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Artificial oder Das Künstliche ist das Schöne
ОглавлениеDiese künstliche Welt, ins Leben gerufen von einem unfähigen, schlampigen Demiurgen, wird überdies im letzten Stadium ihrer Existenz erfasst, wenn schon allein Zerfall, Zerstörung und Staub herrschen. Es gibt hier nichts Frisches mehr. Alle Mechanismen und Gegenstände wirken, als wären sie als alt geschaffen worden. Man will nicht glauben, dass sie einst vor Neuheit glänzten und die Getriebe ausreichend geölt waren.
Doch gerade deshalb scheint diese Welt ewig. Nur das Junge und Frische kann altern, sich abnutzen. Das Alte und Unvollkommene dagegen erlangt den Zustand des Seins über allem Seienden, der sicheren Dauer jenseits aller Bemächtigungsversuche der Zeit. In dieser künstlichen Welt ereignen sich freilich Akte der Spontanzeugung, jenes geheimnisvollen Phänomens, das die Grenzen unserer wissenschaftlichen Erkenntnis überschreitet. Erinnern wir uns, wie eindrucksvoll Bruno Schulz diese Erscheinung beschreibt. Um sie zu beobachten, braucht man ein gerüttelt Maß an Scharfsinn und Achtsamkeit: Konzentration auf die kleinsten Details, die Ritzen in einem Brett, die Unebenheiten eines Steins, winzige Brechungen, Müllknäuel, Löcher, Kratzer … Denn gerade dort, in den Mikroabgründen, sprießt der Keim des Lebens. Stimmt das wirklich? Es wäre falsch, so zu fragen. Wir haben nämlich teil an den Phänomenen, und wann immer wir anfangen, einen Weg in die Tiefe zu suchen, verlieren wir unsere besondere Perspektive – und dann wird der Krümel Leben zum Staubkorn, zum Eisenspan. Im Übrigen lässt sich hier nie genau sagen, wo die höchst fragwürdige Grenze zwischen dem Lebenden und dem Toten verläuft. Die Weisen würden uns auslachen, wenn wir ihnen erklären wollten, dass eine solche Grenze überhaupt existiert. Die Frösche kommen ja bekanntlich aus dem Schlamm, die Fliegen aus Exkrementen und die Flöhe aus dem feuchten Staub unter dem Bett. Wie in der kongenialen Street of Crocodiles zu sehen ist, pulsiert im komplizierten Mechanismus einer Uhr bisweilen lebendes Gewebe, das an eine Leber erinnert, und die Zahnräder werden von Speichel angetrieben.