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Kapitel 2

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Seine Frau?

Schon lange hatte Pierre Le Bonne nichts mehr so sehr überrascht, wie die Aussage dieses Mädchens. Er fand die Vorstellung einer Heirat zum Schreien komisch; aber offenbar waren die drei irischen Schönheiten, die jetzt vor ihm standen, aus freien Stücken bereit, sich in seine Obhut zu begeben.

Welche Ironie!

Wusste Miss Young nicht, aus welchem Grund ihr Schwager sie und ihre Schwestern tatsächlich nach Natchez hatte bringen lassen?

Gedankenverloren spielte Le Bonne in seiner Tasche mit dem Brief, den der Kapitän ihm überbracht hatte. Wohl gemerkt jener Kapitän, der Kiera Young und ihre Schwestern zu ihm geschifft hatte. Le Bonne schnippte mit den Fingern.

Mit einer raschen Handbewegung entfernte Claude das Messer von der Kehle des Jungen, nicht ohne dessen Hals wenigstens ein wenig zu verletzen. Dann stieß der Riese Rory von sich. Nach Luft schnappend stolperte der Junge vorwärts und hielt sich die Kehle, an der ein deutlicher, aber nicht tiefer Schnitt zu sehen war. Rasch packte der Ire seinen kleinen Bruder und zog ihn hinter seinen Rücken.

Ein zufriedenes Lächeln stahl sich auf Pierres Gesicht. Claudes Wirkung war unschlagbar. Gewiss würde er in Zukunft mit diesen armen Schluckern aus Irland keine Probleme mehr haben.

Nun drehte Le Bonne den beiden den Rücken zu, nahm Kieras Hand in seine und verbeugte sich. „Mademoiselle. Sie sind das bezauberndste Wesen, das ich seit Langem gesehen habe. Ihr Schwager hat mächtig untertrieben, als er Sie mir beschrieb. Herzlich willkommen in Natchez.“

„Monsieur Le Bonne.“ Erneut streckte sie ihm den Brief entgegen. „Von meinem Schwager, dem Lord Manderly von Devonshire.“

Pierre erinnerte sich nicht gern an diesen Mann, vielmehr packte ihn beim Gedanken an ihn die Wut. Es war längst überfällig, dass er seine Spielschuld beglich. Mit hochgezogenen Augenbrauen nahm er das Schreiben entgegen und brach das Siegel. „Sie haben den Brief nicht gelesen, Mademoiselle?“

Kieras Wangen liefen leicht rosa an, und als sie ihre Augen peinlich berührt niederschlug, verschlug es ihm beim Anblick ihrer langen, honigfarbenen Wimpern beinahe den Atem. „Das stand mir nicht zu.“

„Wie lobenswert.“ Pierre überflog den Brief. Ein leeres Wort reihte sich an das andere. Er las, wie sehr Manderlys Frau ihre Schwestern vermissen würde, obwohl sie wisse, von welchem Vorteil die Verbindung zwischen ihrer Schwester und Le Bonne für Kiera sein würde. Und er las, dass der Lord hoffe, dass Kiera und ihre Schwestern sich gut in Amerika einleben und sich in Le Bonnes Obhut wohlfühlen würden. Lord Manderly endete seinen albernen Brief mit der Bitte an Le Bonne, die drei jungen Frauen freundlich zu behandeln.

Freundlich. Ganz bestimmt.

Offensichtlich hatte Lord Manderly in Anwesenheit der Mädchen von einer bevorstehenden Hochzeit gesprochen, der Brief hielt sich diesbezüglich jedoch zurück. Um ehrlich zu sein, war von einer Heirat in keinem Wort die Rede.

Genauso hatte Pierre sich das vorgestellt.

Seine Aufmerksamkeit fiel nun auf die beiden Mädchen, die hinter Kiera standen. Unverkennbar waren die drei Mädchen Schwestern: blonde Haare, elfenbeinfarbene Haut und azurblaue Augen. Er lächelte. „Und das sind Ihre Schwestern?“

„Ganz genau. Amelia und Megan.“

Le Bonne nickte den beiden kurz zu und steckte den eben gelesenen Brief in seine Tasche. Anschließend drehte er sich zur umstehenden Menge und den beiden Iren um. Triumphierend blickte er sie an: „Nachdem wir nun offiziell geklärt haben, dass diese drei jungen Damen meiner Obhut anvertraut wurden, werden wir wohl ungehindert unseren Weg gehen können?“

Niemand sagte ein Wort.

