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Eine Überraschung kommt selten allein
ОглавлениеZwei Jahre ist es her, dass Elizabeth Cookstown und damit auch ihre große Liebe Timothy verlassen hat mit der Option, dass das Schicksal sie wieder zusammenführen würde, sollte es so vorherbestimmt sein.
Eine Einladung zu einer Feier ihres ehemaligen Arbeitgebers führt Elizabeth tatsächlich zurück nach Cookstown – und in Timothys Arme. Dabei ist sie doch mit Sam liiert, aber dieser birgt ein düsteres Geheimnis, das ausgerechnet von Timothy aufgedeckt wird. Sam wird zur Gefahr, aber kann er Elizabeth mit seinen Intrigen wirklich zurückgewinnen?
Vergiss nicht, mich zu lieben
Von Nicole Beisel
Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Weil ehrlich am längsten währt.
Elizabeth
Es ist viel Zeit vergangen, seit ich diesen Ort verlassen habe. Zwei Jahre, um genau zu sein. Damals, als ich fort musste, als ich geflüchtet bin vor meinen eigenen Erinnerungen, die sich anfühlten wie die einer Fremden. Als hätte ich mein altes Leben freiwillig zurückgelassen und mich für ein anderes entschieden. Dabei war es gar nicht meine Entscheidung gewesen.
Es war alleine die Entscheidung meiner Stiefschwestern gewesen, die mich hinters Licht geführt und mir durch einen einfachen Schlag auf den Kopf beinahe alle Erinnerungen genommen haben. Mein Leben, meine Persönlichkeit. Und meine große Liebe Timothy.
Wie durch ein Wunder trafen wir uns wieder, nachdem ich damals aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Als ich für kurze Zeit wie vom Erdboden verschluckt war und lediglich als unbekannte Person in einem Krankenhaus lag war er davon ausgegangen, dass ich ihn einfach so verlassen hätte, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Umso größer war natürlich der Schock gewesen als sich herausstellte, dass ich, die plötzlich Lilly Jenkins hieß, in Wahrheit seine Elizabeth Austen war, die er so schmerzlich vermisst hatte. Nur durch Zufall entdeckte ich die Kiste mit all den Erinnerungsstücken, die Timothy so liebevoll aufbewahrt hatte. Er wollte es mir erzählen, hat er gesagt. Er wollte mir die Wahrheit sagen. Wollte mir sagen, dass er vom ersten Wiedersehen an wusste, wer ich wirklich war. Dass er mich über meine wahre Identität aufklären wollte. Ich habe ihm nicht geglaubt.
Und dann bin ich gegangen. Habe mir einen neuen Job und eine Wohnung gesucht, nicht allzu weit von Cookstown entfernt. Und doch weit genug von ihm und von all den Lügen. Weit genug von meinem alten Leben. Weit genug von Lilly Jenkins, die seit jeher meiner Vergangenheit angehört. Einer Vergangenheit, an die ich mich immerhin vollständig erinnern kann.
Bis heute habe ich noch einige Gedächtnislücken was mein Leben vor dem Angriff betrifft, aber die Erinnerung an mein bisheriges Leben ist immerhin in großen Teilen nach und nach zurückgekehrt. Rachel, meine Freundin aus der Therapiegruppe, die ich damals besucht habe, hat mir stets zur Seite gestanden. Ich vermisse sie, auch wenn wir beinahe täglich miteinander in Kontakt stehen. Trotzdem habe ich es in den letzten Jahren vermisst, sie in den Arm zu nehmen und mich persönlich mit ihr zu unterhalten. Aber all das will ich in den kommenden Tagen nachholen, hier in Cookstown.
Obwohl ich seit meiner Flucht noch oft an Timothy gedacht habe, ist er nicht der Grund für meine Rückkehr an diesem Wochenende. Vielmehr ist es mein alter Arbeitgeber, Mr. Rutherford, der mich nach Cookstown eingeladen hat, um mit ihm und all seinen Angestellten die Eröffnung der zehnten Bankfiliale zu feiern. Die United Bank of Ireland hat sich weiterentwickelt, und das möchte er ganz groß feiern. Er hat eigens dafür eine ganze Etage im Staton Hotel angemietet, inklusive der Bar. Den hohen Tieren wie etwa den Filialleitern hat er sogar Zimmer reservieren lassen, wie er mir erzählt hat. Ich muss zugeben, ich war sehr überrascht, als er mich vorab telefonisch hierzu eingeladen hat, immerhin arbeite ich nun schon eine ganze Weile nicht mehr für ihn. Er sagte, ich sei eine seiner vertrauensvollsten Mitarbeiterinnen gewesen und er wolle mich unbedingt dabei haben. Ich habe lange überlegt und letztendlich doch zugesagt. Ich muss zugeben, dass ich sehr nervös bin. Alleine die Vorstellung, wieder in einen Teil meines alten Lebens einzutreten, weckt Unbehagen in mir. Aber ich wollte ihm gerne die Freude machen, zudem hat mich die Sehnsucht nach Rachel hierhergetrieben. Zumindest ist es das, was ich mir einrede.
