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Basel, die Zweite

Bevor ich meine Stelle in Basel als Leiter des Controllings des neugeschaffenen Geschäftsbereichs für die internationalen Luft- und Seefrachtverkehre antrat, hatte ich erst einmal das Bedürfnis, mich von dem in Hongkong erlittenen Stress zu erholen. Die überbevölkerte Stadt und der Druck hatten meine Batterien verbraucht. Deshalb schnappte ich mir mein Rennrad und fuhr alleine in einer Woche ca. 1.000 km von Lörrach nach Béziers in Südwestfrankreich ans Mittelmeer.

Das Gute an meinem zweiten Anlauf in Basel war, dass ich mit einem Chef zusammenarbeiten konnte, der genauso oder vielleicht noch fanatischer und ehrgeiziger war als ich. Er war Mitte Fünfzig und hatte zuletzt 38 Jahre bei einem Konkurrenten gearbeitet, 16 Jahre davon in Nigeria. Kurz vor seinem Eintritt ins Unternehmen war er beim Polospielen in Argentinien vom Pferd gefallen und hatte sich dabei das Genick gebrochen, das nun von einer Stahlplatte zusammengehalten wurde.

Er war ein Meister seines Fachs und verstand sich wie kein Zweiter darauf, in welcher Situation auch immer mit seinen Organisationen Geld zu verdienen. Ich schätzte sein professionelles Knowhow, seine Authentizität und mochte ihn als Mensch. Unsere Zusammenarbeit war erstklassig. Es gelang ihm, obwohl er eine „Kampfmaschine“ war, gut mit Menschen zurechtzukommen und so ließ er mich gewähren und bezog mich mit ein. Wir konnten in den nächsten drei Jahren unseren Bereich hochprofitabel gestalten und etliche Dinge in Bewegung setzen, die sich positiv auf die Qualität unserer Arbeit auswirkten. Erschwert wurde diese Arbeit ab Mitte der neunziger Jahre allerdings von der Unternehmensberatung McKinsey und unserem Vorstandsvorsitzenden, die beide die strategische Werthaltigkeit unseres Geschäftsbereichs anzweifelten. Zwar waren wir in den Jahren ab 1997 der große Money-Maker des Unternehmens. Jedoch vertrat die Mehrheit der Mitglieder der Unternehmensleitung die Auffassung, dass die internationale Luft- und Seefrachtspedition sich mittelfristig nicht mehr profitabel durchführen ließe. Dafür schätzte man das Geschäft als zu einfach ein. Deshalb würden die Margen in Folge zunehmender Konkurrenz schwinden und schließlich würde das Geschäft vollständig von Internetplattformen abgelöst werden. Deshalb plante man, das Geschäft zu melken und die Gewinne in das Lagerei- und Verteilungsgeschäft (Kontraktlogistik) zu investieren, wo man die Zukunft der Spedition wähnte.

Dies war eine dramatische Fehleinschätzung. Denn statt unterzugehen, begann die Luft- und Seefrachtspedition in Folge der sich beschleunigenden Globalisierung ab Mitte der 90er Jahre rapide zu wachsen. Der Börsenwert des Marktführers in diesem Segment hat sich seit 1997 mehr als verzwanzigfacht. Es ist keinesfalls ein einfaches Geschäft, das sich ohne weiteres wegautomatisieren lässt. Deshalb lässt sich mit diesem Geschäft auch im Jahr 2019 noch sehr gutes Geld verdienen.

Die Marktführer erwirtschaften Kapitalrenditen, die die der meisten anderen Unternehmen übertreffen.8 Dieser Rückblick schmerzt mich heute zutiefst. Denn unsere Ausgangslage als Unternehmen 1997 hätte uns ohne weiteres erlaubt, noch stärker als unsere Konkurrenz zu wachsen und von dem einsetzenden Boom dieses Geschäfts in ganz starkem Maße zu profitieren. Es sollte leider anders kommen.

8 Oliver Gritz, Jeff Ward and Arsenio Martinez: How to succeed in the most profitable industry in the world, Logistics Management and Supply Chain Management Review, April 13, 2019, https://www.scmr.com/article/how_to_succeed_in_the_most_profitable_industry_in_the_world

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