlimm wird es nicht sein.''
"Nun ja, ich habe allen Grund zu der Annahme, dass sich im Gefängniszelt ein Solider befindet.''
"Wie bitte? Srel, Sie wollen mich doch wohl auf den Arm nehmen! Erst kommen Sie mir mit der Geschichte von einem Drachen hier in den Bergen, und jetzt soll ich Ihnen auch noch abkaufen, dass sich ein Mantroserker einfach so in Ketten legen lässt und von drei lachhaften Hunden bewacht wird. Sie sollten wissen, dass die Ho... ich meine, dass der Fürst keinen Sinn für diese Art Humor hat.''
"Bitte, seht ihn Euch selber an, Eure Lordschaft. Überzeugt Euch davon, dass ich nicht lüge.''
"Ich verbiete mir einen solchen Ton! Sie wissen, wer ich bin und zu was ich in der Lage bin. Ich muss mich von nichts überzeugen. Nehmen wir mal an, dass Sie die Wahrheit sagen. Gut, aber dann passen Sie besonders auf ihn auf. Sie wissen ja, was man sich sagt: Wenn man einen Soliden gegen die eigene Armee stellt, dann postiert man seine Männer am besten fünf Dimensionen weiter weg. Und das ist sicher nicht nur eine Redewendung. Wegen diesen Monstern hat Bunyarba immerhin schon siebzehn Tore einbüßen müssen.''
"Siebzehn sind es jetzt? Du liebe Zeit!''
"Wie sieht es denn eigentlich mit dem Horus aus, hat er sich wieder mal gezeigt?''
"Nein, bisher nicht. Seine beiden Aufpasser genügen mir auch schon völlig. Wir haben die Villa immer noch nicht eingenommen, dabei läuft die Belagerung jetzt bereits seit zwei Monaten. Wie viel Proviant die da oben haben, möchte ich mal wissen.''
"In Ordnung, ich werde mich jetzt mal wieder auf den Weg machen. Ehe ich mich auf den Heimweg mache, wartet noch ein … Treffen auf mich, mit dem Boten des Fürsten.''
"Der Bote des Fürsten?''
"Oh ja. Ich werde … ich meine, der Fürst wird bestimmt ungeduldig. Er fragt sich gewiss, wann die kostbare Ware aus der Villa geborgen wird. Wenn das so weitergeht, dann verlieren Sie Ihr Leben, Srel. Sie, der Horus und all Ihre Männer. Der Fürst ist ganz bestimmt sehr erbost über die Dauer der Belagerung. Und Sie wissen ja, wie einflussreich er ist.''
"Nur zu gut. Ich werde meinen Männern Dampf machen. Wenn sie hören, dass der Fürst sich zu ärgern beginnt, werden sie sich hundertfach mehr anstrengen.''
"Das ist schön zu hören. Ach ja, und noch etwas. Falls Ihnen der Solide zu viele Sorgen bereitet, dann lassen Sie ihn mit den anderen lieber laufen. Besser wir haben ihn in der Villa, anstatt hier unten bei uns. Und wenn alles nichts helfen sollte, dann gibt es immer noch mich.''
Dann war von draußen ein lautes, organisch klingendes Geräusch zu vernehmen, das einem Grunzen oder Brummen glich. Danach war es wieder ruhig. Bis auf Caspar hatten ausnahmslos alle Anwesenden im Zelt schon von den Soliden gehört, doch noch nie hatten sie einen gesehen. Deswegen war ihnen auch nicht aufgefallen, dass sich in den Tätowierungen, die Fenrir trug, verschlungene Ornamente befanden, die eindeutig auf seine Herkunft hinwiesen. Angst hatte keiner, denn sie waren ja auf seiner Seite. Nur wollten sie nicht in seiner Nähe sein, wenn er kämpfte. Mehr Sorgen machten sie sich eher wegen des geheimnisvollen Fürsten, mit dessen Boten sich der Unbekannte treffen wollte. Wie sich der Verlauf des Gesprächs angehört hatte, schienen sowohl der Fürst als auch der Unbekannte ernstzunehmende Gegner zu sein.
