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Kapitel V: Hoëns Truppe

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Julian schreckte auf.

"Was ist los, hattest du einen Albtraum?", fragte Hoën.

"Ja, einen ziemlich seltsamen sogar. Es fühlte sich alles so real an. Ich war in einer Eislandschaft und plötzlich erhob sich irgendsoein Monstrum aus dem Boden. Danach bin ich aufgewacht."

"Dann leg dich noch mal schlafen und finde heraus, was das für ein Monstrum war."

"Nein, darauf habe ich keine Lust. War doch nur ein dummer Traum. Wie ich sehe, ist die Sonne aufgegangen. Ich möchte jetzt viel lieber frühstücken."

"Frühstücken? Dann nimm dir, es ist noch genug übrig."

"Moment, hier gibt es Frühstück?"

"Aber natürlich. Reisende haben immer Hunger, also gibt es am Feuer auch stets etwas zu essen. Greif zu."

Hoën zeigte hinüber zu drei großen Holztischen, die etwas abseits des Feuers standen. Dort gab es Berge von Essen und es schien nicht weniger zu werden. Großteils befanden sich dort verschiedene Sorten von Brot, frische Semmeln, Butter, Milch, Waldhonig, Marmeladen aus verschiedenen Früchten, Sahne und noch vieles mehr. Es gab sogar einige Kannen mit verschiedenen Teesorten sowie Krüge mit Fruchtsäften. Daneben befanden sich große Pfannen mit unzähligen Spiegeleiern, Speckstreifen, Schinkenstreifen sowie einer gigantischen Portion Rührei. Damit wäre sogar eine Riese satt geworden. Es sah alles so köstlich aus, dass Julian nicht anders konnte, als sofort zuzugreifen. Gerade, als er sich eine Scheibe Brot abschneiden wollte, stand Hoën plötzlich neben ihm und packte seine Hand, bevor er das Messer ergreifen konnte. Julian blickte ihn verwirrt an.

"Du kannst dich sofort an all diesen Köstlichkeiten laben, doch zunächst erwarte ich von dir eine Spende."

"Eine Spende? Etwa Geld? Ich habe möglicherweise ein paar Silberlinge, aber sonst nichts."

"Ich spreche nicht von Geld. Jeder Reisende trägt immer verschiedenste Dinge mit sich. Ich möchte nur, dass du etwas von deinem Inventar mit uns allen hier teilst. Jeder andere, der hier sitzt, hat das bereits getan. Deshalb dürfen sie auch essen. Hier teilen wir alles und niemand entzieht sich dessen. Also, möchtest du spenden oder verzichtest du lieber auf dieses vielseitige Frühstück?"

"Nun ja, ich habe einiges an Zeug im Rucksack, das mir der Druide der Gestirne mitgegeben hat. Reicht es, wenn ich etwas davon spende? Ich brauche allerdings noch den Großteil für meine weitere Reise."

"Natürlich, niemand verlangt, dass du alles herschenkst, was du bei dir trägst. Ich verstehe durchaus, dass du noch eine weite Reise vor dir hast. Nebelwiese, richtig? Das ist noch ein enormes Stück. Gib uns einfach so viel, wie du für angemessen hältst. Der alte Alfokohel weiß es bestimmt auch zu schätzen. Wie geht's dem alten Zottelbart denn so?"

"Moment, du kennst den Druiden der Gestirne?"

"Natürlich kenne ich ihn, wir sind praktisch beste Freunde. Also sag schon, wie geht es ihm?"

"Soweit ganz gut, denke ich. Er war sehr erfreut, als ich ihn besucht habe. Scheinbar war ich für ihn ein Eadf...verdammt, wie hieß das noch?"

"Eadfjeddr. Ja, er hat oft davon gesprochen. Wenn du also Eadfjeddr bist, dann darf ich eigentlich gar nichts von dir verlangen. In dem Fall, bitte, iss."

"Nein, ich möchte etwas spenden. Ich will nicht anders behandelt werden, nur weil mir vom Druiden der Gestirne nachgesagt wird, dass ich irgendetwas bin, das ich nicht einmal genau verstehe."

"Wenn das dein Wunsch ist. Du bist tatsächlich Eadfjeddr, wenn du so denkst. Schön zu wissen, dass Alfokohel endlich einmal sein Wunsch erfüllt wurde."

"Moment, welcher Wunsch?"

"Weißt du denn nicht, wie lange er auf deine Ankunft gewartet hat? Ich höre mir das jetzt bestimmt schon seit guten 900 Jahren an."

Julian riss die Augen auf und die Kinnlade fiel ihm herunter.

"900 Jahre? Wie alt bist du denn? Du siehst wie 25 aus."

