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Das Unheimliche[11] oder Was Freud sagte
ОглавлениеSigmund Freud lieferte kühn eine Definition des Unheimlichen, ohne sich von dessen nebulöser Ungreifbarkeit groß beeindrucken zu lassen. Das Unheimliche verbindet sich immer mit etwas, was wir zunächst kannten und was uns vertraut war, doch mit der Zeit verdrängt und ins Unbewusste abgeschoben wurde. Es erwächst aus kindlichen Komplexen sowie aus archaischen animistischen Glaubensvorstellungen, die wir als zivilisierte Menschen in uns überwinden mussten. Das Gefühl des Unheimlichen empfinden wir deshalb immer dann, wenn ein in der Kindheit erworbener Komplex aktiviert wird oder wenn in unserer Erfahrung plötzlich etwas Archaisches zutage kommt. Das Verwischen der Grenze zwischen Lebendem und Totem, das Beleben von Gegenständen, das Abtrennen von Gliedmaßen – das sind Beispiele, die Freud nannte und die wir in den Filmen der Brothers Quay sogleich wiederentdecken. Unwillkürlich prägen sich uns die Hände einer Figur ein, die eine Leiter halten und sich plötzlich mit natürlicher Anmut vom Rest des Körpers lösen, um sich der Leiter ganz zu bemächtigen. Oder die Vivisektion einer Puppe, deren Porzellankopf von schmutzigem Werg entleert und mit neuem Inhalt gefüllt wird.
Als raffinierte Film-Alchemisten erweitern die Brothers Quay die Freud’sche Rezeptur des Unheimlichen um eine Menge neuer Zutaten. Viele davon wären Freud nicht einmal im Traum in den Sinn gekommen.