Читать книгу Schaschlik - null Possenbach - Страница 10
Gas
ОглавлениеDas Tretgetriebe klappert. Der Treibriemen quietscht. Die Nähmaschinennadel frisst sich durch den grausilber glänzenden Stoff... Kunze zieht die letzte Bahn aus der Nähmaschine, prüft die Naht und ist zufrieden. Ein dicker Tropfen platscht ihm auf die Nase. Er blickt zum Dach hinauf, auf dem ein Regenguss wilde Takte trommelt. Überall dringt Wasser ein und im silbernen Stoffgebirge bilden sich kleine Seen. Kunze erhebt sich, krabbelt unter den Stoff, kommt mit einem eingenähten Ventil zurück. Aus einem Berg Gerümpel zieht er einen auf eine große Trommel gewickelten Schlauch. Die Trommel ist schwer. Kunze rollte sie mühsam Richtung Nähmaschine, stolpert und stürzt. Bevor er wieder aufsteht, muss er das Gestänge seiner Manschette richten. Danach quietscht sie noch lauter. Das Anschlussstück des Schlauches passt genau in das Ventil. Kunze dockt es an und überprüft seine Festigkeit, worauf er den Schlauch einige Meter abwickelt. Eigentlich ist es nicht ein Schlauch; es sind mindestens ein Dutzend oder mehr Wasserschläuche unterschiedlichster Farben, alle durch Schraubschellen miteinander verbunden. Eine dieser Schraubverbindungen öffnet Kunze und passt ein verrostetes mit einem großen Rad versehenen Gasventil ein. Kunze versucht das Rad zu bewegen, aber es knirscht nur laut und sitzt fest. Also montiert er das Ventil an einer Werkbank auseinander und beginnt die Einzelteile zu ölen. Nach zwei Sunden ist Kunze hundemüde, aber zufrieden. Das Ventil lässt sich problemlos öffnen und wieder schließen. Nun nimmt er das Ende des Schlauches, verlässt damit den Dachboden, gleitet mit der Schaukel in die vierte Etage hinab, wo er eine der leerstehenden Wohnungen betritt. Zielsicher steuert er das alte, modernde Badezimmer an. Bald hat der Lichtkegel seiner Taschenlampe eine Gasuhr erfasst. Kunze nimmt aus einer alten, rindsledernen Tasche, die er sich umgehängt hat, eine riesige Rohrzange, schraubt mit viel Mühe die Gasuhr ab, schließt den Schlauch an die Leitung, öffnet den Gashahn. Es zischt. Der Schlauch strafft sich. - Von der Kreuzung her röhrt der Motor des Cadillacs. Kunze humpelt zum glaslosen Fensterrahmen des Badezimmers, beobachtet, wie Paul seinen Cadillac neben dem Imbißanhänger auf der Mitte der Kreuzung parkt, aussteigt, sich kurz umschaut und mit gemächlichen Schritten zur Destille schlendert. Bald darauf kurbelt sich Kunze wieder durchs Treppenhaus nach oben, hastet auf den Dachboden, ignoriert, dass sich das Gestänge seiner Manschette wieder verhakt hat, und krabbelte auf allen Vieren zum Ventil. Der Schlauch ist auf der einen Seite prall gefüllt, jene Seite, die zum Stoffgebirge führt, hängt schlaff herab. Kunzes Augen leuchten, als er das Ventil öffnet. Das Gas schießt in das schlaffe Schlauchende, strafft es, findet seinen Weg ins Stoffgebirge, wo es sich scheinbar verliert. Kunze wartet, dass sich etwas bläht. Aber nur das leise Zischen ist zu hören.