„Sehr schön.“ Pierre griff nach den Zügeln seines Pferdes und schwang sich auf dessen Rücken. Zu Claude gewandt sagte er: „Bring sie zum Haus. Wir treffen uns dort.“


Während die Nacht hereinbrach, beobachtete Quinn den Handlanger des Franzosen. Er half den Mädchen in eine Kutsche und kümmerte sich dann um das Gepäck. Quinns Blick traf auf den von Kiera, die etwas unsicher aus dem Fenster blickte. Als sie ihn wahrnahm, lächelte sie mutig. Dann setzte sich die Kutsche in Bewegung und Quinn musste dem Drang widerstehen, ihr hinterherzulaufen.

Das wäre total verrückt. Und sinnlos.

Schließlich war die junge Frau nur deshalb nach Amerika gekommen, um diesen Franzosen zu heiraten. Daran konnten weder er noch die Tatsache etwas ändern, dass es sich dabei um den abstoßendsten Mann handelte, dem Quinn je begegnet war.

Ein Mädchen – besser gesagt, drei – waren es nicht wert, dass er seinen Traum aufs Spiel setzte. Sobald er seine zwei kleinen Brüder zu Connor gebracht hatte, würde er frei sein. Dann würde er über die Meere segeln oder sich einen Weg durch die Kolonien suchen und als Schmied sein Geld verdienen. Alles würde besser sein, als unter der Erde zu arbeiten.

Quinn wusste nicht, ob es hier im Natchez Distrikt auch Kohleminen gab, aber er hatte sich geschworen, nie wieder einen Fuß in eine Mine zu setzen – solange er lebte. Mit zehn Jahren musste er zum ersten Mal den tiefen Schacht hinunter und schon nach einer Woche hatte er genug davon, lebendig begraben zu sein. Nur durch die Gnade Gottes hatte sein Aufseher ihn vor drei Jahren dazu ausgewählt, beim alten Seamus in der Schmiede zur Lehre zu gehen. Bald stellte sich heraus, dass er für diese Arbeit begabt zu sein schien. Nicht einen Tag lang hatte er diese glückliche Fügung in seinem Leben bereut – auch wenn sie ihm nicht nur Freude gebracht hatte. Lange Zeit litt er unter der Eifersucht seines Bruder Caleb.

„Auf geht’s, Jungs.“ Jetzt führte Quinn seine Brüder zurück zu Bloomfields Büro. Auf der Veranda vor dem Haus standen Mr Wainwright, Mr Marchette und der Rechtsanwalt. Offensichtlich hatten sie die gesamte Szene von hier aus beobachtet und schauten der Kutsche nach, die sich langsam im Dämmerlicht verlor.

„Das gefällt mir nicht. Das gefällt mir gar nicht.“ Thomas Wainwright zog die Augenbrauen zusammen. „Was wissen Sie über diesen Pierre Le Bonne, Bloomfield?“

„Vor ein paar Monaten ist er hier aufgetaucht. Er kaufte den Blauen Reiher und arbeitete sich in Natchez Unter-the-Hill recht schnell hoch. Unter anderem, indem er Matrosen anheuerte und sie den Schiffen zur Verfügung stellte. Lassen Sie mich einfach sagen, dass seine Methoden ziemlich … suspekt sind. Und wenn ich mich nicht komplett irre, glaube ich kaum, dass er dieses Mädchen wirklich heiraten wird. Viel wahrscheinlicher wird er Kiera und ihre Schwestern für sich in seinem Bordell arbeiten lassen. Und die armen Mädchen haben keine Ahnung, worauf sie sich da eingelassen haben.“

Rory sah Quinn durchdringend an. „Ich hab dir doch gesagt, dass …“

„Es gibt nichts, das wir tun könnten.“ Bloomfield schüttelte den Kopf. „Ihr Schwager hat die Mädchen zu Le Bonne gesandt. Vermutlich als Dienstmädchen – oder als Mündel, indem er Le Bonne die Vormundschaft übertrug. Es scheint alles legal abgelaufen zu sein.“

„Legal? Dass ich nicht lache!“ Marchettes Gesicht verzog sich vor Abscheu. „Wenn Sie recht haben, dann ist nichts legal von dem, was dieser Le Bonne mit den Mädchen vorhat.“