Im Tageslicht konnte Julian Hoën besser erkennen. Er sah wirklich sehr jung aus, besaß eine Glatze mit ein paar leichten Haarstoppeln und trug einen seltsamen Umhang in sehr dunklem Rot, der von schönen Linien in geschwungenen Mustern in einem helleren Rot durchsetzt war. Dieser Umhang war so groß, dass sich Hoën damit praktisch komplett einwickeln konnte, so er es wollte. Darunter trug er schlichte, schwarze Kleidung aus Stoff. Seine Augen leuchteten in einem strahlenden Blau und schienen einen mit einer warmen Umarmung zu empfangen. Soweit Julian sehen konnte, trug Hoën nichts am Körper, auch keine Waffe oder etwas dergleichen. Jetzt gerade fiel ihm auch die nähere Umgebung des Feuers auf. Das Feuer lag zentriert inmitten einer großen Waldlichtung, die sich an der Südseite auf ein freies Feld hin öffnete. Vereinzelte Bäume am Übergang boten ein wenig Sichtschutz vor dem Feld und jenen, die von dort hinüberstarren würden. Ansonsten befand sich auf dieser großen Waldlichtung außer den Tischen für das Essen sowie den Leuten, die um das Feuer versammelt waren, gar nichts mehr. Hoën antwortete:"Ich bin schon so alt wie die Menschheit selbst. Ob du es glaubst oder nicht, ich bin der 27. Mensch, der von Adam und Eva geschaffen wurde. Sofort nach Elias, den Druiden und Hexen kam ich. Daher bin ich schon wesentlich älter als 900 Jahre und diese Zeitspanne ist für mich nicht bedeutsam und wirkt sehr gering im Vergleich. Erst recht die drei Jahre, die dieses Feuer schon brennt, sind für mich nur ein Zwinkern im Angesicht der Zeit."

"Aber wie kannst du so lange leben? Hast du einen Trick?"

"Nein, die ersten Menschen wurden einfach mit viel zu viel Macht ausgestattet, was uns auch ein schier endloses Leben ermöglicht. Du hingegen kannst froh sein, wenn du 70 Jahre alt wirst."

"Das ist nicht sehr aufbauend."

"Ich weiß und es tut mir auch Leid, aber es ist die Wahrheit. 70 Jahre ist eine sehr hohe Lebenserwartung dieser Tage. Die meisten sterben schon früher. Aber das soll dich nicht davon abhalten, es zu versuchen, ja?"

"Na schön, ich suche jetzt etwas aus meinem Rucksack und spende es, damit ich endlich essen kann."

"In Ordnung. Ich freue mich, dass du spenden willst, obwohl es für dich nicht notwendig wäre, Eadfjeddr."

"Bitte, nenn mich einfach Julian. Ich halte dieses ganze "Eadfjead...", was auch immer, nicht mehr aus."

"Wie du willst, Julian. Ich finde ja, das ist ein ehrenhafter Titel. Aber jedem das seine."

"Danke für dein Verständnis, Hoën.", sagte Julian, während er in seinem Rucksack herumkramte. Schließlich stellte er eine der zwei Kannen Milch auf den Tisch, daneben legte er einen fetten Schinken und die vier Orangen, die er vom Druiden der Gestirne bekommen hatte. Hoën machte große Augen.

"Das willst du tatsächlich alles spenden, mein Freund?", fragte er erstaunt.

"Aber natürlich.", antwortete Julian. "Ich freue mich, das alles teilen zu können."

"Du bist ohne Zweifel Eadfjeddr. Oh Verzeihung, jetzt habe ich dich schon wieder so genannt. Na dann, hau rein, Julian. Nimm dir, was du willst."

"Vielen Dank, das lasse ich mir nicht zweimal sagen."

Daraufhin schnappte Julian sich alles, was er schon vorhin essen wollte. Dabei handelte es sich um eine große Portion Rührei mit fünf Speckstreifen, zwei dick mit Butter, Waldhonig und Sahne bestrichene Semmeln, ein Glas Milch aus einer anderen Kanne als jener, die Julian gespendet hatte und zu guter Letzt noch einen großen Becher mit frischem Apfelsaft."

Während Julian das alles langsam zu seinem Sitzplatz am Lagerfeuer, direkt neben Hoën, brachte, gesellte sich noch eine andere Person dazu. Diese saß nun zu Julians linker Seite, rechts von ihm befand sich nach wie vor Hoën und hütete erneut das Feuer. Die neue Person war offenbar gerade erst angekommen und musste sich gesetzt haben, als Julian gerade mit Spenden beschäftigt gewesen war. Nun wollte er zwar schon loslegen und endlich sein lang erwartetes Frühstück zu sich nehmen, doch sah er es als unhöflich an, sich nicht zunächst der neuen Person vorzustellen. Also blickte er zu ihr hinüber und sagte:"Hallo, ich heiße Julian. Wie heißt du?"

Ihm blickte eine junge Frau in die Augen, die ihn schelmisch angrinste und sich dabei in seine Richtung lehnte, während sie sich im Gras abstützte. Ihre himmelblauen Augen schienen direkt in Julians Seele abzutauchen und all seine Geheimnisse aufzudecken. Da wandte er verlegen den Blick von ihren Augen ab und erspähte ihre Haare. Sie besaß einen haselnussbraunen Lockenschopf. Am Körper trug sie eine dunkelviolette Bluse mit langen Ärmeln und dazu noch eine zyklamfarbene, weite Hose, die auf Höhe der Knie endete. An ihren Füßen befanden sich schlichte, schwarze Schuhe. Neben ihr im Gras lag ein langer Speer mit wunderschön anmutendem Holzschaft und vergoldeter Spitze. Nach einer Zeit, die Julian wie eine Ewigkeit vorkam, antwortete sie schließlich auf seine Frage.

