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2.3.3. Kreatives Schreiben heute
ОглавлениеMittlerweile werden – als Ergebnis der geschilderten Vorhaben und Voranschreitungen – Konzepte der Literatur- und Schreibförderung in bestehende (und neu entwickelte) Studiengänge ebenso integriert wie Methoden literarischer KreativitätKreativität erprobt [78]und Multiplikatoren des LiteraturbetriebsMultiplikatoren des Literaturbetriebs (in erster Linie Kulturjournalisten und Lektoren) ausgebildet werden.261 Derartige universitäre Aktivitäten dienen auch der Förderung eines Kreativen Schreibens, das sich vom wissenschaftlichen Schreiben distanziert, das dieses aber nachträglich leserlicher machen kann, indem es jenes literarisiert.262 Sie vermitteln ferner eine »andere Art des literarischen Wissens«263 und fundamentieren den Kontakt zwischen Studierenden, Professoren, BuchmarktBuchmarkt und einem allgemeinen LesepublikumKontakt zwischen Studierenden, Professoren, BuchmarktBuchmarkt und einem allgemeinen Lesepublikum.264 Anders formuliert: Sie bringen kulturelles Leben an die Universität bzw. Hochschule. So gibt
[d]as angloamerikanische Modell […] viele konkrete Beispiele für den Erfolg einer Ausbildung in Kreativem Schreiben […] und auch in Deutschland verzeichnen universitäre Schreibseminare erste Erfolge. Dennoch diskutiert man hierzulande nach wie vor darüber, ob Schreiben lehr- und lernbar sei, anstatt sich auf die Frage zu konzentrieren, in welchem Rahmen und mit welchen Methoden die Schriftstellerausbildung sinnvoll institutionalisiert und in den Fächerkanon integriert werden kann. […] Vor diesem Hintergrund bilden sich zwei Fronten heraus; auf der einen Seite die »philologiescheuen AutorenAutor«, die separate Institute oder Akademien für SchriftstellerSchriftsteller fordern, auf der anderen Seite die »aufgeschlossenen Wissenschaftler«, die eine Integration von Schreibkursen in die traditionellen Universitäten befürworten.265Glindemann, Barbara
Auf der Suche nach praktikablen Modellen zur Autorenausbildung bietet sich auf der einen Seite wiederum das anglo-amerikanische Modell des poet-in-residence in FormForm von Gastdozenturen für PoetikPoetik an,266 wie es an vielen deutschen Universitäten mittlerweile umgesetzt wird; auf der anderen Seite bleibt das Kreative Schreiben aktuell in Deutschland durch eine Erscheinungsweise definiert, die auf die angeleitete und reflektierende Vermittlung von Formen und Techniken literarischer ExpressionTechniken literarischer Expression zurückgreift.267Ortheil, Hanns-Josef ›Erfunden‹ wurde dieses Phänomen, wie ausgeführt worden ist, um [79]1880 im Zuge einer neuen Praxisorientierung der neueren Philologien bzw. der New HumanitiesNew HumanitiesNew HumanitiesNew Humanities innerhalb der US-amerikanischen Hochschulen und deren Curricula268New Humanities und als neuer akademische Lehr- und Lernbereich beginnt die Etablierung wissenschaftlich praktizierten Kreativen Schreibens in den Praxis-Laboratorien des auslaufenden 19. Jahrhunderts.269
Heute erfolgt die ›deutsche‹ Betrachtung des Kreativen Schreibens in ähnlicher Weise aus der Tendenz, LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft als KulturwissenschaftKulturwissenschaft270LiteraturwissenschaftKulturwissenschaft aufzufassen und sich diesem als »komplexer KulturtechnikKulturtechnik«»Komplexe Kulturtechnik« und »kultureller SchreibraumSchreibraum« einschließlich des entsprechenden »kulturellen Schreibraum[s]« zuzuwenden, in dem das materielle/mediale/performative Wie des Schreibens, sein intentionales Warum, sein formales/inhaltliches Was und sein Wozu (Zielorientierung) in »einem bestimmten historischen Moment aufgenommen und zugleich variiert«271Porombka, Stephan werden.272Spinner, Kaspar H.
Zwar hat die kulturwissenschaftliche Wende der Geisteswissenschaften die LiteraturwissenschaftenLiteraturwissenschaft umorientiert;273 das Kreative Schreiben steckt aber trotz der skizzierten Erfolge noch immer regelrecht in den Kinderschuhen. Dennoch existieren zwei Vollzeit-Studiengänge, die für die universitäre Schriftstellerausbildung vorgesehen sind: an der Universität HildesheimHildesheim, Universität der Bachelorstudiengang KulturjournalismusKulturjournalismus und Kreatives Schreiben274Ortheil, Hanns-JosefKulturjournalismusPorombka, Stephan sowie der Masterstudiengang Literarisches Schreiben und am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig der Bachelor- und [80]Masterstudiengang Literarisches Schreiben.275 In seiner kulturwissenschaftlichen Verortung findet das Hildesheimer enge Verzahnung in einer theoretisch ambitioniert und praktisch berufsorientiert vermittelten sowie auch medienwissenschaftlich geleiteten SchreibwissenschaftSchreibwissenschaftMedienwissenschaftlich geleitete Schreibwissenschaft;276 in Leipzig forciert die institutionelle Lehre starke poetologische und literaturtheoretische Inhalte und erhält nicht zuletzt durch die fortlaufende Integration wechselnder literarischer Gastdozenten sowie durch eine Vielzahl an Werkstattmodulen konzentrierten AnwendungscharakterAnwendungscharakter. Die Installierung des Kreativen Schreibens in den deutschen Studienbetrieb hat also durchaus begonnen. Es bleibt allerdings die Aufgabe, zukünftiger Studiengangsgestalter, aus diesem Beginn eine ausdifferenzierte und vielseitige Curriculumsbildung zu machen, die jedem Schreib-Interesse gerecht wird: denjenigen, die beruflich-professionell schreiben wollen, denjenigen, die ›Schreiben‹ in der Schule richtig thematisieren möchten und denjenigen, deren Anliegen es ist, ihr eigenes Schreiben in welcher Hinsicht auch immer grundlegend zu verbessern.