„Es gibt keine Beweise, dass …“

Quinn starrte den Anwalt an. „Ich muss das selbst überprüfen. Wo befindet sich diese Kneipe – dieses Bordell –, was auch immer es ist?“

„Ich werde Sie dort hinbringen“, nickte Wainwright. „Vielleicht sind wir im Unrecht und Le Bonne ist nicht so schlimm, wie wir alle angenommen haben.“

„Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie begleite?“ Mr Marchette streifte sich seine Handschuhe über. „Seit unserer Reise bin ich wie vernarrt in die drei Mädchen. Sie erinnern mich an meine eigenen Töchter in England. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ihnen etwas zustieße.“

„Natürlich.“ Wainwright wandte sich an Mr. Bloomfield. „Würde es Ihnen etwas ausmachen, die beiden Jungen zu meinem Anwesen zu bringen? Bitte sagen Sie Mrs Butler, dass ich in Kürze nachkommen werde.“

„Gern.“ Mit Blick auf die immer dunkler werdenden Straßen murmelte er: „Es ist ohnehin Zeit, das Büro zu schließen, bevor die zwielichtigen Gestalten ihre Runden drehen.“

Trotzig schob Rory sein Kinn nach vorne. „Ich komme mit dir, Quinn.“

„Ich auch“, ertönte die entschlossene Stimme des Jüngsten. „Megan ist meine Freundin.“

„Nein, Patrick. Du wirst mit Mr Bloomfield gehen.“

„Aber …“

„Wenn wir sichergehen wollen, dass Megan und ihre Schwestern wohlauf sind, haben wir jetzt keine Zeit für Diskussionen!“ Quinn legte seine große Hand auf die Schulter seines Bruders. Seine Stimme wurde sanfter, als er sagte: „Tu einfach, was ich sage. Bitte.“

Enttäuscht ließ Patrick den Kopf hängen: „Na gut.“


„Kiera, ich habe Angst.“ Amelias Stimme brach.

„Ich weiß.“ Kiera hielt ihre Schwestern fest im Arm, während sie die holprige Straße entlangfuhren. Immer wieder blickte sie aus dem Fenster. Was sie dort sah, drehte ihr den Magen um. Eine heruntergekommene Spelunke reihte sich neben die andere. In der Dämmerung wirkte die ihr gebotene Szene noch unheimlicher und sie betete, dass sie dieses zwielichtige Viertel bald verlassen würden.

„Ich mag diesen Mann nicht.“ Ängstlich schlang Megan ihre Arme um Kiera. Ihre Hände waren eiskalt.

„Alles wird gut werden. Monsieur Le Bonne war nur ein wenig …“

Bei dem Gedanken an das vernarbte Gesicht ihres Zukünftigen musste sie schlucken. Auf der gegenüberliegenden Sitzbank lagen einige Decken. Ohne zu wissen, was sie sonst tun sollte, griff sie nach einer der Decken und wickelte ihre Schwester darin ein. Sanft rieb sie ihr über den Rücken. „Er hat nur versucht, uns zu beschützen.“

„Aber wir hatten es doch gar nicht nötig, vor Patrick und Rory gerettet zu werden.“

„Aber er … er konnte das doch nicht wissen, oder? Bald werde ich verheiratet sein und dann wird alles gut werden.“

„Du wirst doch nicht etwa ihn heiraten?!“ Amelias Stimme war voller Entsetzen.

Kiera seufzte. „Ich habe leider keine andere Wahl, Süße. George hat es so arrangiert.“

Unter keinen Umständen hätte sie sich Monsieur Le Bonne – Pierre – freiwillig als ihren zukünftigen Ehemann ausgesucht. Nun hoffte sie darauf, dass die unglücklichen Vorkommnisse am Hafen ihre Sicht auf den Mann negativ beeinflusst hatten.

Selbst Quinn und sein Bruder Rory hatten ihr in diesem Moment Angst eingejagt. Selbst sie waren bereit gewesen, Blut zu vergießen. Männer und ihre Missverständnisse. Kiera seufzte.

Warum mussten sie nur immer zuerst handeln, bevor sie Fragen stellten?