"Ich heiße Natasha. Die meisten nennen mich Natasha von Lyon. Freut mich, dich kennen zu lernen, Julian."

"Freut mich auch, Natasha.", antwortete Julian, wobei er den Blick abwandte. Irgendetwas an ihr machte ihn leicht nervös.

"Was ist los? Hast du Angst vor mir?", fragte Natasha frei heraus.

"Nein, wie kommst du darauf?", log Julian.

"Ist schon gut. Ich kann so etwas fühlen. Noch dazu verstehe ich es. Scheinbar habe ich etwas Seltsames an mir, das andere sich in meiner Nähe unbehaglich fühlen lässt. Also ist es nicht deine Schuld."

"Ich würde mich vermutlich wohler fühlen, wenn du mir ein wenig von dir erzählen könntest. Du sagtest, Natasha von Lyon? Das heißt, du kommst aus Lyon? Es soll ja nicht gerade viele Menschen in Selvunia, dem Reich der Echsen geben."

"Tut es ja auch nicht. Ich wurde nur dort geboren. Der Titel ist eigentlich nur so zum Spaß. Er bedeutet nicht wirklich etwas. Aber er gefällt mir, also behalte ich ihn."

"Interessant. Ich wurde schon des Öfteren als Kind des Schicksals bezeichnet. Obwohl dieser Titel sehr ehrenvoll klingt, weiß ich bisher noch immer nicht, was genau er eigentlich bedeutet.", antwortete Julian.

"Du bist was? Ein Kind des Schicksals? Das ist ja Wahnsinn! Willst du mal meinen Speer halten?"

"Wie bitte? Deinen Speer? Achso, das Ding da in der Wiese."

"Ja, das ist mein Speer.", sagte Natasha, während sie den Speer in die Hand nahm. Julian konnte dabei einen winzigen, rötlichen Funken an Natashas Arm hinaufjagen sehen.

"Au. Dummes Teil. Der Speer gehorcht mir irgendwie nicht so richtig. Keine Ahnung, was der für Probleme hat. Vielleicht gefällt es ihm in deiner Hand besser, Julian."

"Nun ja, wenn du willst, dann halte ich ihn. Aber du willst ihn mir ja wohl nicht überlassen? Zwei Waffen zu tragen, kann ganz schön anstrengend werden."

"Denkst du wirklich, ich schenke dir, einem Fremden, dieses wundervolle Stück? Nein, du sollst ihn nur halten und seine Macht fühlen."

"In Ordnung."

Julian nahm den Speer, den Natasha ihm entgegenhielt, in die Hände. Sofort konnte er eine mächtige Energie durch seinen Körper pulsieren fühlen. Das war ein faszinierendes Erlebnis. Er war mit seinem Katana Ibmogwari sehr zufrieden, doch wenn er dieses Schwert benutzte, fühlte er nicht eine solche Macht in seinem Körper. Irgendetwas an diesem Speer war anders, höher. Eine höhere Macht. Gerade, als Julian sich erheben und den Speer schwingen wollte, griff Natasha mit einer Hand darauf und sagte:"Ich denke, das war lange genug. Ein tolles Gefühl, nicht wahr?"

Julian ließ den Speer los und als Natasha ihn wieder ganz für sich hatte, legte sie ihn erneut in der Wiese ab.

"Nun, so viel zu meinem Speer. Aber du hast noch gar nichts über dich erzählt. Ich weiß nur, dass du ein Kind des Schicksals bist. Doch was genau verschlägt dich eigentlich hierher?"

"Ich muss für den Druiden der Gestirne seltene Pilze finden. Hoëns Feuer habe ich aber nur gefunden, weil ich in der Nacht einen sicheren Ort zum Schlafen brauchte und das Feuer aus der Ferne erblickte. Und was machst du hier?"

"Ach, ich gehe nur auf Abenteuer. Reise ein wenig herum, vertrete mir mal die Beine. Wahrscheinlich ziehe ich heute noch weiter. Was ist mit dir, wann wirst du wieder aufbrechen, Julian?"

Das war eine berechtigte Frage. Tatsächlich hatte Julian noch gar nicht daran gedacht. Wann wollte er eigentlich weiterreisen? War es nicht sein oberstes Ziel gewesen, die Pilze so schnell wie möglich zu beschaffen, damit er endlich alles erfuhr, was der Druide der Gestirne über Otto und Lisa wusste?

"Hm, ich glaube, ich werde noch eine Weile hier bleiben. Ich bin doch gerade erst angekommen.", antwortete Julian schließlich und so wie er es sagte, meinte er es auch. An diesem Feuer mit Leuten, die sich freundlich austauschten, fühlte er sich wohl. Es ließ ihn ein wenig an seinen damaligen Besuch in Grelia denken. Da hatten ihn auch alle akzeptiert, mit ihm zusammen getrunken, gegessen und gelacht. Er wollte unbedingt wieder dorthin. Doch zuvor wartete noch eine lange Reise auf ihn.

"Du bleibst noch länger? Das freut mich, Julian.", sagte Hoën, der offenbar das Gespräch belauscht hatte.

"Schön, dass du dich einmischt, denn ich wollte dich ohnehin was fragen.", sagte Natasha.

