Читать книгу Verjüngung ist möglich - Nina Ruge - Страница 18

IRRITIERENDE FORSCHUNGSERGEBNISSE

Оглавление

Schauen wir uns den Status quo der Forschung an. Die schlechte Nachricht zuerst, und sie kommt von der Biostatistikerin PAOLA SEBASTIANI, Professorin an der Boston University School of Public Health. Sie nutzte ein fantastisches Altersregister, die New England Centenarian Study. Insgesamt wurden die Daten von 1900 Hochbetagten – also die der über 90-Jährigen – und ihrer Geschwister zusammengetragen. Die Forscher wollten wissen: Uralt zu werden, demnach deutlich über 90, ist das vielleicht stärker »guten Genen« zu verdanken, als wenn wir ein nur hohes Alter erreichen? Und welchen Einfluss haben die Gene, wenn jemand nicht einmal das durchschnittliche Lebensalter erreicht?

Das Ergebnis ist frappierend. Je älter ein Mensch wird, desto stärker spielen offenbar die Gene mit. THOMAS T. PERLS, Professor an der Boston University, der das Register der Uralten gegründet und mit ausgewertet hat, kommt zu der Erkenntnis, »dass in sehr hohem Alter die genetische Ausstattung eine immer größere Rolle spielt«. Die Begründung: Je älter Geschwister werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie alle noch älter werden. Will heißen: Wird ein Geschwister 95 Jahre alt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Bruder oder Schwester dasselbe Alter erreichen, um den Faktor 3,5. Bei Hundertjährigen liegt die Chance sogar neunfach höher, und bei 105-Jährigen steigt sie auf das 35-Fache an. Das bedeutet: In sehr hohem Alter hängt das weitere Überleben zu 75 Prozent von »guten Genen« ab. Nur zu 25 Prozent können diese Hochbetagten durch ihren Lebensstil Einfluss nehmen. Das deckt sich mit der Erkenntnis, dass sehr alte Geschwister in ähnlich hohem Alter dieselben Alterskrankheiten entwickeln. Aha. Gene spielen also doch eine entscheidende Rolle bei unserer Langlebigkeit, oder?

Aber hier kommt schon die gute Nachricht: Schauen wir uns eine andere brandaktuelle Studie an. Dr. GRAHAM RUBY und sein Team vom Biotechnologieunternehmen Calico Life Sciences in San Francisco denken da ganz groß, nämlich in der Dimension von 400 Millionen Menschen und deren Vorfahren. Sie nutzten eines der größten Abstammungsportale, nämlich Ancestry, das Familiendaten von 54 Millionen Menschen und deren rund sechs Milliarden Vorfahren verwaltet. GRAHAM RUBY und sein Team wählten nun Menschen samt Vorfahren aus, die im 20. und 19. Jahrhundert gelebt hatten. Sie wollten herausfinden: Ist Langlebigkeit erblich? Gibt die Statistik das her? Und auch hier war das Ergebnis frappierend – allerdings in eine ganz andere Richtung: Die Erblichkeit der Lebensdauer scheint in dieser Auswertung und über Generationen betrachtet, bei maximal nur sieben Prozent zu liegen! Ob die brutalen Auswirkungen der beiden Weltkriege aus dieser Auswertung eliminiert werden konnten, ist allerdings nicht ersichtlich.

Dennoch, eines scheint sich herauszukristallisieren: Eine größere Rolle als die Gene spielt die assortative Paarung. Damit ist gemeint, ob Menschen einen ähnlichen oder unähnlichen Partner wählen. Im ersten Fall spricht man von »positiver«, im zweiten von »negativer assortativer Paarung«. Die Stammbaumanalysen von RUBY und seinem Team lieferten jedenfalls interessante Daten darüber, dass Ehepartner oft ähnlich lang lebten, selbst die Schwiegereltern, Schwager und Schwägerinnen. Die Schlussfolgerung: Wir bevorzugen in der Partnerwahl Menschen, die einen ähnlichen Bildungsgrad haben, einen ähnlichen Lebensstil, ähnliche Ernährung. Der Lebensstil bedingt offenbar ganz klar die Langlebigkeit und schlägt die Genetik bei Weitem. Nach dieser Studie zumindest kommt der Einfluss der Gene auf diese gerade mal auf sieben Prozent. Was also ist nun Sache? 75 Prozent Geneinfluss auf die Langlebigkeit, zumindest für Hochbetagte, und sieben Prozent für sämtliche Altersgruppen? Das irritiert nun doch ein bisschen … Schauen wir uns deshalb das Erbgut noch etwas genauer an.

Verjüngung ist möglich

Подняться наверх