Außerdem bin ich an diesem Samstagnachmittag ja nicht alleine hier. Sam, seit einigen Monaten mein Freund, begleitet mich. Es hat mich einige Überredungskunst gekostet, bis er endlich zugesagt hat. Ich kann mir ohnehin nicht vorstellen, dass er mich gerne alleine hierher gelassen hätte. Er ist nicht unbedingt ein Kontrollfreak, aber manchmal habe ich das Gefühl, dass er sich am wohlsten fühlt, wenn er weiß, was ich treibe. Zwischenzeitlich neugewonnene Bekannte und Freunde bezeichnen ihn als „komisch“ oder gar „geheimnisvoll“, aber ich fühle mich recht wohl mit ihm. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob er tatsächlich meine große Liebe ist, bin ich doch recht glücklich. Ich darf ihn nur nicht mit Timothy vergleichen.
Mit gemischten Gefühlen betreten wir unser Hotelzimmer, das nicht weit von dem Hotel liegt, in dem heute Abend gefeiert wird. Ich habe es bewusst vermieden, ein Zimmer im selben Hotel zu buchen. Ich wollte mir scheinbar eine Art Fluchtweg bereithalten, sollte ich mich auf der Firmenfeier tatsächlich unwohl fühlen.
„Schön hier, nicht?“ Gelassen lasse ich mich auf das große Bett fallen. Trotz der Aufregung bin ich sehr gespannt auf den Abend.
„Mhm.“ Sam stellt sein Gepäck ab und sieht sich kurz um. Ich kann mir vorstellen, dass er froh ist, wenn wir morgen wieder nach Hause fahren, nachdem wir uns mit Rachel zum Brunch getroffen haben.
Ich lasse ihn in Ruhe und lege mir die Sachen zurecht, die ich nachher brauchen werde, wenn ich mich für die Feier zurechtmache. Samuel tut es mir gleich, allerdings ist er dabei die Ruhe in Person. Die Feier geht in drei Stunden los, also genehmigen wir uns unten in der Lobby noch einen Snack, ehe wir nacheinander im Bad verschwinden. Kurz darauf bringt uns ein Taxi in das Hotel, in dem die Feier stattfindet. Sam sieht schick aus in seinem Anzug, und ich frage mich, ob ich ihn jemals darin gesehen habe.
Es sind bereits eine Menge Gäste vor uns eingetroffen und ich überlege gerade, ob ich hier überhaupt jemanden kenne, als mir plötzlich jemand von hinten an die Schulter tippt.
„Miss Austen, da sind Sie ja! Wie schön, ich freue mich, Sie zu sehen! Ich hoffe, Sie haben gut hergefunden?“ Ich drehe mich um und kann Mr. Rutherford kaum ins Gesicht schauen, weil er mich so schnell in den Arm nimmt um mich zu begrüßen.
„Hallo, Mr. Rutherford. Vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich, hier zu sein. Wie geht es Ihnen?“ Wir führen den üblichen Smalltalk, nachdem ich Samuel vorgestellt habe, der eher zurückhaltend ist.
„Was machen Sie denn nun eigentlich beruflich? Haben Sie wieder in die Bank gefunden?“
Ich erzähle ihm, dass ich zwar wieder für eine Bank arbeite, dort allerdings nur am Schreibtisch sitze, was völlig okay für mich ist.
„Oh, dann haben Sie vielleicht in den Nachrichten verfolgen können, dass wir letztes Jahr einen großen Rechtsstreit gewonnen haben? Es ging um einen Betrugsfall, in den wir angeblich verwickelt gewesen sein sollen.“ Ich schaue ihn verdutzt an und schüttle den Kopf.
„Nein, das ist scheinbar an mir vorbeigegangen.“ Betreten weiche ich seinem Blick aus.
„Oh, das macht doch nichts. Wir hatten einen super Anwalt, der uns da rausgebracht hat. Ah, da ist er ja schon. Hallo, kommen Sie ruhig her!“
Er winkt jemanden zu sich, ein junges Pärchen, das sich neben mich stellt. Ich hebe den blick und schaue nach rechts, ehe mein Herzschlag aussetzt. Mr. Rutherford scheint nichts davon zu bemerken und redet unbeirrt weiter.
„Mr. Bold, wie schön, dass Sie es einrichten konnten.“ Vielleicht war es ganz gut, dass ich von den Nachrichten zum Gerichtsverfahren nichts mitbekommen habe. Ich sehe ihn an, und auch er erkennt mich in diesem Augenblick. Nur aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass auch er nicht alleine hier ist. In diesem Moment wünsche ich mir, ich hätte die Einladung abgelehnt, aber nun ist es zu spät.
Timothy