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Selbstvertrauen

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Zuerst durchdringe dich die Zuversicht, dass alle [270] erobert werden können. Du wirst sie fangen, spanne nur die Netze aus! Eher können im Frühjahr die Vögel schweigen, im Sommer die Zikaden, eher kann der arkadische Jagdhund vor dem Hasen fliehen als eine Frau einem jungen Manne widerstehen, wenn er sie schmeichelnd in Versuchung führt; auch eine, von der man glauben könnte, sie wolle nicht, wird wollen. [275] Und wie dem Mann die heimliche Venus willkommen ist, so ist sie es dem Mädchen; der Mann kann es nur schlecht verbergen, die Begierde der Frau ist besser versteckt. Gesetzt, wir Männer würden uns einig, bei keiner den ersten Schritt zu tun, so ist die Frau schon besiegt und wird die Rolle der Werbenden spielen. Auf den schwellenden Wiesen muht dem Stier sein Weibchen zu, [280] und den behuften Hengst wiehert immer die Stute an. Mäßiger ist in uns die Begierde und nicht so rasend; die Glut des Mannes hat ihre natürliche Grenze. Was soll ich Byblis erwähnen, die in verbotener Liebe zum Bruder entbrannt war und sich für ihren Frevel tapfer mit dem Strang bestrafte? [285] Myrrha liebte den Vater, aber nicht, wie eine Tochter es soll, und ist jetzt unter Rinde verborgen, die sie ringsum beengt. Mit den Tränen, die sie ihrem duftenden Baum entströmen lässt, salben wir uns, und der Tropfen trägt immer noch den Namen der Frau, die ihn geweint hat.

Es war einmal in den schattigen Tälern am Fuße des waldigen Ida [290] ein schneeweißer Stier, der Stolz der Herde. Mitten zwischen den Hörnern war er mit einem feinen schwarzen Mal gezeichnet. Er hatte nur diesen einzigen Flecken, alles übrige war weiß wie Milch. Ihn wünschten die Kühe von Cnossus und von Cydonea auf ihrem Rücken zu tragen. [295] Pasiphaë freute sich, die ehebrecherische Geliebte eines Stiers zu werden; eifersüchtig hasste sie die schönen Rinder. Ich singe von bekannten Dingen; dies kann nicht einmal Kreta mit seinen hundert Städten leugnen, mag es auch noch so lügnerisch sein. Selbst soll sie dem Stier frisches Laub und besonders zartes Gras [300] mit ungeübter Hand geschnitten haben. Sie begleitet die Zugtiere auf die Weide, und die Rücksicht auf ihren Ehemann hält sie nicht vom Aufbruch zurück. So war Minos von einem Rind aus dem Felde geschlagen. Was nützt es dir, Pasiphaë, wertvolle Kleider anzulegen? Dein Ehebrecher hat keinen Sinn für Kostbarkeiten. [305] Was nützt dir der Spiegel, wenn du zum Vieh auf die Bergweide strebst? Wozu ordnest du (höchst überflüssig!) so oft dein Haar? Glaube doch deinem Spiegel, wenn er dir sagt, dass du keine Kuh bist! Ach, wie gerne wolltest du, dass an deiner Stirne Hörner gewachsen wären! Gefällt dir Minos, so suche keinen Ehebrecher; [310] willst du aber lieber deinen Mann betrügen, so betrüge ihn mit einem Mann! Die Königin verlässt ihr Ehegemach und stürzt in Wald und Berge wie eine Bacchantin, die vom aonischen Gott26 besessen ist. Ach, wie oft sah sie eine Kuh mit scheelem Blick an und sprach: »Warum gefällt diese Hergelaufene meinem Geliebten? [315] Sieh nur, wie sie vor ihm im zarten Grase herumhüpft! Ich zweifle nicht, die Törin meint, das stehe ihr gut.« Sprach’s und ließ sie stracks aus der riesigen Herde hinwegführen, unverdient unters krumme Joch zerren oder vor dem Altar bei einer eigens ausgedachten Opferhandlung niederstrecken [320] und hielt die Eingeweide ihrer Nebenbuhlerin in schadenfroher Hand. Wie oft versöhnte sie Gottheiten durch Schlachtung von Rivalinnen, packte die Eingeweide und sprach: »Jetzt geht und gefallt meinem Liebsten.« Und bald wünscht sie, Europa27 zu werden, bald Io28, denn die eine war eine Kuh, und die andre ritt auf einem Stier. [325] Schließlich schwängerte sie der Herr der Herde, getäuscht durch eine Kuh aus Ahornholz29. Und bald war durch die Geburt der Erzeuger offenbar geworden.

Hätte die Kreterin30 sich der Liebe zu Thyestes enthalten (und was macht es schon aus, auf einen einzigen Mann zu verzichten!), so hätte Phoebus seinen Weg nicht in der Mitte unterbrochen, seinen Wagen nicht umkehren lassen und wäre nicht mit den Rossen zurück zur Morgenröte gefahren. [331] Dem Nisus stahl seine Tochter31 die purpurnen Haare, dafür umgeben ihren Unterleib rasende Hunde. Der Atride32, der zu Lande dem Mars und zu Wasser dem Neptun entrann, fiel – o Grauen! – seiner Gattin zum Opfer. [335] Wer hat nicht über die Verbrennung der ephyraeischen Crëusa33 geweint und über die Mutter, blutig vom Mord an den Söhnen? Amyntors Sohn Phoenix34 hat mit leeren Augenhöhlen geweint, den Hippolytus35 habt ihr, rasende Rosse, zerrissen. Was stichst du, Phineus36, deinen schuldlosen Söhnen die Augen aus? [340] Diese Strafe wird sich gegen dein eigenes Haupt kehren.

All dies hat weibliche Leidenschaft bewirkt. Sie ist heftiger als die unsrige und steht dem Wahnsinn näher. Also wohlan, trage keine Bedenken, dir Hoffnung auf alle Frauen zu machen; von vielen wird kaum eine dir einen Korb geben. [345] Die sich verschenken und die sich verweigern, freuen sich immerhin, dass man um sie warb. Magst du auch enttäuscht werden, so ist eine Zurückweisung doch gefahrlos; aber warum solltest du enttäuscht werden, wo doch ein neues Vergnügen willkommen ist und Fremdes das Herz mehr einnimmt als Eigenes! Fruchtbarer ist die Saat stets auf fremden Äckern, [350] und des Nachbarn Vieh hat ein pralleres Euter.

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