"Was liegt dir auf dem Herzen?"

"Wie kommt es eigentlich, dass das Feuer nicht ausgeht? Feuer braucht Luft zum Atmen und wenn die Barriere nichts durchlässt, wie soll dann die Luft hindurchgelangen?"

"Eine sehr gute Frage, Natasha. Tatsächlich ist das eine semipermeable Barriere."

"Was genau heißt das?", fragte Julian verwirrt.

"Ich verstehe.", sagte Natasha. "Sehr clever."

"Das bedeutet, dass nicht alles durchkommt, aber sie auch nicht komplett undurchdringlich ist, Julian. Diese Barriere lässt Luft ins Innere, aber weder Personen, noch Gegenstände und auch keinen Regen. Sonst würde das Feuer ja sofort ausgehen, wenn es einmal regnet.", erklärte Hoën.

"In der Tat macht das Sinn. Eine wirklich geniale Idee.", erwiderte Julian, jetzt, wo er sich auskannte.

"Ja, Naturmagie hat schon ihre Vorzüge.", sagte Hoën und lachte dann laut. Daraufhin stimmten bald alle am Lagerfeuer ein und man konnte lautes Gelächter durch einen großen Teil des ohnehin riesigen Waldes hallen hören. Nun war es endlich Zeit für Julian, sein Frühstück zu essen. Das tat er schließlich und alles schmeckte wundervoll. So verging die Zeit, einige der Leute am Lagerfeuer verschwanden, ein paar kamen neu hinzu, doch insgesamt wurde die Gemeinschaft kleiner. Auch Natasha machte sich am Nachmittag auf und verschwand. Julian hatte sich den ganzen Tag über mit verschiedensten Leuten am Lagerfeuer unterhalten. Dabei war ihm von einigen interessanten Geschichten berichtet worden. Er selbst hatte ein paar Mal seine Heldentaten in der Schlacht von Erudicor zum Besten gegeben. Da hatte Hoën aufgehorcht und genau gelauscht, was Julian erzählte. Weitere Zeit verging und allmählich wurde es stiller. Der Abend näherte sich und bald schon tauchte ein wunderschöner Sonnenuntergang die wenigen Wolken am Himmel in ein herrlich anzusehendes rosa Licht. Immer mehr Leute zogen weiter und zuletzt verblieben noch um die neun Leute am Lagerfeuer. Da musste Julian Hoën fragen:"Sag mal, ist es normal, dass hier immer weniger Personen übrig bleiben?"

"Das ist der Lauf der Dinge. Sie kommen zu meinem Lagerfeuer. Sie wärmen sich, essen etwas, plaudern etwas und ziehen dann weiter. Dann kommen wieder neue und so geht das ewig weiter. Es gibt genug Tage, an denen ich ganz alleine hier sitze und einfach nur in das Feuer blicke. Dieses Feuer war mir stets ein guter Freund. Es hat mich nie verraten und ich habe es nie enttäuscht."

Hoën seufzte.

"Was ist los?", fragte Julian.

"Ach, nichts. Ich will dich nicht mit langweiligen Geschichten zum Einschlafen bringen. Es ist ja gerade erst Abend geworden. Zum Schlafen bleibt noch genug Zeit übrig."

"Bitte, Hoën. Du langweilst mich bestimmt nicht. Vielleicht kann ich dir ja helfen, was auch immer es ist."

"Das glaube ich kaum. Denn der Schaden wurde schon vor langer Zeit angerichtet und du hättest es nicht verhindern können, glaub mir. Aber wenn du es wirklich hören willst, erzähle ich es dir."

"Ja, bitte, ich höre dir aufmerksam zu.", versprach Julian, der unbedingt mehr von Hoën erfahren wollte.

"Na gut. Bevor ich diese Geschichte jedoch erzähle, solltest du etwas wissen. Ich bin Pazifist. Ich verabscheue Gewalt und versuche stets, sie so weit wie möglich von mir fernzuhalten. Natürlich gelingt mir das nicht immer. In Notfällen muss auch ich zu Gewalt greifen, bevor schlimme Dinge geschehen. Doch wann immer es geht, werde ich alles andere tun, bevor ich Gewalt als letzten Ausweg einsetze. Warum erzähle ich dir das, fragst du dich? Ich habe gehört, wie du mit deinen Taten in der Schlacht von Erudicor geprahlt hast. Da bist du in meiner Gunst ein ganzes Stück gesunken, Julian. Denn auf so etwas darf man nicht stolz sein. Du hast andere Wesen getötet. Lebendige Wesen, die ein eigenes Leben besaßen. Du hast es ihnen eiskalt genommen und bist sogar stolz darauf. Was denkst du, was nun mit jenen geschieht, die du getötet hast? Interessiert es dich denn überhaupt?"

Julian blieb stumm. So hatte er das alles noch nie betrachtet. Hoën hatte vollkommen Recht. Man konnte es drehen und wenden, doch Tatsache blieb, dass Julian in der Schlacht von Erudicor viele Wesen getötet hatte. Allerdings war er überzeugt, dass es notwendig gewesen war, um Erudicor, Anthem Gows und nicht zuletzt die ganze Welt vor einem schlimmen Schicksal zu bewahren. Ebendies konnte er schließlich auch Hoën sagen, wobei er sich noch immer ein wenig schuldig fühlte.