Allen Versuchen zum Trotz wollte sich der Friede über die bevorstehende Heirat in Kiera nicht einstellen. Ob die Hochzeit vielleicht warten konnte? Es wäre sicher für alle von Vorteil, wenn Le Bonne und sie sich erst näher kennenlernten …

Ohne Vorwarnung blieb die Kutsche stehen. Kiera rutschte das Herz in die Hose. Anstatt das heruntergekommene Viertel hinter sich zu lassen, hielten sie mittendrin an. Alles Beten schien umsonst gewesen zu sein.

Quietschend öffnete sich die Tür der Kutsche. Sie widerstand dem Drang, sich in die hinterste, dunkelste Ecke der Kutsche zu verkriechen, und erlaubte stattdessen dem bulligen Mann, der sein Messer an Rorys Kehle gedrückt hatte, ihr aus der Kutsche zu helfen. Obwohl das zweistöckige Haus vor ihnen etwas hinter den restlichen Häusern der Straße gelegen war, wirkte es ebenso dunkel und beängstigend wie all die anderen Gebäude, die Kiera auf dem Weg hierher gesehen hatte.

Wortlos stiegen Megan und Amelia aus und stellten sich neben Kiera.

Der Riese scheuchte sie mit einer wilden Handbewegung vorwärts: „Hier entlang.“

Am liebsten hätte Kiera sich ihre beiden Schwestern geschnappt und wäre mit ihnen in die Nacht geflohen. Doch es gab keinen Ort, an den sie hätten gehen können. Hätte sie eine andere Wahl gehabt, als mit Le Bonne mitzugehen? Kiera dachte an das Leben des Jungen. Rory hatte nur versucht, sie zu beschützen, und dennoch …

Der Riese öffnete eine Tür des Gebäudes und trat dann zu Seite, damit die drei Mädchen hindurchtreten konnten. Vorsichtig schritt Kiera über die Schwelle. Megan und Amelia folgten ihr auf dem Fuß. Dann warf Claude die Tür ins Schloss und versperrte den Ausgang mit seinem bulligen Körper.

Zusammengedrängt standen die drei Mädchen im Raum und sahen sich um. Schon auf den ersten Blick wurde Kiera klar, dass sie sich nicht in einem Wohnraum befanden. Weit gefehlt. Nie zuvor war sie in einer Kneipe, einem Bordell oder etwas Vergleichbarem gewesen und doch wusste sie genau, dass sie dort gelandet sein mussten.

Es war noch nicht sonderlich spät, darum trieben sich nicht viele Gäste dort herum. Vereinzelt saßen sie an den Tischen und starrten herüber. Ein Schauder lief Kiera über den Rücken. Als sie ihren Blick über die Gäste am anderen Ende des Raumes gleiten ließ, lief Kiera rot an. Ein nur dürftig bekleidetes Mädchen hatte es sich auf dem Schoß eines Herren gemütlich gemacht und schien sich zu amüsieren.

In dem Versuch, Megan diesen Blick zu ersparen, schob sie sich vor ihre Schwester.

„Die Treppe rauf“, polterte plötzlich die Stimme des Riesen hinter ihr. Eilig lief Kiera los und zerrte Megan mit sich. Alles würde sie tun, wenn sie dadurch nur ihre Schwestern von hier fort bekäme.

Wieder standen sie vor einer Tür, die der Riese öffnete und beiseitetrat. Pierre Le Bonne saß hinter einem Schreibtisch, eine Zigarre in der rechten Hand. Ein Lächeln umspielte seine dünnen Lippen. Doch es erreichte seine dunklen Augen nicht.

„Mademoiselles. Herzlich willkommen im Blauen Reiher.“

Megan und Amelia drängten sich enger aneinander. Kiera musste etwas unternehmen. Und zwar sofort. „Monsieur Le Bonne. Könnte ich Sie einen Moment sprechen?“ Ihr Blick wanderte zu Megan. „Unter vier Augen, falls dies möglich wäre.“

„Ganz wie Sie wünschen.“ Er wedelte mit seiner Zigarre. „Claude, könntest du bitte … Entschuldigen Sie, Mademoiselle Kiera, aber ich kann mich nicht an die Namen Ihrer Schwestern erinnern.“

„Das ist Amelia. Und Megan.“ Die beiden Mädchen machten einen höflichen Knicks. Le Bonne lachte hohl, sichtlich amüsiert von dem tadellosen Verhalten der beiden.

