Читать книгу Gault&Millau RestaurantGuide Deutschland 2018 - Patricia Bröhm - Страница 27

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Unsere Besten in Berlin

Aufsteiger Absteiger Newcomer

19

Tim Raue

18

Facil

Lorenz Adlon Esszimmer

Reinstoff

Rutz

17

Fischers Fritz

Frühsammers

Horváth

Hugos

Volt

16

Bandol sur mer

Cookies Cream

Einsunternull

Glass

Golvet

Markus Semmler

Nobelhart & Schmutzig

Pauly-Saal

Richard

Skykitchen

15

Alt Luxemburg

Bieberbau

Coda

Dae Mon

Duke

Eins44

Ernst

Le Faubourg

Osteria Centrale

Schwein

Sra Bua by Tim Raue

Tulus Lotrek

14

Am Steinplatz

Brasserie Colette

5 – Cinco by Paco Perez

Cordobar

Golden Phoenix

Grill Royal

Herz & Niere

Honca

Il Punto

Lamazère

Lode & Stijn

Mani

Nithan Thai

Orania

Panama

13

Ryōtei

Frühsammers Bistro Grundschlag

Kin Dee

Mine

Nauta

Rosa Lisbert

Rutz Weinbar

Spindler

sowie

Borchardt

Brlo Brwhouse

Data Kitchen

India Club

BERLIN


14


5 – CINCO BY PACO PEREZ

im Hotel Das Stue

10787

Tiergarten

Drakestr. 1

(0 30) 3 11 72 27 40

5@das-stue.com

www.das-stue.com

Gastgeber: Christian Böckmann

Küchenchef: Paco Pérez

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 165 €

à la carte 83/113 €

res.

Wir machen es uns nicht leicht mit diesem Restaurant, das doch die perfekten Voraussetzungen für einen Höhenflug besitzt: einen bekannten Patron, erlesene Produkte, ein ehrgeiziges Hotel im Rücken – und eine finanziell weitgehend schmerzbefreite Kundschaft. Aber nachdem wir im letzten Jahr hoffnungsfroh verkündet hatten, dass der Knoten offenbar geplatzt sei, hat uns die Mannschaft unter dem neuen Küchenchef Miquel Villacrosa nun wieder in die Vergangenheit geschickt mit einem rekordverdächtig spannungslosen Menü. Offenbar will Paco Pérez es so, denn er kontrolliert aus der Ferne jedes Detail und legt leider Wert auf die Abwesenheit jeglicher Säurespitzen, Kontraste und Gewürze.

Was wir kosteten, lag immer zwischen süßlich mild und total fad, zwischen eisig kalt und lau. Schon die enorm kunstfertig präparierten Variationen aus gelbem und violettem Mais als Küchengruß für Zahnlose deckten exakt diesen Bereich ab, ruinierten mit zuckrigen Unterlagen auch gleich den knochentrockenen Aperitif-Cava. Vieles an diesem Küchenstil ist sicher Geschmackssache und entzieht sich der Bewertung.

Aber es kann eigentlich keine Debatte darüber geben, dass es Unsinn ist, herrliche Seezungenfilets sous vide komplett durchzugaren, anschließend kaum merklich anzubraten und damit eine fast schon mehlige Konsistenz zu erreichen, die sofort den Wunsch nach einer konventionell glasig gebratenen Seezunge und ihrem wunderbaren Biss aufkommen lässt. Zusammen mit einer säurefrei süßlichen Zitronenemulsion, perfektem Kartoffelpüree und einer kalten, mit Orangenblüten aromatisierten weißen Creme machte uns das Gericht einfach ratlos: Warum diese Bastelei?

Der einzige Kontrast, der hier offenbar erwünscht ist, ist das abgenudelte Motiv „Mar y Montaña“, das z.B. zu einer passablen Paarung von Langoustinen (beste Produktqualität!) mit geschmortem Schweinekinn führte, beides wiederum verbunden durch eine stumpfe Zitrushollandaise. Viel kalte Mandelmilch als Suppe deckte die Details eines Gerichts mit Garnelen ab, was dem versalzenen Garnelentatar schmeichelte, dem Granité von grünen Melonenschalen aber nicht und auch nicht den Melonenwürfeln und der Winzigkeit Kaviar, die langsam von einer Nocke Mandeleis abrutschte. Gut gefiel uns der „Arroz Meloso“, eine Art spanischer Risotto mit homöopathisch dosierten Einsprengseln von Iberico-Schinken, kleinen Tintenfischen und Pfifferlingen (Mar y Montaña…).

Das „Wagyu in zwei Schritten“ bestand aus einem mächtig dimensionierten Tatar mit einer in Stickstoff zu Würfeln erstarrten Béarnaise, „Kartoffelsoufflé“ alias winzigen gebackenen Kartoffelkissen sowie gebratenem Filet in stockbiederem Jus. Schließlich erschöpften sich auch die Desserts in filigranen Schattierungen eines Grundgeschmacks, sowohl bei den verschiedenen Cremes und Pralinen von „Schokolade und Kaffee“ als auch beim Milch-Millefeuille, bei dem Aprikosen und Ananas durch Dehydrierung bzw. Gelierung passend zum Gesamtkonzept weichgespült waren. Kurioserweise bietet die deutsch-spanische Weinkarte dazu eine mächtige Phalanx deutscher Großer Gewächse (zu dreistelligen Preisen), die mit ihrer betonten Frucht und Säure zum Essen überhaupt nicht passen – aber das gut aufgestellte, immer noch überzogen formelle Serviceteam findet auf der spanischen Seite bessere Partner.

Uns schien, dass das theoretisch intime Restaurant mit den fotogenen Kupfertöpfen unter der Decke unter dem grellen Neonlicht aus der Küche leidet und durch die Öffnung einer Durchgangstür zum Bistro zusätzlich an Stimmung verlor.

Was wir hier erleben, sind die stilistischen Reste der verblichenen spanischen Modeküche der Nuller Jahre. Aber warum muss sie unbedingt in Berlin weiterzuleben versuchen?


13


893 RYŌTEI

10623

Charlottenburg

Kantstr. 135

(0 30) 91 70 31 21

info@893-ryotei.de

www.893-ryotei.de

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 49/69

à la carte 21/61 €

res.

Im Golden Phoenix präferiert der umtriebige Multigastronom The Duc Ngo euroasiatische Cross-over-Gerichte, hier eine amüsante Aneignung des Japanischen. Man sitzt in einer ehemaligen Schlecker-Filiale, deren Außenfassade selbst für Berliner Verhältnisse eine Zumutung ist: Räudige Graffiti verunzieren die komplett verspiegelte Front und lassen die winzige Leuchtschrift „893 Ryōtei“ über der schwarzen Tür eines der gebuchtesten Lokale der Stadt kaum erkennen. Drinnen schwarze Wände, schwarz bekleidetes Personal, schummriges Licht, noch dezente Musikbeschallung und ein schwarz-weißes Porträt einer japanischen Bondagekünstlerin. Nun ja, vieles folgt einer inszenierten Provokation, die ja auch schon der Name verspricht: 8-9-3 ist der Geheimcode für „Yakuza“, die Schlägertruppe der japanischen Mafia (Ryōtei dagegen steht für nobles Restaurant).

In der Mitte des schlauchförmigen Raumes werkeln, schneiden, grillen die Köche und – das scheint ihre häufigste Tätigkeit – richten Vorbereitetes an, es muss ja schnell gehen, zwei Stunden hält eine Reservierung, bevor die nächsten Gäste drängeln. Die Karte ist groß, mäandert ohne tieferen Zusammenhang zwischen traditionellen japanischen Spezialitäten, Ausflügen in die peruanische Nikkei-Küche und Freistil-Kreationen.

Exzellent dank fein abgedimmter Säure die diversen Ceviche-Gerichte. Die ebenfalls aus Peru stammenden Anticuchos, gegrillte Kalbherzen am Spieß, werden undogmatisch, aber stimmig von einer Art Chimichurri begleitet und sind angenehm zart. Tintenfisch- und Garnelentempura mit exzellenter Mayo erhalten dank fein geschnittenen Jalapeño-Ringen einen rassigen Kick und mit seinen „Sashimi Taquitos“ – roher Fisch mit allerlei Saucen getrimmt, serviert auf kleinen mexikanischen Tacos – kreierte Duc ein eingängiges Comfort-Food.

Unter den japanischen Klassikern findet sich mit dem Chawanmushi ein ungewöhnliches Konsistenzwunder: Dashi und Vollei werden vermischt und gedämpft, bis sich daraus eine Art suppig-weicher Eistich bildet, der an leicht salzige Crème brûlée erinnert. Kleine Ungenauigkeiten wie die sich zusehends verflüssigende Konsistenz verziehen wir wegen der erfreulich üppigen Einlage aus Jacobsmuschel, Garnele, Shii-Take-Pilzen, Edamame und Lachskaviar. Beim Toro Sushi aus dem fetten Bauchlappen des Thunfischs mangelte es letztes Mahl an der herausragenden Fischqualität, die echte japanische Küche einfordert: Für das Warmzerschmelzen war der Toro zu sehnig. Makellos dagegen das Sashimi von der Meerbrasse, das mit einer sehr dezenten und ganz leicht getrüffelten Dashi-Yuzu-Brühe serviert wurde.

Ducs Talent, das er in seinem Dutzend Restaurants beweist, ist die Fähigkeit, sich eine Länderküche anzueignen und sie mit einem sexy Twist auf Hauptstadt-Niveau zu trimmen – vor allem für Gäste, die trotz ansprechender Sake- und Champagner-Auswahl erstaunlich oft Rotwein bestellen, der in diesem Genre keinen Sinn macht.


15


ALT LUXEMBURG

10627

Charlottenburg

Windscheidstr. 31

(0 30) 3 23 87 30

info@altluxemburg.de

www.altluxemburg.de

Gastgeber: Ingrid Wannemacher

Küchenchef: Karl Wannemacher

Mittags; Sonntag

Menü 60/80

à la carte 43/61 €

res.

Eine großartige Leistung: Seit nunmehr 35 Jahren gibt es dieses intime, feinbürgerliche Restaurant, seit November 1982 schreibt Karl Wannemacher hier jeden Tag die Karte, kocht und richtet an – eine denkmalwürdige Leistung, die wir immer wieder gern preisen. Leider nicht mehr lange, denn die Schließung ist für Mai 2018 angekündigt. Da ist ein Abschiedsbesuch geboten, denn die hier gepflegte Küche, die neue Impulse nur ganz behutsam aufnimmt, ohne altmodisch zu wirken, besitzt schon lange eine Art Alleinstellung in der Stadt.

Der zurückhaltende Wannemacher experimentierte schon anno 1989 mit asiatischen Aromen, ohne ein großes Gedöns draus zu machen, und wie gut das damals war, konnten wir zuletzt in einem Klassiker-Menü nachempfinden, zu dem das gedünstete Steinbuttfilet mit Zitronengrassauce und asiatischem Gemüse ebenso gehörte wie die rosa gebratene Entenbrust mit Honig-Ingwersauce, Karotten, Lauch und Chilinudeln – leise Gerichte, die allen Aromen ihren Platz lassen und nichts mehr beweisen müssen.

Zum saftigen lauwarmen Hummer gab es eine mit etwas Bisque abgedeckte Blumenkohl-Panna cotta, zum Kaninchenspieß eine sanft asiatisch angehauchte Pflaumensauce, zum marinierten Saibling fein ausgearbeitete Gurken-Miniaturen und, warum nicht, eine klassisch skandinavische süße Senf-Dill-Creme – es ist zu solchem Fisch zwar viel anderes, aber nie Besseres erfunden worden. Das mag auch für das meisterhaft präparierte und gebratene Kalbsbries gelten, das in einem schlichten Steinpilzrisotto plus gehobeltem Parmesan eine ideale Basis fand. Schließlich die wunderbaren Desserts, die in ihrer Art unübertrefflich sind: Grießknödel mit Kirschkompott und Vanilleeis, Drambuie-Parfait mit Himbeeren und Himbeersorbet oder Beerengratin mit Cassissorbet locken zwar keine Trendscouts mehr an, machen aber zuverlässig all jene glücklich, die vom Abendessen nicht zwingend eine zeitgeistige Performance erwarten.

Ingrid Wannemacher und Oliver Körber sind ein perfekt eingespieltes Serviceteam, ihre Weinauswahl ist im Berliner Vergleich immer ein wenig brav, aber stets freundlich kalkuliert.

Wir gratulieren der Familie Wannemacher zur grandiosen Lebensleistung und bedauern sehr, dass sie im nächsten Guide wohl nicht mehr präsent ist. Es wird vielen treuen Berliner Gästen schwerfallen, nach der Schließung Vergleichbares zu finden.


14


AM STEINPLATZ

10623

Charlottenburg

Steinplatz 4

(0 30) 55 44 44 70 53

restaurant.steinplatz@hotelsteinplatz.com

www.hotelsteinplatz.com

Gastgeber: Steve Pietschmann

Küchenchef: Nicholas Hahn

Samstag, Sonn- und Feiertag

Menü 69/79

à la carte 36/62 €

res.

Die Grüße aus der Küche, ob die auf Heu gebetteten, hübsch anzusehenden Spielereien wie Sellerie-Cannelloni, Räucherfisch-Macaron und Tomaten-Marsh-mallows in Parmesan-Mantel oder das Aaltatar mit Senfeis und angegossenem Rotkohlsud, signalisieren, was kommt: Streberteller.

Bei der in Fond marinierten, dann geflämmten Gurke mit Dill, Radieschen, roh marinierten Kartoffel-Spaghetti und angegossener Ponzu-Sauce demonstriert Nicholas Hahn, der vier Jahre im First Floor bei Matthias Diether arbeitete, seinen handwerklichen Feinschliff und seinen kunstgewerblichen Eifer. Noch deutlicher wird beides bei den Zucchini, die er schält, ein wenig dehydriert, die Schale derweil pulverisiert, das Pulver mit Gewürzen mischt und damit der Zucchini eine neue Schale verpasst. Dazu versammelt er mit Spinat als Salat und mit Parmesan als Creme, makelloser Béarnaise, marinierter Minze und Cashewnüssen ein überladenes Durcheinander. Leider. Er macht sich viel Arbeit und spielt mit Säure – wahrlich nicht ungelenk, aber es wirkt nicht locker von der Hand, sondern angestrengt.

Wenn Hahn den konzeptionellen Turbo herunterfährt, gelingen ihm erfreuliche Kreationen, die er kunstvoll arrangiert Zum Beispiel bei der rohen Fjordforelle mit Sauerklee, Scheiben von Bete und Meerrettich, Korianderöl und angegossener Ceviche-Marinade aus Zitrone und Roter Bete. Oder bei – fast schon keck – krossen Chicken Wings, zitronig marinierten Navettenscheiben und dem leicht scharf gewürzten Strunk von Romanasalat und Miesmuschel-Mayo. Hahns Fleiß bringt dabei Köstliches aus dem Einfachen hervor, wenn er die Hühnerflügel erst sous vide gart, paniert und dann zu perfekter Konsistenz frittiert.

Mal reicht sein Ehrgeiz ins Absurde, wenn er mit Pulpo, Schwein, Hummerbisque, Fenchelcreme, gegrillter Pampelmuse und Miso den Gaumen schlichtweg überfordert.

Mal verblüffen solche Kabinettstückchen: Eine gepellte Tomate füllt er mit einem Kompott aus Ananas, Minze und Birne und übergießt sie beim Schmoren im Ofen immer wieder mit Tomatenkaramell. Dazu gibt er ein leichtes Sternaniseis – und macht klar, dass er sich nicht lange in einer Liga zerreißen möchte, in der ihm 75 € für 5 Gänge ein Limit setzen. Fördert ihn die Marriott-Gruppe, die das modernisierte Jugendstilhotel führt? In Gastgeber Steve Pietschmann und Barmanager Christian Gentemann stellt sie ihm schon mal zwei versierte Könner zur Seite, mit denen mehr möglich ist.

Die zweite Kochmütze ist greifbar nah. Hahn erreicht sie aber erst, wenn der krampfhaft wirkende Ehrgeiz weicht und er es viel gelassener angeht.


16


BANDOL SUR MER

10115

Mitte

Torstr. 167

(0 30) 67 30 20 51

contact@bandolsurmer.de

www.bandolsurmer.de

Gastgeber: Hans Wichmann und Jean Cohen

Küchenchef: Andreas Saul

Mittags; Dienstag, Mittwoch

Menü 74/118

à la carte 29/62 €

res.

Am Wochenende wird’s streng: Reservierungen ab 18 Uhr, bis 18.30 können Sie 5 Menügänge bestellen, aber nur – was auch bei angestrengtem Nachdenken jeden Sinn entbehrt – ohne Weinbegleitung. Bis 21 Uhr muss der Tisch für die nächsten Gäste geräumt sein. Das schreckt ein bisschen ab und ist wahrscheinlich so geregelt, damit sich das winzige Restaurant rechnet. Denn der Grundriss kommt einem Döner-Imbiss nahe, der hier tatsächlich mal war. Dessen Drehspieß stand dort, wo man heute in der offenen Küche Andreas Saul und sein durchweg tätowiertes Team sieht. An den Imbiss erinnert selbstverständlich nichts mehr, leger ist es trotzdem, aber mit Stil: Die Wände sind, wie so vieles hier, Schieferschwarz gehalten, verziert allein von einer schön geschwungenen Kreideschrift, die die beiden fünfgängigen Menüs (eins mit viel, eins ohne Fisch) ankündigt, und dem winzigen Bild eines präparierten Tiers; zu hören ist 80er Jahre-Pop in erträglicher Lautstärke. Und der Eindruck von Überreglementierung, der so gar nicht in das lässige Ambiente passen will, verflüchtigt sich schnell: Verschiedene Menüs an einem Tisch? Nur vier Gänge ohne Dessert? Die Gänge aus den Menüs mischen? Kein Problem.

Die Küche gönnt sich einen großen Spielraum. Von der altfranzösischen Rustikalität bei der köstlichen Pâté de foie de poulet, in Zwiebeln gefüllt, mit Apfel und Zwiebel in Texturen und Blutwurstbrotchip bis zu den modischen Asien-Aromen der Yuzu-Creme und des Miso-Umami zum zart geflämmten Müritz-Saibling mit Kopfsalatvariation. Auch bei der Komposition aus aufwendig gegarter Möhre mit Möhrencreme, flüssig-milchiger Möhrensauce, handwerklich sehr gut gemachten Schafskäse-Dumplings, der Süße von Melonenkugeln und der Würze von Majoranblüten und -chip intoniert die Küche die obere Geschmacksklaviatur.

Umso enttäuschender wirken danach eine zu lange gegrillte bretonische Rotbarbe mit fein-säuerlich abgeschmeckter Mayonnaise, Schmorgurke und sehr gutem Muschelsud oder ein totgegrillter Wolfsbarsch mit einer weiteren Variation von der Zwiebel, feiner Pinienkerncreme und delikater Kalbskopfvinaigrette mit grobem Senf. Solch mangelnde Sorgfalt lässt die zweite Kochmütze heftig wackeln. Die ohnehin bedauernswerte Ĕtouffée-Taube muss noch Pökeln, Brennnessel und Gewürzgurke erdulden und ist damit kulinarisch vom namensgebenden Bandol-sur-mer ebenso eine Geschmackswelt entfernt wie Desserts à la Kirschen mit Mais und Sauerklee oder Erdbeeren mit Weizengras-Granité.


15


BIEBERBAU

10715

Wilmersdorf

Durlacher Str. 15

(0 30) 8 53 23 90

restaurant@bieberbau-berlin.de

www.bieberbau-berlin.de

Gastgeber: Familie Garkisch

Küchenchef: Stephan Garkisch

Mittags; Samstag, Sonn- und Feiertag

Menü 43/66

à la carte 38/50 €

res.

Kaffeepartner

Nein, kein Tippfehler. Namensgeber ist (gottlob!) kein Zuchtbiber im Hauptgang, sondern der legendäre Stukkateurmeister Richard Bieber, der sich hier Ende des 19. Jahrhunderts mit seinem opulenten Kunsthandwerk verewigte. Unter dem profiliert sich Stephan Garkisch vor allem mit seinem Sinn für Kräuter und Gewürze, die er auf einem eigenen, 1000 m2 großen Feld im Naturpark Barnim ausbaut. Entsprechend vielseitig ist sein Gartensalat, den er um Stangensellerie, Radieschenstifte und ein recht fest gebackenes Bio-Ei bereichert und mit ein wenig Saiblingskaviar dekoriert.

Zum mutig mit Salz und Pfeffer gewürzten Kabeljau kontrastiert die fast balsamisch süße Creme aus Roter Bete und harmonieren die knackigen Erbsen sowie deren Püree und Sprossen; kleine Scheiben Rote Bete und Blüten verzieren den Teller. Beim schönen Rücken vom Fläminger Reh entzückt der klare Bratenfond noch mehr als das Geleit aus Hagebuttenpüree, Gnocchi, sehr guten dicken grünen Bohnen, obligaten sautierten Pfifferlingen und Klee, natürlich aus dem eigenen Garten. Der trägt auch das wahrlich seltene Hahnenkammsorbet und die dekorative Vogelmiere zum Dessert aus Mascarponecreme, Baiser und frischen Erdbeeren bei.

All das dürfte manchem Gast noch besser schmecken, wenn die Tische nicht so eng gestellt, die wortkargen Servicekräfte nicht so in Eile und die (fair kalkulierten) Weine nicht durchweg so jung wären. Doch halt, nach einigem Suchen finden wir 2005er Pettenthal von St. Antony für sagenhafte 42 €.


12

BORCHARDT

10117

Mitte

Französische Str. 47

(0 30) 81 88 62 62

sekretariat@gastart.de

www.borchardt-restaurant.de

Gastgeber: Roland Mary

Küchenchef: Dennis Markov

à la carte 32/78 €

res.

Roland Marys Borchard ist eine Berliner Institution. Hier treffen sich Medien- und Meinungsmacher, feiern Stars und Sternchen während der Berlinale und japanische Touristen scheinen das Borchardt-Schnitzel (das die Hälfte aller Bestellungen ausmacht) fest auf ihrer To-eat-Liste zu haben.

Wie für Institutionen üblich, ranken sich Mythen um das Wohnzimmer der Society. So die Legende des „inneren Kreises“. Soll heißen: Nur wer vom Service als wichtig betrachtet wird, bekommt einen Platz in der Mitte des Raumes zugewiesen – was Quatsch ist. Die besten Plätze befinden sich im Sommer eh auf dem schattigen Hof und der Service ist ganzjährig professionell genug, niemanden spüren zu lassen, er sei zweite Wahl. Dafür pflegt der Service eine selten gewordene Kunst: Er kann die sehr ordentliche Seezunge für mehrere Gäste am Tisch tranchieren. Eine gute Alternative zum angeblich besten Schnitzel Berlins – der nächsten Legende.

Daneben gibt es ein klassisches Grill- und Meeresfrüchteangebot sowie Bistro-Standards von der Fischsuppe bis zur Foie gras. Den Anschluss an die Neuzeit versucht die Küche mit peruanischem Ceviche, hawaiianischem Poke und japanischem Beef Tataki zu halten. Doch unser Vergnügen an dem zarten Fleisch (mit sautiertem Spinat, Basilikumöl und Mango-Melonen-Brunoise serviert) wurde durch die kaum vorhandenen Röstaromen geschmälert, die das Kurzgebratene eigentlich erst zum Tataki erheben. An den Modernismen auf der Karte lässt sich der Anfang der 2000er stehengebliebene Stil der Küche erkennen: Zum Seeteufel gibt’s ein Mango-Papaya-Chutney und auch der tadellos gegarte und ordentlich bemessene Steinbutt (gern mit Sepiarisotto) wird von Maracujasauce fast ins Kitschige gedreht.

Leider keine Legende ist die Preiskalkulation, die sich nur über Lage und Kultstatus erklären lässt. Oder sind 0,3 l Bier vom Fass für 7 € ein Wink mit dem Zaunpfahl, doch besser die zum Teil wohlgereiften Weine aus Frankreich und Deutschland zu wählen? Tipp: Die wechselnden Mittagsangebote sind sehr zu empfehlen und trotz exponierter Lage zurückhaltend kalkuliert.


14


BRASSERIE COLETTE BY TIM RAUE

10789

Schöneberg

Passauer Str. 5–7

(0 30) 21 99 21 74

office@brasseriecoletteberlin.de

www.brasseriecoletteberlin.de

Gastgeber: Bianca Zedler

Küchenchef: Dominik Obermeier

à la carte 26/68 €



Wenn auf einer Brasserie Tim Raue draufsteht, dann ist keine verschnarchte französische Traditionsküche drin, sondern geschärfter Zeitgeist: Also werden die Schnecken, mit viel Petersilie und Croûtons im Weckglas serviert, per Ochsenmark und reichlich Säure köstlich munter, kommt die Entenleberpâté mit eingelegten Kumquat-Schalen, grünem Pfeffer und Pistazien und entführt die Zwiebelsuppe in ein fernöstliches Fantasieland der Aromenwucht. Wie Raue es schafft, so viel Geschmack in den Klassiker zu bekommen, bleibt sein Geheimnis, aber ein Dashi mit Sternanis und Zimt spielt eine wesentliche Rolle.