"Das soll deine Rechtfertigung sein? Was denkst du, wie viele der verstorbenen Krieger auf beiden Seiten Familien hatten, für die sie gekämpft haben? Familien, die sie nun nie wieder sehen werden. Alles nur dank dieser Schlacht."

"Aber ich bin nicht schuld an dieser Schlacht. Das war der düstere Magier!", rechtfertigte sich Julian und er hatte völlig Recht.

"Natürlich war er es. Daran gibt es gar keinen Zweifel.", antwortete Hoën. "Dieser Wahnsinnige ist wie ein Geschwür im Körper unserer schönen Welt. Er zerstört alles, was er zwischen seine von Schattenmagie verdorbenen Finger bekommt. Hätte man ihn vernichtet, bevor er diese Schlacht heraufbeschwor, so wäre vielen ein schrecklicher Tod erspart geblieben. Ich mache dir keinen allzu großen Vorwurf, Julian. Du denkst so, wie viele andere ebenfalls denken. Es liegt nicht an dir. Das Weltgefühl ist anders als früher. Noch dazu fühle ich, dass die Dunkelheit immer stärker zu werden scheint. Ich weiß nicht, was sich da noch alles anbahnt, doch könnte es gravierend sein. Das einzige, was ich mir von dir wünsche, ist, dass du darüber nachdenkst, ob du auch in Zukunft ohne Weiteres Leben auslöschen willst. Vielleicht denkst du nächstes Mal darüber nach, bevor du erneut jemanden tötest. Sicherlich ist es zum Teil in Ordnung, deinen Gegner zu töten, um dein Leben zu retten. Aber du musst deine Feinde nicht zwangsläufig töten. Du kannst sie auch nur kampfunfähig machen, dann haben sie schon verloren. Merk dir das bitte und denke immer daran."

"Das werde ich, Hoën. Vielen Dank für deine aufschlussreichen Worte. Ich werde einige Zeit darüber nachdenken müssen. Vieles, was du gesagt hast, ist wahr. Aber eines weiß ich: Sollte ich die Möglichkeit bekommen, den düsteren Magier töten zu können, werde ich keine Sekunde zögern. Er hat den Tod verdient und noch Schlimmeres, wenn du mich fragst. Er soll für alles bezahlen, was er getan hat."

"Ich denke, dieser Entschlossenheit kann ich nichts entgegensetzen. Ich bin zwar nicht damit einverstanden, doch gebe auch ich zu, dass er besser verschwindet, bevor er noch so ein schreckliches Ereignis heraufbeschwören kann. Nun denn, Julian. Nachdem das jetzt geklärt ist, möchtest du noch immer meine Geschichte hören?"

"Aber natürlich. Wenn dir noch danach ist, sie zu erzählen."

"Gewiss doch. Gib mir nur eine Minute."

So wartete Julian kurz und schließlich begann Hoën, zu erzählen.