Der Kapitän fragte sich, warum Fenrir, wenn er denn so stark war, nichts unternahm, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. Andererseits, vielleicht war er zu mächtig und hätte sie nur unnötig gefährdet. Caspar ließ das Grübeln und versuchte lieber zu schlafen. Juliet hatte inzwischen versucht, mit den Hunden zu reden, ob sie in irgendeiner Weise für Telepathie empfänglich waren. Aber auch das war nicht möglich. Wenn diese Tiere einst durch Magie beeinflussbar gewesen sein sollten, so hatte man seitdem perfekt dafür gesorgt, dass sie nur noch auf Befehle von bestimmten Menschen hörten. Yhildrat hatte sich umgesehen. In einer Ecke des Zeltes standen ihre Waffen und der Proviant von Linodarmas, dem Abschnittsmagier. Das Geld hatte sich General Srel geschnappt und es wahrscheinlich seinem eigenen Vermögen beigefügt. Der Räuberhauptmann überlegte, wie man entkommen konnte, ohne direkt von den Hunden angegriffen zu werden. Dann flüsterte er etwas zu Eldrit, der rechts von ihm saß. Eldrit musste zuerst richtig wach werden, bevor er den Plan begriff, dann flüsterte er mit Juliet, die direkt zwischen ihm und Caspar saß. Die Hunde sahen sich nur an und legten ihre Köpfe dann wieder auf die Pfoten. Die Magierin ihrerseits drehte die Hände in den Stricken so, dass die Handflächen nach außen zeigten, und konzentrierte sich. Derweil gab Yhildrat eine Nachricht an Gumbol links von ihm weiter, welche über des Stillen Kopf hinweg Fugre erzählt wurde und dieser flüsterte schließlich mit Fenrir. Er nickte nur und sagte noch etwas zu Caspar, der vollkommen verschlafen, aber auf alles gefasst das Bündel mit ihren Waffen anfixierte. Draußen war es still. Nach der Abreise des fremden Gastes hatte sich wohl alles zur Nachtruhe begeben, weshalb die Freunde allesamt sehr leise sein mussten, wenn der Plan gelingen sollte. Die Hunde waren nicht angeleint, denn sie sollten sich frei bewegen dürfen.
Es war trotz des Wintermondes beinahe stockdunkel im Zelt und die Tiere waren leicht schläfrig. Plötzlich regte sich etwas am Boden. Der erste Hund hob seinen Kopf. War da nicht gerade ein roter Punkt erschienen? Jetzt hatte auch der zweite Hund ihn gesehen. Sie knurrten leise, wodurch auch der dritte Dobermann geweckt wurde. Das Trio sah dem roten Punkt hinterher, der langsam über den Boden schwebte, sich an die Zeltwand flüchtete und schließlich an der Decke stehen blieb, bis er blasser wurde und verschwand. Die Hunde sahen sich verdutzt an. Langsam und unruhig legten sie sich wieder hin, da kam der rote Punkt wieder, diesmal in Begleitung von zwei blauen Punkten. Zuerst waren die Hunde zusammen hinter den Punkten her, aber dann bewegte sich jeder woanders hin. Die Hunde versuchten ihnen zu folgen, doch die Punkte waren immer eine Spur schneller. Eldrit, dem die Hunde nun den Rücken kehrten, hatte jetzt die Möglichkeit, seinen Betäubungszauber anzuwenden. Kurzerhand lagen die Hunde schlafend am Boden, und für Fenrir war es das Zeichen, mit sanfter Kraft die Ketten eine nach der anderen zu sprengen., ohne dabei zu viel Lärm zu veranstalten Schließlich waren alle zwölf Ketten entzwei. Dann riss er sachte an seinen Fußketten, damit er aufstehen konnte. Als nächstes waren die Handstricke dran. Er biss sie einfach durch und half nun den anderen auf die Beine. Caspar holte sofort die Waffen aus der Ecke, Gumbol kümmerte sich um den Proviant. Eldrit sah sich sehr vorsichtig draußen um. Es schien wirklich alles ruhig zu sein. Lediglich aus diversen Zelten drang ein kehliges Schnarchen. Juliet machte sich rasch unsichtbar und suchte im Zelt des Generals nach etwas, das nach einer Geldschatulle aussah. Als sie mit leeren Händen zurückkehrte, meinte Eldrit wortlos, dass sie besser zur Villa schleichen sollten, also ging es weiter nach oben durch den Nebel. Auf der blauen Plattform hielten sie an. Aus dem größten Zelt war ein unmenschliches Schnarchen zu vernehmen. Ein Rasseln und Zischen war in die Laute gemischt, die sich keiner erklären konnte. Deshalb gingen sie weiter, doch dann standen sie vor einem neuen Problem: Mitten in den Pfad war eine riesige Kluft gesprengt worden, in der sich der Nebel wie Watte türmte.
"Es dauert eine kurze Weile, aber das haben wir gleich.''
Juliet stieg mit dem Stillen schon leicht in die Lüfte, als Caspar sie zurückhielt.
"Warte mal'', flüsterte er. "Mit dieser Kluft stimmt etwas nicht.''
Er nahm einen Stein und warf ihn auf die andere Seite. Doch bis dorthin kam er gar nicht.
"Nachts ist diese Schlucht nicht passierbar. Wartet bis zum Morgengrauen'', grollte es aus der Tiefe.
Der Stein fiel in der Mitte des Fluges steil nach unten.
"Aber das sind noch mehr als vier Stunden!''
Yhildrat sah sich um. Im Osten war noch alles dunkel, und der Mond stand hell und voll an der zweiten Hälfte des Himmels. Auch wenn General Srel Angst vor Fenrir hatte, so wollten sie doch kein Risiko eingehen.
"Was können wir tun, damit wir sofort hinüber dürfen?'' wollte Eldrit wissen.
Die Stimme aus der Tiefe ließ einige Zeit auf sich warten; scheinbar dachte sie nach. Dann aber erklang sie raunend: "Nehmt diesen Körper von mir runter, er schmerzt ungemein.''