Auch bei den Hauptgerichten lässt Raue, der hier in Dominik Obermaier einen versierten Statthalter hat, die Aromentrommel schlagen. Beim Cordon Bleu mit Pilzsauce, Erbsen und Karotten ist die vermeintliche Jägersauce (in einer Sauciere serviert) cremig-kompakt und komplex im Geschmack, sind die Möhren so intensiv, als wären sie in Sweet-Chili-Sauce confiert, erhebt sich das köstliche Erbspüree übers Beilagenniveau und ist das Fleisch ein Aha-Erlebnis: fast klassisch gefüllt mit Käse und rohem ungeräuchertem Schinken, aber in Tempura-Teig ausgebacken, in dem sich ausgelassene Speckwürfel verstecken – und das Ganze für weniger als 20 €. Sehr zarter Pulpo (mit der à part servierten Zitronen-Béarnaise schon eine Freude) verdient durch Pastinakenpüree mit Kalbskopfjus und die Kreation aus Salatherzen, Fischsauce, Zuckersirup, Zitrone und Birne ein oh, là, là-Zungeschnalzen. Fast klassisch verabschiedet sich die Küche mit kleinen, frisch gebackenen Madeleines mit Schokoladeneis, Mango Curd und hausgemachtem Eierlikör.

Das Aromenspektakel begleitet der gut aufgestellte Service angenehm locker, die französisch-deutsche Weinkarte zu allen Budgets.



12

BRLO BRWHOUSE

10963

Mitte

Schöneberger Str. 16

(01 51) 74 37 42 35

brwhouse@brlo.de

www.brlo-brwhouse.de

Küchenchef: Ben Pommer

Montag; mittags von Dienstag bis Freitag

Menü 15/69

à la carte 12/31 €

res.

In der ganzen Welt herrscht Einigkeit über das Essen, das in einem Brauhaus angemessen ist: deftig-regional oder globales Barbecue. Aber wir sind in Berlin, das Brauhaus heißt „Brwhouse“, und deshalb gibt es hier zum hausgebrauten Craft Beer Gemüse satt. Wer sich durch die kompliziert aufgebaute Karte arbeitet, findet am Ende noch vier Fleischsorten, die in unterschiedlichen Größen und mit verschiedenen Beilagen geordert werden können. Wurst und Brez’n allerdings sind auch für Geld und gute Worte nicht zu haben.

Die Küche fühlt sich der fermentativen Internationale zugehörig, die Gemüse im Naturzustand generell als verdächtig empfindet und deshalb viel Arbeit in deren Verfremdung steckt. Aber das Ergebnis macht durchaus gute Laune, wenn ein im Ganzen gegarter Blumenkohl mit Vadouvan, Bierglasur, Parmesan und Nussbutterbröseln sämtliche kulinarischen Moden des ablaufenden Jahres versammelt oder der wilde Brokkoli mit fermentierten Radieschen und Schafskäse dringend ersehnte Frische ins grünliche Einerlei bringt.

Zum Einstiegspreis von 15 € gibt es einen Gemüsegang, eine Beilage und ein Gericht „on top“, zum Beispiel deutschen Kimchi mit Kümmel oder Mixed Pickles. Ob das zusammenpasst, ist egal, zumal alles – nächste Mode – „zum Teilen“ gedacht ist. Das bedeutet in der Praxis, dass die Küche alles Bestellte auf einmal schickt, was dann zu einem heillosen Durcheinander führt und das achtbare Fleisch, Lamm aus dem Smoker oder Schweinerippchen, kalt und zäh werden lässt.

Getrunken wird selbstverständlich Craft Beer gehobener Qualität, aber für Weintrinker sind auch ein paar gute Flaschen im Haus. Untergebracht ist das alles in einer Burg aus 38 gebrauchten Seecontainern, die selbstverständlich von feinster Architektenhand ausgehöhlt und mit maximal unbequemen Sitzmöbeln gefüllt wurden. Der herzhaft duzende, sehr unterschiedlich verpeilte Service tut das Seine, um die vielen enthusiastischen Gäste zu überzeugen: So was gibt es nur in Berlin.


15


CODA DESSERT BAR

12047

Neukölln

Friedelstr. 47

0 30) 91 49 63 96

info@coda-berlin.com

www.coda-berlin.com

Küchenchef: René Frank

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 60/95 €

res.

Kein Namensschild und auch sonst kein auffälliges Indiz, das verrät, was sich hinter dieser für Neukölln typischen Schmuddelfassade verbirgt – wer hierher findet, so die Überlegung des Coda-Chefs René Frank, der soll auch hierher wollen und zumindest eine ungefähre Ahnung mitbringen, was ihn als Desserts erwartet: nie nur süße Kunstwerke, die von leichten, extrem sensibel abgestimmten Drinks begleitet werden. Das Dessert-Tasting-Menü in 6 Gängen lässt sich ab 21.45 Uhr auf 4 reduzieren, ab 22.30 Uhr ist ein Walk-in ohne Vorgaben möglich.

Das mag restriktiv klingen, ist aber die einzig sinnvolle Art, den dramaturgisch sehr durchdachten Ritt durch die außergewöhnlichen Pairings anzugehen. Franks Kreationen sind immer leicht und überraschend, Zucker spielt bis zum Ende praktisch keine Rolle. Wenn er Süße benötigt, um z.B. einem herben Cocktail aus Oolong-Tee mit Safran, Kreuzkümmel und Sherry Oloroso Kontra zu bieten, dann zieht er sie aus Gemüse: Aubergine mariniert und als Chip mit Lakritzpulver, angegossenem Apfelbalsamico und Pecannusseis.

Die Kombination von Ananas, Koriander und Cashew zusammen mit einem Drink aus Pandanblätter-Auszug, Vogelbeeren-Brand und Limette wirkt animierend wie ein Aperitif. Als Nächstes vielleicht Süßkartoffel, Mango, Sauerrahm und braune Butter zu einem herbfruchtigen Drink aus Molke, Himbeere, Mezcal, IPA-Bier und Zitrone? Oder geröstete Bananencreme mit weißem Piura Kakao, Birnenessig-Tapiokaperlen und Darjeeling-Tee-Eis, wozu der Jamaikarum mit einem sinnlichen Gimmick serviert wird: Gastgeber Leonhard Elias Klank sprüht dem Gast davor einen Nebel in die Hand aus duftender Mandel und Tonkabohne.

Gegen Ende schwenkt das Menü nur scheinbar in gewohnte Bahnen: Der einzige Käsegang zitiert den Dessertklassiker Fondant au chocolat, ersetzt aber das Schokoladentörtchen durch gereiften Bergkäse (außen feste Creme, innen zartschmelzend), dazu Birne, Süßholz und Kraut. Die Schwere nimmt ein Cidre, der mit Zirbelkiefer parfümiert wurde. Die Gänge wechseln mit der Jahreszeit, nur am furios rauchigen Finale aus kräftiger Schokolade, Pflaume und Zichorie wird so lange festgehalten, bis der mit Single Malt Whisky angereicherte Lambrusco alle ist.


16


COOKIES CREAM

10117

Mitte

Behrenstr. 55

(0 30) 27 49 29 40

cream@cookies.ch

www.cookiescream.com

Gastgeber: Jan Haring

Küchenchef: Stephan Hentschel

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 44/55

à la carte 37/49 €

res.

Der irre Eingang neben den Müllcontainern auf dem Hof des Westin-Grand-Hotels ist längst vom Handicap zum Markenzeichen des besten vegetarischen Restaurants der Stadt geworden. Es muss weiterhin in dieser Sparte auch in ganz Deutschland keine Konkurrenz fürchten – wenngleich sich immer mehr Spitzenköche mit dem Thema Gemüse intensiver auseinandersetzen und zu ähnlichen Ergebnissen kommen.

Küchenchef Stephan Hentschel, der im Crackers eine Etage tiefer Fisch, Steaks und Geflügel in beachtlicher Qualität zubereitet, bietet hier Vegetarisches und Veganes auf gefälligem Preisniveau. Deshalb sind manche Gerichte recht einfach und gut vorzubereiten wie der Salat von Radicchio Castelfranco mit rosa Grapefruit, mariniertem und mit etwas Curry bepudertem Blumenkohl und mildem Feigensenf. Aber selbst bei solchen Zubereitungen fällt auf, wie ausgefeilt und klug reduziert sie sind, denn Überladung ist nicht Hentschels Sache. Die Gurkenwürfel kommen mit Schafsmilchjoghurt, einmal pur, einmal als Flan, gewürzt mit Liebstöckel, Miso und Borretschblüten, das verströmt schöne Leichtigkeit. Blüten und Kräuter kommen übrigens wie ein guter Teil des Gemüses aus dem eigenen Garten in Brandenburg.

Etwas tiefgründiger ist das Herz vom Blumenkohl, das hier nur Schelme „Strunk“ nennen würden, pittoresk wie ein Minibaum angerichtet mit abgeflämmten Spitzen; dazu gibt es Rauchmandeln, eine Curry-Vadouvan-Sauce und kleine, sauer eingelegte Scheiben von der Chinakeule, die auch als unpolitischer „Spargelsalat“ bekannt ist. Und als substanzielles Hauptgericht bieten sich allemal die berühmten Parmesanknödel an, z.B. mit Spinat und Trüffelsauce, oder das Onsenei mit Spargel und Kartoffel-Bärlauchpüree, alles natürlich bestens abgeschmeckt und gegart. Und die Desserts wie das Kerbelsorbet mit gesüßtem Hafer oder die Erdbeerschnitte mit Limette, Minze und weißer Schokolade halten das Niveau.

Der Service agiert so zackig wie die Küche, manchmal ist das dreigängige Menü nach einer guten Stunde durch, und es bleibt nicht allzu viel Zeit für den Wein von der äußerst modebewusst sortierten Karte, die stark auf „Nature“-Stars wie Riffault oder Matassa setzt, aber auch klassische Rieslinge bester deutscher Provenienz bietet. Das schroffe Loft-Ambiente bleibt Geschmackssache, die stilistisch abgestimmte Musik bleibt immer ein Phon unterm zu-laut-Werden – und eine Klimaanlage schafft auch im Sommer angenehme Kühle und damit eine Alternative zur nicht vorhandenen Terrasse.


14


CORDOBAR

10115

Mitte

Große Hamburger Str. 32

(0 30) 27 58 12 15

bar@cordobar.net

www.cordobar.net

Küchenchef: Waal Sterneberg

Mittags, Montag

à la carte 11/46 €

res.

Das schier undenkbare ist nun doch geschehen: Die Blutwurstpizza steht nicht mehr auf der Karte. Mit diesem Klassiker der ersten Stunde verschwanden auch Lukas Mraz und seine an Wahnsinn grenzenden Kreationen, die immer einen Tick zu aromatisch, zu komplex und zu scharf waren, um als Weinbegleiter durchzugehen. Für Mraz, der nie einen Hehl daraus machte, zu Höherem berufen zu sein (was wir auch glauben), kam Waal Sterneberg zurück, der schon in der Anfangszeit mit am Herd stand und dann internationale Erfahrungen sammelte.

Seine komplett überarbeitete Karte respektiert die Cordobar als Weinelysium der beiden Top-Sommeliers Gerhard Retter und Willi Schlögl. Deren „Weinbuch“ wurde in den letzten Jahren zwar um viele „ausgetrunken“ ergänzt, es versammelt aber immer noch alles aus Deutschland und Österreich, was Rang und Namen hat. Dazu Ausgesuchtes aus Frankreich und Italien, beneidenswert viele alte Jahrgänge und wahre Raritäten. Immer mehr und wichtiger werden die sogenannten Naturweine, die ebenso unkonventionell im Anbau wie unberechenbar in ihrem Geschmack sind.

Sternberg nutzt die oft schroffe Stilistik dieser Weine für seine Küche, die mit Aromen nicht geizt, Schärfe durchaus gekonnt einsetzt, aber gelegentlich etwas zu ölig und undefiniert daherkommt. Bei der in einem Mais-Ballen eingebackenen Auster mit Thai-Basilikum-Avocado-Creme zum Beispiel, würde man nicht schmecken, wenn er die Auster vergessen hätte. Das Zandercarpaccio leidet unter einer Flut aus Schnittlauch- und Curry-Öl, der auch Mandelsplitter und Aprikosencreme nichts entgegenhalten können. Und das gut gebratene Secreto vom Ibéricoschwein mit Saubohnen wird von einer sehr mächtigen Kamillen-Béarnaise erschlagen.

Auf der anderen, köstlichen Seite stehen Gerichte wie ungepult-frittierte Shrimps mit Curry-Minz-Schaum, in Koji-Schimmelpilz fermentierter Speck mit gegrillter Paprika und Kamillenpulver oder Glattbutt mit Pasta, Leinsamen und Hanfsaat. Hier setzt Sternberg zwar auch reichlich Öl ein, aber es passt gut zu den wilden Weinen, die Willy Schlögl glasweise und mit schlafwandlerischer Treffsicherheit dazu empfiehlt. Zwei Gerichte verdienen noch besondere Erwähnung. Das geschnittene Tatar mit Taleggio-Creme, Tomate, frittierten Kartoffelstückchen und Haselnusskrümel schmeckt schlicht ergreifend, die krossen BBQ-Hähnchenstücke mit leicht süßlichem Gulaschsaft, Hummus und frischer Minze vermählen sich so innig mit der Cuvée La Gerbotte von der Domaine de L’Arlot in Nuits-St-Georges – das ist Cordobar par excellence: extrovertiert, unberechenbar, aber voll auf den Punkt.

Und die Kirschen mit Blauschimmelkäse und Pistazie sollten Sie auch probieren! Die Desserts haben eine sehr feine Salznote und sind dadurch besser mit Wein kombinierbar.


15


DAE MON

10178

Mitte

Monbijouplatz 11

(0 30) 26 30 48 11

mail@dae-mon.com

www.dae-mon.com

Gastgeber: Stefan Reinhardt

Küchenchef: Raphael Schünemann

Mittags außer Samstag und Feiertag; Sonntag

Menü 48/56

à la carte 24/55 €

res.


Koreanisch – das war das Modethema der vorletzten Saison. Doch es wurde schnell klar, dass allein mit Kimchi in Rot und Weiß sowie allerhand Grillfleisch auf Dauer wenig Staat zu machen ist. Der erfahrene Gastronom Hyun Wanner wusste das schon bei der Gründung des noblen, schick designten und beleuchteten Dae Mon – und nahm sich noch viel Zeit für die Suche nach einem nachhaltigen Konzept und dem dazu passenden Küchenchef.

Raphael Schünemann, zuvor Chefpâtissier im Reinstoff, ist der neue Mann am Herd und hat weitgehend freie Hand. Das bedeutet, dass er die koreanischen Klischees zurückdrängt und nur noch ab und zu ein wenig Sauerkraut einsetzt, dafür aber tiefer in die Materie eindringt und sich sehr intensiv mit den Möglichkeiten der Fermentation und den verschiedenen traditionellen Würzpasten beschäftigt. Das Ergebnis ist ein oft satter Umami-Geschmack, der zwischen den Welten vermittelt und allemal Appetit auf mehr weckt.

Ein wichtiger Unterschied zu den landläufigen asiatischen Restaurants ist die kleine, auf ständigen Wechsel ausgerichtete Speisekarte, die uns allerdings befürchten lässt, dass wir nie wieder die wunderbare Komposition aus Borrettane-Zwiebeln, Enoki-Pilzen und weißen Trüffeln kosten dürfen… Das war reine Reinstoff-Schule, souverän ins Weltläufige gedreht, perfekt balanciert. Die hochmodische Makrele kam als Tatar mit Gurken und Äpfeln in Form von Gel und Chutney, der Oktopus mediterran-asiatisch aufgefächert mit kleinen Tomaten, Sellerie, Wakame-Algen und Koriander. Die schön zarte Entenbrust bot mit rotem Kimchi ein kleines Korea-Zitat, ist aber so, nämlich mit Himbeergel und Himbeerpulver sowie kleinen gefüllten Hefeklößchen, sicher noch nie zubereitet worden.

Sicher ein Übergangsphänomen: Manche rein europäischen Kompositionen wie die Fischsuppe oder die Hähnchenbrust mit Petersilienwurzeln und Erbsen verblassten – dafür konnte sich der Küchenchef als gelernter Pâtissier mit Desserts wie den Süßkirschen mit Macadamia-Nüssen und weißer Schokolade oder der Passionsfruchtmousse mit Mango und knusprigen Kräutercroûtons bestens in Szene setzen.

Die Weinauswahl liegt in Vielfalt und Qualität ebenfalls weit über dem üblichen deutschen Korea-Niveau, der Service dagegen leider nicht. Aber das sollte niemanden von einem Besuch abhalten.



12

DATA KITCHEN

10178

Mitte

Rosenthaler Str. 38

(0 30) 68 07 30 40

info@datakitchen.berlin

www.datakitchen.berlin

Gastgeber: Christian Hamerle

Küchenchef: Alexander Brosin

Abends

à la carte 11/26 €


Das erste „digitale Restaurant“ Berlins – heißt es. Aber keine Angst, hier spuckt kein 3-D-Drucker vorverdautes Essen auf den Teller, gekocht wird analog nach alter Väter Sitte mit Herd, Grill und Dämpfer. Nur ist eben der Bestell- und Bezahlvorgang komplett ins Internet verlegt worden. Die Mitarbeiter, die man kaum noch Kellner nennen kann, geben gegen Bares nicht mal einen Kaffee heraus. Deshalb hängen die Gäste noch mehr als überall sonst über ihren Handys und warten auf die Anzeige: Das Essen ist fertig. Dann gehen sie zu einer gläsernen Wand mit vielen Klappen, auf denen der Name des Bestellers angezeigt wird. Ein Tipp auf die Mail, und die Klappe öffnet sich, na, jedenfalls meistens.

Der Vorzug dieses Systems, das sich der Hausmieter, der Software-Riese SAP, ausdachte, liegt darin, dass es keine vertane Zeit mehr gibt, denn wer pünktlich zur vorab gewählten Zeit kommt, wird von seinem Essen praktisch schon erwartet. Hinterher muss er auch nicht um die Rechnung bitten, denn die ist ja schon bezahlt, inklusive Trinkgeld nach Wahl.

Aus den Abholfächern nimmt man bodenständige, leichte Gerichte, die sich mit dem Büroalltag vertragen und kulinarisch weit über Kantinenalltag liegen. Das kann ein Stück geschmorter, schön zarter Tafelspitz (logisch: „2.0“) mit gegrilltem Lauch, einer Radieschenvinaigrette und Kartoffel-Gurkensalat sein oder ein mediterraner Serviettenknödel, ein bisschen trocken, mit Pilzen und Tomaten. Der Salat aus alten Sorten, wie es heißt, trägt sogar den Vornamen des Erzeugers, eines gewissen Peter, und er knackt tatsächlich vor Frische, zumal er à la mode längs in Viertel geschnitten ist. Auch das Brot ist, falls Sie eine Wertung von uns erwarten, kochmützchenwürdig. Als Dessert gibt’s Kuchen, auch eine tadellose Crème brûlée mit Erdbeeren, deren Kruste allerdings bis zum Essen erweicht, denn sie kommt zusammen mit den anderen Gerichten – Profis ordern sie deshalb eine Viertelstunde später…

Das Getränkeangebot reicht von bunten Mixgetränken, Smoothies und Säften über ein paar anständige Weine bis rauf zum Champagner, ist also für alle Anlässe gerüstet. Außer für romantische, denn um 17 Uhr ist Schluss.


15


DUKE

im Ellington Hotel

10789

Charlottenburg Nürnberger Str. 50–55

(0 30) 6 83 15 40 00

contact@duke-restaurant.com

www.duke-restaurant.com

Gastgeber: Jessica Kleinert

Küchenchef: Florian Glauert

Sonntag

Menü 59/79

à la carte 22/78 €

res.


Der kulinarische Aufschwung der West-City ist bislang immer noch nur ein Schwüngchen mit Rückschlägen. Aber das liegt sicher nicht an Florian Glauert, der im jazzigen Duke schon über fünf Jahre lang den Küchentakt angibt und darüber hinaus auch als Küchendirektor für das Ellington-Hotel im Hintergrund fungiert. Er hat seine Linie mit unkonventionellen Vorspeisen und eher konservativ anmutenden Hauptgängen konsolidiert, wobei „konservativ“ natürlich an Berliner Maßstäben zu messen wäre… Aber mit dem oft angestrengten und anstrengenden neuen Regionalstil hat er nichts im Sinn, und auch die Weine schmeicheln ausnahmslos dem eher traditionellen Geschmack.

Im Sommer legt er sogar meist ein Hummermenü auf, das angesichts der vernünftigen Preisgestaltung als guter Kauf gelten darf. Wir haben es probiert, vom überraschend harmonischen Ceviche mit Aprikosenessigsorbet, Pfifferlingen und Zwiebel-Pakora über eine klassisch ausgewogene Bisque mit Ofentomaten bis zum Hummer Thermidor, sanft gratiniert, auf Spinat in der Schale angerichtet und von Sommertrüffel-Linguine und etwas Salat begleitet. Das macht satt und zufrieden, auch wenn es ganz bewusst nicht als letzter Schrei inszeniert ist.

Ohne Hummer? Bitte sehr: gerösteter Pulpo mit weißer Tomatencreme, Paprika und Gurke oder ein Urkorn-Risotto mit fermentiertem Butternut-Kürbis, Steinpilzen, Schalotten und einem dichten Holunderbeerencoulis, der gut passte, aber die Komposition ein wenig zu schwer wirken ließ. Schließlich schickte die Küche gute Paella Valenciana mit confiertem Knoblauch und weißen Bohnen, die nur durch intensiven dunklen Jus verbunden war mit nacktem Kaninchenrücken und ebensolcher, etwas übergarter Hühnerbrust – eine nicht wirklich überzeugende Dekonstruktion des Klassikers. Eine große Stärke des Restaurants ist die Pâtisserie, die vielfältige Kirschvarianten mit leichter Schokopraline und Mais-Eis schickt oder auch mal ein „Frozé“, gefrosteten Rosé-Wein mit Erdbeeren, Vanillecrumble und Veilchenkrokant.

Der neu formierte Service machte seine Arbeit ausgezeichnet. Die Weinkarte schien uns quantitativ deutlich geschrumpft zu Lasten der oberen Preisregionen, was in der Praxis kein Verlust ist, denn das Angebot ist nach wie vor vielfältig aufgestellt und nicht zu teuer kalkuliert. Man sitzt gut im schlicht-eleganten, zuletzt ein wenig entrümpelten Restaurant mit offener Küche oder im von Mauern umschlossenen großen Garten; wer mag, kann im Sommer sogar vor der Tür essen. Sehr empfehlenswert: der gute, preisgünstige Lunch.


15


EINS44

12045

Neukölln

Elbestr. 28/29

(0 30) 62 98 12 12

info@eins44.com

www.eins44.com

Gastgeber: Jonathan Kartenberg und Maximilian Frieser

Küchenchef: Tim Tanneberger

Samstag- und Feiertagmittag; Sonntag, Montag

Menü 46/73

à la carte 41/53 €

res.

Ein alter Berliner Trend hat sich umgedreht. Früher scheiterten hoffnungsvolle Restaurantprojekte oft daran, dass der Küchenchef ging und sein Nachfolger die Qualität abrutschen ließ. Heute ist die Zahl gut ausgebildeter, kreativer Köche in der Stadt aber längst so groß, dass der nächste es oft noch besser macht. Dieses charmante zweistöckige Restaurant in einer restaurierten Destillerie ist so ein Fall: Tim Tanneberger, der Neue, bereicherte um eine gehörige Dosis Raffinesse und Frische. Schon die selbstbewusste Art, in der er rohen Kabeljau, nur kurz abgeflämmt, mit Trauben und einer leicht gebundenen Lindenblütensauce kombiniert, zeigt sein Geschick: Denn die sanfte Schärfe von roten Chilischoten bändigt die süßen Elemente.

Dünn gehobelter Kohlrabi wölbt sich über einer sanften Creme von Zedernüssen, umgeben von einer kalten Senf-Riesling-Sauce, rohes Wagyu-Rindfleisch, gerollt mit einer cremigen Gemüsefüllung, bildet den Hintergrund für die feinen Aromen von Champignons und Römersalat, und beim Kopfsalat nebst grüner Salatcreme knacken Artischockenchips und Kapern. Der rosa Lammrücken fasziniert durch Möhren nebst intensivem Möhrengrün auf einer Sauce aus weißen Bohnen und Salzzitrone. Zum Dessert namens „Radler“ fügen sich Biersorbet, Zitronenschaum, Malzteigbrocken und Sauerklee in köstlich erfrischender Manier, und auch bei den mit Erdbeersorbet gefüllten Erdbeeren, ergänzt um knusprigen Buchweizen, Kräuter und Crème fraîche, staunten wir über diese erstaunlich eigenständige und selbstbewusste Stilistik.

Das Weinangebot lässt zu vernünftigen Preisen nur wenig (prestigiöse) Wünsche offen, der Service arbeitet tadellos, und auch die Preise fürs Essen sind mehr als vernünftig; wer es noch billiger haben will, der muss zum Lunch kommen, der natürlich kulinarisch einfacher gebaut ist. Der dritte Hinterhof bietet Parkplätze – und eine nette, ruhige Sommerterrasse.


16


EINSUNTERNULL

10115

Mitte

Hannoversche Str. 1

(0 30) 27 57 78 10

kontakt@einsunternull.com

www.einsunternull.com

Gastgeber: Ivo Ebert

Küchenchef: Andreas Rieger

Sonntag, Montagmittag

Menü 82/122 €

res.

Puristischer Regionalismus bis ins Extrem – das ist das polarisierende Konzept, das in Berlin gegenwärtig nicht nur hier ausprobiert wird, eine ausgedachte Küche, die ihren Reiz aus der künstlichen Selbstbeschränkung bezieht, oder, je nach Standpunkt, eben auch nicht. Der Grat zwischen Scheitern und Erfolg ist besonders schmal, wenn es absolut nichts wegzulassen gibt und die Küche keine Konzessionen an den „normalen“ Geschmack macht, sich wenig um die Saison schert und mit meist monochromer Strenge anrichtet. In den verschiedenen, übers Jahr nur sehr gemächlich wechselnden Gerichten ist beispielsweise die Bitternote, die von den meisten Köchen gezielt unterdrückt wird, bei Andreas Rieger eine prägende Konstante.

