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Kapitel 11

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9.00 Uhr. Das Wesen, was einmal Samuel Miller gewesen war, hockte noch immer auf dem Holzbalken des Holzlagers der Tischlerei und lauschte nach Geräuschen. Die lange Zeit, in der es eingesperrt war, hatte seine Sinne geschärft, sodass ihm nicht das Geringste entging. Frei endlich frei dachte das so schrecklich anzuschauende Wesen, das aus einer anderen Welt zu kommen schien. Dann setzte es sich in Bewegung in Richtung Lastenaufzug, es wollte an die frische Luft, endlich die Sonne und den Himmel sehen. Der hydraulische Aufzug war genau wie alles andere ausgeschaltet. Um nach oben zu kommen benutzte es die Notklappe, die sich in der Mitte des Aufzuges befand und drückte sie hoch. Für das Wesen war es ein leichtes die Seile hinauf zu klettern. Nur Sekunden später kam es im Erdgeschoss des Gebäudes an. Die Tür ging auf und Samuel Miller, oder das was von ihm übrig geblieben war, setzte das erste Mal seit Jahren einen Fuß ans Tageslicht. Sein verstümmelter Mund verzog sich zu einer Art lächeln. Seine scharfen Zähne schauten zwischen den abgerissenen Lippen hindurch und es genoss tatsächlich die ersten Sonnenstrahlen, die seit ewiger Zeit auf seinen Körper trafen. Seine Augen brannten wie Feuer, die Helligkeit des Tageslichts bereitete ihm starke Schmerzen, die Jahre in der Dunkelheit hatten es fast blind werden lassen. Plötzlich stockte es. Am Ende des Grundstückes erkannten seine Augen etwas, langsam konnte er wieder scharfe Konturen wahrnehmen. Zwei Frauen saßen am Rand des Abgrundes und rauchten.

Es lachte, meine ersten Opfer, dachte es und näherte sich unerkannt den beiden. Völlig unerwartet wurde der Sand unter ihnen regelrecht weggerissen, wie ein Teppich der schnell unter den Füßen weggezogen wird. Joana und Susan wollten weglaufen, aber sie kamen nicht vorwärts. Der Abhang kam immer dichter und schien die Zwei förmlich anzusaugen. Die Frauen schrien, da rutschte Joana plötzlich aus und stürzte über die Kante der Klippe. Wie eine Puppe fiel sie herab, ihr Körper hatte überhaupt kein Halt mehr und ihr rotes Kleid flatterte im Wind. Dann schlug sie das erste Mal an die Felsen. Blut spritzte aus ihren Wunden und ihr schreien verstummte. Immer wieder schlug ihr Körper hart gegen die Wände der Berge. Teile ihres Körpers blieben an den Felsen hängen und hinterließen überall eine rote Masse.

Irgendwann blieb sie auf einem Felsvorsprung regungslos liegen. Ihr Körper war total zerfetzt. Die junge Frau zu identifizieren war fast unmöglich, so entstellt war sie. Man konnte nicht einmal genau erkennen, ob der Fleischklumpen der hier unten lag, einmal ein Mensch gewesen war. Susan hatte mitbekommen, was passiert war, konnte aber nicht viel erkennen, weil der Berg viel zu steil war. Sie kämpfte außerdem immer noch mit dem Boden, der unter ihren Füßen verschwand. Sie robbte auf allen vieren in Richtung Gebäude, der Abhang hinter ihr. Ihre Finger vergruben sich tief im Sandboden und versuchten verzweifelt vorwärts zu kommen. Ihre Fingernägel waren auf der Hälfte des Nagelbettes abgebrochen, jedes Mal wenn sie die Hände umsetzte, blieben Blutflecken im Sand zurück. Die Schmerzen, die der schmutzige Sand an ihren wunden Fingern anrichtete, spürte sie vor Panik nicht. Dann plötzlich zog etwas an ihren Beinen, es griff energisch zu und hatte eine gewaltige Kraft. Wie ein Spielzeug wurde Susan nach hinten geschleudert. Ihre Hände vermochten es nicht mehr sie am Boden zu halten und rissen aus der trockenen Erde. Susan fiel über die Klippe, schaute nach unten und sah eine endlose Tiefe vor sich. Dann drehte sie der Wind um und sie konnte im Fallen nach oben schauen. An der Bergkante sah sie etwas, ein Wesen, schrecklich anzusehen. Dann schlug sie rückwärts auf. Die Felsen bohrten sich durch ihren Rücken und ließen ihn förmlich explodieren. Ihr Körper zerfetzte, als Letztes platzte ihr Kopf wie eine Seifenblase. Susan spürte von all dem nichts mehr, sie war sofort tot. Das Wesen stand derweil mit leuchtend roten Augen auf der Bergkante und lachte höllisch. Die ersten zwei, dachte es und verschwand. Krähen hatten die Kadaver oder viel mehr die Reste der zwei Frauen sofort erspäht und stürzten sich auf die Fleischklumpen. Heftig stritten sie sich darum. Übrig blieben nach ihrem Festmahl nur einige Knochen und Fetzen von dem Stoff der Kleidung beider Frauen, die der starke Wind in alle Himmelsrichtungen verwehte.



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