Читать книгу Wo springt die Zeit wohl hin? - Norbert Rahn - Страница 9
ОглавлениеDas Lachen der Bäume
Ich hatte einen Traum der wirren Art,
in dem die Bäume über Menschen lachten.
Es ist nicht selten, dass ein Traum uns narrt,
doch warum sollten Pflanzen uns verachten?
Und so begann der Traum - die Worte sprach ein Baum:
"Die Menschen mästen deshalb ihre Kühe,
um sich an ihrem zarten Fleisch zu laben.
Sie lieben Rinderlende, -hüfte, -brühe
und wollen täglich frische Kuhmilch haben.
Auch uns seh'n sie als ihre Lieferanten,
die reinen Sauerstoff für sie bereiten.
Sie glauben, wir wär'n nichts als Fabrikanten
von Latten, Brettern, schlimmstenfalls von Scheiten."
Welch Wut, welch hämisches Gelächter schallte
aus tausenden von knorrig knarzend' Kehlen
dumpf dröhnend in dem sonst so stillen Walde!
Es graust mich schon beim bloßen Nacherzählen.
Ein weiser Baum fuhr fort - aus Dickicht drang das Wort:
"Uns hilft's, den Menschen Sauerstoff zu spenden:
Lasst sie die Luft mit CO2 verpesten,
das wir für Wuchs des Walds gezielt verwenden!
Wie Nutzvieh werden wir die Menschen mästen.
Die Menschen leben höchstens neun Dekaden,
die allermeisten sterben deutlich jünger.
Sodann verwesen sie und nähren Maden;
Wir nehmen uns den Rest - als feinen Dünger."
Ovationen, stehende, erbrausten;
der ganze Wald berauscht´ am Beifall sich;
wild schlugen Äste, krachten, klatschten, sausten;
auf bäumten sich die Bäume - fürchterlich!
Das riss mich aus dem Schlafe; mein Erwachen
war eher ein Erschrecken. Aufgewühlt
vom Zweigzersplittern, Knarren, Äste-Krachen
hab' ich - schweißnass - erkannt, geahnt, gefühlt:
Mit mir erwachten starke Zweifel, Fragen!
Sind Wesen wie der Mensch, das Tier, der Baum
nur Zweck? Gedanken fingen an zu nagen.
Im Herzen bleibt mir stets - mein weiser Traum!