Der Grund, der uns dieses Jahr zu einer höheren Bewertung veranlasst, ist indessen leicht zu nennen: Nicht nur einmal fanden wir hier eine Art Urgeschmack messerscharf auf den Punkt gebracht, zum Beispiel schon bei den kleinen Teigtaschen als Amuse-bouche, die umwerfend intensives, aber nicht penetrantes Champignonaroma transportierten. Von Anfang an ist somit klar, dass die hohen Preise nicht in erster Linie für den Wareneinsatz gezahlt werden, sondern für die Suche nach den optimalen Grundprodukten und die intensive Arbeit der Küche mit ihnen.

Fast schon ein Klassiker sind die gehobelten Champignons auf einer Brotcreme mit Tupfen von Leinöl und winzigen Blüten aus der Zwiebelfamilie, auch der „Landkaffee“, ein ungewöhnlich herber Chicoree-Abschnitt mit einem (unsüßen) Quittenauszug, überpudert mit, wie wir früher abschätzig gesagt hätten, Ersatzkaffee, stand lange auf der Karte. Innovationen werden hier nie im Wochenrhythmus ins Menü geschleudert, sondern unterliegen einem intensiven Denk- und Probierprozess, der eines auf jeden Fall sicherstellt: So, wie es schmeckt, soll es auch schmecken.

Dunkle Zwiebelbrühe mit Fichtensprossen und Zwiebeln, rosa Rinderherz auf Gerstenpüree und Dinkelgrascreme oder das auf minimalen Kontrasten aufbauende Selleriepüree mit eingewecktem Spargel und Haselnussmilch entheben sich deshalb in ihrer selbstvergessenen Perfektion der Kritik, sind aber allemal anregender Diskussionsstoff. Bodennäher, vertrauter schmeckt das gebeizte Saiblingsfilet, das seinen diskreten, aber prototypischen Rauchton aus einem Mantel von schwarzer Lauchasche bezieht, kontrastiert mit einer hier schon fast lautstark wirkenden süßen Emulsion von Karotten und Leinöl.

Grün mit Schnittlauchstaub überpudert kommt die Kombination aus Sonnenblumenkernen in wieder betont herber Creme mit Topinambur und einem Hauch Meerrettich auf den Teller, bevor es dann bei den Desserts vergleichsweise exaltiert und kontrastreich endet: Unter knusprig bröselndem karamellisiertem Weizenmehl ist ein mit Anis aromatisiertes Topinambur-Eisparfait mit einem süßen Einsprengsel von Birnengelee versteckt, und auch „Salat/Essig und Öl“ ist ein Dessert: Frischer Kopfsalat mit getrockneten Salatblättern auf einem Eis aus Traubenkernöl und einem Hauch Essig.

Patron Ivo Ebert und Sommelier Steve Hartzsch, die beide enorme Weinkenntnisse haben, teilten die Karte in geschmackliche Kategorien ein. Wer die stilistisch passenden „Natur“-Weine nicht mag, findet viele andere individuelle Abfüllungen sowie eine ganze Reihe von alkoholfreien Getränken. Der Aperitif kann dann auch mal ein betont herb-trockener Rhabarbersekt aus Dänemark sein…

Viel weniger polarisierend als die kulinarische Seite ist das Drumherum, die mit auserlesen puristischem Geschmack ausgewählte Tafelkultur und die klare Einrichtung. Das Restaurant – deshalb der Name – liegt im Keller mit Lichthof; mittags wird oben gegessen, wo es vor der offenen Küche lockerer und beiläufiger zugeht.



15


ERNST

13347

Wedding

Gerichtstr. 54

info@ernstberlin.de

www.ernstberlin.de

Gastgeber: Spencer Christenson, Dylan Watson-Brawn, Paul Klein, Christoph Geyler

Küchenchef: Dylan Watson-Brawn

Montag, Dienstag

Menü 155 €

res.

Die meist beachtete Neueröffnung des Jahres. Lang genug hat es ja gedauert, bis das als Private Dining-Projekt aus der fünften Etage einer Weddinger Wohnung gestartete Ernst ein Restaurant wurde, das von außen nur zu erahnen ist: eine frisch gestrichene graue Fassade, eine mit Vorhängen komplett verschleierte Fensterfront, ein Klingelknopf, auf dem „Ernst“ steht.

In dem puristisch-edel designten Inneren ein L-förmiger Tresen, der maximal zwölf Gäste auf eine raumdominierende Kücheninsel ausrichtet. Dort werkeln drei Köche an einem Menü, das man im Voraus wie ein Konzertticket bezahlen muss, optional die Weinbegleitung gleich mit. Das Menü umfasst zwischen 20 bis 35 Mikro-Gänge, die nicht vorher bekannt gegeben werden, die jeden Tag anders sein können und die an Produktpurismus nicht zu übertreffen sind. Jeder der Gänge wird von einem der Köche serviert und anmoderiert, gute Englischkenntnisse sind für die Gäste von Vorteil.

Wem das alles schon jetzt zu speziell wird, der braucht nicht weiterzulesen, denn es wird noch sehr viel spezieller.

Die Stationen des aus Kanada stammenden Küchenchefs Dylan Watson-Brawn, 24, der in Tokio im Ryugin, in New York u.a. im Eleven Madison Park und im Kopenhagener Noma war, lassen ahnen, dass hier einer seinen Fokus extrem aufs Produkt – überwiegend Gemüse – legt. Aber er kopiert nicht, sondern entwickelte mit seinem Kompagnon Spencer Christenson in den drei Supper-Club-Jahren einen eigenen Stil: herausragende Produkte zu finden und sie japanisch inspiriert so zu präsentieren, dass ihre einzigartige Qualität optimal zur Geltung kommt.

Voraussetzung sind absolute Frische, puristische Arrangements, bei denen sich nichts überlagert, nichts vermischt oder auf Gefälligkeit getrimmt wird. Und es gilt, die Geschichte hinter dem Produkt zu vermitteln, wie es entstand und wer es geschaffen hat – Wertschätzung also. Was sich anhören mag wie eine Lektion in transzendental-kulinarischer Achtsamkeitsmeditation, ist nichts anderes als das, was in der japanischen Hochküche Kaiseki umschreibt. Und was unerfahrene Esser vor große Rätsel stellt.

Ganz so kompliziert gestaltet sich der Ritt durch gut zwei Dutzend schnell hintereinander servierte Gänge in der Praxis dann doch nicht. Ein „Shot“ aus vor zwei Stunden geernteten Gurken mit Kapuzinerkresseblüten; frische Kichererbsen, kurz blanchiert, angeräuchert und in Sonnenblumenöl mit einem Hauch Salz abgeschmeckt; Tomaten in Tomaten-Dashi und Basilikumöl – die Reizempfindlichkeit wächst mit jedem Gang. Der Gast justiert seine Sinne auf den Eigengeschmack der Gemüse – Suggestion oder Produktmagie, es funktioniert.

Man muss sich dieses Menü wie eine sich steigernde Sinfonie vorstellen, die ganz leise beginnt und das Publikum lauschen lässt. Dazwischen setzt Watson-Brawn wohldosierte Akzente, die sich wie kleine Belohnungen für die erbrachte Aufmerksamkeit anfühlen: Baby-Zucchini hauchdünn wie Tempura in Dinkel-Bier-Teig ausgebacken; Gurken in einem Gelee aus selbst angesetztem Essig; gegrillte Salatblätter mit Essig und Petersilienöl; auf dem Robata-Grill leicht gebräunte Chilis, in Chili-Dashi getaucht und von einem Pulver aus getrockneten Chilis des Vorjahres ummantelt. Dashi, die Umamiwaffe, die selbst nach nichts schmeckt, ist ein wiederkehrendes Element. Essig ein anderes. Und – wie bei den Chili – das Mit-sich-selbst-Würzen: Eine sehr klein gewachsene Möhre wird langsam in Rohmilchbutter gebraten und erst gewendet, wenn ihr Saft austritt. So karamellisiert die Möhre mit ihrer eigenen Süße.

Was das Ernst neben den Produkten auszeichnet, ist die gekonnte Dramaturgie der Speisenfolge, die immer kräftigere Aromen ins Feld führt: Pfifferlinge, die erst wenige Stunden zuvor gepflückt wurden, sind leicht mit Essig parfümiert und in karamellisierter Sahne gebettet – ein unvergesslich intensives Pilzerlebnis. Oder winzige, al dente gegarte Linda-Kartoffeln werden mit einer Sabayon aus oxidiertem Johannisbeerwein und Raucharomen zu einer süffigen Delikatesse. Und der von Dylan Watson-Brawn ohne merklichen Gewürzeinsatz gemachte Mangalitza-Schinken liefert mit seinem fokussierten Geschmacksbild pures Vergnügen.

Den dramaturgischen Höhepunkt setzen drei Gänge: Zuerst ein in Textur und Geschmack herausragendes Chawanmushi mit Mais-Dashi und Maisgras – ein japanischer Klassiker, mit Eistich nur unzureichend vergleichbar – erfährt hier auf handwerklich hohem Niveau eine regionale Neuverortung. Dann, als einziger Fleischgang, ein daumengliedgroßes Stück Wachtelbrust mit Pulver getrockneter Preiselbeeren. Die Intensität des Fleisches resultiert aus seiner Reifung: eine Woche in Federn, zwei Wochen trocken und drei Wochen in Bienenwachs. Und als finaler Paukenschlag ein Aal, nach Ike Jime-Art geschlachtet und in konzentriertem Aal-Fond Unagi-artig karamellisiert. Nach diesem Höhepunkt folgt ein Ausklang in mehreren Dessertgängen, wovon ein köstliches Karamell von ausgelassenem Mangalitza-Speck anstelle Butter in Erinnerung bleibt.

In weniger fruchtbaren Jahreszeiten kann man davon ausgehen, dass der Eiweißanteil des Menüs steigt, womöglich werden es auch weniger Gänge werden. Was auch seinen Reiz hat: Austern und andere Meeresbewohner werden im Ernst-Konzept nicht ausgeschlossen. Falls zudem ein Vergleich mit Nobelhart & Schmutzig erlaubt ist: Was dort als irrwitzige und immer unterhaltende Show inszeniert wird, hat hier mitunter etwas Didaktisches, Ermüdendes. Dass die Gerichte erklärt und die Produzenten geehrt werden, ist interessant und hilft der Fokussierung. Wenn dies bei über 30 Gängen geschieht, ergänzt durch Winzer-Philosophien und -Anekdoten zu biodynamischen Weinen (es gibt auch wilde Weinalternativen), wird der Abend zu einer Informationsveranstaltung. Da darf gerne noch nachjustiert werden, denn auch eine Küche der Achtsamkeit darf den Gast und dessen Aufnahmefähigkeit nicht aus dem Auge verlieren.


18


FACIL

im Hotel The Mandala

10785

Tiergarten

Potsdamer Str. 3

(0 30) 5 90 05 12 34

welcome@facil.de

www.facil.de

Gastgeber: Manuel E. Finster

Küchenchef: Michael Kempf, Joachim Gerner

Samstag, Sonntag

Menü 119/189

à la carte 86/135 €

res.

Der lichtdurchflutete, von einem Bambuswald gesäumte, mit seinem plätschernden Brunnen Zen-artige Ruhe atmende Gastraum repräsentiert das Gesamterlebnis Facil: eine der verlässlichsten und angenehmsten Adressen der Stadt. Maître Manuel Finster und Sommelier Felix Voges wahren seit 16 Jahren die Kontinuität im Service, auch schon 11 Jahre stehen Chefpâtissier Thomas Yoshida und der mittlerweile zum Küchenchef beförderte Joachim Gerner dem stillen Star Michael Kempf bei den subtil abgeschmeckten Produktinszenierungen verlässlich zur Seite.

Kontinuität auch bei Produzenten – Binnenfische liefert seit Jahren die Fischzucht Birnbaum aus dem Allgäu, Wollschwein schickt schon lange Bauer Beuthe aus dem nahen Schwante – und den Rennern auf der Karte, der exquisiten Seezunge und dem Kotelett vom dry aged-Kalb. Und auch das gilt ehern: Das Zusammenspiel zwischen Service und Küche zumindest funktioniert bestens, die Weinempfehlungen treffen jenseits großer Namen und modischer Effekthaschereien.

Das Amuse-bouche signalisiert Erstbesuchern den Stil der Küche. Amalfizitronenperlen auf Mascarpone in einer Kaviardose angerichtet und auf Eis serviert, künden vom Verzicht auf plakative Edelprodukte und zeigen fast spielerisch, was Kempf bewegt: Die harmonische Einbindung bitterer Aromen in einen von Frische getragenen Kontext, in dem hochästhetisch inszeniert immer nur ein Produkt im Zentrum steht.

Das sieht und schmeckt man auch beim Taschenkrebssalat unter Basilikumgelee mit einem Garten aus rohen Spargelspänen, angeräuchertem Spitzkohl, angegrillter Grapefruit und diversen Blüten, umspült von intensivem Krebssud und Basilikumöl. Oder beim innen glasig gegarten, außen mit Rauchund Röstaromen gegrillten Langostino auf Erbsen in Texturen, Krustentierschaum und sanft in Himbeeressig gebeiztem Mangold; Frische und einen Hauch Bitterkeit liefert die Creme aus Erbse und Verbene. Deutlich kräftiger im Geschmack präsentiert sich das in Kalbsjus glacierte Kalbsbries mit rohen Champignonscheiben, Saure-Gurken-Geleewürfeln, Dill und Shiso-Öl, das von einem Schaum aus Räucheraal und Cidre ebenso kontrastreich wie harmonisch den für Kempf typischen Dreh erhält.

Den vermissten wir beim perfekt gegarten Tafelspitz vom Poltinger Lamm, zu dem Ingwerzwiebel, karamellisierte Aubergine, feine Sauce aus tasmanischem Pfeffer, Moussaka-Creme und Tomatenmarmelade zwar ein schönes Bild für sich stimmiger Begleiter bildeten, aber nicht die übliche aromatische Spannung im Gericht bewirkten.

In solche Breschen springt Thomas Yoshida mit einem seiner Kunstwerke, etwa aus Edelschokolade, die ein mit Himbeere und Rhabarber gefülltes cremiges Podest bildet, auf dem Sauerampfereis, Yuzu-Creme, Kerbelchip sowie Himbeervarianten von einem Pâtissier in Bestform zeugen. Das ist nicht zu süß, nicht zu schwer, fruchtbetont und doch vielschichtig in fein aufeinander abgestimmten Texturen und Aromen – großartig!

Bleibt noch der selten gewordene Luxus zu erwähnen, dem Gast mittags die Wahl zu lassen, ob er die intelligent und abwechslungsreich komponierte Lunchkarte oder das volle Abendprogramm in Anspruch nimmt. Auch dem wünschen wir Kontinuität.


17


FISCHERS FRITZE

im Hotel Regent

10117

Mitte

Charlottenstr. 49

(0 30) 20 33 63 63

fischersfritz.berlin@regenthotels.com

www.fischersfritz-berlin.de

Gastgeber: Vedad Hadžiabdić

Küchenchef: Christian Lohse

Menü 115/190

à la carte 100/195 €

res.

Wer in Berlin das genaue Gegenteil von Casual Fine Dining sucht, findet hier jene Fortführung klassisch französischer Küche, die vielen heute als antiquiert, schwer und unsexy gilt – dargeboten zu Weltstadtpreisen im adäquaten Bühnenbild mit schweren Teppichen, opulenten Kronleuchtern, edlem Besteck und Porzellan. Keine Geschmacksfrage ist die Güte des Gebotenen: Was die Seconds des formal verantwortlichen, hier selten gesehenen Christian Lohse aus der Küche schicken, schmeckt einfach richtig gut. Denn Nico Goll und Norbert Krüger beherrschen ihr Handwerk aus dem FF und kaufen das Beste, was bis Berlin geliefert wird.

Makellos das dezent gewürzte Langostino-Carpaccio, in die Mitte setzte Lohse einen Zylinder aus geschlagenem Sauerrahm, der anfänglich und für sich genommen etwas salzig schien. In Kombination mit den dezent gewürzten Langostinos hingegen und dem großartigen Saiblingskaviar, der als Topping auf den Zylinder gesetzt wurde, ergab das eine aromatische Punktlandung. Glücklicherweise bissen wir nicht auf die Langostinoschere, die als Dekoelement eingesetzt wurde, auf deren Spitzen lag ein hauchdünnes grünes Stück Esspapier aus Kartoffel und Algen. Sehr beeindruckend das sanft gedämpfte ungewöhnlich dicke Stück der Meerforelle mit zarten Pfifferlingen, dekorativen Erbsensprossen und kleinen Erbsen, der ein vorzüglicher Erbsenfond angegossen wurde.

Wie jedes französische Spitzenrestaurant pflegt auch dieses seine Signature dishs. Die Gänseleberterrine mit Räucheraal, pfeffrigem Karamell und Avocadokonfitüre bleibt sicher auf der Karte, bis der letzte betuchte Tourist sie mit Begeisterung goutiert hat. Wer die Kreation schon kannte, konnte sich heuer einen anderen Hausklassiker, das Onsenei, auf eine Scheibe Gänseleberterrine setzen lassen, die auf großen Morcheln lag und durch Brunnenkresse coulis einen vitalen Kick bekam. Am modernsten erlebten wir Lohses Fritz bei den Hauptgängen: Die boten – als Protest gegen Wagyu und HaJa-Tec-Grill? – in beiden Menüs nur Fisch. An Fleisch gab’s à la carte Ente mit gesäuerter Walnussjus und Milchkalbshaxe mit süffiger Béarnaise. Desserts wie Erdnussmilcheis mit einer außergewöhnlich abgeschmeckten Misokaramell und unterschiedlichsten Cerealien erlebten wir auf der Höhe der Zeit, die schon in der Vergangenheit hochgelobten Petits Fours verführerisch wie eh und je…

Erst jetzt, und damit viel zu spät, begrüßen wir im Service den nach Berlin zurückgekehrten Vedad Hadžiabdić, einen Souverän der großen Gastlichkeit. Vielleicht kann er die auch beim Wein einbringen. Da befremdeten uns die überraschungsfreie, vor allem mit bekannten Namen und viel zu jungen „Großen Gewächsen“ agierende Weinkarte, die ahnungslose Sommeliersempfehlung eines 2011er Mosels als „gereiften Riesling“ und die Kalkulation der Offenen mit Faktor 5. Aber auch das lässt sich hier toppen: mit 20 € für den Liter Preussenquelle.


17


FRÜHSAMMERS

14193

Grunewald

Flinsberger Platz 8

(0 30) 89 73 86 28

info@fruehsammers-restaurant.de

www.fruehsammers-restaurant.de

Gastgeber: Peter Frühsammer

Küchenchef: Sonja Frühsammer

Mittags von Mittwoch bis Samstag; Sonntag bis Dienstag

Menü 99/109 €

res.

Viele solvente Genießer der Stadt wohnen im grünen Südwesten, und ihnen muss man nicht groß erklären, wo es das für sie passende Essen gibt: Sonja Frühsammer in der Küche und ihr Mann Peter im Service sind ein Traumteam, das in seiner noblen, großzügig ausgestatteten Villenetage zwischen Tennisplätzen kaum Touristen, aber zahllose Stammgäste anzieht. Er hat selbst einmal geglänzt als junger Küchenchef vor Jahrzehnten, war einer der wenigen West-Berliner Küchenstars, aber ihm ist zuzustimmen, wenn er sagt: „Meine Frau kocht heute besser, als ich es jemals konnte.“

Aber das Klischee der irgendwie erkennbar femininen Küche verfängt hier nicht, außer vielleicht im überlegten Stil, der nicht gleich jede Mode mitmacht, sondern von Maß und Balance geprägt ist – auch zur abendlichen Runde zu den in aller Regel beglückten Gästen rang sich die zurückhaltende Küchenchefin erst spät durch. Das Berlin der kulinarischen Hipster-Szene mit Craft-Bieren, fermentierten brandenburgischen Wurzelgemüsen und Umami-Experimenten ist weit, was nicht heißt, dass sie nicht auch eine perfekte vegetarische Vorspeise hinbekommt wie die Tomatenvariationen mit Escabèche, Ingwer und Sauerampfereis, wunderschön floral angerichtet.

Denn auch dabei zeigt sich ihr kulinarischer Verstand, der das zentrale Element, eben die Tomaten, flankiert und variiert, ohne sich in der Verfremdung als Selbstzweck zu verlieren. Gleiches lässt sich sagen über die rohe Gelbflossenmakrele, die auf dem hier obligatorischen Hering-Porzellan ganz im Zentrum einer Komposition mit Rettich, Koriander, Teriyaki-Aroma und knuspriger Hühnerhaut lag. Kompakter angerichtet war das makellos gebratene Kalbsbries mit einer cremig gefüllten Zwiebel, fein geschnittenen Erbsenschoten und einem Hauch Vadouvan in der markanten Sauce; der zarte Oktopus flirtete fruchtig mit Tamarillo, Avocadowürfeln und Basilikum; der saftige Rochenflügel kam klassisch im Fenchel-Safransud, aber originell beflügelt durch ein paar süße Aprikosenstücke.

Wenn es ans Fleisch geht, dämpft und erleichtert die gemüsebetonte Begleitung hier geschickt die animalische Wucht des Gebratenen. Zum Ostalb-Lamm waren es Beluga-Linsen, verschieden abgestimmte Gurken und eine sanfte Senfcreme, zum kernigen, klassisch gebratenen Rehrückenfilet Streifen von grünem Spargel, Pfifferlinge, Haselnusscreme und ein mit Ochsenmark überschmolzener Grießknödel. Auch Desserts wie weißes Schokoparfait mit Cassissorbet und Knusperkaramell auf hauchdünnen Nektarinenscheiben oder eine Komposition aus Erdbeersorbet, Kokoscreme und Verveine-Schaum sind ohne Schwere und aromatisch intensiv.

Serviert wird von einer enthusiastischen Crew, die genau den richtigen Ton findet, nicht lange mit Aufsagen nervt, aber auf Wunsch alle Details sachkundig erläutert.

Der Patron ist ein phänomenaler Sommelier, der sein riesiges Angebot ständig aktualisiert und verfeinert und sich nicht lumpen lässt, wenn der Gast die sehr empfehlenswerte Weinbegleitung ordert – da kommt garantiert nichts Billiges oder Banales. Allerdings ist er kein großer Anhänger der „Natur“-Mode und schenkt nur das ein, was davon hohen Ansprüchen standhält.

Alles komplett mit 5 Gängen gibt es als „Frühsammers Abend“ für sehr fair kalkulierte 185 €.



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FRÜHSAMMERS BISTRO GRUNDSCHLAG

14193

Wilmersdorf

Flinsberger Platz 8

(0 30) 89 73 86 28

info@fruehsammers.de

www.fruehsammers.de

Gastgeber: Peter Frühsammer

Küchenchef: Sonja Frühsammer

Montagmittag

à la carte 27/41 €

res.

Auf zwei Beinen steht sich’s auch gastronomisch besser. Also eröffneten Berlins beste Köchin Sonja Frühsammer und ihr Mann, der souveräne Gastgeber Peter, neben ihrem Gourmetrestaurant dieses kleine, stilvoll-reduziert eingerichtete Zweitlokal für veredelte, aber gleichwohl preisgünstige Bistroküche.

Auf die rustikalen Holztische kommen neben den in Berlin obligaten Klopsen mit Roter Bete auch andere regionale Klassiker, die einer Frischzellenkur unterzogen werden, ohne dass es gestelzt wirken würde. Birne, Bohne und Speck gibt’s so zum selbstverständlich perfekt gebratenen Kabeljau: die Birnen und Bohnen mariniert als Cassoulet, den Speck als knusprigen Bacon.

Auch das Schweinefilet ist ein Topprodukt, optimal gegart und mit Kartoffel-Zwiebelstampf, Chorizo-Crunch und seidigem Jus edelrustikal begleitet. Spargelsuppe wird mit Büsumer Krabben aufgewertet und erhält von Salatstreifen einen besonderen Twist. Steht der Salat im Zentrum, wird er von Büffelmozzarella, Basilikumeis, Croûtons und Salzzitrone in feinere Gefilde erhoben. Desserts wie Crème brûlée und Schokoladenmousse sind tadellos.

Und selbstredend lässt Peter Frühsammer auch hier keine Weinfrage offen.


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GLASS

10623

Charlottenburg

Uhlandstr. 195

(0 30) 54 71 08 61

www.glassberlin.de

Gastgeber: Jacqueline Lorenz

Küchenchef: Gal Ben-Moshe

Sonntag, Montag

Menü 75/95 €

res.

Eine erstaunliche Entwicklung: Der Menüpreis wurde gesenkt, 5 Gänge für 59 € bei 3 Amuse und einem Pré-Dessert dürfte auf diesem Niveau konkurrenzlos sein. (Alle Gänge können auch zu gehobenen Gasthauspreisen à la carte gegessen werden.) Neu auch die Zweiteilung der Weinbegleitung in „Klassik“ und „Prestige“, Letztere übersteigt den Menüpreis allerdings deutlich. Und auf der digitalen Tablet-Karte stehen mehr und mehr Weine aus dem Libanon und weit ins letzte Jahrtausend hineinreichende Jahrgänge. Alle, ausgenommen Schaumweine, werden dank der Coravin-Technik auch offen angeboten.

