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Kapitel 9

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Am nächsten Morgen nahmen sie ein kleines Frühstück ein und Claudius, Jeschua und Johannes gingen zurück in Claudius Arbeitszimmer. Nur wenig später traf auch Bezalel ein. Claudius sagte: „Viel ist zu tun. Ich denke, wir stimmen Johannes zu. Wir brauchen die Unterstützung des Quintus Annaeus, damit wir die Schriften des Simon besser verstehen können. Eine Botschaft, die Tiberias heute verlässt, benötigt zehn Tage von hier nach Rom, ein Tag wird vergehen, bis Quintus reisebereit ist. Quintus kann also frühestens in drei Wochen hier sein, vorausgesetzt es geschehen keine Zwischenfälle.“

„Kann der Mann seine Arbeit einfach so stehen und liegen lassen?“ Fragte Johannes. „Das ist eine gute Frage.“ Sagte Claudius und „Natürlich nicht, Johannes. Doch erstens haben Quintus und ich bereits sehr gut zusammengearbeitet und ich weiß, dass er über etwas Abwechslung froh sein wird. Und zweitens wird er den Auftrag von Kaiser Tiberius persönlich erhalten, denn ich werde den Boten zum Kaiser entsenden.“

„Macht das nicht zu viel Aufhebens?“ Fragte Johannes. „Dieses Risiko müssen wir eingehen, Johannes.“ Sagte Claudius. „Doch der Kaiser erhält an einem Tag sehr viele Botschaften und er trifft sehr viele Entscheidungen. Unser Anliegen wird in der Geschäftigkeit Roms nicht auffallen. Wir bitten ja nicht um die Entsendung einer Legion. Und, ich nehme an, dass die Arme unserer geheimnisvollen Gegenspieler nicht bis nach Rom reichen.“ „Ja,“ sagte Johannes, dem die Anrede des Claudius und Bezalel mit Vornamen noch immer schwerfiel.

Und Claudius fuhr fort: „Ich denke, wir alle stimmen mit Jeschua überein: Er wird spätestens morgen in NaÏn zurückerwartet und mit dem Weisen muss persönlich gesprochen werden. Ich schlage vor: Bezalel und Jeschua, Ihr reitet noch heute nach NaÏn, damit Ihr mit dem Weisen sprecht, der sich jetzt dort aufhält. Wenn Ihr das Einverständnis des Weisen habt, dass Jeschua von seinen jetzigen Verpflichtungen entbunden ist, kehrt Ihr wieder nach Tiberias zurück. Wir haben keine große Eile, lasst Euch die Zeit, die benötigt wird.“

„Sollte ich nicht mit ihnen reiten?“ Fragte Johannes. „Nein, Johannes. Das ist nicht nötig. Bezalel ist zwar ein Mann der Rechte, doch er kann auch ein Schwert führen, obwohl seine Muskeln vielleicht etwas eingerostet sind,“ sagte Claudius und er schmunzelte. „Unsere Sache braucht Dich jetzt hier, Johannes. Wir müssen zu einem Architekten gehen.“ Sie verstanden nicht, was Claudius sagen wollte. „Nun,“ sagte Claudius „es gibt hier in Tiberias einen Mann, der in geheimen Handlungen erfahren ist und dem ich vertraue. Wir beide, Johannes, werden mit ihm über unseren Gedanken sprechen.“

„Claudius,“ sagte Bezalel „Aus welchen Gründen sollte der Weise Jeschua von seinen Pflichten entbinden?“ Statt Claudius antwortete Jeschua auf Bezalels Frage: „Verzeiht. Der Weise ist über die bisherigen Ereignisse informiert und der Weise betrachtet sie mit den gleichen Sorgen wie wir. Er wird verstehen, dass meine Anwesenheit in Tiberias nützlicher sein wird, als wenn ich als Schriftgelehrter in NaÏn bleibe.“

„Haben wir etwas übersehen? Gibt es noch unbeantwortete Fragen?“ Fragte Claudius. Sie schüttelten ihre Köpfe. „Gut. Lasst uns an die Arbeit gehen,“ sagte Claudius und, an Jeschua und Bezalel gewandt „kommt umgehend zu Johannes und mir, wenn Ihr wieder zurück seid.“ Sie nickten und alle verließen Claudius Arbeitsraum.

Claudius ging mit Johannes in Richtung eines weiteren Flures im Fürstenpalast weiter, Jeschua und Bezalel in Richtung Haupteingang. „Wir gehen zu Claudius Haus und Du nimmst Dein Reisegepäck, Jeschua. Dann gehen wir zu meinem Haus und ich packe Meines,“ sagte Bezalel und „wo habt Ihr Eure Pferde?“

„Sie stehen in einem Stall vor dem Stadttor,“ sagte Jeschua.

Die Straßen in Tiberias waren wieder voll von Menschen. Bezalel erläuterte Jeschua die eine oder andere Besonderheit auf ihrem Weg zu Claudius Haus und auch später auf dem Weg zu seinem Haus. Claudius Haus stand in der Nähe des Stadtzentrums, Bezalels Haus näher bei der Stadtmauer. Nachdem auch Bezalel sein Reisegepäck aufgenommen hatte, gingen sie schließlich durch das Stadttor zum Stall, um die Pferde für ihre Abreise vorbereiten zu lassen. Einige wenige Stadien konnten sie sich noch reitend fortbewegen, dann erforderten die Serpentinen hinauf auf die Ebene oberhalb Tiberias, dass sie vor den Pferden zu Fuß gingen.