Julian, ich war nicht immer der Mann, der ich nun bin. Ich habe nicht immer große Feuer inmitten von Wäldern gehütet. Vor einigen Jahren beschloss ich mit einem meiner besten Freunde, Joe, eine Abenteurertruppe zu gründen. Also nannten wir uns das delinquente Duo. Dass dieser Name nicht gerade die beste Wahl darstellte, kannst du dir wohl selbst denken. Wir gerieten oft in Schwierigkeiten mit den Wachleuten in Dörfern und Städten. Dabei taten wir noch nicht einmal etwas Verbotenes. In einem Dorf jedoch hinterließen wir einen bleibenden Eindruck bei einer sehr talentierten Bardin in einer Taverne. Sie fragte uns, ob sie sich uns anschließen konnte. Wir nahmen sie auf und nannten uns fortan das trittfeste Trio. Nun bestand die Truppe schon aus mir, Holzhammer-Joe und Gael, der wütenden Bardin. Wir alle machten unserem Namen alle Ehre. Joe hatte sich in einer Stadt einen großen Holzhammer gekauft und diesen schwang er nur zu gerne. Gael war tatsächlich ziemlich schnell wütend und regte sich schon über die kleinsten Kleinigkeiten auf. Mich nannten sie immer Hoën, die ehrliche Haut. Da mag ebenso was dran gewesen sein, dennoch konnte ich mich nie mit meinem Spitznamen anfreunden. Schon bald darauf trafen wir einen sehr motivierten, jungen Abenteurer, dem der Sinn nach großen Erlebnissen stand. Wir nahmen ihn auf und wurden zum qualvollen Quartett. Auf diesen Namen hatte der Neue mit Namen Givitz Hurnwaas bestanden. Er besaß eine Ganzkörperrüstung aus feinstem Silber, welches seltsam verarbeitet war. Dazu trug er noch zwei vergiftete, leicht gekrümmte Schwerter. Man konnte sagen, er war unser bester Kämpfer. Immer, wenn die Dinge hässlich wurden und das wurden sie öfter als mir lieb war, konnte man sicher sein, dass Givitz der erste am Ort des Geschehens war und schon seine Schwerter bereithielt. Tja, wären wir an diesem Punkt vollständig gewesen, so müsste ich nicht an meine größte Niederlage zurückdenken und dir das alles hier erzählen. Doch es kam, wie es kommen musste. Ein Meister des Abenteuers spürte uns eines Tages auf und wollte sich uns unbedingt anschließen. Wir akzeptierten alle und so wurden wir das quietschende Quintett. Auch dieser Name stammte von Givitz, der über Gaals Rüstung sagte, dass sie bei jeder Bewegung quietschte, was leider auch der Wahrheit entsprach. Das war übrigens der Name unseres letzten neuen Mitglieds, Gaal Halvenstedt. Nie gab es einen Krieger wie ihn. Er nahm ohne jemals danach zu fragen, den Platz des Anführers ein. Wir alle waren sofort damit einverstanden, denn es gab keinen besseren für diesen Platz als ihn. Gaal konnte so gut wie alles. Von Schwertkampf über Kartenlesen sowie selbst Karten anfertigen, Jagen, Kräuterkunde und Schleichen bis hin zu unübertroffenen Kenntnissen der Wälder, Höhlen, Dörfer, Städte, Berge und vielem mehr in ganz Europa. Noch dazu besaß er das Charisma eines Kaisers oder großen Helden. Wenn er sprach, hörten alle zu. Der ganze Wald wurde totenstill und lauschte dem, was er zu sagen hatte. Sogar in Städten verstummten alle, sobald sie seine Stimme vernahmen. Gaal war ein wundervoller Mensch. Umso mehr schmerzt es mich, dass er meinetwegen sterben musste. Es passierte in der Silberweiher-Höhle. Ich werde es nie vergessen. Eines Tages kam Givitz zu uns und erzählte uns von einem legendären Schatz, der sich in ebenjener Höhle verbergen sollte. Er hatte im nächsten Dorf davon erfahren. Doch nicht jeder Schatz besteht aus Gold, Silber und Edelsteinen. In diesem Fall handelte es sich um einen Schatz für den Gaumen. Das Brot der Engel. Ich gehe nicht davon aus, dass du schon einmal davon gehört hast, Julian. Jedenfalls ist das Brot der Engel ein ganz besonderes Brot, das von Engeln selbst gebacken wurde. Es verdirbt nicht und kann endlose Zeiten irgendwo herumliegen und allen nur vorstellbaren Dingen ausgesetzt sein, dennoch könnte man es am Ende noch immer ohne Probleme essen und es würde ebenso köstlich wie eh und je schmecken. Man erzählte sich, dass die Engel das Brot süß gemacht hatten und dass ein Bissen davon einen mit so viel Glück erfüllte, dass man kaum mehr davon essen konnte. Wir wollten dieses spezielle Brot unbedingt finden. Gaal schien wie versessen darauf, es aufzuspüren. Also machten wir alle uns auf den Weg zur Silberweiher-Höhle. Im Inneren angekommen blickten wir uns um. Gerade, als wir kaum noch die Hand vor Augen erkannten, betätigte Gaal einen Schalter, der eine steinerne Wand öffnete und dahinter erstreckte sich eine monumentale Höhle, auf deren Grund sich ein See befand, während aus winzigen Löchern in der Decke des kuppelförmigen Raums Lichtstrahlen fielen und die Höhle ein wenig erhellten. Steinerne Wege führten immer weiter in die Mitte des riesigen Raumes und dort befand sich eine Ruine, gebaut aus dunkelbraunen Backsteinen. Von ihr war kaum noch mehr übrig als die äußersten Mauern. Darin befanden sich auch keine Fenster oder sonst etwas, wodurch man erkannt hätte, was sich im Inneren der Mauern befand. Auch dieser Umstand war fatal für den armen Gaal. Als wir so über die steinernen Pfade, die gute dreißig Meter über dem mit spitzen Felsen gespickten und offenbar nicht sehr tiefen See lagen, spazierten, befiel uns alle ein beklemmendes Gefühl. Gael spürte es als erste, dann Joe und anschließend auch ich. Givitz nahm es auch wahr, wollte es aber nicht zugeben, doch seine Körpersprache verriet uns die Wahrheit. Nur Gaal blieb völlig unberührt davon und sagte uns, das seien nur unsere Nerven. Aber es waren nicht unsere Nerven. Hätte ich ihn nur damals überzeugen können, dass da wirklich etwas nicht stimmte. Gaal stapfte an der Spitze heldenhaft voraus, gleich nach ihm folgte ich und hinter mir die anderen. Ich wagte nicht, zu raten, welch Grauen wohl diese Gefühle in uns auslöste, doch war ich mir sicher, dass es nicht das Brot der Engel war, welches wir suchten. Gerade ich als einer der ersten Menschen hätte es eigentlich besser wissen müssen und dieses Gefühl zuordnen müssen. Doch es war fremd, kalt und grausam. Ein Gefühl, als ob jegliche Hoffnung der Welt dahin wäre und nie mehr irgendetwas Freude empfinden könnte. Beinahe so, als ob einem die Seele ausgesaugt würde. Nun, das ist ein schlechter Vergleich. Immerhin weiß ich nicht, wie sich das anfühlt. Schließlich, kurz bevor wir die Ruine in der Mitte der Höhle erreichten, blieb ich stehen.