Die erstaunlichste Entwicklung vollzog die Küche: Der aus Israel stammende Koch und Wirt Gal Ben-Moshe, der früher Erinnerungen an Gerichte aus seiner Kindheit mit hohem Technikeinsatz und ziemlich verkopft auf Gourmetniveau hievte, widmet sich nun der Evolution der ostmediterranen Küche. Auf traditionellen Rezepturen und aus typischen Produkten aus Nordsyrien, dem Libanon und Israel vereint er ausdrucksstarke Aromen zu filigran anmutenden Arrangements: Einen in Butter confierten Zander setzt er mit säuerlich mariniertem Fenchel und mit Rosenblättern parfümierter Beurre blanc ebenso opulent wie süffig in Szene. Zu Roter Bete gibt er Kichererbsen, mild gesäuerten Freekeh (grünen, über Kohle getrockneten libanesischen Weizen) und Labane, eine Art entwässerter Joghurt.

Kaschk, einen lange gereiften, Pecorino-artigen Hartkäse, löst Ben-Moshe in Kakaobutter, frostet und zerreibt ihn zu einem Pulver, das roh marinierter Jacobsmuschel und eingelegter Kaktusfeige einen sauer-scharfen Dreh gibt. Tulum, der noch ganz in der Tradition der Nomaden in einem Kamelbalg reifte, inszeniert er als Widerpart zu Salzzitrone, Artischocke und sehr säuerlich mariniertem Hamachi. Der sonst sehr feine Fisch wird in dieser Aromenwucht zwar auf seine Textur reduziert, der Gang ist aber in sich stimmig, greift die kraftvolle Würzung der ostmediterranen Küche auf, ohne die plakative Gewürzschleuder auszupacken.

Neben Milchprodukten führt der Chef Lammfleisch als zweites Steckenpferd seiner selbst erfundenen arabischen Stilistik vor. Sein Weidelamm-Tatar mit kräftigem Fleischaroma wird durch Auster, angerauchten Couscous und jodigen Schaum aus Austernwasser noch intensiver. Bei Ben-Moshe muss Fleisch nach Tier schmecken und Biss haben, geklärt wird durch Säure, hier in Form marinierten Quellers. Am deutlichsten wird das bei seinem „archaischen Lamm“: Nur wenig parierte, in Sumak und Joghurt marinierte Lammlachse im Sesammantel und eine mit Lammhack gefüllte Zwiebel konterter klassisch mit Joghurt, Auberginenpüree und Rumaniya Mukhatara, einer traditionell-säuerlichen Sauce auf Basis von Granatapfelsaft, Lammfond, Sumak und Rosenwasser – ein extrem kraftvoller und selbstbewusster Anfang einer modernen, arabischen Hochküche. Der Abschluss gibt sich dagegen fast brav mit Variationen von Edelschokolade, Auberginensirup, Maracuja und Tabakeis.

Eine Änderung steht noch aus, die ebenfalls Besserung verspricht: Ben-Moshe und Gastgeberin Jacqueline Lorenz, die mit ihrer überraschenden Weinbegleitung das Ihre zur positiven Entwicklung beiträgt, wollen das in Schwarz-Silber recht improvisiert designte ehemalige Fitnessstudio Anfang 2018 verlassen (aber in Berlin bleiben).



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GOLDEN PHOENIX

im Hotel Provocateur

10707

Wilmersdorf Brandenburgische Str. 21

(0 30) 22 05 60 66 33

Martin.Thibault@provocateur-hotel.com

www.provocateur-hotel.com

Küchenchef: Duc Ngo

Menü 55

à la carte 16/60 €


Kaffeepartner

Die solide Basisverpflegung mit asiatischen Gerichten ist beim Berliner Restaurant-Multi Duc Ngo in guten Händen. Er beherrscht alle Stile, ließ bislang aber nie eigene Vorlieben erkennen. Das soll nun ausgerechnet in diesem Hotelrestaurant anders werden, einem, das in kein Schema passt. Denn das äußerlich bescheidene Hotel Provocateur, erste Berliner Gründung der Frankfurter Gekko-Group, kombiniert auf betont schwüle Art das historische Paris der Cancan-Zeit mit asiatischen Impressionen, eine Art Burlesque zum Wohnen, dunkel, verplüscht.

Der Blick aus dem Golden Phoenix fällt desillusionierend auf hässliche 60er Jahre-Wohnbauten, und so bleibt es den geschickt komponierten euroasiatischen Crossover-Gerichten vorbehalten, den Gast in andere Welten zu entführen. Dim-Sum-Vorspeisen sind Pflicht, und dabei demonstrierte der Chef gleich, was er will: Entenconfit, Foie gras, grüner Pfeffer, Estragon und Cognac finden sich im dünnen asiatischen Teig zu unerwarteter Harmonie. Etwas konventioneller geht es beim Verpacken einer dünnen Jacobsmuschelscheibe mit gehacktem Schweinebauch, Shrimps und Pilzen zu, und Yuzu und Ricotta stecken sogar in einer Art Ravioli, intelligent umspielt von gesalzenem Eigelb-Crumble und Thai-Basilikum. Ein spannendes Experiment ist auch die Verbindung von rohem Wolfsbarsch à la Sashimi mit einer Sauce aus Shrimps, Chili-Öl und Pinienkernen, und die „Duck Wraps“ nehmen überraschungsfrei, aber gut gewürzt die Idee der Peking-Ente auf.

Diese Gratwanderung wird, etwas weniger prononciert, auch bei den Hauptgängen fortgesetzt, wenn beispielsweise perfekt gegarte, zarte Entenbrust auf eine leicht gebundene, klare Sauce mit Mandarinen und Goji-Beeren trifft oder ein Stück weich geschmorte Short Rib nebst gebackener Süßkartoffel würzig süß-scharfe Soja-Aromen transportiert. Selbst die Desserts übertreffen hier die Erwartungen, weil sie europäisch kontrastreich ganz auf der erfrischenden Seite liegen: gebackene Banane mit Bananensorbet, Pecan-Nüssen und Thai-Basilikum oder Soja-Honig-Eis mit Gurkenwürfeln und Vanille-Olivenöl.

Gleichermaßen ambitioniert ist die ziemlich unsanft kalkulierte Weinauswahl, das Champagnerangebot streift, dem Geist des Hauses entsprechend, sogar die Protzgrenze. Die Speisekarte gibt es kurioserweise nur auf Englisch – was mit dem durchweg deutschsprachigen Service allerhand Durcheinander erzeugt. Aber das ist nicht wichtig – entscheidend wird sein, ob Duc Ngo es schafft, dieses vielversprechende Konzept weiterzuentwickeln, statt wie bisher anderswo im Stolz auf das Erreichte zu erstarren.



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GOLVET

10785

Tiergarten

Potsdamer Str. 58

(0 30) 89 06 42 22

info@golvet.de

www.golvet.de

Gastgeber: Björn Swanson, Benjamin Becker

Küchenchef: Björn Swanson, Michael Schulz

Montag- und Sonntagabend

Menü 68/120

à la carte 46/88 €

res.


Der Begriff „spektakulär“ ist schwer zu vermeiden, wenn es um dieses neue Restaurant geht. Denn Golvet bezeichnet zwar auf Schwedisch den Boden, aber beim Blick von der Terrasse oder aus den riesigen Fenstern im achten Stock fühlt sich der Gast eher dem Himmel nah, so weit entfaltet sich das Panorama über die halbe Stadt. Und auch Björn Swansons offene Küche trägt viel zum faszinierenden Raumgefühl bei, das kulinarisch interessierte Touristen automatisch anziehen sollte – mehr Berlin geht kaum, eine starke Alternative zu Hugos und Skykitchen.

Swanson, der in den Jahren zuvor wenig Glück mit seinen Engagements hatte, macht den Eindruck, dass er angekommen ist. Er ist kein Dogmatiker, bevorzugt einen weltoffenen Stil ohne regionalen Schwerpunkt und ist für den Anfang vielleicht noch ein wenig zu sehr mit Modeprodukten à la „Hamachi“ beschäftigt. Aber wenn er türkische Sucuk-Wurst mit Petersiliencreme, Petersilienwurzel und erstaunlichem Champignon-Eis serviert, werden eigene Perspektiven sichtbar. Auch die Hoi-Sin-Makrele in grüner Sauce – grüner, als sie je der gemeine Frankfurter gesehen hat – mit Ziegenquark und einer schlicht im Salzteig gebackenen Kartoffel zeigte an, dass man in einer der wenigen hochehrgeizigen deutschen Gründungen des Jahres sitzt.

Eher nordisch-regionalen Charakter hatte das Rehtatar, à la mode leicht abgeflämmt, mit Eigelb-Emulsion, Sauerklee, Brotchips und kaltem Sud von Roten Beten und Birke – Swanson hat ein ausgezeichnetes Gefühl für Proportionen und feine Aromeninszenierungen, die nie die Balance verlieren und das Hauptprodukt glänzen lassen. Der mit krosser Haut servierte Lachs kam aus einem warmen Nussbuttersud, der ihm Aroma und ideale Konsistenz verlieh, diskret eskortiert von marinierten Dillblüten, Rhabarber und Miso-Mayonnaise. Originell fanden wir auch das Burrata-Süppchen mit Pfirsich und Holzkohle-Öl, das von zwei winzigen „Pulled-Karnickel“-Sandwichs begleitet wurde, ein wohlschmeckender, fast schon ironischer Kommentar zu den herrschenden Moden.

Als Startschwierigkeit verbuchten wir die leichte Übergarung kross gebratener Wolfsbarschfilets, deren Begleitung, ein roher Selleriesalat mit Kerbel-Beurre blanc, etwas zu respektvolle Distanz zum ausgezeichneten Hauptprodukt wahrte. Perfekt abgepasst war das Rehrückenfilet mit süß-saurem Zungensalat, Blumenkohl und deftigen „polnischen Dim Sum“. Hoher Standard von Anfang an auch in der Pâtisserie: Panna cotta und Crumble von heller Schokolade mit Guaven-Sorbet und, tatsächlich, „Milchmädchen-Espuma“ oder eine Erdbeer-Pavlova mit Lavendelsahne, Walderdbeeren und Eis von gebranntem Honig.

Der Service lief von Anfang an auf bemerkenswert hohem Niveau. Maître-Sommelier Benjamin Becker legte eine betont originelle Weinkarte auf, die sicher noch nicht ihr endgültiges Profil erreicht hat, zumal für den konventionellen Geschmack: Wer nicht intensiv in der „Natur“-Szene unterwegs ist, wird sich freuen, wenn er zumindest den Namen der südfranzösischen Kult-Domäne Matassa schon mal gehört hat. Becker ist aber trotz seiner Erscheinung kein Hipster-Dogmatiker, berät gezielt und kann mit seinen offenen Weinen auch Skeptiker überzeugen.

Eine bemerkenswerte Neugründung, konträr zum Gebot der bistrohaften Unauffälligkeit, das Berlin erfasst hat.


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GRILL ROYAL

10117

Mitte

Friedrichstr. 105b

(0 30) 28 87 92 88

office@grillroyal.com

www.grillroyal.com

Gastgeber: Andrea Kauk

Küchenchef: Michael Böhnke

Heiligabend

à la carte 44/162 €

res.


Legendär, verrucht, glamourös – der Mythos „Grill Royal“ lebt, repräsentiert durch die Gäste. Die einen bemühen sich angestrengt, anstrengend zu sein, die anderen genießen still eine mondäne Geborgenheit im Wissen, durch das Gewimmel aus Kellner, Gast, Kunst und Pfeiler immer noch gesehen zu werden. Das ist die eine Sicht auf Berlins einzigen Ort, an dem die junge Hauptstadt ihrem Metropolenanspruch gastronomisch gerecht wird.

Die andere geht so: Boris Radczun und Stephan Landwehr, die Erfinder des Grill Royal, hörten über die Jahre nicht auf, an Service, Weinkeller und Küche zu feilen. Die Kellner wissen dank der immer souveränen Gastgeberin Jessica Paul, wer wie zunehmen ist. Der Weinkeller umfasst inzwischen 1800 Positionen vorwiegend aus Deutschland und Frankreich, darunter auch wahre Schätze, alles noch im Rahmen kalkuliert – ausgenommen das wohl umfangreichste Champagnersortiment der Stadt, das sich unverschämt günstig präsentiert. Und dass sich die Küche, die mal als produktorientiertes Steakhaus begann, aber sehr bald auch feinere Geschmäcker zu bedienen wusste, nicht auf diesem Erfolg ausruhte, zeigt die Neuverpflichtung von Roel Lintermans, der neun Jahre für Pierre Gagnaire den Statthalter zuerst im Londoner Sketch, dann im sang- und klanglos dahingeschiedenen Les Solistes gab.

Lintermans erfindet an neuer Wirkungsstätte das Rad nicht neu, sondern optimiert mit unprätentiöser Hand: Die herausragend sortierte Steakauswahl blieb; das Kobe Beef, das wirklich aus der Gegend um Kobe stammt, wird nun stimmig mit frischem Wasabi und Sojasauce mit Yuzu serviert. Seine Handschrift zeigt er am deutlichsten bei den Fischgerichten (und in der neuen Rubrik „Jahreszeiten“). Der Hamachi-Ceviche im Nikkei-Stil wird nicht in Säure gegart, sondern roh belassen in Limette, Sojasauce, SesamÖl und Ingwer nur mariniert und von Queller und Korianderblättern begleitet. Aus der Fischsuppe, einer sahnigen, exzellent abgeschmeckten und mit frischem Estragon akzentuierten Brühe in der Cocotte kann man bissfestes Gemüse und vor allem Garnelen, Rotbarbe, Wolfsbarsch, Kabeljau und Venusmuscheln löffeln, jedes für sich perfekt gegart. Das verlangt viel Aufmerksamkeit bei in der Regel weit über 100 Reservierungen am Abend.

Bei den Desserts leistet sich Lintermans den kleinen Spaß, den Klassiker Pfirsich Melba unverstellt mit Himbeersauce, Obstscheiben, Vanilleeis und Meringuestäbchen wieder aus der Versenkung zu holen. Hoffen wir, dass der introvertierte Hochleistungskoch die Küche dauerhaft auf ein höheres Level hievt, ohne das von exponierter Lässigkeit geprägte Flair zu beeinträchtigen.


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HERZ & NIERE

10967

Kreuzberg

Fichtestr. 31

(0 30) 69 00 15 22

restaurant@herzundniere.berlin

www.herzundniere.berlin

Gastgeber: Michael Köhle

Küchenchef: Christoph Hauser

Mittags; Montag

Menü 48/88

à la carte 24/46 €

res.

Das Souterrainrestaurant ist die Berliner Beletage für deftige Innereienküche. Sie zelebriert das Konzept „from nose to tail“, bei dem aus Respekt vor dem getöteten Tier nichts davon weggeworfen wird. Man macht den Schinken und die Wurst selbst, setzt aber auch Essige an und fermentiert Gemüse.

Mag auch die Aromenwelt von Christoph Hauser eher rustikal sein, jeder handgetöpferte Teller ist filigran angerichtet. Auf der scharf angebratenen Auerochsenleber zerschmelzen sanft die erdig-süßen Töne eines Rote Bete-Eises, daneben liegt eine klassisch deftig, aber nicht derb zubereitete Lebermousse und beides umrahmen dünne Tranchen Kohlrabi, Radieschen, Rettich und wilder Meerrettich, kunstvoll mit Kräutern verziert. Wie gesagt: Leicht ist der Gang nur optisch, die Leber hingegen ist eine Geschmacksexplosion für Liebhaber von Innereien.

Tadellos die Kutteln in Rieslingsauce oder die Zunge vom Landschwein, die auf einem Risotto aus Einkorn liegt und mit Drachenkopföl angegossen wird. Wer zwischendurch Erholung von der Fleischeslust braucht, nimmt die kross angebratene Dorade, dekoriert wird mit zwei kleinen Stangen grünen Spargels. Etwas mehr Gemüse, nämlich dezent säuerlich eingelegte grüne Bohnen und scharf angebratene gelbe Zucchini, gibt es zur röschen Bauernente aus der Schorfheide. Wer noch ein Dessert schafft, freut sich über die geradezu liebevoll aussehende Komposition aus Grießklößchen mit Sauerampfereis, Erdbeeren und Aprikose. Küchenfazit: Die Zeiten des Ochsenmaulsalates auf gutem Wirtshausniveau und der Essigübersäuerung scheinen gottlob vorbei.

Zu dem spannenden Konzept bietet der routinierte Sommelier Michael Köhle auch einige Schätze wie den Malterdinger Bienenberg 2002 von Bernhard Huber aus der Magnum für 140 € oder den 2009er Uhlen Roth Lay von Heymann-Löwenstein für 95 €.

Ach ja, Vegetarier müssen keineswegs draußen bleiben. Die Küche bietet ihnen sogar ein Menü an.


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HONÇA

10719

Wilmersdorf

Ludwigkirchplatz 11

(0 30) 23 93 91 14

info@honca.de

www.honca.de

Gastgeber: Cankut Yücel

Küchenchef: Nizar Alazi

Montag; Dienstag- bis Freitagmittag

Menü 45/65

à la carte 36/45 €

res.

Wie kann eine ebenso zeitgemäße wie ambitionierte türkische Küche sein? Soll sie ausgefallene Edelprodukte auf den Grill legen? Per Schaum, Kügelchen und Nebel die bekannten Imbissklassiker in modernistische Texturen kleiden? Die Honca-Antwort: sich auf die Wurzeln der anatolischen Küche besinnen und traditionelle Rezepturen mit viel Selbstgefertigtem und Sorgfalt in die Gegenwart hieven.

Dann probiert man nach vegetarischen Weinblättern mit geschmorter Pflaume als Küchengruß gern kräftig abgeschmeckten Hummus mit Scheiben selbst gemachter Bez-Sucuk (Wurst), marinierter Roter Bete und Ayran-Gelee (selbstverständlich hauseigenem Ayran) oder den sehr würzigen Hartkäse Cökelek mit Tomate und schwarzer Oliven-Mayonnaise als Untermalung der in Salbeibutter geschwenkten Jacobsmuscheln. Nicht jeden Gast glücklich macht Küchenchef Nizar Alazi gewiss mit diesem recht fordernden Gericht aus Kutteln auf zweierlei Art: klassisch gekocht als Einlage in einer sauren Suppe aus fermentiertem Roggen und Dinkel, modern weitergedacht als kross gebratenes Topping mit Kichererbsen und Maisbrot-Croûtons. Leicht zu vermitteln ist dagegen die gebratene Taubenbrust mit eingelegten Kumquats, Pastinakenpüree (mit Berberitzen parfümiert) und einem süß-säuerlichen Duett aus Sumak-Sauce und Aprikosengelee.

Für seinen Paradegang mariniert Alazi über eine Woche im Vakuumbeutel ein Kalbsfilet mit der Gewürzpaste Cemen (die ehedem half, Fleisch zu trocknen und zu konservieren). Mit der bereitet er auch eine Kräuterkruste, die das großzügig portionierte und akkurat gebratene Filet bedeckt; dazu setzt hausgemachter Ziegenjoghurt mit Roter Bete säuerliche Akzente, bietet eine grüne Sauce aus Minze, Petersilie und Haselnuss herzhafte Frische, Thymiangelee milde Süße und tut eine Beilage aus Fava (gestockter Bohnenquark) nicht nur etwas fürs Mouthfeeling, sondern bringt mit der Würzmischung Tarhana noch einen arabischen Kreuzkümmel-Dreh ein – lobenswert ausgefeilt, fremdartig und gefällig.

Das etwas bemüht avantgardistisches Fine Dining assoziierende Geschirr wirkt in dem eher klassisch biederen Ambiente leicht unsouverän – der Hösmerim schmeckt trotzdem gut, eine Art türkischer Käsekuchen aus Gries und hausgemachtem Kuhmilchkäse, aus dem auch das Käse-Eis gemacht wird, das dieses Dessert zusammen mit Quittenkompott gelungen, aber auch mächtig abrundet.

Die Getränkebegleitung ist inzwischen auch mit türkischen Weinen möglich, die der immer auskunftsbereite Gastgeber Cankut Yücel souverän und ohne Fehlgriffe meistert.


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HORVÁTH

10999

Kreuzberg

Paul-Lincke-Ufer 44a

(0 30) 61 28 99 92 mail@restaurant-horvath.de

www.restaurant-horvath.de

Gastgeber: Jakob Petritsch

Küchenchef: Sebastian Frank

Mittags; Montag, Dienstag

Menü 89/129

à la carte 68/95 €

res.


Hört die kulinarische Szene Wörter wie „Bergkäserindenöl“, dann ist ihr klar: Auf solche Sachen kommt nur Sebastian Frank. Der gebürtige Österreicher mit Steirereck-Erfahrung lässt absolut nichts verkommen, er macht noch aus den abwegigsten Resten irgendetwas, das auf den Tellern der Gäste Funken schlägt.

Er gehört stilistisch zwar in den Kreis der regionalen Minimalisten nach skandinavischem Vorbild, die in Berlin besonders gute Bedingungen vorfinden. Aber seine zugespitzte Autorenküche unterscheidet sich von der Konkurrenz zum einen durch ihre äußerst originelle Fokussierung auf Österreich und Osteuropa, zum anderen durch ihre verführerische Süffigkeit, die nie an intellektuell überdrehte Kopfgeburten denken lässt. Wer sich auf sie einlässt, wird bestimmt nichts auf dem Teller finden, was es irgendwo sonst auf der Welt gibt. Aber auch nichts, was nicht einfach gut schmeckt.

Das besagte Öl kommt in einer Komposition namens „Porree und Bergkas“ zum Einsatz, in der gedünsteter Lauch auf geräucherten Essigkohlrabi und eine Veltliner-Reduktion trifft, eine Provokation für die Einfallslosigkeit vieler vegetarischer Restaurants. Das Horvath ist keins, aber in den meisten Gängen treten Fisch und vor allem Fleisch an den Rand, wie bei Franks Vorzeigestück, der in Salzteig gebackenen und ein Jahr lang gereiften Sellerieknolle. Eine legierte Hühnerbouillon rundet die Kombination aus frisch gedämpftem Sellerie, gerösteter Selleriesaat und der in feine Krümel gehobelten reifen Knolle geschmeidig ab. Ähnlich angelegt ist die gebeizte Gurke mit Thymianzucker, zu der es ein Molke-Granité gibt, das wiederum mit Kamillentee aromatisiert wurde; dunkel geröstete Senfsaat setzt einen betont herben Kontrapunkt.

Die bodenständige Spiritualität dieser Küche, die manch unvorbereitetem Gast als Eulenspiegelei erscheinen könnte, zeigt sich gleich im ersten kleinen Gang: einem noch halb flüssigen Fleischaspik nach einem Wiener Kochbuch von 1894, dem eine kleine Bügelflasche mit Alpenquellwasser vom Hochschwab folgt. Es soll mit seiner extremen Neutralität den Gaumen wieder reinigen, was es auch tut.

Zumindest sprachlich österreichisch kam uns auch „Ochsenmark und Bummerlsalat“ vor – Scheiben von gekochtem Mark auf gedämpftem Bauernbrot mit einem Salat aus Kräutern, mariniertem Spargel und Radieschen, überpulvert mit einer getrockneten Mischung aus sechs Kräutern. Noch österreichischer vom Denkansatz: Der „Fogosch Wiener Panier“, ein veritabler Fischgang. Perfekt gebratenes Zanderfilet bester Qualität in einer Emulsion von Backhendlfett trifft auf ein in krauser Petersilie eingebettetes Wachtelei und Sardellen-Kaperngewürz für den Umami-Effekt, köstlich.

Niemand erwartet hier zum Abschluss Marillenknödel und Kaiserschmarrn, schade eigentlich, weil Frank so etwas perfekt zubereiten kann. Aber er unterhält seine Gemeinde dann doch lieber stilrein mit einem Rhabarbertörtchen, das von seiner einstigen Mentorin Johanna Maier inspiriert ist: Dampfbiskuit mit rohem Biskuitteig, gebeiztem Rhabarber und Sauerrahmeis.

Was die Getränke angeht, so sollte man sich, passend zum Essen, offen auf Abenteuer einlassen. Gastgeber Jakob Petritsch beginnt gern mit einem Glas Sekt aus Serbien, der sich neben Champagner durchaus schmecken lassen kann, er beherrscht das Spektrum unaussprechlicher ungarischer Rebsorten und ist natürlich auch rundum versiert in den Weinen seiner österreichischen Heimat.

Zudem entwickelte er mit dem Küchenchef eine ganze Reihe von alkoholfreien Drinks, die dem eigenwilligen Essen manchmal aromatisch sogar näherkommen, als es Wein könnte: Der Schwarzwurzelmilch beispielsweise fügen ein paar Tropfen Erdbeerkernöl nussige Würze hinzu.

Der ganz unprätentiöse Rahmen à la Weinstube wird durch den romantischen kleinen Vorgarten ergänzt, der im Sommer gleichermaßen Bühne für Franks fabulöse Küche und die geschäftig vorbeiflanierenden Passanten ist.

Ein Besuch ist Pflichtprogramm für alle, die deutsche Avantgardeküche suchen. Für den konservativen Geschmack gibt es in Berlin besser geeignete Restaurants.


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HUGOS

im Hotel InterContinental

10787

Tiergarten

Budapester Str. 2

(0 30) 26 02 12 63

info@hugos-restaurant.de

www.hugos-restaurant.de

Gastgeber: Manfred Welter

Küchenchef: Eberhard Lange

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 110/135

à la carte 58/93 €

res.

