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3.1. Die Perspektiven der Theorie
ОглавлениеHanns-Josef OrtheilOrtheil, Hanns-Josef hat erläutert, aus welchen FormenForm speziell der PoetikPoetik sich dieses herleiten ließe und was es in der Gegenwart mit diesen Formen zu tun habe; Ortheil greift dazu auf »einige Ahnherren der Poetik wie AristotelesAristoteles oder HorazHoraz« zurück, die er so versteht, »als wären es Abhandlungen, die auch das ›Kreative Schreiben‹ betreffen«:
Weil die Literatur über das »Kreative Schreiben« weitgehend ohne ein solches begriffliches oder historisches Denken auskommt, bleibt sie oft blass und ist kaum fundiert. Vielleicht ist das auch der Grund, warum »Kreatives Schreiben« die LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft bisher noch nicht interessiert hat. […] Es ist also an der Zeit, das »Kreative Schreiben« ernst zu nehmen und ihm eine Geschichte zu geben. Deshalb gehe ich hier bis zur Antike zurück, um nach seiner Herkunft und seinen Ursprüngen zu fragen. Indem ich das tue, [83]verorte ich das »Kreative Schreiben« als eine Spiel- und vor allem LesartLesart von PoetikPoetik.286Ortheil, Hanns-JosefAristoteles
Hanns-Josef OrtheilOrtheil, Hanns-Josef
wurde am 5. November 1951 als fünfter Sohn von Maria Katharina und Josef Ortheil in Köln geboren. Traumatische Erlebnisse ließen seine Mutter verstummen, so dass er im Alter von drei Jahren selbst für gewisse Zeit mit dem Sprechen aufhörte. Seit frühester Kindheit spielt Ortheil Klavier, machte Abitur in Mainz und studierte schließlich Musikwissenschaft, Philosophie, Germanistik und Vergleichende LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft. 1976 wurde er mit einer Arbeit zur Theorie des Romans im Zeitalter der Französischen RevolutionRevolution promoviert. Drei Jahre später erfolgte sein literarisches Debüt. Seit 1990 lehrt er – noch immer als einziger deutscher Universitätsprofessor – Kreatives Schreiben an der Universität HildesheimHildesheim, Universität. Hanns-Josef Ortheil gilt heute als einer der bedeutendsten SchriftstellerSchriftsteller der deutschen Gegenwart.
Werke u.a.: Fermer (1979) – Hecke (1983) – Köder, Beute und Schatten (1985) – Römische Sequenz (1993) – Das Element des Elephanten (1994) – Blauer Weg (1996) – Lo und Lu (2001) – Die geheimen Stunden der Nacht (2004) – Das Verlangen nach Liebe (2007) – Die Erfindung des Lebens (2009) – Die Moselreise (2010) – Das Kind, das nicht fragte (2012) – Die Berlinreise (2014).
Es ließe sich die Position Kaspar H. SpinnersSpinner, Kaspar H. hinzufügen, der gezeigt hat,
in welcher Weise die kreativen Verfahren auch literaturwissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln vermögen, so daß nicht von einem notwendigen Widerspruch zwischen der Freude am Spielerischen, der Entfaltung von Phantasie und der Kundgabe persönlicher Erlebnisse einerseits und der theoretischen Reflexion und der Analyse und InterpretationInterpretation von Texten andererseits ausgegangen werden muß.287Spinner, Kaspar H.
Damit steht das Creative Writing im Übrigen auch im Kontext des New HistoricismNew Historicism, indem es dazu anleitet, einen Text als »›Gewebe[84]‹ von ›Zitaten‹ aus dem Text der Kultur«288 aufzufassen: »Er verdichtet nicht Inneres, sondern etwas, das mit sozialer Energie präformiert und als Image konstruiert worden ist.«289 Auch dem Kreativen Schreiben kann dabei ein intimes Verhältnis zu KörperlichkeitKörperlichkeit und Identität zugesprochen werden. Denn dieses äußert sich ja explizit auf der Ebene der Ausführung in einer Bewegung oder GesteGeste, die einerseits ein haptisches Instrumentarium benötigt (zuallererst HändeHand oder FingerFinger, dann ein Instrumentarium, eine zu beschreibende Oberfläche etc.); andererseits können dessen Tätigkeiten sowohl als spezielle Manifestationen von Selbstpräsenz betrachtet werden als auch von Markierungen eines SelbstverlustesMarkierungen eines Selbstverlustes.290Stingelin, Martin Auch aus theoretischer Perspektive hilft der Akt des Kreatives Schreibens nicht nur bei der Orientierung oder der Gliederung von IdeenIdee; er manifestiert zudem geradezu die Erscheinungen und mithin Ergebnisse ästhetischer Literatur. Insbesondere die neuere Tendenz des Kreativen Schreibens lässt sich in diesem Zusammenhang dahingehend beschreiben, sich etablierten literarischen Gefügen zu entziehen und grenzüberschreitend übergriffig zu werden. Dieser Befund gewinnt angesichts der wiederum theoretischen Implikationen der so genannten Postmoderne291 vor der Folie von Autorschafts- und TextgewebetheorienAutorschafts- und Textgewebetheorien an Deutlichkeit;292Barthes, RolandAutorFoucault, Michel vor allem aber zeichnet sich hier eine neue Beschäftigung damit ab, was eine Theorie des Kreativen Schreibens überhaupt ist, was [85]es bedeutet, impliziert und welche Beziehungen es als literarische Praktik einzunehmen vermag.293Schreibprozess