Читать книгу Schatten der Vergangenheit - Das verfluchte Dorf - Norbert Zagler - Страница 10

An einem Nachmittag im April öffnete ein Mann eine Kassette aus Blech, breitete den Inhalt auf dem großen Tisch einer Bauernstube aus und ordnete ihn zu verschiedenen Stapeln. Bündel von amtlichen Schriftstücken. Kopien von Dokumenten, einige alte Fotos und wenige von Hand beschriebene Blätter und eine Pistole P38 mit einer Schachtel Patronen.

Der Mann saß bewegungslos da und betrachtete das alles. Nach einer Weile stand er auf, ging zur Kredenz in der Bauernstube und nahm einen Schluck aus einer Schnapsflasche. Der Mann hinkte zurück zum Tisch und blätterte die Schriftstücke durch. Dann begann er die handschriftlichen Aufzeichnungen genau zu lesen. Das nahm einige Zeit in Anspruch. Die Dokumente seines Vaters und besonders die handschriftlichen Aufzeichnungen seines Großvaters und noch ältere eines Großonkels waren an einigen Stellen nur mit Mühe zu entziffern.

Nachdem er alles gelesen hatte, holte der Mann den Birnenschnaps zum Tisch. So musste er nicht so oft aufstehen, das Bein schmerzte wie immer, wenn sich nasses Wetter ankündigte. In der Stube war es fast finster. Das alte Haus in einem abseits liegenden Graben des Tals bekam nur im Hochsommer einige Strahlen der Sonne ab. Düster war es hier meistens.

Der Mann trank und las das eine oder andere Blatt nochmals. Nun verstand er auch, warum der Vater über die früheren Zeiten nie gesprochen hatte. Der Mutter hatte er das Wort verboten. Er war ein strenger Mann gewesen. Über die Verwandten mütterlicherseits durfte auch nicht geredet werden. Vor drei Wochen war die Mutter im Bett gestorben. Erst nach ihrem Tod hatte er den Schlüssel zur Kommode von der Kette an ihrem Hals nehmen können.

Er war nicht so schnell im Denken, aber nach und nach formte sich ein vager Plan in seinem Kopf. Der Vater war begraben. Die Mutter lag seit ihrem Tod im elterlichen Schlafzimmer. Er hatte sie zugedeckt, ihre Hände gefaltet und die Tür versperrt. So sorgte sie noch nach ihrem Tod für den Sohn. Ihre Pension würde seine kärgliche Invalidenrente aufbessern. Vater und Mutter konnten ihn nicht mehr abhalten von dem, was er vorhatte.