Kaffeepartner


Dieses Restaurant ist etwas Besonderes, denn hier haben wir das praktisch letzte Relikt aus den goldenen Zeiten der Berliner Hotelküche in den seligen 90er Jahren: Schon mehrfach totgesagt, als Gourmetrestaurant im InterContinental-Reich auch eher ein Fremdkörper – und immer noch höchst lebendig und mit dem schönsten Blick über die Stadt in Richtung Osten. Allerdings ließ die Renovierung 2016 den Raum etwas zu lebendig werden, denn die nackten Fensterflächen ergeben mit den nackten Tischen und dem Dielenboden eine extrem hallige, laute Atmosphäre, die eher an eine Pizzeria erinnert. Überdies haben die Tische eine seltsam bremsende Beschichtung, die die Weingläser immer wieder an den Rand des Umkippens und darüber hinaus führt. Änderungen sind versprochen.

Die wichtigste Konstante, die Küche von Eberhard Lange, bleibt. Lange ist ein bäriger Kraftkerl mit Bodenhaftung, der nicht nach der Ziselierung seiner Küche aussieht (und möglicherweise seinen Leuten viel Raum zur eigenen Entfaltung lässt). Er legt sich keine Beschränkungen regionaler Art auf und vermeidet alles betont Schräge.

Vielleicht wäre es deshalb sogar besser, wenn er sich wieder puristischer geben und das allzu Kleinteilige verwerfen würde, denn hier muss absolut keine Unzulänglichkeit durch Spielereien überdeckt werden. In diesem Sinn haken wir das Gericht „Erbse und Buttermilch“ als gescheitert ab, zum einen, weil die extrem manierierte Anrichtung mit einer filigranen Erbspüree-Spirale bloß ein reiner Deko-Exzess war, zum anderen, weil wir die Eingebung ziemlich abwegig fanden, frische Erbsen per Stickstoff in tiefgekühlte zu verwandeln und sie dann so aufzutischen.

Von diesem Ausrutscher abgesehen, geriet alles auf vertraute Art köstlich, der mild interpretierte Kaninchenrücken mit einem Rillette-Törtchen und Beigaben von Hafer, Möhren und dezenter Yuzu-Würze, die Gelbschwanzmakrele in zwei Varianten, roh mit einer Gemüsefüllung und knapp gegart als Tataki nebst Petersilie und Ponzu-Zwiebeln. Der gegrillten Hüfte vom australischen Wagyu-Rind bekam der Hauch von Tandoori-Gewürz in Kombination mit Aprikosen und Bohnen bestens, doch der Rehrücken mit Pfifferlingen und köstlich dunkler Jus verharrte in konventioneller Bravheit: das Fleisch weich ohne deutliche Röstspuren auf einer Mini-Rösti, der Akzent durch Sauerampfer zu dezent.

Sehr gelungene Desserts, die die wackelnde dritte Kochmütze retteten: das Farbspiel aus Kiwi und Joghurt mit dem Aromenspiel aus Matcha, Luftschokolade und Knuspermüsli oder Garriguette-Erdbeeren in allen möglichen Verarbeitungsstufen, von pur über Sorbet bis dehydriert mit Waldmeister.

Enttäuscht hat uns in diesem Jahr der Service, in dem nur Manfred Welter, der Chef, den richtigen Ton traf, während seine Leute alle Schattierungen zwischen unangebrachter Flapsigkeit und affektierten Aufsagern trafen. Die Weinkarte zeigt deutliche Schrumpfungstendenzen, die sich aber im Wesentlichen auf das Unbezahlbare konzentrieren; für den normalen Gast findet sich viel Gutes und Trendgemäßes zu nicht allzu hohen Preisen.


14


IL PUNTO

10117

Mitte

Neustädtische Kirchstr. 6

(0 30) 20 60 55 40

info@ilpunto.net

www.ilpunto.net

Gastgeber: Giuseppe Perna

Küchenchef: Enrico Catapano

Samstag- und Feiertagmittag, Sonntag

Menü 30/55

à la carte 19/69 €

res.

Die beiden unauffälligen Männer am Katzentisch neben dem Eingang trinken nur Wasser und essen nichts. Sie sitzen dort sehr oft, nämlich immer dann, wenn ein wichtiger Politiker im Separee Hof hält, etwa Ursula von der Leyen, die dem diskreten Charme dieses Restaurants genauso verfallen scheint wie viele Kabinettskollegen. Ihr dürfte auch gefallen, dass ein Foto des heimlichen Gourmets Ludwig Erhard den prominentesten Platz einnimmt in einer erstaunlichen Bildergalerie der Bonner Republik, die hier die Wände ziert.

Pepe Perna, schon dort als Politik-Wirt etabliert, folgte der Regierung nach Berlin und ist nun immer noch ihr vermutlich wichtigster Gastgeber. Das liegt an seiner verbindlichen Eleganz genauso wie an der gemäßigt modernen italienischen Küche, in der jeder sein Lieblingsgericht finden wird.

Enrico Catapano ist vor allem Nudelspezialist, der z.B. den Paccheri mit Calamaretti ein tiefgründiges Hafenaroma mitgibt, das vor allem auf großzügigem Einsatz von Bottarga beruht. Stets empfehlenswert sind auch die rohen sizilianischen Garnelen, die es heuer mit einem Flan von grünem Spargel und Wildkräutervinaigrette gab. Weniger inspiriert fanden wir den Meeresfrüchtesalat, der zwar viel gut präpariertes Getier enthielt, aber nichts sonst, nicht einmal eine einfache Würzidee. Köstlich das dicke, präzise gegarte Steinbuttfilet mit Pfifferlingen und Petersiliensauce, enttäuschend der blasse Thunfisch auf Dinkelrisotto nebst Gemüsespaghetti. Ein Classico ist das Lammkarree mit grünen Bohnen und Bohnenpüree, molto classico das Finale.

Das Essen ist durchweg mit kräftigem Bundesregierungszuschlag kalkuliert. Die gemäßigter gepreiste Weinkarte bietet die Klassiker Italiens nebst Einigem aus der sizilianischen Heimat des Chefs und bleibt trendresistent wie die statusbewussten Gäste. Die überdachte Terrasse geht nach hinten raus – passend zum eher introvertierten Stil des Hauses.



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INDIA CLUB

10117

Mitte

Behrenstr. 72

(0 30) 20 62 86 10

info@india-club-berlin.com

www.india-club-berlin.com

Küchenchef: Manish Bahukhandi

à la carte 29/62 €

res.

Die zahllosen indischen Restaurants in Berlin stehen für billiges Sattwerden. Also ist die Aufmerksamkeit groß, wenn Anno August Jagdfeld, der Adlon-Erbauer, sich persönlich ins Zeug legt und Weltklasse-Küche verspricht, zubereitet von einem der drei besten indischen Köche der Welt. Der war zwar bei näherem Hinsehen nur Senior-Souschef in einem Luxushotel in Neu-Delhi – aber wer wollte die Expertise des Allerweltmanns anzweifeln? Aus dem achtbar gescheiterten Petit Felix an der Adlon-Rückseite wurde also mit bunten Stoffen der India-Club gestaltet, zwei Tandoori-Öfen kamen hinzu. Die Küche trifft den satten, authentischen Geschmack der indischen Küche gut, die Chutneys kommen auf den Punkt, alles wird kunstlos angerichtet auf weißem Serienporzellan.

Handwerklich war nichts einzuwenden gegen die frittierten Riesengarnelen, gegen den Salat mit getrockneten Papayastreifen und (zu vielen) Sojasprossen, gegen die Kichererbsen „nach Geheimrezept des Küchenchefs“. Die Lammhackröllchen aus dem Tandoori-Ofen wirkten in ihrer glatten Machart ohne Röstspuren aber banal, und der grüne Curry mit Wolfsbarsch im Bananenblatt war ein überwürztes Desaster, denn der ohnehin nicht gerade sehr hochwertige Fisch ging in der eindimensionalen Koriander-Minz-Hölle spurlos unter. Die extrem süßen Desserts à la Milchbällchen mit Safran in Sirup schienen uns für hiesige Geschmäcker ebenfalls ziemlich ungeeignet.

Die auf den ersten Blick noch akzeptablen Preise unterschlagen, dass jede Beilage, sogar Reis und Joghurt, eigens geordert und bezahlt werden muss, die schmale Weinkarte, Typ modern-allerweltsmäßig, verschlägt einem durch adloneske Kalkulation den Durst. Und dem Service, der aufgeregt herumhastete und ständig mit Fragen oder sinnlosem Nachschenken beim Essen störte, können wir nur gute Besserung wünschen. In Jagdfelds Welt mag so etwas Spitze sein, in unserer ist es allenfalls eine kostspielige Randerscheinung.



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KIN DEE

10785

Tiergarten

Lützowstr. 81

(0 30) 2 15 52 94

reservations@kindeeberlin.com

www.kindeeberlin.com

Gastgeber: Moritz Estermann

Küchenchef: Dalad Kambhu

Menü 45 €

Boris Radczun und Stephan Landwehr, die Grill-Royal-Macher, sind schlaue Köpfe, die ihren Erfolg nicht auf einem einheitlichen Geschäftsmodell aufbauen, sondern auf ganz individuellen Konzepten, die auch den Geist des Vorgefundenen berücksichtigen. So begnügten sie sich bei der Übernahme des altbekannten Thai-Restaurants Edds mit einer grundlegenden Renovierung, behielten auch die Kücheneinrichtung bei. Dann aber kam doch noch eine Art System ins Spiel: Ähnlich wie beim – mittlerweile wie geplant wieder geschlossenen – Dottir legten sie die Küche in die Hand einer professionell nicht ausgewiesenen Seiteneinsteigerin mit hohem Glamour-Faktor, hier dem thailändischen Ex-Model Dalad Kambhu.

Sie verzichtet auf industriell vorgefertigte Würzung, bereitet also alle Gewürzpasten selbst zu und versucht auch, den Geschmack ihrer Heimat mit europäischen Produkten nachzuempfinden, was dann sogar den Einsatz von Äpfeln statt Mangos und Kohlrabi statt Papaya ganz selbstverständlich erscheinen lässt. Das bringt geschmacklich eine ganze Menge, enttäuscht andererseits aber die Erwartungen an eine authentische Thai-Küche, sofern man darunter den deftigen Streetfood-Touch mit rauchigem Wok-Taste und würzig-scharfen Überschwang versteht. Hier schmeckt alles vergleichsweise brav, europäisch, wenn man so will, und auf einen überschaubaren Preis orientiert.

So darf man sich nicht wundern, wenn als Hauptgang im weitgehend obligatorischen Menü für zwei eine einzige geschmorte Hähnchenkeule aufgetischt wird, die, vom feinen Aroma des milden Massaman-Currys abgesehen, ziemlich kantinenhaft wirkt. Der im ganzen gegarte Fisch, oft eine banale Dorade, steht senkrecht auf dem Teller, auf dem sich zum Beispiel eine herrlich würzig-fruchtige Tamarindensauce befindet, das ist schon besser. Und natürlich gibt es sanft funkelnde Vorspeisen wie die Jacobsmuscheln, roh auf Zitronengras-Koriandersauce, es gibt einen Apfel-Erdnusssalat mit Chili, in dem nichts fehlt, und krümelig gebratenes Schweinehack mit Salatblättern, das seltsamerweise in einer mit transparentem Reispapier ausgeschlagenen Schüssel kommt – man soll irgendetwas einwickeln, aber der Sinn bleibt dunkel. Zum Oktopus, der dankenswerterweise trotz ferner Herkunft bleiben darf, wird eine tiefgründige rote, leicht ölige Chili-Sauce serviert, das ist ganz köstlich, aber letzten Endes so eindimensional wie das Kokoseis als Dessert.

Moritz Estermann, Allzweckwaffe der Grill-Gruppe, lernt den Service an; englische Sprachkenntnisse erleichtern den Besuch. Kleine, solide Weinauswahl.


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LAMAZÈRE

10627

Charlottenburg

Stuttgarter Platz 18

0 30) 31 80 07 12

brasserie@lamazere.de

www.lamazere.de

Gastgeber: Régis Lamazère

Küchenchef: Michael Paesler

Mittags; Montag

Menü 38/44

à la carte 34/55 €

res.

Die familiären Wurzeln des Chefs liegen in der Pariser Topgastronomie, das Kochen lernte er einst bei Alain Ducasse und als Maître im (2014 geschlossenen) Restaurant Stefan Hartmanns in Kreuzberg brachte er nicht nur den Weinkeller auf Vordermann. Seit 4 Jahren betreibt Régis Lamazère, 33, nun als stolzer Patron seine Brasserie als Einkehr für jeden und jeden Tag.

Er empfängt seine Gäste wie Habitués, platziert sie eng nebeneinander, stimmt sie mit etwas Aufschnitt zum ersten Glas Wein ein, bringt sie mit großzügigen Probierschlucken in Stimmung, damit sie sich im Laufe des Abends lebhaft in tischübergreifende Gespräche vertiefen.

Beispielsweise über die Brennnesselcreme und eingelegten Mispeln zum gebratenen Lammbauch mit Lammjus und Senfsaat oder über die handverlesenen französischen Weine jenseits der ganz großen Namen, alle trinkfreudig kalkuliert. Immer auf der Schiefertafel, die der Patron statt Speisekarte an die Tische bringt, stehen Œuf Cocotte (im Pfännchen gebackene Eier), früher nur mit Bayonner Schinken denkbar, nun auch mal mit gebeiztem Lachs und Kerbelcrumble variiert, konfiertes Nackensteak vom Duroc-Schwein mit wechselnden Beilagen sowie finaler Milchreis – mit Salzkaramell für immer in Frankreich verortet.

Zusätzlich bietet der neue Küchenchef Michael Paesler einen leider selten gewordenen Genuss wie das Schwarzfederhuhn für zwei Personen in zwei Gängen. Zuerst als saftig-buttrige Zigarre im Blätterteig, danach als sanft gegarte und nur kurz angegrillte Brust mit köstlichem Jus und eingelegten Trauben; à part kommt in der Cocotte süffiges Bohnencassoulet mit zarter Keule im nochmals konzentrierten Jus, mit frischem Estragon verfeinert.

Und danach hat er für alle Naschkatzen eine verfeinerte Version des Brownie mit Früchten vorbereitet: Sein Schokoküchlein ist eher eine flache Bühne, auf der sich zerkrümeltes Baiser, Beeren und Sauerklee-Eis tummeln – was der mächtigen Speise eine durchaus angenehme Leichtigkeit verleiht.


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LE FAUBOURG

im Hotel Sofitel

10789

Wilmersdorf

Augsburger Str. 41

(0 30) 80 09 99 77 00

www.lefaubourg@sofitel.com

www.lefabourg.berlin

Gastgeber: Matthias Brandweiner

Küchenchef: Felix Mielke

Menü 49/69

à la carte 39/66 €

res.

Felix Mielke zählt zu den größten Talenten der Berliner Szene, und er genießt den Rückhalt eines Luxushotels – das wird langsam eine Rarität in der kulinarisch abschlaffenden Berliner Hotellerie. Doch sein Können sprach sich herum, und so ist das nobel anheimelnde, aber nicht zeremonielle Restaurant fast immer gut gefüllt, und das nicht nur beim konkurrenzlos preiswerten Lunch. Abends konzentriert sich die Küche trendgemäß auf „Vorspeisen zum Teilen“, was man nicht ganz so ernst nehmen muss, denn natürlich kann auch jeder seins bestellen und alleine essen.

Mielke zieht schon dabei locker und verspielt das komplette Moderepertoire durch, vom skandinavisch in Rote Bete-Saft und Dill marinierten Welsfilet mit Algenpulver, Fenchel, Gurke und Buchweizen über die rohe Makrele mit Weizengras, gepufftem Reis, Champignons, Kohlrabi, Apfel und Wasabi bis zur deftig gebackenen Süßkartoffel mit krossem Kopfsalat und markanter Stilton-Sauce, bei der uns der (ethisch besonders wertvolle) Einsatz von Artischockenstielen ein eher zähes Kauerlebnis bescherte. Das liest sich alles ein wenig überladen, schmeckt auch bisweilen so – aber es ist der sympathische jugendliche Überschwang eines Könners, der seine Kreationen zudem noch zu sehr zivilen Preisen verkaufen darf.

Die größer bemessenen Hauptgänge setzen diese Linie fort, wobei die Grenzen seiner Unterscheidung in „Tradition“ und „Nouveau“ fließend verlaufen: vom Huhn in Zitronensauce mit Petersilie, Spargel, Römersalat und Zwiebeln bis zum Meeräschenfilet in Lardo mit Erbsen und Radicchio. Charakteristisch für die Gerichte sind oft feine, animierende Bitternoten, die Maître Matthias Brandweiner, einen qualifizierten Sommelier, zu Großtaten animieren, wenn der Gast ihn denn auswählen lässt – er hat gereifte Rieslinge offen, bietet gute alkoholfreie Drinks, trifft mit einem maischevergorenen Chenin blanc genau den Nerv der Meeräsche und findet auch zum Dessert… Moment: An dieser Stelle muss unbedingt der talentierte Pâtissier Raphael Gasque erwähnt und ausdrücklich gelobt werden, der lässig und mit leichter Hand köstliche Süßigkeiten im modernen französischen Stil hintuscht: karamellisierte Brioche mit Pecannuss-Nougat, Nussbuttersorbet, Salbei und Birne oder, ein anderes Mahl, eine Milchkomposition mit Biskuit und Ziegenjoghurt.

Tadelloser, freundlicher Service.


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LODE & STIJN

10999

Kreuzberg

Lausitzer Str. 25

(0 30) 65 21 45 07

contact@lode-stijn.de

www.lode-stijn.de

Küchenchef: Lode van Zuylen und Stijn Remi

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 58 €

res.

Zuerst kommen drei Snacks, darunter immer der frittierte Bitterballen, eine holländische Spezialität aus paniertem und dann frittiertem Ragout aus der Heimat der Küchen-Herren Lode und Stijn. Dann folgt im alternativlosen fünfgängigen Menü (eine vegetarische Version davon ist möglich) in der Regel ein Tatar in saisonalem Gewand auf einer gerösteten Scheibe des ausgezeichneten hausgebackenen Brots; wir erinnern uns gern an nur mit Anchovis und Kapern abgeschmecktes Fleisch, zu dem es à part Chicoréesalat mit Auster und gerösteten Leinsamen gab (und Orange-Wine vom Weingut Sumenjak aus dem slowenischen Teil der Steiermark).

Dem schließt sich meist ein vegetarischer Gang an, z.B. handwerklich perfekt gemachte Kartoffelgnocchi auf gestocktem Quark, umgeben von angenehm mildem Bärlauchöl, bedeckt von einem Ziegen-Molkeschaum und getoppt von knusprig ausgebackenen Mandelsplittern und Holunderdolden – ein Paradebeispiel klug inszenierter Regionalität. Darauf als Fisch vielleicht Kabeljau als pochiertes Klößchen sowie gebeizt und danach gegrillt, was eine sehr filigrane Textur bei spürbarem Raucharoma erzeugt, in einem eher faden Rucola-Auszug mit einem Fächer vom Kräuterseitling. Beim Fleischgang kann es deftig werden, wenn es erstaunlich zartes Zicklein in dünnen Tranchen und als Rolle auf leichtem Ziegenjus mit gegrilltem Brokkoli gibt: von Salzzitrone akzentuiert, einer Stippe mit Ziegenlebermousse angeschärft und einer Zwiebel-Knoblauchcreme attackiert.

Nach solch ungezähmter Komposition tat sich selbst sehr dunkel-kompakte Schokomousse mit extrem hohem Kakaoanteil aus milchfreier Belyzium-Schokolade schwer. Die Milch kam à part als Eis, das die Säurenoten des Kakaos nicht kompensieren konnte. Man nimmt’s vermutlich gelassen, wenn das Menü unter 60 € bleibt und das Preisniveau auch bei den Getränken fair ist. Denn man erhält ein über weite Strecken hochvergnügliches und gänzlich unpädagogisches Beispiel der neuen Regionalküche.


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LORENZ ADLON ESSZIMMER

im Hotel Adlon

10117

Mitte

Unter den Linden 77

(0 30) 22 61 19 60

lorenz.adlon@kempinski.com

www.lorenzadlon-esszimmer.de

Gastgeber: Oliver Kraft

Küchenchef: Hendrik Otto

Mittags; Sonntag bis Dienstag

Menü 145/205 €

res.

Kaffeepartner

Der Abend begann mit einem adlonesken Berliner Senfei auf getrocknetem Dinkelbrotchip (das wir aus dem Vorjahr kannten), als „fränkisch“ annonciertem Apfelkäse mit Lardo auf Sauerteigbrotchip und Apfel-Kerbel-Sauerampfer-Eis mit gesalzenem Popcorn und Curry auf Knäckebrotchip. Noch mehr Brot bietet nach diesem Amuse-bouche nicht etwa ein banaler Brotkorb, sondern eine Minihalde aus gewärmten Steinen.

Was danach aus Hendrik Ottos Küche kommt, ist nuanciert und genügt geschmacklich hohen Ansprüchen, teilt die Gästeschar aber nach unseren Eindrücken in zwei Fraktionen. Die eine genießt wie der sprichwörtliche Kavalier eher schweigend, die andere freut sich erkennbar über Showeffekte wie Kaffeekännchen mit parfümiertem Trockeneis. Wenn das nicht dampft und raucht, kann man bewundern, wie hübsch zum Rinderfilet die kunstvoll umwickelten grünen Bohnen mit Blüten dekoriert sind. Wir sind nicht sicher, ob das überbordende Design aus dem kulinarischen Bemühen Ottos um höchst komplexe Aromatik herrührt oder aus seinem Glauben, er müsse die Preise des Hauses, zu denen einem kaum noch ein passendes Eigenschaftswort einfällt, durch Esszimmer-Entertainment unterfüttern, weil der Blick aufs Brandenburger Tor nicht reicht.

Wir bitten um Nachsicht, dass wir aus Platzgründen die Gerichte nur in den Hauptsachen, nicht en détail schildern können. Wolkenleicht wirkt in dem schweren, klassischen Ambiente mit Kamin und güldengerahmten Gemälden die gefrorene Gänseleber, die man mit Pfirsich-Estragonmarmelade und Sauternesgelee als spannendem geschmacklichen Gegenpol zur grünen Pfeffercreme genießt. Zum zart gegarten Langostino, in tiefer Schale serviert und mit extrem fein gekochtem Krustentierfond übergossen, gibt’s knackigen Staudensellerie und gegarten Fenchel und à part etwas Avocado und eine Honig-Kirschtomate. Die sanft gegarte Makrele, übergossen mit Dillöl und bedeckt mit gepuffter Haut, umrahmen (die für Hendrik Otto so typischen) Tupfen von Apfel-Selleriecreme und roter Zwiebelmarmelade. Der ebenfalls sanft gegarte Lachs im tiefen grünen Teller, mit einem hellen, blassgelben Fond aus Szechuanpfeffer und Curry angegossen und von Kräuteröl, Wildkräutersalat und Estragon gewürzt, erinnert Bewunderer des Berliner Malers Silvian Sternhagel an dessen „Flusskurven“. Otto arbeitet auch noch Grapefruit ein und erweitert so das spannende Geschmacksbild.

Trug der Service die Käsespätzle zum Reh mit schelmischem Lächeln auf, weil wir sie auch im Vorjahr zu dessen Rücken bekamen (und schon damals als aus dem feinen Rahmen fallend empfanden)? Er lag kunstvoll mit Rotweineis, geschmorter Zwiebel, allerlei Wildkräutern und Aromaten angerichtet auf einem weißen Teller, auf dem man besonders gut sah, wie perfekt homogen und strahlend der Jus gelang. Liebhaber von Rinderfilet dürften selbiges selten so bedeutend aussehend mit Rauchremoulade, Sauce Choron, besagten grünen Bohnen und, ja, Kartoffelgratin bekommen.

Als wir das cremige Sauerklee-Basilikumeis mit Erdbeeressenz und Olivenöl, Luftschokolade, getrockneter Milchhaut und allerlei Cerealien sowie das Limettenparfait mit weißer Schokolade, Sorbet von grünem Tee gelöffelt und die Drops von Maracuja und Passionsfrucht gelutscht hatten, grübelten wir, ob wir noch ein Hotel von Weltrang kennen, das sein Luxusrestaurant nur an vier Abenden in der Woche braucht… Ist das hier trotz oder wegen der Küche so?



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MANI

10119

Mitte

Torstr. 136

(0 30) 5 30 280 82 55

manirestaurant@hotel-mani.de

www.amanogroup.de

Küchenchef: Octavio Oses Bravo

Samstagmittag, Sonntag

à la carte 31/60 €

res.

Jenseits von Döner und Falafel könnte die Küche des Nahen Ostens eines der wichtigen kulinarischen Themen der nächsten Jahre sein. Ihre dichte aromatische Vielfalt ist kaum auf Fisch und Fleisch angewiesen, um zu wirken, das liegt im vegetarischen Trend. Und Modeerscheinungen wie das Teilen von Vorspeisen sind in ihr seit Jahrtausenden angelegt und wirken längst nicht so aufgesetzt wie in sich locker gebenden Gourmetrestaurants. Das Mani schlägt zudem interessante Brücken, weil es von der modernen israelischen Küche inspiriert ist, die das Mediterrane mit dem Orientalischen und dem jüdisch-osteuropäischen Erbe verbindet.

Octavio Oses Bravo, interessanterweise ein gebürtiger Argentinier, kocht ohne Schnörkel und Avantgarde-Anspruch eine bodenständige Urlaubsküche, die ihre Qualität schon in den Basisprodukten wie dem minimal körnigen und exzellent gewürzten Hummus zeigt. „Chuzpeles“, auch „kleine Schweinereien“ genannt, sind die israelischen Geschwister der Tapas, z.B. gerösteter Blumenkohl mit Salzzitrone und Knoblauch, Calamari mit Fenchel und Sumach oder Lammbällchen mit Tomate, Zimt und Hummus. Dieses Angebot wird ergänzt durch sorgfältig gemachte Grillgerichte von Lammchops bis zum Wolfsbarsch. „Best of Mani“ für 50 € pro Person bietet das volle Programm, eine Karawane simpler, genialer Köstlichkeiten.