Wie gestern, bei der Anreise von Jeschua und Johannes, waren viele Reisende in beiden Richtungen unterwegs und so ging es wieder nur sehr langsam voran. Doch nachdem sie auf der Ebene angekommen waren, konnten sie zügig in Richtung Südwesten reiten. Jeschua saß dabei hinter Bezalel, so wie gestern hinter Johannes. Wieder sah Jeschua den Berg Tabor, und es waren keine drei Stunden vergangen, als sie in NaÏn ankamen. Sie wollten mit Elias sprechen, doch er war nicht im Dorf, sondern auf Geschäftsreise. Tobias empfing sie jedoch freudig. Nur wenig später ritten sie zu Simons Weingut. Auf dem Weg dorthin begegneten sie einigen Dorfbewohnern, die Jeschua erfreut grüßten. Auch auf dem Anwesen freuten sich alle Anwesenden sehr, Jeschua wohlbehalten wiederzusehen. Bezalel wurde von denen freudig begrüßt, die ihn bereits kannten. Es waren Esther und Rebecca, und Daniel der Weingärtner. Aaron und Nataneel, die anderen Weingärtner, waren auf Reise, Kunden des Simon mit Wein zu beliefern. Jeschua zählte drei mit Schwertern, Schilden und Spießen ausgerüstete Männer, die sich im Hintergrund hielten. Er nickte ihnen kurz zu. Er stellte Bezalel dem Weisen vor, als dieser vor das Haus trat.

„Friede sei mit Euch,“ sagte der Weise. „Und Friede sei mit Dir, Weiser,“ sagten Jeschua und Bezalel. „Rebecca und Esther,“ sagte der Weise „haben wir ausreichend Brot, Salz und Wasser für Jeschua und Bezalel?“

„Ja, Herr!“ Riefen sie und eilten in das Haus zurück. Jeschua und Bezalel folgten dem Weisen ins Haus nach. Sie legten sich zum Sprechen nieder und der Weise eröffnete das Gespräch: „Wie wir alle sehen können, hast Du Dich mit dem Rücken der Pferde etwas anfreunden können.“

„Ja, Weiser,“ sagte Jeschua und er schmunzelte. „Welche Nachrichten bringt Ihr uns aus Tiberias?“ Bezalels Anwesenheit anstatt Johannes bedeutete Verwicklungen. Welche, das würde er von ihnen hören. Und Jeschua fasste die Erkenntnisse, die sie gestern in Tiberias gewonnen hatten, für den Weisen zusammen. Dieser nickte zum Zeichen, dass er die Zusammenhänge verstand.

Dann sagte er: „Nun, Jeschua, dann musst Du zurück nach Tiberias gehen und den Willen der Gottheit erfüllen. Ich werde Deine Familie darüber informieren lassen.“

„Wer wird die Gemeindearbeit in NaÏn fortführen und das Weingut bewirtschaften?“ Fragte Jeschua. „Ich selbst werde das tun. Es erscheint mir, den Weinberg zu bestellen, und den Menschen zu dienen sind Aufgaben, die dem Willen der Gottheit entsprechen. Meine Brüder in Nazaret werden dem zustimmen,“ sagte der Weise. Er sah Bezalel an. „Habt Ihr einen Entschluss über den Besitz des Simon getroffen?“

„Noch nicht, Weiser,“ sagte Bezalel. „Die Bürokratie in Tiberias arbeitet langsam.“ Und der Weise sagte. „Ihr solltet mit dem Entschluss nicht mehr allzu lange warten. Die Menschen hier brauchen Klarheit für ihr Leben und Arbeiten.“

„Ja, edler Weiser,“ sagte Bezalel und „Ihr werdet vor dem nächsten Sabbat in dieser Sache eine Botschaft von uns erhalten.“

„Nun gut,“ sagte der Weise und „Ihr werdet Euch auf den Weg nach Tiberias machen, dann seid Ihr noch vor Sonnenuntergang zurück und, haltet mich über die Entwicklungen informiert, so gut Ihr es vermögt.“

„Das werden wir,“ sagten Jeschua und Bezalel. Sie verabschiedeten sich herzlich voneinander, die Pferde wurden gebracht und nach einem kurzen Stopp in NaÏn, bei dem sie sich von Tobias verabschiedeten und Grüße für Elias ausrichteten, verließen sie das Dorf nordöstlich in Richtung Tiberias.

Die Sonnenscheibe hatte den Horizont im Westen schon unterschritten, als sie wieder in Tiberias ankamen. Das letzte Tageslicht verging, Licht von Fackeln und Öllampen wiesen ihnen den Weg in den Straßen der Stadt. Diesmal nahmen sie die Pferde mit in die Stadt, denn zu Claudius Haus gehörte ein Stall, indem sie die Tiere unterstellen konnten.

Claudius und Johannes lagen bereits zum Abendessen, als Jeschua und Bezalel in den Essbereich kamen. „Guten Abend, Jeschua und Bezalel,“ sagte Claudius und „Ihr reitet schneller, als der Nordwind weht.“

„Ja, Claudius,“ sagte Bezalel und „der Wille der Gottheit war uns wohlgesonnen.“ Jeschua und Bezalel berichteten Claudius und Johannes über das kurze Treffen mit dem Weisen und dessen Entschluss. Bezalel sagte ihnen, er wolle sich morgen früh mit den Beamten treffen, die die Besitzfrage über Simons Weingut bearbeiteten. „Diese Sache dauert tatsächlich unerfreulich lange,“ sagte Claudius. Er kannte die Mühlen der Verwaltungsbeamten gut. „Was sagte der Architekt Euch?“ Fragte Jeschua. „Er hörte unseren Gedanken an und er bat um Zeit zum Nachdenken. Wir werden ihn übermorgen treffen.“ Und wieder waren alle sehr müde. Sie vereinbarten, sich am nächsten Morgen in Claudius Arbeitsraum zu treffen, und sie gingen zeitig schlafen.

Jeschua

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