„Claude, könntest du also bitte Megan und Amelia ihr Zimmer zeigen? Am besten bringst du auch ihre Koffer gleich hinein.“

„Das wird nicht nötig sein.“ Kiera hob ihr Kinn. „Auf keinen Fall können wir in einem Bordell wohnen.“

Langsam erhob sich Le Bonne und kam um den Tisch herum. Direkt vor Kiera kam er zum Stehen. Seine Augen wirkten noch unheimlicher als sonst. Es schauderte Kiera, als er erwiderte: „Natürlich könnt ihr.“

Bevor sie sich versah, hatte er sie am Arm gepackt und zog sie zu sich heran. Hinter ihr hörte sie Amelia aufschreien und fühlte, wie Megan nach ihr greifen wollte. Mit aller Kraft versuchte Kiera, sich aus dem Griff Le Bonnes zu befreien, doch er packte sie nur noch fester. Er drehte sie um, presste sie an seinen Körper und drückte ihr mit dem Arm die Kehle ab. Die schreckverzerrten Gesichter ihrer Schwestern verschwammen vor Kieras Augen, während sie nach Luft rang.

Claude packte sich Megan und Amelia und schleifte sie nach Le Bonnes Anweisung aus der Tür: „Schaff sie auf ihr Zimmer und schließ sie dort ein.“

„Bitte. Nein!“ Entsetzen machte sich in Kiera breit.

„Kiera!“ Megan trat und zerrte und versuchte verzweifelt, sich aus dem stahlharten Griff des Riesen zu befreien.

Heiser fing Kiera an zu schluchzen, als sich die Tür hinter ihnen schloss. Rücksichtlos drückte Le Bonne sie in einen Sessel, doch Kiera war dankbar, nicht mehr in seinem Würgegriff zu sein.

„Lass uns etwas klarstellen.“ Le Bonne rupfte den Brief aus der Tasche, den sie ihm zuvor überreicht hatte, und hielt ihn über eine Kerze. Er ging in Flammen auf, als das Feuer ihn berührte. „Es war durchaus amüsant herauszufinden, dass du in dem Glauben nach Amerika gekommen bist, meine Frau zu werden. Leider muss ich dir mitteilen, dass die Wahrheit nicht ganz so … wie soll ich sagen … romantisch ist?“

Er zog einen weiteren Brief aus seiner Tasche. „Nun, dieser Brief sagt uns die Wahrheit darüber, wieso ihr hier seid.“ Misstrauisch beobachtete Kiera, wie Le Bonne ihr den Brief entgegenstreckte. Anstatt ihn sich zu greifen, zog sie ihre Knie an und rollte sich auf dem Sessel zusammen.

„Willst du etwa nicht wissen, wieso euer lieber Schwager dich und deine schönen Schwestern zu mir geschickt hat?“, fragte er grinsend.

Benommen schüttelte Kiera den Kopf.

„Nimm ihn“, bellte er sie an. Vor Schreck sprang sie auf, griff mit zitternden Fingern nach dem Brief und begann zu lesen. Ganz offensichtlich hatte ihr Schwager sie hierherbringen lassen, um eine alte Schuld zu begleichen. Nicht als potenzielle Ehefrau, sondern als … Prostituierte.

Panik machte sich in Kiera breit und raubte ihr das letzte bisschen Verstand. Sie musste weg von hier. Sie musste ihre Schwestern finden und dann, so schnell es ging, fort von hier.

„Bitte, lassen Sie uns einfach gehen“, flüsterte sie mit tränenerstickter Stimme.

„Euch gehen lassen?“ Le Bonne lachte. „Ma chère, wo kämen wir da hin? Ihr drei seid eine Goldgrube für mich.“

„Wir drei?“ Vor Entsetzen war Kieras Stimme kaum noch hörbar. „Meg … Megan ist noch ein Kind.“

„Stimmt. Aber das tut nichts zur Sache.“ Der ausdruckslose Blick des Mannes sagte ihr, dass er es todernst meinte. Er würde weder Rücksicht auf sie noch auf Megan oder Amelia nehmen.

Mit eisigen Klauen nahm die Dunkelheit von ihrem Inneren Besitz. Was hatten Charlotte und George nur getan?

„Bitte. Ich werde alles tun. Aber …“ Kieras Stimme brach, sie war kaum mehr als ein Flüstern: „… nicht meine Schwestern. Nicht Megan. Ich flehe Sie an.“

Zufrieden lächelte Le Bonne sie an: „Ich wusste, wir würden uns einig werden, Mademoiselle.“

Das Haus hinter den Magnolienblüten

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