Der herzliche Service bringt auch eine Reihe guter, bezahlbarer und stilistisch passender Weine. Im Winter bildet das schlicht-moderne Restaurant eine dunkel-anheimelnde Höhle, im Sommer empfehlen wir den kleinen grünen Patio. Ach, und der Lunch, 3 Gänge für 15 €, wird in Berlin nicht getoppt.


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MARKUS SEMMLER

10707

Wilmersdorf

Sächsische Str. 7

(0 30) 89 06 82 90

reservierung@kochkunst-ereignisse.de

www.kochkunst-ereignisse.de

Gastgeber: Sophie Bollmann

Küchenchef: Markus Semmler

Mittags; Sonntag bis Dienstag

Menü 95/185

à la carte 70/109 €

res.

Es soll ja Köche geben, die ihr Restaurant nicht ihren Gästen zuliebe, sondern als Marketinginstrument fürs Catering betreiben – ein Gedanke, der uns bei Markus Semmler nie kommen wird. Aber wenn wir an einem der vier geöffneten Abende in der Woche reservieren wollten, war oft von geschlossener Gesellschaft die Rede. Vertrauenswürdige Leser berichteten, dass bereits zugesagte Tische telefonisch wieder abgesagt wurden oder dass geschlossene Gesellschaften offenbar in absoluter Finsternis und Stille gespeist hätten.

Wird man dann doch einmal bewirtet, erlebt man Semmlers Produkte und Handwerk als makellos. Fehlte früher in den Gerichten oft die Spannung, neigt der Topcaterer neuerdings zur Überspannung des Aromenbogens. Seine Interpretation des Caesar’s salad mit gebratenem Romanasalat und einer Ölsardine auf Brotchip leidet unter einem arg rustikalen Schaum aus Parmesan, die perfekt gebratene Foie gras wird mit eingelegtem Weinbergpfirsich und recht malzig-balsamischer Sauce so süß begleitet, dass der grüne Matcha-Tee den erwünschten aromatischen Kontrast nur andeuten und höchstens farblich wirken kann.

Die tadellose Eismeerforelle litt unter einem recht essigsauer marinierten Salat und sauer eingelegten Radieschen, deren Säure sich ein wenig mit der Milchsäure im Buttermilchschaum biss, auf dem auch noch Zitrusgranité lag. Der bei hoher Temperatur gebratene Wolfsbarsch bot schön knusprige Haut und etwas trocken geratenes Fleisch, angerichtet auf dünnen Stangen grünen Spargels mit Petersilienschaum und -püree sowie köstlichen kleinen, gebratenen Steinpilzen, zu denen Semmler am Tisch einen Steinpilzfond angoss.

Zur tiefdunklen, zarten Taubenbrust mit sautierten Pfifferlingen und Melone gab’s noch ein grandioses Minisandwich aus Keulenragout zwischen zwei in Butter gebratenen Briochescheiben. Das Kirschdessert beeindruckte durch nachgebildete Früchtchen aus gelierter Kirschmasse mit Haselnusskern und knuspernder süß-salziger Milchhaut, garniert mit Mascarponecreme und sahnigem Eis.

Die Weinkarte ist frei von Überraschungen, aber auch von Enttäuschungen.



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MINE

10719

Charlottenburg

Meinekestr. 10

(0 30) 88 92 63 63

office@minerestaurant.de

www.minerestaurant.de

Gastgeber: Mikhail Mnatsakanov

Mittags; Sonntag, Montag

à la carte 34/52 €

Aram Mnatsakanov hat einen Ruf als „russischer Jamie Oliver“ zu verteidigen. Er ist dort offenbar ein prominenter Fernsehkoch, führt Restaurants in mehreren GUS-Staaten, darf seiner Vorliebe für teure deutsche Autos in TV-Werbespots freie Fahrt lassen – und ist dennoch auf die überraschende Idee gekommen, seinem Sohn Mikhail ein Restaurant in Berlin zu spendieren. Und das auch noch exakt dort, wo vor vier Jahrzehnten Henry Levy sein legendäres „Maître“ führte…

All das lässt einen Absturz befürchten, der aber komplett ausbleibt, weil hier zu vernünftigen Preisen und in angenehmer, keinesfalls protziger Atmosphäre eine inspirierte italienisch-mediterrane Küche geboten wird, wie sie in Berlin nicht leicht zu finden ist. Mnatsakanov jr. hat eine solide französische Ausbildung vorzuweisen, das Handwerk stimmt also, die Produkte sind tadellos, und folglich spricht nichts dagegen, hier unbeschwert hinzulangen beim dezent dekonstruierten toskanischen Brotsalat mit Taschenkrebs und Tomatensorbet, beim saftigen Garnelen-Ceviche mit Ingwer-Granité und mariniertem Rettich oder der sanften Stopfleber-Mousse mit gegrillter Avocado.

Auch das Pasta-Handwerk sitzt, wie die hauchdünnen Ravioli mit Rindfleisch und Trüffeln zeigten, das Meeresfrüchte-Risotto, solide bestückt, fiel ein wenig batzig aus, dafür passte die gerollte Lammschulter mit geröstetem Blumenkohl und intensiver Jus ebenso ins Bild wie die etwas abgedroschenen Kalbsbäckchen mit rauchigem Kartoffelpüree; dass daran 22 Kräuter beteiligt waren, wollen wir mal glauben… Die Desserts fielen ab, wenngleich das luftige Tiramisu, extrem großzügig am Tisch aus der Form gelöffelt, viele Gäste beglücken dürfte, die unausgereifte Spielerei vom grünen Apfel in Texturen dagegen wohl weniger.

Der Service musste sich in der Startphase erkennbar noch sortieren, wohl formiert hingegen das Weinangebot, das auch in einer kleinen Weinbar verkostet werden kann: wenig Protz-Klassiker, viel Trendiges zum Teil aus der „Natur“-Ecke, Nikolaihof, Ariana Occhipinti, durchweg bezahlbar.

Ein attraktiver Newcomer mit dem Potenzial, die lahmen Berliner Italiener aufzuwecken.



13


NAUTA

10119

Prenzlauer Berg

Kastanienallee 49

(0 30) 48 49 26 51

www.nautaberlin.com

Küchenchef: Juan Danilo

Schick-buntes Design, fancy Pisco-Cocktails und eine offene Küche, in der Juan Danilo Gerichte seiner peruanischen Heimat einer Generalüberholung unterzieht. Die Aromen sind intensiv, ohne scharf zu werden, die Kochtechniken aus der feineren Küche.

Klassischer Ceviche wird bei ihm zum Tatar von Gelbflossenmakrele und Lachs mit Koriander, Ingwer und mild-säuerlicher Marinade. Dazu gibt es – wie zu allen Gerichten – kross frittierte Süßkartoffelspäne. Den Nikkei-Ceviche interpretiert er mal als rohen Lachs unter Jalapeño-Mayonnaise, akzentuiert von Avocado- und Mispelcreme, mal als Zackenbarsch-Sashimi, köstlich mariniert in Ingwer, Sojasauce und Sesamöl, mit Daikonrettich und Algen.

Hauptgänge werden meist gegrillt, wie der zarte Pulpo mit schwarzen Oliven als dehydrierte Erde und Creme, dazu Kochbananen und Pak Choi. Den zuerst sous vide gegarten, dann lackierten Schweinebauch auf Süßkartoffel-Kokospüree mit säuerlich mariniertem, geschmortem Rettich und jungen Zwiebeln strafft sehr scharfer japanischer Karashi-Senf. Aus der Andenküche stammt immerhin der Mais fürs süße Küchlein mit mariniertem Thai-Basilikum, weißer Schokolade und lila Maissorbet. Zum Fondant aus peruanischem Kakao fällt ihm sogar ein Amarant-Beeren-Ceviche und Koriandereis ein…

Preislich ist das alles ziemlich ambitioniert, auch die vornehmlich chilenischen Weine und die Cocktails sind sportlich kalkuliert.



14


NITHAN THAI

10115

Mitte

Chausseestr. 5

(0 30) 55 21 39 69

info@nithanthai.de

www.nithanthai.de

Küchenchef: Shahaf Shabtay

Mittags

à la carte 17/52 €

res.


Ein Unikum unter den zahllosen Thai-Restaurants in Berlin: Hier präsentiert der Israeli Shahaf Shabtay seinen ganz persönlichen Blick auf Thaiküche – es ist eher ein Mix aus diversen asiatischen Motiven, ein Ausdruck der neuen panasiatischen Welle, die durch Berlin schwappt. Shabtay, der mit diesem Konzept auch in Tel Aviv erfolgreich zu sein scheint, packt seine Gäste vom ersten Teller an mit einer intensiven, aromatisch dichten Küche, die die Klassiker ahnen lässt, aber so effektvoll variiert, dass das Essen immer ein sinnlicher Genuss ist – auch wenn gerade der Papaya-Salat mit einem nachträglich angegossenen Dressing die Süße für unseren Geschmack übertreibt.

Die Karte ist ziemlich unübersichtlich in die Kategorien „Water“, „Inner peace“, „Sunrise“, „Golden Sun“ und „Sound“ aufgeteilt, das hat sicher etwas zu bedeuten, aber es erschwert den Überblick. Vorspeisen sind also vor allem am Preis zu erkennen. Am besten, man bestellt einfach, worauf man Lust hat, es kommt alles nach und nach, à la mode zum Teilen für die ganze Tischrunde.

Sashi Sashimi ist schlichter weißer Fisch, vermutlich Wolfsbarsch, in einer Miso-Yuzu-Marinade angerichtet, Golden Gong sind fünf perfekt frittierte, große Garnelen auf einer sanften Joghurt-Sauce mit Spargelbohnen, Thong Kum ist zartes Rindfleisch, mit Mandarinenstücken und geräuchertem Sesam in Pandan-Blätter gewickelt. In einer ähnlichen Zubereitung, Massaman Mai, kommt das Fleisch zusammen mit geschmolzener Foie gras und einem ofenwarmen Erbsen-Minz-Brot – Chapeau! Sogar die Desserts können punkten: Das Aroma der geschmeidigen „Dum brulee“ mit Mango beruht auf herb geröstetem Sesam, und das Semifreddo von der Kaffirlimette nebst Himbeeren und Rosmarin wird durch schön knusprige Teigblätter bereichert.

Das Getränkeangebot reicht über Cocktails, Säfte und Bier bis zu gut zwei Dutzend Weinen angesagter Winzer, die ihr Geld wert sind, aber als Begleiter der satt gewürzten exotischen Gerichte nicht unbedingt erste Wahl sein dürften. Eine Rarität in diesem Berliner Restaurant-Genre ist der

informierte, bemerkenswert aufmerksame Service.


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NOBELHART & SCHMUTZIG

10969

Kreuzberg

Friedrichstr. 218

(0 30) 25 94 06 10

dubist@nobelhartundschmutzig.com

www.nobelhartundschmutzig.com

Gastgeber: Juliane Möller

Küchenchef: Micha Schäfer

Mittags von Dienstag bis Samstag und am Feiertag; Sonntag, Montag

Menü 95 €

res.

Dass die neue Regionalküche polarisiert, wenn sie wirklich konsequent auf alles verzichtet, was nicht vor ihrer Tür wächst, ist hinlänglich bekannt. Dass Gastgeber Billy Wagner auch außerhalb seines Restaurants als vollmundiger Weltkommentierer auftritt, soll hier auch nicht Thema sein. Vielmehr gilt das, was passiert, nachdem man den Klingelknopf an der Tür neben einem Schaufenster drückt, das aussieht, als lebte hier ein trunksüchtiger Leichenbestatter. Drinnen ein extrabreiter hufeisenförmiger Tresen, an dem die Gäste klug ausgeleuchtet nebeneinander aufgereiht Platz nehmen. Alle Augen richten sich für den Rest des Abends auf die Küche, die das Zentrum der Manege bildet. Auftritt des bärtigen Conférenciers: Es gibt nur ein Messer pro Gast, ein Menü, jeder trinkt, was er will und so viel er schafft, es soll ja schmutzig werden, Billy wird’s schon richten.

Hier endet die offtheatralische Inszenierung.

Es beginnt ein Abend, der durch die Mittäterschaft des Gastes gewinnt, aber auch allein durch die Küche Micha Schäfers als etwas Besonderes in Erinnerung bleiben wird.

Zur Einstimmung ein Teller, auf dem sich sechs Kräuter (Senfblüte, rote Melde, Süßdolde etc.) versammeln, die man bei einem Spaziergang über eine Wiese in heiler Welt finden könnte. Dazu ein Klecks Eiswein-Essig-Gelee. Man isst mit den Fingern, entweder alles zusammen, dann ist es ein Kräutersalat, oder tunkt das Gezupfte nacheinander in den Klecks. Es klingt schräg, schmeckt aber wie ein intelligent die Sinne schärfender Einstieg. Noch ein Teller mit rohen und – das ist betont wichtig – „klein gewachsenen“ Knollen von Bauer Sowieso: Radieschen und Eiszapfen, selbstverständlich mit Wurzel und ihrem Blätterwerk, darüber ein etwas zu harter Crunch aus gerösteten Brotkrümeln und Rapssaat. Dann gutes Brot mit selbst gemachter und gereifter Butter. Ende des Auftakts.

Ein Besteckkasten, aus dem man sich selbst bedienen soll, wird auf den Tresen gestellt. Inzwischen hat man die Weinbegleitung verstanden: Billy Wagner serviert einen Schluck, bei Gefallen wird nachgeschenkt, die Weine wechseln, abgerechnet wird, was getrunken wird. Man sollte nicht zögern, dem Wirt zu sagen, dass man seine Vorliebe für abseitige Weinexperimente nicht teilt. Die Karte umfasst über 700 fair kalkulierte Positionen und selbst eine klassische Weinbegleitung geht ihm mittlerweile höchst unterhaltsam von der Hand.

Eine Schale wird serviert, darin ein geräuchertes Kartoffelpüree ohne Milch, nur mit gebräunter Butter und Maränenrogen als Staffage für die Präsentation des knapp marinierten Dills – mit Wurzel, versteht sich. Klingt manieriert, funktioniert aber aufs Süffigste. Danach ein herausragender Fischgang: in gereifter Butter confiertes Hechtfilet in einer Brühe aus Zwiebelsud, Joghurtmolke und Kressesamen-Öl. Sensibel gegart, perfekt ausbalanciert, purer Genuss! Das pochierte Ei mit pochiertem Lauch, Röllchen vom Weinberglauch und Taubnessel bleibt dagegen unspektakulär.

Es folgt ein Gang, bei dem Micha Schäfer ein weiteres Mal zeigt, wie gewaltig die Kraft des Einfachen sein kann: gegrillte Hüfte sowie Bries und Herz vom Lamm, kein Jus, keine anderen Aromen, nur ein kleiner Kontrastgeber aus Lindenblättern, die in fermentiertem Birnensaft sautiert wurden.

Diese nackte Küche, die saisonbedingt auf nur wenige Produkte zurückgreifen kann, und die nur zur Geltung kommt, wenn jede Zutat allerhöchste Qualität besitzt, erinnert an japanische Hochküche – bei deren Kaiseki-Menü sprechen die Produkte für sich, hier bedarf es noch einiger etwas ermüdender Erklärungen. Aber schon legt Schäfer nach: ein Granité von Fichtennadeln und Apfel auf Milchemulsion mit Walnüssen. Zuletzt ein Hefe-Eis mit dünn gehobeltem Fenchel und einem Pulver aus angesengtem und dann zu Staub gemahlenem Heu, das wie Spekulatius schmeckt. Nun ja.

Wagner hat inzwischen mit irren Weinwinkelzügen und seinem offensiven Charme das Publikum zum Schwingen gebracht. Letztlich lässt sich so kaum sagen, ob der Abend eine klug inszenierte Show war oder Züge einer neuen kulinarischen Genialität hat. Während man die Leichenbestatter-Fassade hinter sich lässt, tendiert man – nicht mehr ganz zurechnungsfähig – zu Letzterem.



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ORANIA

10999

Kreuzberg

Oranienplatz 17

(030) 69 53 96 87 80

orania.restaurant@orania.berlin

www.orania.berlin

Gastgeber: Johannes Linster

Küchenchef: Philipp Vogel

Mittags

à la carte 32/56 €

res.

Der Oranienplatz ist ein Symbol des Streits um die Gentrifizierung. Wer hier ein Hotel mit Restaurant eröffnet, der tut gut daran, tief zu stapeln – das Etikett „Luxus“ wird natürlich trotzdem jedem angehängt, der Hauptgänge für mehr als 20 € und Wein in Flaschen verkauft. Das Orania-Restaurant ist nach draußen mit großen Fensterflächen ganz offen und gibt sich drinnen in modern-reduktiver Eleganz wie ein Bistro. Obwohl es sich nach dem Start eher als Treffpunkt für Kulturinteressierte denn für Genießer inszenierte, darf in der offenen Küche die Klasse von Philipp Vogel aufblitzen, der schon in Wien sehr erfolgreich war und seine Stilistik an der neuen Wirkungsstätte gezielt leger anlegt.

Statt eines festgelegten Menüs gibt es gleich drei Vorschläge mit drei Gängen „zum Teilen“, nach aktueller Berliner Mode. Aber wer nicht mitspielen will, der wird auch à la carte gut versorgt, manchmal sogar sehr gut wie beim beispielhaft saftig gegarten Saiblingsfilet unter hauchdünner, kaum merklich süßer Karamellkruste mit Brokkoli, Safransauce und kleinen Lakritztupfen, deren Dosierung glücklicherweise dem Esser vorbehalten blieb. Schön, dass sich die Küche auch an eher rare Produkte wie die St-Pierre-Filets wagt, deren heikler Garpunkt allerdings beim Braten verfehlt wurde – Amalfizitrone und Grünspargel gaben sich professionell brav, während die Beigabe von Büffel-Ricotta eher ins Rätselhafte tendierte.

Pur mediterran fiel der Oktopus mit Artischocken, Tomate, Fenchel und allerhand grünem Zierrat aus, während das makellos gegarte Tandoori-Lamm mit Kichererbsen und Mangold die vorläufige Schwäche der Küche offenbarte, denn die Über-alles-Würze blieb angesichts der durch die Karte geweckten Erwartung viel zu sanft. Die deutlichste Tendenz nach oben schmeckten (und sahen) wir bei den Desserts, den handwerklich präzise aufbereiteten Pflaumen-Variationen ebenso wie beim vielfältig gestalteten Cassis-Eisparfait mit Pfeffercreme.

Maître-Sommelier Johannes Linster agiert mit Ruhe und Übersicht, seine Weinkarte ist originell ohne Hipster-Einfluss zusammengestellt und angenehm kalkuliert. Am späteren Abend werden die anheimelnd erdfarbenen Vorhänge weggezogen, dann geht das Restaurant optisch in die Halle über, wo häufig Live-Musik zu hören ist.


15


OSTERIA CENTRALE

10623

Charlottenburg

Bleibtreustr. 51

(0 30) 31 01 32 63

osteriacentrale@yahoo.de

Gastgeber: Mila Gomez

Küchenchef: Roberto de Santis

Mittags; Sonntag

Menü 45/75

à la carte 39/50 €

res.

Je schwerer es wird, puristische italienische Küche zu finden, desto mehr wächst uns diese unscheinbare Charlottenburger Osteria ans Herz – ein kleiner Familienbetrieb, der so viel zu tun hat, dass er immer noch auf Website und E-Mail verzichtet. Die dadurch gewonnene Energie fließt in die Küche von Roberto de Santis, deren Qualität sich sofort und am eindrucksvollsten bei einem Pasta-Gericht erschließt. Nehmen wir die Ricotta-Ravioli mit Salbei und Parmesan, die wie ein Wunder von Konsistenz und Aromenbalance erscheinen, daran ist unmöglich irgendetwas besser zu machen, alles ist so zurückhaltend wie genau dosiert.

Niemand sollte auch vorbeigehen am sizilianischen, in dünnen Knusperteig eingebackenen Paglietta-Käse, der mit dünnen Steinpilzscheiben eine ideale Begleitung findet und mit ein paar Tropfen Honig kaum merklich überhöht wird. Die kalte Auberginen-Parmigiana bringt auch dieses Thema auf den Punkt; die gebackenen Zucchini mit Ricotta-gefüllter Blüte, die wir mit generös dosierten Steinpilzscheiben bekamen, erinnerten an japanische Tempura-Tradition, wie sich der Stil dieser Küche überhaupt als japanisch beschreiben lässt in seiner Konzentration auf Produkt und Konsistenz.

Tadellos sind die Orecchiette mit Salsiccia-Klößchen, Rucola und Pfifferlingen, makellos klar schmecken Vitello tonnato und Pulpo mit rohem Fenchelsalat, und mancher Gast mag wegen all dieser Dinge nie die Secondi erreichen, die von gleicher puristischer Qualität sind: Kalbsbäckchen, US-Rind oder Seeteufel. Aber danach auf jeden Fall Cassata siciliana oder Karamellparfait oder Tiramisu…

Wir haben uns entschlossen, die zweite Mütze zu spendieren, obwohl diese Küche das notorische Kreativitätsgebot einfach ignoriert, denn: Liegt nicht in Zeiten immer stärkerer Beliebigkeit auf dem Teller gerade darin wieder eine besondere Qualität? Dabei stehen wir natürlich unter dem positiven Einfluss von Mila Gomez, der herzlichen, witzigen und schnörkellos präzisen Gastgeberin, die, Achtung, verqueren Gästen auch herzhaft Kontra geben kann. Ihr Weinkeller, der nun endlich auch einmal auf einer separaten, aktuellen Karte präsentiert wird, dürfte allen Italien-Kennern die Kinnlade herunterklappen lassen, auch wenn sie vielleicht gerade zu klamm für eine Balthazar vom 1996er Le Pergole Torte sind – das ist im italienischen Fach quantitativ wie qualitativ unschlagbar und auch annehmbar kalkuliert.

Bei der Gelegenheit: Wer sich auf das Degustationsmenü einlässt, das hier natürlich nicht so heißt, sondern mit „Wir machen Ihnen mal was“ offeriert wird, der bekommt fast die komplette Tageskarte in kleinen Häppchen – einer der besten Deals der Berliner Szene.



14


PANAMA

10785

Tiergarten

Potsdamer Str. 91 (Hof)

(0 30) 9 83 20 84 35

hello@oh-panama.com

www.oh-panama.com

Gastgeber: Joshua Lange

Küchenchef: Sophia Rudolph

Sonntag, Montag

à la carte 30/43 €

res.

Sophia Rudolph kennt man noch als nimmermüde Souschefin in Marco Müllers „Rutz“. Hier, auf ihrer ersten Station als Küchenchefin, zeigte sie schnell eine klare Handschrift. Was in einem Konzept-Restaurant nicht selbstverständlich ist: Das Panama will viel Rohes, viel Vegetarisches, vorwiegend regionale Produkte und möglichst komplette Verwertung bieten und so viel wie möglich selbst herstellen – für moderat kalkulierte Gerichte zum Teilen ohne klar definierte Vorspeisen und Hauptgänge. Präsentiert in außergewöhnlichem Design: im ersten Stock hell, holzbetont, mit moderner Kunst durchbrochen, im Erdgeschoss gemütlich abgedimmt mit tiefer gelegten Sitzgelegenheiten.

Eine rauchig-fette geflämmte Makrele kontert die Chefin frisch und sauer mit Rhabarber und Mizuna. Das Rindertatar trimmt sie mit Sesamöl, eingelegten Shii-Take-Pilzen, Algensalat mit Reis-Chip, Seegraspulver und Misocreme auf asiatisch und überrascht dazu mit der aufreizenden Säure einer trockenen Johannisbeermousse. Zum rauchig-zarten Pulpo gesellen sich Zweierlei vom Butternut-Kürbis, frittierter Knoblauch und Texturen aus Maltodextrose und Olivenöl. Auffälligen Aufwand treibt Sophia Rudolph auch bei köstlichen Falafel, die von zitronigem Ziegenkäse und Koriander begleitet und mit Zweierlei vom fermentierten Rotkohl – als klassisches Kimchi und Schaum – spielerisch aufgewertet werden.

Vieles wird mit Rauch und Säure versehen, was einer Küche, die gern mit rohem Gemüse arbeitet, guttut. Höhepunkt dieses kontrastreichen Spiels: ein gebratener Romana-Salat mit sauer-scharfen Kimchi-Einlagerungen, akzentuiert von Chili und Ingwer und harmonisch abgerundet von geschmolzenem Bergkäse. Allein beim Ceviche vom Wolfsbarsch, wo man stramme Säure erwarten dürfte, ist diese mild in Avocado und Dill-Variationen eingebunden.

Wenn sich im Finale auf kleinstem Raum vielfältige Texturen und Temperaturen tummeln, offenbaren sich die Desserts wie das Salzkaramell mit Butterscotch und Popcorn als die Spielwiese, auf der Sophia Rudolph alles zeigen (will und) kann, was sie in der Spitzengastronomie gelernt hat.

Die Weinkarte präsentiert manch hochkarätigen Winzer in stolzen Vertikalen bis in die 1990er Jahre.


16


PAULY-SAAL

10117

Mitte

Auguststr. 11–13

(0 30) 33 00 60 70

office@paulysaal.com

www.paulysaal.com

Gastgeber: Peter Izarik

Küchenchef: Arne Anker

Sonntag, Montag

Menü 85/115 €

res.

