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Neues Leben
Lotta – 8. September 2019
Hallo Welt. Da bin ich!
Die Wurfkiste, in der ich jetzt liege, ist nicht ganz wie Mamas Bauch, aber Tina hat alles mit viel Liebe gemütlich eingerichtet. Es ist ruhig und schön warm und kuschelig. Genau das Richtige nach dieser Tortur. Das Ganze mit der Geburt war anstrengender, als ich dachte. Der Weg war verdammt eng und so unendlich lang, aber ich habe mich unbeirrt herausgewunden und hier bin ich nun. Welt, ich komme!
Stolze 440 g bringe ich schon auf die Waage. Damit bin ich eine der Schwersten im Wurf. Ich bin sogar schwerer als zwei meiner Brüder. Mit dem Dritten bin ich gleich auf. Und ich habe einen Hunger, sag ich euch. Im Moment kann ich an gar nichts anderes denken, außer vielleicht noch, dass ich unsagbar müde bin.
Gut, sehen kann ich nicht. Meine Augen sind noch geschlossen und meine Beine fühlen sich hier draußen ganz wackelig an. Muss an dieser Schwerkraft liegen, der ich nun stärker ausgesetzt bin. Aber riechen kann ich. So viele Gerüche gibt es, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Hier draußen ist die Welt viel lauter. Sie ruft nach mir. Jedem Klicken, Summen und Brummen muss ich auf den Grund gehen. Überall riecht es nach Abenteuer. Meine Kraft reicht leider nicht aus, um alles zu erkunden. Das ist nämlich ziemlich anstrengend. Schlafen und Fressen bestimmen meinen Tag. Wenn ich nur nicht so verdammt müde wäre. Leute, ich sage euch, es ist wie verhext. Die Tage ziehen an mir vorbei. Ich schlafe und schlafe. Das Einzige, was diese unendlich langen Phasen unterbricht, ist mein Hunger. Wie ein Schnellzug kommt der in regelmäßigen Abständen vorbeigerast und weckt mich auf. Dann torkele ich zu Mamas gefüllter Milchbar, trinke mich satt und schlafe wieder. Wer hätte gedacht, dass das dermaßen anstrengend ist. Das alles plättet mich.
In meinen Träumen flitze ich auch noch durch die Gegend. Ich übe und verarbeite im Schlaf alles, was ich am Tag erlebt habe. Das ist wichtig fürs Lernen. Schließlich wird man ja nicht von alleine ein Assistenzhund.
Meine Neugier ist ungebrochen, aber dieser Hunger ist stärker als jedes verlockende Geräusch. Zum Glück ist Mamas Milchbar gut gefüllt. Blöd ist nur, dass alle da dran wollen. Da darf ich keine Müdigkeit vorschützen und muss mich durchsetzen. Im Notfall füttert Chefin Tina zwar zu – auf sie ist Verlass in allen Belangen –, aber die Milch von Mama ist einfach die Beste.
Noch dazu kann es nicht schaden, Durchsetzungsvermögen zu erlernen. Das ist eine wichtige Eigenschaft für einen angehenden Assistenzhund, genauso wie Gleichmut. Also bloß keine Panik. Ich weiß, was ich will und lasse mich nicht abwimmeln. Aufgeben ist nichts für mich.
Habe ich schon erwähnt, dass ich tierischen Hunger habe?
Ich bin dann mal Milch tanken, bevor mir die anderen alles weggesüppelt haben. Bis später.