"Gaal, lass uns umkehren. Ich fühle mich hier nicht wohl. Irgendetwas stimmt hier nicht.", sagte ich.

"Ach, was. Das ist doch Unsinn. Du bist nur aufgeregt, weil wir jeden Moment das köstliche Brot der Engel finden werden. Beiß die Zähne zusammen, Hoën, du ehrliche Haut. Etwas weniger Ehrlichkeit kann dir auch nicht schaden."

"Dir würde ein wenig mehr Vernunft nicht schaden. Hier ist es gefährlich, spürst du das nicht?"

"Wenn es hier wirklich so gefährlich ist, wie kommt es dann, dass wir noch immer ohne jegliche Probleme über diese Steinpfade marschieren können? Hätte uns nicht schon längst jemand entgegenlaufen und uns angreifen müssen?"

Gaal hatte sich zu uns umgedreht und redete nun auf uns ein. Daher sah er nicht, was sich hinter ihm auftürmte. Nervös sagte ich:"Es sei denn, was auch immer hier haust, hat darauf gewartet, dass wir zu ihm kommen. Gaal, komm hier hinüber, schnell."

"Was meinst du? Warum soll ich jetzt zu dir gehen? Ich will endlich wissen, was in dieser Ruine ist."

"Gaal! Beweg deinen Arsch hierher!", schrie Gael, die schon halb ohnmächtig wurde.

Die Gestalt hinter Gaal bäumte sich immer mehr auf und hob ihre Hände beschwörend. Da konnte sich Givitz nicht länger zusammenreißen und schrie:"Gaal! Verdammt noch mal, lauf weg vor dem Schrecken hinter dir!"

Doch genau in diesem Moment wandte sich Gaal um und blickte seinem Tod ins Auge. Es gibt viele schreckliche Dinge auf unserer Welt, doch wenige davon sind so schrecklich, dass man schon bei ihrem bloßen Anblick durchdreht. Jener Schrecken, der dort in der Höhle lauerte, war jedoch eines davon. Der oberste und mächtigste Lich und zugleich ein Druide. Isengrimm, der Lichdruide. Nachdem er von Tara, der späteren Kaiserin von Illuminon in einen Lich verwandelt wurde, brachte er Schrecken, Furcht und Tod über die ganze Welt. Noch dazu konnte ihn niemand aufhalten und so sahen auch wir uns damals machtlos einem übermächtigen Wesen gegenüber. Gael fiel schließlich in Ohnmacht, doch Joe packte sie und lief gemeinsam mit Givitz so schnell er konnte zurück zum Ausgang. Ich stand nur da und sah, wie Gaal dem Lich in seine finsteren Augen starrte. Die Augen eines Lichs sind finstere, schwarze Löcher, doch inmitten dieser brennt eine winzige Seelenflamme. Wenn man aber in Isengrimms Gesicht blickte, würde einem der Anblick komplett den Verstand verdrehen. Darüber konnte auch nicht der riesige, braune Bärenpelzmantel hinwegtäuschen, den er stets um seinen knöchernen, verfallenen Körper trug. Ich hätte Gaal damals helfen können, doch war ich so gebannt von der Angst vor Isengrimm, dass ich mich nicht bewegen konnte. In seinem letzten, heldenhaften Moment schrie Gaal mir schließlich zu:"Hoën, jetzt lauf endlich weg! Bring dich in Sicherheit! Ich werde ihn beschäftigen! Bring du dich in Sicherheit, nur das zählt!" Das ließ mich wieder zur Vernunft kommen und ich respektierte Gaals Wunsch. Wie ein Feigling lief ich davon, anstatt meinem Freund und Gefährten beizustehen. Doch was konnte ich schon gegen Isengrimm, den großen Lichdruiden ausrichten? Während ich davonlief, sah ich mich des Öfteren um und da musste ich mit ansehen, wie Gaal von Isengrimm seine Seele ausgesaugt wurde. Ein schreckliches Los für einen so wundervollen Menschen und einer der allerschrecklichsten Wege, zu sterben. Denn wenn einem die Seele ausgesaugt wird, wandert man nicht ins Jenseits. Man verschwindet für immer. Gaals Körper war vielleicht noch da, bevor er verweste, doch seine Seele, das was ihn ausmachte, war von Isengrimm aufgesaugt und in Seelenenergie umgewandelt worden. Gaals Seele existierte nicht länger. Und nur ich war daran schuld. Nachdem Isengrimm mit Gaal fertig war, ließ er mich entkommen. Er war zufrieden und brauchte nicht noch mehr Seelen. Nun, das ist sie also. Die Geschichte meiner größten Niederlage.

Hoën saß betrübt vor dem Feuer. Alle verbliebenen Reisenden hatten sich um ihn versammelt, als er die Geschichte erzählte und sie alle hatten gespannt bis zum Ende gelauscht. Jetzt fühlten alle Mitleid mit dem armen Hoën. Er hatte seinen Freund sterben lassen, weil er zu schwach war, ihn zu retten. Julian wusste zum Teil, wie sich das anfühlte. Als Herbstweih zerstört wurde, hatte er ähnliche Gefühle empfunden und sich selbst die Schuld gegeben, weil er sie nicht hatte retten können. Nachdem lange Zeit niemand etwas sagte, legte Julian seine Hand auf Hoëns Schulter.