Noch immer entlockt der extrem hohe, mit mild provozierender Kunst flankierte Raum nicht wenigen Gästen beim ersten Besuch ein „Wow!“. Noch immer gehört die Terrasse im Sommer zu den entspanntesten Orten in Berlins Mitte und hält die angeschlossene Bar ihr Niveau bei Drinks und Barfood. Aber es gibt inzwischen mittags wie abends nur noch ein Menü, aus dem man sieben bis vier Gänge wählen kann. Zeitig zu reservieren empfiehlt sich nach wie vor.

Feinsinnige Stammgäste empfinden noch eine Veränderung. Der junge Küchenchef Arne Anker nimmt sich in jenem Küchenstil zurück, für den wir Deutschen weltweit berüchtigt sind: Aufwendig angerichtete, sich gegenseitig übertrumpfende Ensembles aus Texturen, Temperaturen und Produktvariationen, mit Kombinationsmöglichkeiten übersäte Teller, aus deren Dickicht sich der Gast das Gericht zusammenmodulieren musste. Nun hört man vom Service öfter ein „am besten alles auf einmal mit dem Löffel in den Mund nehmen“, beispielsweise wenn die limonenhaft parfümierte und dann geflämmte Makrele mit Pilzen, Avocado-Erde und Crème fraîche serviert wird. Dies war bis vor Kurzem noch undenkbar.

Liebhaber komplexer Gerichte werden aber nicht zu sehr enttäuscht, denn viel Arbeit macht sich Anker noch immer. Doch der Lachs, nicht mehr geräuchert, sondern als Sashimi nur leicht von Rauch berührt, mit Blumenkohl von stückig bis grießig, wohl akzentuierenden Kräutern, Zwiebel als Chip und Pulver, angegossener Vinaigrette aus Brunnenkresse und vermutlich Molke ist zwar immer noch komplex, wirkt aber weder überladen noch geschmacklich unentschlossen, sondern ist schlichtweg süffig und in sich rund. Warum man diese stimmige Komposition mit Kaviar für 24 € aufwerten sollte, erschloss sich uns nicht. Auch das andere Upgrade, eine 25-Euro-Langustine, erschien sinnlos, weil die Variationen von Artischocke, Olive und Puntarella so stimmig gen bitter gedreht sind und dabei so fein von Pomelo und Weißbiersauce eingefangen werden, dass dem nichts hinzugefügt werden muss.

Da auch der Service mittlerweile auf die Aufzählung aller Haken verzichtet, die Anker noch schlägt, erwähnen wir von den Radicchio-Variationen zum ordentlich gegrillten Steinbeißer nur die angegossene Sauce aus Radicchio und kräftigem Kalbsfond und würdigen die Navette-Spielereien, deren Bitterkeit wohl dosiert von Kaffirlimetten-Gel gekontert wird. Das noch fast roh gegrillte Rinderfilet – keine Rückfrage des Service nach dem Gargrad, wieso auch, die hohe Qualität des Fleisches kommt so am besten zur Geltung – lässt sich mit Mais-Texturen kombinieren, was die Grillaromen des Fleisches hervorhebt. Die großzügig über das Filet gemahlene feine Pfeffermischung korrespondiert dem mit Orangencreme gefüllten Kailan-Raviolo. Frucht zu Pfeffer, Mais zu Rind, schön dieses gemischte Doppel.

Auf der Zielgeraden tobt sich Anker noch einmal aus: Aronia in einem halben Dutzend Varianten, von luftiger Meringue über balsamischen Jus bis zu dampfenden Perlen aus dem Stickstoffbad. Ein Weizengras-Eis fängt die Säure der Beere ein und unter einem Blatt versteckt sich doch tatsächlich noch eine 50 Cent große Crème brûlée. Kein großer Gang, aber hübsch anzusehen.

Beim Wein kann man aus allem schöpfen, was Moden, Status und guten Geschmack bedient.


18


REINSTOFF

10115

Mitte

Schlegelstr. 26c

(0 30) 30 88 12 14

contact@reinstoff.eu

www.reinstoff.eu

Gastgeber: Maria Rehermann

Küchenchef: Daniel Achilles

Mittags außer Freitag und Samstag; Sonntag, Montag

Menü 110/198

à la carte 63/103 €

res.

Leicht war es nicht in diesem Jahr, herauszubekommen, was genau eigentlich die Linie dieses intimen, dunklen Toprestaurants ist. Denn schätzungsweise zweimal pro Saison ändert es für ein paar Wochen seinen Namen in „Freistoff“, serviert aus der Küche von Daniel Achilles Gerichte ausgewählter Länderküchen und berechnet dafür nur etwa halb so hohe Preise. Und selbst im Sommer, wenn Reinstoff nicht so frei ist, gibt es plötzlich am Mittwoch ein sonst nicht verfügbares viergängiges Menü einschließlich Wein für 99 €, während sonst für fünf Gänge plus Weinbegleitung und Kaffee rund 185 fällig sind – das ärgert spätestens den Donnerstagsgast, der es nicht wusste.

Insgesamt sind solche Manöver sicher gut für den Umsatz, legen aber den Verdacht nahe, dass das Normalprogramm überteuert sein könnte. Dabei ist es das nicht. Denn Achilles’ filigrane, finessenreiche und im guten Sinn perfektionistische Küche bringt tadellose, überwiegend regionale Produkte mit großem Arbeitsaufwand in Topform, ohne überladen zu wirken oder dem Gast Rätsel aufzugeben. Der einst stark betonte Avantgarde-Anspruch ist Geschichte, allenfalls die Unterscheidung der Menüs in „Ganz nah“ und „Weiter draußen“ blieb uns auch dies Jahr unklar. Balance in allen Richtungen ist das typische Kennzeichen der Reinstoff-Küche.

Im „Eis-Cocktail“ lagen Würfel von Räucheraal, klein geschnittene Essigkirschen und knusprige, mit Kirschpuder bestäubte Schweinekrusten in einer sanften Marinade, alles schmeckte kräftig, aber kein Element drängte nach vorn. Die Annonce „Schöner Pulpo“ traf ebenfalls den Kern: Die auf makellose Konsistenz getrimmten Stücke kamen in einer feinsinnig aufgebauten Tellerlandschaft mit verschiedenen Rüben und Radieschen, schwarz gefärbten Algen, milder grüner Vinaigrette.

Fast puristisch wirkte das gebratene Kalbsbries in Kalbsjus neben einem Salat mit gehobeltem Knollensellerie und ebenso dünnen grünen Apfelscheiben – Chapeau! Das war der Beweis, dass moderne Küche keine 20 Elemente braucht, um ihre volle Wirkung entfalten zu können.

Achilles’ unberechenbare Kreativitätsimpulse bescherten uns dann die „Ente Zigeuner Art“, makellos gebratene Entenbrust, dazu Keulenfleischragout in einem schön knusprigen Croustillant, Paprika-Fenchel-Chutney, Paprikasauce, Champignonscheiben. Die genau dosierte fruchtige Schärfe dieses Gerichts kitzelte den Gaumen und zeigte die hier selbstverständliche Abschmeckpräzision besonders gut. Angenehm bodenständig wirkte auch das saftig rosarot gebratene Onglet vom Müritz-Rind mit Petersilienwurzeln, zweierlei Zwiebeln und ein paar Kräutern in würziger Jus.

Voller Finesse steckte die kleine, von grünem Fichtennadelbiskuit eingefasste Champagner-Charlotte, zu der es Traubenscheiben, weiße Schokolade in Stücken, Orangencreme und etwas Fichtenpulver gab. Ein fast schon konventionelles, keineswegs weniger attraktives Geschmacksbild zeigte das Erdbeereis mit Mohnblütensirup, Mohn, Sauerklee und Weinschaum.

Die sehr große Weinkarte blieb auch unter der Aufsicht von Maria Rehermann ihrer Zweiteilung Deutschland/Spanien weitgehend treu. Normal ist darauf gar nichts, die unbarmherzigen Preise zu allerletzt, aber wir erlauben uns doch die Frage, warum aus Deutschland praktisch nur Riesling angeboten wird, und zwar weitgehend in Gestalt Großer Gewächse zu dreistelligen Tarifen, während die spanische Sektion völlig konträr mit nahezu unbekannten Raritäten der Kategorie „Kult“ bestückt ist. Die meisten Gäste werden schon angesichts dieser Problematik lieber zur Weinbegleitung tendieren…

Dazu passt, dass auch der – nur Insidern bekannte – Aperitif-Champagner ungefragt mit 25 € abgerechnet wird, denn offenbar zahlen die überwiegend ausländischen Gäste klaglos, was sie aus anderen Weltstädten ohnehin gewohnt sind. Neuerdings hat das Restaurant aber am Freitag- und Samstagmittag immerhin einen Business-Lunch anzubieten, den sich auch die Locals leisten können.

Ach, eins noch zum überpräsenten Service: Niemand verlangt oder erwartet, dass nach jedem Gang mit großer Geste die Brotkrümel vom Tisch gefegt werden.


16


RICHARD

10997

Kreuzberg

Köpenicker Str. 174

(0 30) 49 20 72 42

mail@restaurant-richard.de

www.restaurant-richard.de

Gastgeber: Hans Richard und Aline Kuch

Küchenchef: Christian Schagerl

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 64/108 €

res.

Die Küchenkonstellation ist hier nicht unkompliziert und wohl auch nicht ganz konfliktfrei, weil der Patron, Künstler und kochende Autodidakt Hans Richard immer einen gestandenen Profi als Küchenchef an seiner Seite hat. Seit Christian Schagerl, vorher bei Heinz Winkler, diesen Posten ausfüllt, bewegte sich die Küche vom schweizerisch-französischen Stil noch ein Stück weiter in Richtung gemüsebewegte Moderne. Abzuschmecken in zwei Menüs, eines rein vegetarisch.

Sehr fein variierte der rohe gebeizte Hecht mit Koriander und Ceviche-Sud das vermeintlich abgegriffene Thema – als Musterbeispiel einer leichten, frischen, animierenden Vorspeise. Die ersten Pfifferlinge lagen auf geschmeidiger Auberginencreme, begleitet von schroff angeröstetem Cima di Rapa, der Spargel kam dagegen stressfrei harmonisch mit Joselito-Schinken, Mandeln und einer Vinaigrette aus gegrilltem grünem Spargel. Kontrastreicher ging es zu beim Schollenfilet bester Qualität, das Spuren eines kräftig gerösteten Fischsuds umgaben. Pinienkerne und Kapern lieferten den Kontrast, während dünne Knochenmarkscheiben ausgleichend die Zunge polsterten, ein schöner Gang. Auch der Kohlrabi mit Meerrettich und Apfel, verborgen unter einem Nudelblatt mit Mohnbrösel, schmeckte faszinierender, als die schlichte Beschreibung ahnen lässt.

Fleisch ist hier ein Nebenthema, dem selten mehr als zwei Gänge pro Abend eingeräumt werden. Das präzise gegarte Schweinekinn mit mariniertem Rettich und Petersilien-Nage blieb auf der sanft grünen Seite, während dem Kalbsrücken im Barbecue-Jus mit Barigoule-Artischocken ein bedeutend dramatischerer Auftritt im mediterranen Fach gelang. Sehr schön auch die Desserts, die ebenso wie die anderen Gerichte modern und leicht ausfielen: Erdbeeren mit Meringuen, Kokosnuss und Waldmeister oder Rhabarber mit heller Dulcey-Schokolade.

Der Service unter Aline Kuch entspannte sich über die Jahre erfreulich, und Alexander Vögtlin ist ein sehr guter Sommelier, den man an der großen, nicht ganz günstig kalkulierten Weinkarte vorbei unbedingt nach einer glasweisen Weinbegleitung fragen sollte. Die Strenge des ehemaligen kaiserlichen Offizierskasinos mit der hohen Stuckdecke wird durch Kunstwerke und verspielt moderne Kronleuchter angenehm gebrochen. Nur auf den Tellern bleibt es verdrießlich dunkel, aber auch das, was wir nicht genau sehen konnten, schmeckte sehr gut.



13


ROSA LISBERT

in der Arminiusmarkthalle

10551

Moabit

Arminiusstr. 2–4

(01 52) 21 98 29 23

kontakt@rosalisbert.de

www.rosalisbert.de

Mittags; Sonntag, Montag

à la carte 24/55 €

14 Markthallen sollten im Berlin des ausgehenden 19. Jahrhunderts die schnell wachsende Metropole mit hygienisch unbedenklichen Grundnahrungsmitteln versorgen. Vier historische Markthallen überdauerten die Zeit und bieten – neben einem stetig kleiner werdenden Angebot an Lebensmitteln – mehr oder weniger engagierten Lokalen und Imbissen ein Dach über dem Kopf. Bemerkenswert sind nur zwei, die auf Streetfood und Sonderveranstaltungen spezialisierte Markthalle Neun und die Arminiusmarkthalle.

In Letzterer siedelten sich kaum voneinander separierte Gaststätten mit einfachen Tischen unter der baumhohen Decke an, die sich als österreichisches „Habe die Ehre“, peruanisches „Naninka“ oder mexikanisches „Lucha Libre“ profilieren wollen. Geschafft hat es das elsässische „Rosa Lisbert“ mit engagierter Küche, viel Biodynamie aus Frankreich und Deutschland auf der relativ hochwertigen und mit Augenmaß kalkulierten Weinkarte und sympathischem Bistro-Charme.

Die Spezialität sind Flammkuchen. Keine Sattmacher, sondern Kreationen wie Knochenmark & Flusskrebs, Fois gras & Trüffel oder Forestière Gratinée, die nach den Richtlinien der (auch so was gibt’s!) Confrérie du véritable Flammekueche d’Alsace bei großer Hitze in Buchenholzfeuer gebacken werden. Hinzu kommt elsässisch Rustikales wie erstaunlich gute Pâté en croûte mit selbst eingelegten Mixed Pickles und feinsäuerlich abgeschmecktem Salat, zarte Schnecken in kräftiger Knoblauchbouillon mit hauchdünnen rohen Champignonscheiben oder Coq au vin vom Schwarzfederhuhn. Der schlicht annoncierte Tomatensalat entpuppte sich als üppiges Potpourri aus exakt gegartem Pulpo, Garnelen und Calamaretti mit Brotchip, Avocado, frittiertem Knoblauch und sämigem Basilikumdressing, zu dem à part eine rauchig-pfeffrige Gazpacho gestellt war – und das zum Preis von 12 € auch noch gut gemacht.


18


RUTZ

10115

Mitte

Chausseestr. 8

(0 30) 24 62 87 60

info@rutz-restaurant.de

www.rutz-restaurant.de

Gastgeber: Falco Mühlichen

Küchenchef: Marco Müller

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 129/169

à la carte 90/130 €

res.

Über eine beleuchtete Marmortreppe erreicht man in der Beletage Berlins phantasievollste Welt der „Natur & Aromen“. In der beeindruckt Marco Müller im unprätentiösen Rahmen besonders mit seiner Begabung, durch Säureeinsatz und Fermentation einzigartige Geschmackserlebnisse zu erzeugen, die vor allem geübte Esser ins Schwärmen versetzen können. So lässt er den Störbauch drei Stunden lang in Koji-Reis ruhen, begleitet den aromatischen Fisch mit grünen Erdbeeren, die komplett fermentiert sind, ohne die knackige Konsistenz zu verlieren, und untermalt diese mutige und gelungene Aromenkombination mit kräftigem Heusud und dem frischen Säurekick von Meer-Traubenalgen – Chapeau! Ein großer Fang ist auch der Forellengang, der sich in erster Linie der Forellenhaut widmet. Die zum Schwanzstück auslaufende obere Loin wird lediglich angewärmt und bietet die Bühne für die knusprigen Hautbrösel. Angerichtet wird beides auf einem klebrigen Streifen einer sehr balsamischen Fichten-Fischsaucenreduktion; dem Ganzen verleiht Schafsmolkenschaum schöne Frische.

Hielten wir den Störbauch bis dahin für den Höhepunkt des Abends, überraschte uns Müller mit einer Inspiration, deren Originalität und Nuanciertheit uns noch heute schwelgen lässt, als er sich der Gartenkarotte in zwei Gängen widmet: Zuerst gibt’s geeisten, fermentierten Karottensaft und Estragonpulver, danach gegarte, in knusprigen Flocken aus Hühnerhaut gewälzte Karotte, über die getrocknetes Brathähnchenherz gerieben war, mit Estragoncreme und extrem konzentriertem Hühnerfond.

Zartes Schweinekinn legt er auf eine Creme aus frischem grünen Wacholder, die ihm ein Freund aus Estland schickt, drapiert darauf hauchzarte Streifen von frischem und fermentiertem Spargel und übergießt mit etwas Buttercremesauce, die an Hollandaise erinnert. Beim wenig preisgebenden Gang „Bohnenkraut, Schwertmuschel & Fischeier“ spielt ein saftiges Stück Ostseedorsch optisch die Hauptrolle, aromatisch übernehmen jedoch schnell die perfekt gegarte Schwertmuschel und der rohe Rettich, der lediglich dünn geschnitten und gerollt wurde, die Hauptrollen. Forellenkaviar und sehr salzige Stücke von Bruchbohnen harmonierten perfekt und der Sud aus Bohnenkraut verströmt erneut Müllers großes Talent.

Der Lamm-Hauptgang schließlich verblüfft: Das zarte Müritz-Wesen ist lediglich mit gerösteter Gerste überstreut und von ofen-gegartem Lauch begleitet – eine schlicht-schöne Unterbrechung des Rutz-Aromenspektakels.

Ungewöhnlich ist auch das Oxalsäure-Dessert mit Holsteiner Blut im Frühjahr. Es kombiniert knackig gegarten Rhabarber der Sorte Holsteiner Blut mit dreierlei Sauerklee und Weizengras und erfreut zumindest dadurch, kein sonderlich süßes Dessert zu sein.

Dem ebenso egozentrischen wie kompetenten und modischen Service hören wir erst wieder aufmerksam zu, wenn er uns völlig ironiefreie Sätze wie „Ich mag eigentlich kein Lamm, aber…“ (beim Einsetzen des Lammganges) und „Klassischerweise würde man einen anderen Wein dazu servieren, aber ich bin ja kein Klassiker“ erspart oder zumindest die Wörter ich und spannend vermeidet.



13


RUTZ-WEINBAR

10115

Mitte

Chausseestr. 8

(0 30) 24 62 87 60

info@rutz-restaurant.de

www.rutz-restaurant.de

Gastgeber: Falco Mühlichen

Küchenchef: Marco Müller

Mittags; Sonntag, Montag

à la carte 24/133 €

res.

Die Weinbar im Erdgeschoss ist das Mauerblümchen des Rutz – jedenfalls aus Sicht jener Restaurantkritiker, die nur Marco Müllers einfallsreiche Hochküche beschreiben, wie sie im ersten Stock serviert wird. Die Gäste aber lieben die Bar, vor allem, weil sie wissen, dass sich weder Produktqualität noch handwerkliches Können unterscheiden, denn es wird alles von denselben Köchen in derselben Küche zubereitet – und das riesige, kulant kalkulierte Weinangebot ist ohnehin identisch.

Die Grundstimmung unten ist aber deftiger und einfacher, ganz auf aufgeklärte deutsche Tradition und rare regionale Produkte konzentriert.

Deshalb ist es also durchaus möglich, im Weinbar-Stil nur Wurst, Schinken oder Käse in Referenzqualität zu probieren. Warm gibt es beispielsweise Blutwurst, Schinkenknacker oder Lammbeuschel. Die Barbecue-Rippchen vom Wollschwein sind immer eine treffliche Wahl, empfehlenswert auch geschmorte Rinderschulter und Prignitzer Landhuhn, fast durchweg auf der Karte und von saisonal wechselndem Gemüse wie „wilder Brokkoli, Gartenrüben, saure Radieschen“ begleitet. Sorgfältig ausgesuchte, kostspielige Steaks mit Sauce Choron und professionell gemachte Desserts à la Cheesecake oder halbflüssiges Schokosoufflé („HFSS“) runden das Menü ab.

Maître Falco Mühlichen lässt den Barbesuchern die gleiche freundliche Zuwendung angedeihen wie den Gästen des 18 Punkte-Restaurants.


15


SCHWEIN

10629

Charlottenburg

Mommsenstr. 63

(0 30) 24 35 62 82

info@schwein.online

www.schwein.online

Gastgeber: David Monnie

Küchenchef: Christopher Kümper

Menü 55/65

à la carte 36/58 €

res.

Das Schwein "machte rüber": Nach dem überraschenden Aus in Mitte fand man im alten Westen neues Quartier. Die gute Nachricht: Ansonsten ändert sich nichts. Man wird hier nach wie vor viel Schwein haben können: riesige Cocktailauswahl, gut 100 Sorten Gin, eine Weinkarte für statusbewusste Vertikal-Trinker und für Freaks, die schon immer mal wissen wollten, was in Serbien oder Transsilvanien zu entdecken ist. Dazu die spannende Küche von Christopher Kümper, der nach seinen Stationen bei Daniel Boulud in New York und – sehr prägend – André Chiang in Singapur hier ausprobiert, wie hohe Kochkunst zu sehr zivilen Preisen möglich ist.

Wie genüsslich das geht, demonstrieren gut abgeschmecktes Tatar mit eingelegtem Gemüse, selbst gezüchteten Egerlingen und Eiscreme-Tupfen, sous vide-gegarter und dann kräftig abgeflämmter Lachs mit Kartoffelcrumble und Essigpulver, die Fish’n’chips-Assoziationen provozieren, sowie einer Kartoffel-Dillsauce in Gourmetgüte. Immer lohnend sind Ceviche-Gänge wie die in Rhabarber gebeizte Fjord Forelle mit Klecksen von Urkarotte, einem Forellenkaviar-Topping und geeisten Apfel-Limetten-Kugeln. Dazu bekommt, wer sich auf die Weinreise der beiden beschlagenen Sommeliers Patrik Kunert und Manu Rosier begibt, Tomatenlikör und Cidre im Duett – verblüffend stimmig.

Saugut selbstredend alles vom Schwein. Also auch die Spitzkohlroulade, gefüllt mit einer Farce vom Schwein mit Stücken von Herz und Zunge, belegt mit Lardo-ähnlichem Schweinespeck, gebadet in einer Schweineconsommé mit Dillöl und akzentuiert von Senfsaat – dazu ein Duo aus oxidiertem serbischem Riesling und Chardonnay aus dem Beaujolais. Im Vergleich dazu nur ordentlich der butterzarte Lammhals mit sehr feinem Lammjus, Blumenkohl-Sojacreme, einem Gitter aus fermentiertem Knoblauch und einem von geeistem Ziegenfeta und Eigelbcreme gekrönten Blumenkohl (und einem wuchtigen Paar aus Monastrel und Grenache).

Als Vorspeise wie zum Dessert tauglich ist die getrocknete und dann in ihrem konzentrierten Saft eingeweichte Karotte mit Schafsjoghurt, Schafskäse und fermentierter Kräutermischung. Den gelungeneren Abschluss finden wir das Apfelküchlein mit Dulce de leche oder auch das Fondant au chocolat mit Getreide in allerlei Texturen, weißem Schoko-Sponge und Weincreme-Klecksen.

Das alles wird gut gelaunt unter den Augen des charismatischen Gastgebers David Monnie serviert, der recht daran tut, seiner Künstlerriege in diesem legeren Restaurant eine Bühne zu bieten, auf der sie anscheinend alles tun und lassen kann, was dem Gast gefällt.


16


SKYKITCHEN

im Vienna House Andel’s

10369

Lichtenberg

Landsberger Allee 106

(0 30) 45 30 53 26 20

restaurant@skykitchen.berlin

www.skykitchen.berlin

Gastgeber: Barbara Merll

Küchenchef: Alexander Koppe

Montag

Menü 52/149

à la carte 48/80 €

res.

Als legeres anheimelndes Gourmetrestaurant mit Weltklasse-Aussicht ist das Skykitchen ein kaum zu schlagendes Gesamtkunstwerk – ein Verdienst der sonst kulinarisch unauffälligen Vienna-House-Gruppe, die sich diese Perle im 12. Stock einfach mal gönnt. Alexander Hoppe, Küchenchef von Anfang an, hat sein Programm in sicherem Griff, kann aber ein paar kulinarische Impulse durchaus brauchen, die wir bei den ausgezeichneten Desserts eines neuen Mitarbeiters schon deutlich spürten. Um also mit der Kritik gleich durch den Fahrstuhl ins hohe Haus zu fallen: In einigen Gängen schien uns die Balance von Hauptprodukt und Nebensachen nicht mehr richtig zu stimmen. Das war alles von hoher sensorischer Qualität, aber auch oft von bunter Beliebigkeit mit vielen vielfarbigen Mikroelementen, die den Kern des Gerichts mild süßlich überdeckten.

So kam der Yellow Fin roh und als Tatar, zumal angesichts rekordverdächtiger Winzigkeit, zwischen Shiso-Pflaume, Wasabi und Rübstiel kaum zur Geltung. Dem ausgezeichneten Carabinero erging es besser, weil sich die filigrane Begleitung von Salzzitrone, wildem Fenchel und Chicorée in respektvoller Distanz hielt, und auch beim Ibérico-Bauch mit Selleriekohl, etwas Curry und einer nachgebauten Creme-Erdnuss harmonierten die Aromen, wenngleich etwas mehr Fleisch auch nicht geschadet hätte. Alte Schule: der herrliche Taubenjus zur Taubenbrust mit vier verschiedenen Zwiebel-Petitessen und einem – leider nur einem – kleinen Langos (Fladenbrötlein).

