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Sonntag, 7.2.16

Irene Altmann war tot in einer Behindertentoilette im Regionalzug von Kassel nach Dortmund aufgefunden worden.

Ihr Tattoo war ihm die ganze Zeit einigermaßen präsent gewesen. Nicht dass er es hätte nachzeichnen können, da fehlte ihm das fotografische Gedächtnis ebenso wie das handwerkliche Geschick, aber dem Kriminalisten hatte es sich als besonderes Kennzeichen eingeprägt. Über Herkunft und, falls vorhanden, Bedeutung hatte er immer wieder mal gerätselt, in letzter Zeit wieder häufiger, zumal in den Medien junge Menschen mit entsprechendem Hautschmuck ja mittlerweile die Regel und nicht die Ausnahme waren. Stojan hatte langsam begonnen, sich für Tattoos zu interessieren. Eine fremde Welt, aber immerhin hatte er gewusst, dass Jankowski jemanden kannte, der jemanden kannte, der ein ganz Großer war in dieser Branche. Und er kannte Jankowski. Der hatte ihn ganz schön aufgebaut, regelrecht geschwärmt, wie gut er war, sympathisch, großartige Ausstrahlung und überhaupt. Das, und womöglich wie der Kerl aussah, wahrscheinlich komplett tätowiert von oben bis unten und von vorne bis hinten, war nicht das, was ihn für Stojan interessant machte. Er wollte den Experten, er wollte ihm trauen können, hoffte auf seinen Verstand und sein Gedächtnis. Das war genug, das war auch eigentlich schon ziemlich viel, fand er. Erfahrung macht eben bescheiden.

Aber, er war nicht gekommen, der Experte. Stojan wollte ihm nur das Tattoo zeigen, mehr wollte er nicht. Fragen, ob es ein besonderes sei, ob das jeder kann in der Branche, ob er Spezialisten kennt für so etwas, ob ihm das Tattoo etwas erzählen kann. Das Motiv gefiel ihm vom ästhetischen Standpunkt, er hatte auch das Gefühl, dass es von besonderer Qualität war, vielleicht auch nur, weil es das einzige an dem toten Körper war.

Da konnte tatsächlich etwas dran sein. Irgendeine Glocke klingelte Alarm. Kopf oder Bauch, wo genau wusste er noch nicht. Hoffentlich konnte er Sonja noch einmal motivieren, ein bisschen herumzutelefonieren. Zumindest gab es Schlampigkeiten, und er hasste Schlampigkeiten, weil Schlampigkeiten im schlimmsten Fall Leben kosten konnten. „Du dramatisiert mal wieder", nein, das war nicht Fido, der schlief immer noch, das war seine innere Stimme. „Nein!" Das war nicht seine innere Stimme, das war seine äußere, laute. „Stimmt doch, Boxer, oder?"

Fido hatte sich aufgerichtet, das hieß: „Du hast Recht, Alter, aber jetzt sollten wir mal ein Spielchen machen, gucken, wer von uns beiden stärker ist zum Beispiel, oder wenigstens mal einen längeren Spaziergang machen, und zwar sofort!" Eigentlich wollte Stojan seine Recherchen noch auf den Hochsauerlandkreis ausweiten, aber hier sah er weniger Potenzial für neue Hinweise und Denkanstubser und außerdem war er jetzt zu sehr angestachelt für einen objektiven und klaren Blick. Er schloss sämtliche Fenster am PC, meldete die nicht anwesende Sonja ab, stand auf und streckte seine Glieder von sich. Das hieß: "Du hast Recht, Boxer, los, raus hier!". Sonja würde ihm bestimmt nochmal eine Gelegenheit verschaffen, ein bisschen unter fremder Flagge herumzuschnüffeln. Er hatte schon ein paar Mal in dem Ordner geblättert, aber jetzt war er entschlossen, Irene Altmans Mörder zu finden.

Stojan findet keine Ruhe

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