"Dein Verlust tut mir furchtbar Leid. Gaal schien ein wirklich toller Mensch gewesen zu sein. Aber du bist nicht schuld daran, dass er nun tot ist. Das verdankt er Isengrimm."

"Ich weiß, Julian. Danke für deine aufbauenden Worte. Doch auch ich bin verantwortlich für Gaals Tod. Ich hätte irgendetwas tun sollen. Stattdessen bin ich feige weggelaufen. Diese frevelhafte Tat wird auf ewig ungesühnt bleiben. Das einzig Positive an der ganzen Sache, so es denn überhaupt etwas gibt, ist die Tatsache, dass wir anderen alle überleben konnten, dank Gaals Opfer. Wir sind mehr oder weniger noch immer eine Abenteurertruppe, auch wenn es uns ohne Gaal nicht mehr so viel Spaß macht wie früher. Aber ab und an gehen wir noch zusammen auf längere Wanderungen und durchstreifen das Land. In ein paar Tagen sollten sie hier eintreffen und dann ziehe auch ich weiter."

"Moment, du gehst von hier fort?"

"Ja. Dann sollte auch dich nichts mehr hier halten. Hast du nicht eine Aufgabe zu erfüllen?"

"Das habe ich in der Tat. Aber vielleicht kann ich ja mit euch mitkommen? Reist ihr zufällig nach Norden?"

"Tatsächlich geht es zu Beginn der Route fast ausschließlich nordwärts. Nach einiger Zeit ändern wir die Richtung dann nach Nordwesten und schließlich ganz nach Westen. Anschließend machen wir einen Bogen und kehren wieder hierher zurück. Wenn du uns begleiten willst, habe ich nichts dagegen. Aber wir sollten die anderen auch noch fragen. Wir sind noch immer das quietschende Quintett, auch wenn Gaal nicht mehr dabei ist. Erst muss ich wissen, ob die anderen nicht glauben, dass du einen Ersatz für Gaal darstellen sollst. Dennoch denke ich, dass wir das schon irgendwie hinbekommen."

"Großartig. Ich kann es kaum erwarten, die Personen kennen zu lernen, mit denen du unterwegs warst. Natürlich mussten auch sie Isengrimm erblicken. Ich werde dieses Thema auf jeden Fall vermeiden."

"Sehr rücksichtsvoll von dir. Am besten ist es, wenn du nicht einmal den Namen des Lichdruiden aussprichst. Denn er ist ein unglaublich mächtiges Wesen und kann womöglich merken, wenn jemand ihn beim Namen nennt. Und wenn ich eines gelernt habe, dann, dass von ihm niemals etwas Positives ausgehen wird. Nur Tod, Fäulnis und Dunkelheit. Vor ein paar Jahren hat er zum Beispiel einfach so eine Welle seiner boshaften Fluchmagie ausgesandt. Diese Welle verbreitete sich über die gesamte Welt. Sie hat niemanden direkt getötet, aber das Weltgefühl wurde dadurch um einiges düsterer. Ebenso waren jene, die schon an Krankheiten litten oder angeschlagen waren, besonders betroffen. In so einem Fall konnte diese Welle der Bosheit doch zum Tod führen. Alle sagen immer, dass der Prinz der Untoten der schrecklichste und mächtigste Untote aller Zeiten ist, doch ich sage, das ist Unsinn. Isengrimm ist bei Weitem schlimmer und um Welten grausamer."

"Sag mal, Hoën, diese Welle der Bosheit, wann genau hat er die geschickt?", fragte Julian. Irgendetwas schien ihm daran absolut nicht zu gefallen.

"Es war vor sechs Jahren, glaube ich."

Julian erstarrte. Nun musste er nur noch eines klären:"War das zufällig im Juni?"

"Soweit ich mich erinnere, war es an dem Tag sehr heiß, vielleicht war es tatsächlich im Juni. Warum fragst du das? Hast du die Welle etwa gespürt?"

Julian standen Tränen in den Augen.

"Ich nicht, aber meine Mutter. Sie ist im Juni vor sechs Jahren gestorben. Schon lange davor war sie von einer schlimmen Krankheit befallen, die sie auch nicht ganz loswurde. Doch diese Welle der Bosheit muss ihr damals den Rest gegeben haben. Das bedeutet, dass Isengrimm meine Mutter getötet hat. Nun haben wir beide jemanden durch dieses Scheusal verloren, Hoën."

"Aber das ist ja schrecklich. Wie furchtbar. Es tut mir wirklich Leid, Julian. Deine arme Mutter. Niemand hat es verdient, durch irgendeine Teufelei von Isengrimm vernichtet zu werden."

"Er sollte vernichtet werden.", sagte Julian düster. "Das wäre gerecht."

"Da stimme ich dir ausnahmsweise zu. Isengrimm muss ausgelöscht werden, noch dringender als der düstere Magier."

Julian blickte Hoën ernst in die Augen.

"So es in meiner Macht steht und ich die Gelegenheit bekomme, werde ich beide eigenhändig töten.", sprach Julian voll Überzeugung.

Deadforce 2

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