Der schön fest präparierte Heilbutt bot dann endlich ein gut portioniertes Stück zum Nachschmecken, begleitet von Stabmuscheln, Sojabohnen und Artischocken, während neben dem Wagyu-Rind mit wiederum köstlichem Jus eine aufwendig arrangierte Karawane von Lauch, Paprikacreme und Rauchkartoffeln aufmarschierte, in der eigentlich nichts den ursprünglichen Zustand behalten hatte und deshalb alles beliebig wirkte. Hier wird das Kochhandwerk beherrscht, das ist gar keine Frage, aber diese Fertigkeit wird für unseren Geschmack oft zu eitel und zweckfrei vorgezeigt.

Was aber nicht für die aktuellen Desserts gilt: Mit Verblüffung schmeckten wir uns durch Creme und Eis auf der Basis von Jasmin-Reis mit Passionsfruchtnudeln, Litschi und köstlichen Säurespitzen aus klug dosierten Gels, und auch der „Paradiesapfel“, eine cremig gefüllte Kugel aus hauchdünnem Zucker mit exotischen Früchten gehörte klar in die nächsthöhere Kategorie – wir sind gespannt auf die nächste Testsaison.

In der wir selbstverständlich wieder auf die warmherzige Betreuung durch Barbara Merll hoffen, die immer den richtigen Ton findet und nichts dem Zufall überlässt, ohne dass der Gast sich überbetreut oder durch lange Reden genervt fühlte. Ihre Weinkarte ist eigenwillig zusammengestellt, konzentriert sich auf Deutschland, Österreich und Frankreich und gibt durchweg der zweiten Liga eine Chance, was zu angenehmen Erstbegegnungen und fairen Preisen führt. Zum passenden Absacker führt der Weg eins höher, in die coole Skybar unter dem Dach.



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SPINDLER

10999

Kreuzberg

Paul-Lincke-Ufer 42/43

(0 30) 69 59 88 80

eat@spindler-berlin.com

www.spindler-berlin.de

Gastgeber: Kamila Preis

Küchenchef: Nicolas Gemin

Menü 35/59

à la carte 22/54 €

res.

Berlin ist voll von zeitgemäßen Brasserien mit modern-gelassener Küche, die niemandem etwas beweisen müssen und für ihre Dienstleistungen faire Preise verlangen. Wir haben diese hier als exemplarisch ausgewählt, vor allem wegen zwei wesentlicher Vorzüge: die bei Touristen extrem beliebte Lage mit Vorgarten am grünen Teil des Kreuzberger Landwehrkanals und das Komplettangebot an allen sieben Tagen vom Frühstück bis zum Sonntagsbrunch, das nicht durch qualitative Kompromisse erkauft wird.

So ist das tadellose Kabeljaufilet nicht weniger professionell gewürzt und gebraten als beim berühmten Nachbarn „Horvath“, aber natürlich deftiger eingefriedet mit Möhrenpüree, intensiver Salsa verde, Fregola sarda und einem eher überflüssigen Rucola-Berg. Die Ricotta-Ravioli, deutlich hausgemacht, kommen in heiterer, etwas überfrachteter mediterraner Montur mit Oliven, Basilikumpesto, Feta und Kirschtomaten, der gebeizte Lachs mit verschiedenen Rüben und sanft süßer Rote Bete-Creme ist schon ein Klassiker, und zur Spargelsaison glänzen diverse Zubereitungen wie der Spargelsalat mit Ziegenkäse, Erdbeeren, Pinienkernen und Miso. Gute Desserts wie der pochierte Rhabarber mit Vanillecreme, Zitronenconfit und Galanga-Rhabarber-Sorbet verdienen ebenfalls Beachtung.

Alles ist gut organisiert, was sich vor allem bei Andrang zeigt – die eine oder andere etwas verpeilte Aushilfe im Service ist durchaus zu ertragen. Die überschaubare Weinauswahl passt vom Sortiment als auch preislich in den Rahmen, der übrigens drinnen sehr stilvoll und gekonnt reduziert gestaltet wurde. Dass es dort dann am Abend laut und schummrig ist – auch das haben diese guten Berliner Brasserien alle gemeinsam…


15


SRA BUA BY TIM RAUE

10117

Mitte

Behrenstr. 72

(0 30) 22 61 19 59

srabua.berlin@kempinski.com

www.srabua.de

Gastgeber: Shahab Jalali

Küchenchef: Daniel Marg

Mittags; Sonntag, Montag

Menü 53/69

à la carte 16/55 €

res.

Seit September 2017 kocht hier Daniel Marg, der in seinen vier Jahren als Souschef im Restaurant Tim Raue lernte, die Vorgaben des Meisters ernster zu nehmen als sein hiesiger Vorgänger. Er bietet das Sra Bua-Menü, tischweise das Ruam Gan-Menü zum Teilen und eine große Auswahl à la carte-Gerichte, die in kleinen oder großen Portionen bestellt werden können. Mehr als zuvor ist die typische Raue-Aromatik schmeckbar: scharf, süß, gern mit Lime kontrastiert und hoch konzentriert im Geschmack.

Die traditionell eher fade Miso-Suppe kommt mit Rawumms in Kraft und Schärfe sowie ungewöhnlicher Einlage aus Pak Choi und kandierter Nektarine. Der Kopfsalat hat ein köstliches Fischsaucen-Lime-Dressing und wird von Sansho-Pfeffer befeuert. Und kleine, längliche Auberginen werden scharf gebraten und mit Sake und Misochips ins Süßlich-Umamihafte gedreht.

Die Wasabi-Garnele in Reisflakes-Tempura mit Phuket-Vinaigrette und Mango ist edelstes Comfort food im Breitwandformat und nach den Chickenwings mit Kimchi, Sauerrahm mit Honig, Zitrone und Kreuzkümmel leckt man sich die Finger. Marg zitiert auch bewährte Raue-Klassiker wie Jacobsmuschel-Ceviche mit Holunderblüte oder die legendäre Tuna-Pizza. Nicht ganz neu sind die eingelegten Kleinigkeiten wie Wasabirettich und Chian-Mai-Gurke oder Sam Tam, thailändischer Papayasalat, die man so vielleicht nicht bestellen würde, aber in einem auf zwölf Gerichte angelegten Ruam Gan-Menü als willkommene Beilagen empfindet. Und die selbstverständlich nach mehr schmecken, als man üblicherweise erwarten dürfte.

Gleiches gilt auch für die augenzwinkernde Interpretation eines China-Restaurant-Klassikers, dem Schweinefleisch süß-sauer: Schweinebauch seziert in Knusperspeck und saftig geschmorte Würfel in einer fruchtig-scharfen Sauce mit eingelegter Zwiebel. Dazu die obligatorische Ananas, allerdings nur als Creme zitiert, und Paprika als Füllung eines köstlichen Röllchens – Raue liebt das Spiel mit gesenkten Erwartungen und hebt die Klischee-Speise höchstvergnüglich zurück ins halbwegs erwachsene Geschmacksbild. Spielerisch auch das Dessert aus dem wie mit dem Sandkastenförmchen gemachten Cheesecake im Schokomantel, das ein fein bitter austariertes Kontra von Yuzu und Limette erhält.

Vorläufiges Fazit: Gäste, die zu Raue gehen, weil sie seine Küche erleben wollen, können das hier in einem im Vergleich zur Zentrale abgespeckten und preislich entspannten Rahmen. Daniel Marg ist handwerklich beschlagen, er kennt die Philosophie und die Klassiker aus dem Effeff. Wenn jetzt noch der Fokus mehr auf Japan gelegt wird, gewinnt die gerade recht wohlfühlige Küche noch Tiefe.

Der quirlige neue Gastgeber Shahab Jalali hat die Begabung, die etwas steife Atmosphäre mit seiner Verve und sehr legeren Art aufzulockern. Und wir drücken die Daumen, dass es ihm – wie angekündigt – sehr bald gelingt, das Adlon-Diktat einer sinnfrei-überteuerten Weinkarte zu durchbrechen und dank Coravin 50 Weine von Rang und Namen trinkfreudig kalkuliert zu 4,50 bis 12 € offen anzubieten.


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TIM RAUE

10969

Kreuzberg

Rudi-Dutschke-Str. 26

0 30) 25 93 79 30

office@tim-raue.com

www.tim-raue.com

Gastgeber: Marie-Anne Raue und André Macionga

Küchenchef: Tim Raue und Christian Singer

Sonntag, Montag, Dienstagmittag

Menü 128/198

à la carte 103/168 €

res.


Tim Raue hat ein Luxusproblem, das er sich hart erarbeiten musste: Gerade internationale Gäste sind extrem auf seine Klassiker fixiert und hindern Berlins besten Koch daran, die Speisekarte zügig weiterzuentwickeln. Deshalb bietet er zwei Menüs an – und hält die berühmte Peking-Ente in drei Gängen, die darin nicht mal mehr enthalten ist, für alle (und viele) Fälle immer noch vorrätig. Bei der Evolution seiner Küche beharrt er auf seinem typischen, sofort erkennbaren Stil und führt nur neu ein, was einen langen Optimierungsprozess hinter sich hat, Improvisation hat hier definitiv keinen Platz.

Deshalb fangen wir diesmal mit Kalbshaxe an. Denn Raues großer Erfolg der Saison 2016 war die enorm krosse Schweinshaxe, und das kann er mit Kalb auch: wirklich knusprig draußen, drinnen zart durch eine Reiswein-Marinade, unnachahmlich begleitet von Trüffeljus, einem kleinen Salat mit Topinambur, Wasserkastanien, Haselnüssen, eingemachten Trauben, einem Hauch Chili und Vogelmiere. In diesem prototypischen Gericht… Moment: Obendrauf hobelt der Meister persönlich eine generöse Schicht schwarzer australischer Trüffel, deren charaktervoll präziser, aber nicht erschlagender Duft den Clou setzt. In diesem Gericht also steckt schon alles drin, was die Küche Raues ausmacht, die genaue Balance zwischen Wucht und Frische, das leichthändig organisierte Spiel der Konsistenzen, die perfektionierten Arbeitsabläufe, der asiatische Gewürzhauch, die dosierte Schärfe im Detail.

Auf dem fast unmerklichen Rückweg nach Europa sind ein paar typische Knalleffekte des frühen Raue auf der Strecke geblieben, er verarbeitet gegenwärtig weder Seegurke noch Fischblase und hat sich auch von geschmorter Kalbssehne losgesagt, das können wir gut ertragen. Vom Impérial-Kaviar wird er sich allerdings ebenso wenig je verabschieden wie von den schwarzen Trüffeln, und deshalb hat er ihm eine Bühne gebaut, deren Urheber blind erkennbar ist: Gelierter Beeftea wird mit Sprotte aromatisiert, dazu kommen winzige Mengen gerösteten Quinoas mit Zwiebeln, ein Hauch Chili, Crème fraîche und Spuren von Lauchzwiebeln – und obenauf der Kaviar, lieber was Gutes und dafür ein bisschen mehr…

Raue, der aufgrund früherer Kreationen immer noch ein wenig als Süß-Sauer-Scharf-Spezialist verschrien ist, hat dieses Geschmacksbild über die Jahre so differenziert, dass es den eigenen Stil immer noch deutlich kenntlich macht, aber jegliche Penetranz vermeidet; nur edle Blässe sollte nach wie vor niemand in seiner Küche suchen.

Zum ersten Mal begegnete uns auch die Sashimi-Makrele, die allerdings mit Sashimi nur die Anwesenheit rohen Fischs gemeinsam hatte, und auch der war schon durch leichtes Abflämmen in höhere Sphären gehoben. Dazu gab es Shiso-Kresse, Topinamburcreme, weißen Rettich und einen rötlichen Shiso-Ponzu-Sud, in dem stilisierte Shiso-Blätter als transparentes Gelee sichtbar blieben, ein bemerkenswert schöner optischer Effekt. Nebenbei: Auch wenn hier all die einschlägigen Umami-Vokabeln fallen, ist Raue keiner, der Glutamate bis zum Exzess auspresst und damit empfindlichen Gästen eine schwere Nacht beschert – es geht eigentlich jeder leicht und beschwingt, was auch mit dem pädagogischen Verzicht auf Brot zu tun haben dürfte.

Raues Perfektionsdrang geht heute sogar so weit, dass er seine eigene Austernsauce herstellt, die dann als hochkonsequente Begleitung einer gedämpften Gillardeau-Auster mit chinesischem Brokkoli und Limetten-Tapioka das Glanzlicht setzt. Jedem Gast würden wir zudem den schon lange etablierten Bretonischen Hummer wärmstens empfehlen, dicke, zart-aromatische Stücke auf Karottenpüree mit Passionsfrucht, ein paar Korianderstielen, Ingwer und Dashi-Essig, umgeben von flüssiger Butter fürs Mundgefühl – perfekt.

Das Spiel mit Mikroelementen, das nie so richtig Raues Sache war, taucht nur einmal fast wie ein ironisches Zitat auf, als winziges Salätchen von Mango, Gurke und roten Zwiebelscheiben in verschiedenen Konsistenzen, das ein erdiges Saté von Hühnerkeule, Lunge und Herz erfrischend begleitete.

Desserts sind, wie man weiß, nicht seine Herzenssache, aber er lässt guten Mitarbeitern freie Hand und kommt so zu humorvollen Miniaturen wie dem Gurkensorbet in Gestalt eines chinesischen Cartoon-Soldaten, ergänzt um andere Gurkenzubereitungen, um Gelee, Schaum und Eis von der Passionsfrucht mit einem Hauch Tonkabohne.

Maître-Sommelier André Macionga, ein langjähriger Weggefährte, wächst an der Aufgabe, diese ungewöhnlichen Kompositionen mit Getränken zu begleiten, von Jahr zu Jahr und trifft längst blind die richtige Wahl aus einem Keller von 1200 Positionen. Wer ihm freie Hand gibt, der erlebt eine berührende Reise durch Regionen und Jahrgänge, bei der auch einmal ein über 20 Jahre alter weißer Châteauneuf-du-Pape seine nahezu unbekannten Qualitäten ausspielen darf. Gerade auf solch vergessene Trouvaillen spezialisiert er sich, weil sie das nötige geschmackliche Rückgrat für Raues Küche besitzen.

Es steht also alles zum Besten im Reich unseres Berliner Lieblingskochs, der auch die Trennung von seiner Frau Marie-Anne ganz entgegen seinem Rambo-Image mit Vernunft überstanden hat: Sie begrüßt nach wie vor die Gäste und hält die Finanzen zusammen. Raue Sitten, die gut tun.


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TULUS LOTREK

10967

Kreuzberg

Fichtestr. 24

(0 30) 41 95 66 87

mail@tuluslotrek.de

www.tuluslotrek.de

Gastgeber: Ilona Scholl

Küchenchef: Max Strohe

Mittags; Montag

Menü 78/108

à la carte 40/76 €

res.

Was Max Strohe kocht, zeigt immer markante Aromen, die er mit bemerkenswertem Einfallsreichtum und zunehmender Sicherheit arrangiert. Grenzen geographischer oder stilistischer Art interessieren ihn nicht. Den passenden Rahmen für diese Küche bieten tiefe Schüsseln, in denen sich die einzelnen, sorgfältig präparierten Elemente vermischen.

So fügen sich roh marinierte Gelbflossenmakrele, Erdbeeren und ein Hauch Wasabi in einer cremigen, mit allerbestem Olivenöl grundierten Sauce Vierge zusammen, der „Erbseneintopf“ mit tiefgründiger klarer Brühe enthält eine gebrannte Erbsencreme und einen Hauch Schokominze – begleitet von einem „Taco“ aus Fetter Henne und Zuckerschoten. Verblüffend intensiv schmecken die Möhrenstreifen mit Pistazien auf einer Möhren-Mimolette-Creme, noch intensiver der mit Pflaumen und Entensaft unter einem Deckel von Gemüse und Blauschimmelkäse versteckte Aal.

Beim Kalbsbries mit Pfifferlingen in einer fast schwarzen Blaubeersauce, die das Fruchtaroma intensiv vermittelt, und beim Rehrückenfilet mit intensiv würziger Mole-Sauce nebst gefüllten Kirschen haben die wenigen Elemente viel Wirkung. Zum Abschluss bleibt es beim tiefen Teller, wenn ein Eis von gesalzenen Kirschblüten mit Erdbeeren und Rhabarber in einem Verveine-Sud schmilzt. Oder es gibt, einmal mit Distanz ausgebreitet, kleine Baisers und Waldbeeren mit einem schrägen Eis aus Stachelbeeren und Thai-Basilikum.

Herz und Seele des kleinen, einfachen Restaurants ist die liebenswürdige Gastgeberin Ilona Scholl (besonderes Kennzeichen: Das Regenwald-Muster ihres Kleides passt immer zur Tapete). Aufgekratzt plaudernd bezirzt sie die Gäste und verliert in der spannend und originell zusammengestellten Weinauswahl nie die Orientierung. Im Sommer sitzt man auf der lauschigen kleinen Terrasse zur ruhigen Straße, deren Anwohner jeden Parkplatz unerbittlich zustellen. Man komme also mit dem Taxi und gebe sich dem Versprechen der Website hin: „Wir sorgen schon heute für den Kater von morgen.“


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VOLT

10999

Kreuzberg

Paul-Lincke-Ufer 21

(0 30) 3 38 40 23 20

info@restaurant-volt.de

www.restaurant-volt.de

Gastgeber: Sabrina Lehricke

Küchenchef: Matthias Gleiß

Mittags; Sonn- und Feiertag, Montag

Menü 64/94

à la carte 48/74 €

res.

Achtung, jetzt wird es subjektiv. Mischt Matthias Gleiß eine Geheimzutat in sein Essen, die glücklich macht? Anders können wir uns jedenfalls nicht erklären, warum jeder Besuch Emotionen auslöst, die die meisten technisch überperfekten Superköche nie erreichen und die kopfgesteuerten Stilisten sowieso nicht. Von der idealen Atmosphäre im denkmalgeschützten Backsteinsaal über den herzlichen, präzisen Service und die guten, bezahlbaren Weine bis hin zur raffiniert bodenständigen, regional inspirierten Küche des Patrons stimmt hier einfach alles.

Gleiß ist keiner von denen, die nach einem rasanten Start auf der Stelle treten – er steigerte seine Küche geduldig von Jahr zu Jahr und nahm dabei eine Vielzahl treuer Stammgästen mit; nur in der Foodie-Szene wird er immer noch stark unterschätzt. Täglich drei Menüs, eins davon vegetarisch, stehen auf dem Programm, und die Gerichte sind optisch wie geschmacklich akkurat durchgearbeitet, geben nie Rätsel auf, wirken aber auch nie nur routiniert.

Das Maränenfilet, nur leicht geflämmt, wird frisch umspielt von Apfel und Sellerie mit Waldmeisteraromen, die Scholle, ebenfalls filetiert, zeigt sich mit marinierten Gurken, Dill und Kreuzkümmel-Joghurt ebenso bodenständig wie weltläufig, die grüne Erbse kommt mit Sauerrahm, Quinoa, gehobelten Macadamia-Nüssen und Pfirsichwürfeln als süßem Element. Ob geschmorte Ananastomate mit pochiertem Eigelb und Kürbiskernöl oder Romanesco mit Petersilienwurzelpüree, Mohnschupfnudeln und einer leicht rauchigen Kartoffelsauce – alles bezieht sich auf den weiterhin aktuellen Regionaltrend, bleibt aber originell und eigenständig.

Auch beim Fleisch: Der kräftig gegrillte Streifen vom Wagyu-Flanksteak wird von einer mit Möhren-und Selleriewürfeln bedeckten Aubergine begleitet, die schon allein wunderbar geschmeckt hätte; den finalen Schmelz besorgt ein Klecks cremig aufgeschlagenes Mark. Zur geschmorten Kalbsschulter gibt’s gebratene Selleriewürfel und säuerlich marinierte Stücke Igelstachelbart (ein Pilz) – sehr gut und wie alles andere kontrastreich ohne Übertreibung kombiniert und makellos abgeschmeckt. Was dann auch fürs Blutorangensorbet mit herbem Kaffee und fürs Schokotörtchen mit Vanille und Erdbeeren gilt.

Die Weinkarte unterstützt diesen Stil mit individuell ausgesuchten Weinen, und der Service der charmanten Sabrina Lehricke und ihrer Mannschaft ist immer da, wenn man ihn braucht, weiß alles über die Kompositionen der Küche, bringt sein Wissen aber knapp und ohne gestanztes Gerede an den Gast.

Bleibt nur unser Rat: Hingehen – das Volt gefällt einfach jedem, der ein Herz für gute Küche hat.

HOTELEMPFEHLUNGEN


ADLON

10117

Mitte

Unter den Linden 77

(0 30) 2 26 10

hotel.adlon@kempinski.com

www.hotel-adlon.de

Gastgeber: Mathias Al-Amiry

385 Zi. 270/900 €


Dieser glanzvolle Name aus Berlins bester Zeit zieht als Inbegriff eines Grandhotels weltläufige Klientel an. Sie trifft sich zum Sehen und Gesehen-Werden in der nobel inszenierten Lobby-Lounge und bewohnt große, angenehm hohe Zimmer, die mit zeitgemäßem Komfort ausgestattet und anspruchsvoll eingerichtet sind – edler britischer Club-Stil meets Art déco. Schöne Bäder. Obacht: Nur die Suiten bieten Blick aufs Brandenburger Tor.

Das drahtlose Zimmertelefon macht einen im ganzen Haus erreichbar. Auch sonst alles da für Business und Entspannung. Ballsaal, Beauty (Elemental Herbology, La Prärie). Gutes Frühstücksbuffet (bis 10 Uhr) 42 €.


DAS STUE

10787

Tiergarten

Drakestr. 1

(0 30) 3 11 72 20

stay@das-stue.com

www.das-stue.com

Gastgeber: Alexander Doerr

78 Zi. 230 €


Am Rand des Zoologischen Gartens ein stilistisch mutiges, gleichwohl sehr angenehmes Individualhotel, das in diesem Zuschnitt in Berlin trotz des Hotelbooms kaum Konkurrenz hat. In der Bar geben große Fenster tagsüber den Blick auf Strauße und Antilopen frei. In den Zimmern, die 28 verschiedene Grundrisse haben, dominiert modernes skandinavisches Design, in den anderen Räumen dagegen die eher ins Diskret-Gedämpfte tendierende Handschrift der Spanierin Patricia Urquiola. Spa (Susanne Kauffmann). Bistro mit traditioneller spanischer Küche. Frühstück 35 €.



ORANIA

10999

Kreuzberg

Oranienplatz 17

(0 30) 69 53 96 80

info@orania.berlin

www.orania.berlin

Gastgeber: Jennifer Vogel

41 Zi. 98 €


In aller Stille ließ Dietmar Müller-Elmau, Chef des oberbayerischen Hotels Schloss Elmau, im Spätsommer 2017 diesen Berliner Ableger in ebenso spannender wie umstrittener Lage eröffnen. Aus dem lange Jahre leer stehenden ehemaligen Kaufhaus am Oranienplatz wurde ein fünfgeschossiges Hotel der gehobenen Mittelklasse, das sich schon durch die hohen Räume von der Konkurrenz unterscheidet. Drinnen dominieren Wärme, Holz und gedeckte Farben, dies ist kein „Design-Hotel“, auch wenn es in den Details ganz von heute ist. Die Zimmer sind überwiegend eher klein, aber es gibt auch ein paar spektakuläre Dachsuiten. Die Bar mit offener Lounge ist geräumiger als das Restaurant, aber sie bietet auch Platz für einen Steinway-Flügel und das Kulturprogramm, mit dem sich das Hotel auch der (gesellschafts)kritischen Nachbarschaft vermehrt öffnen möchte. Frühstück 25 €.


PALACE

10787

Charlottenburg

Budapester Str. 45

(0 30) 2 50 20

hotel@palace.de

www.palace.de

Gastgeber: Michael Frenzel

278 Zi. 109/499 €


Neben dem wuseligen Europa-Center beglückt das Luxushotel hinter unscheinbarer Fassade sowohl mit einer sehr heiteren, mediterran gestalteten, 800 m2 großen Spa- und Wellness-Landschaft mit 12 m-Pool als auch mit einem multifunktionalen Ballsaal von 500 m2 und noblen Salons. Die großzügigen Zimmer und noblen Suiten (bis 240 m2) bieten architektonisch und technisch den Stand des Machbaren, sie sind individuell, heiter und edel eingerichtet worden – bis hin zum farblich abgestimmten Luxusfernseher und Badezimmermarmor.

In der 7. und 8. Etage moderne Juniorsuiten mit einer vom Frühstück bis zum Absacker sehr angenehmen Club-Lounge. House of Gin-Bar mit 150 Destillaten. Frühstück 28 €.


REGENT

10117

Mitte

Charlottenstr. 49

(0 30) 2 03 38

info.berlin@regenthotels.com

www.regenthotels.com

Gastgeber: Stefan Athmann

195 Zi. 260 €


Beste Lage am Gendarmenmarkt, drinnen viel Marmor, edles Holz, Kronleuchter und Antiquitäten. Die Zimmer, mindestens 40 m2, bieten alle Annehmlichkeiten; teilweise mit Blick auf den französischen Dom. Health Club. Tagungsräume mit Tageslicht. Frühstück (am Tisch serviert) 35 €.


THE RITZ-CARLTON

10785

Tiergarten

Potsdamer Platz 3

(0 30) 33 77 77

berlin@ritzcarlton.com

www.ritzcarlton.com

Gastgeber: Robert Petrović

303 Zi. 185/650 €


Der Stil zitiert die Art Déco-Grandhotels der goldenen Zwanziger des vergangenen Jahrhunderts in Amerika: In der Halle goldene Säulen und eine Treppe wie direkt aus Las Vegas; die Zimmer von klassischer Opulenz. Ansonsten aller Hotelluxus und erstklassiges Concierge-Team. Frühstück 38 € – das ist teurer als ein passabler Lunch in der hauseigenen Brasserie Desbrosses.

Gault&Millau RestaurantGuide Deutschland 2018

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