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ОглавлениеKapitel 8
Kaleos, der 28. Tag, rote Sonne
Mond: Vulkan
„Orgal“, sprach Beral seinen Stammesführer mit tiefer und durchdringender Stimme an. Beral stand, ganz in einen Metallkörper gehüllt, vor dem Schlafgemach von Orgal. Sein Körper reflektierte ganz leicht das Licht der Fackeln, die sich gegenseitig im Abbrennen überholen wollten. Berals Blutlinie war eine der wenigen Ausnahmen unter den Vulkanen, die in der Lage waren, eine symbiotische Verbindung mit dem Gestein >>Vita Ferrum<< einzugehen. Dieses Gestein, das nur auf dem Mond Vulkan vorkam, besaß die außergewöhnliche Eigenschaft, einfach zu wachsen, sich permanent zu reproduzieren. Berals Blutlinie war eine der wenigen, die auch Ferrumiten genannt wurden. Vulkanen, die mit dem Vita Ferrum, dem lebenden Metall, in Gemeinschaft leben konnten. Eine Gabe, die den Ferrumiten großes Ansehen im Stamm beschert hatte. „ORGAL“, wiederholte Beral den Namen seines Stammesführers diesmal um einiges lauter. „Wach auf, mein Freund. Wir haben das alte Metallkonstrukt aus den Sümpfen reparieren können. Ich habe mich mit dem Schiff verbunden. Es war ein sehr schmerzhaftes Unterfangen und verlangte mir viel Kraft ab. Ich werde diesen Metallhaufen jedoch durch die Wolken Vulkans und hinein ins Sternenmeer steuern können. Wir können unsere Reise beginnen.“ Orgal öffnete langsam seine Augen. Trotz Schlaf wirkte er auf Beral, als hätte er seit Tagen kein Auge mehr zu gemacht. Langsam erhob er sich aus seinem steinernen Bett und zog sich seine Echsenhose an. Die Hose war vollkommen abgetragen und hatte hier und da schon etliche Löcher, Schnitte und Verfärbungen erhalten, aber Orgal weigerte sich, sich eine neue Hose anfertigen zu lassen, solange diese hier nicht in seinen Händen auseinanderfiel. „Bleib doch im Beeeeeeeeeeeeett, Orgal“, rief eine honigummantelte Frauenstimme ihm zu, als er gerade dabei war, sich die Hose anzuziehen. „Bei mir hast du es doch viel schöner, mein großer und starker Held“, säuselte sie mit der gleichen süßen Honigstimme weiter.
Die Honigstimme gehörte zu Orgals Frau Ophelia, einer jungen und sehr hübschen und einflussreichen Frau im Stamm. Ophelia schlug leicht die Felldecke zurück und entblößte ihre nackten Schenkel. Zärtlich strich sie sich dabei über ihre Brüste und führte ihre Finger dabei langsam den Bauch herab, während sie ihre Hüfte leicht unter der Decke kreisen ließ. „Schweig, Frau“, entgegnete Orgal im harten Ton auf Ophelias Bemühungen. „Beral und ich haben Wichtigeres zu bereden. Seine Informationen sind sehr wichtig für unser weiteres Vorgehen und damit auch für den ganzen Stamm. Deine Alabasterhaut zu berühren und deine Brüste zu schmecken sind zwar um ein Vielfaches verführerischer, das glaube mir, meine geliebte Ophelia, aber sie sind jetzt nicht wichtig. Also bedecke deinen Körper und hör auf, mich von wichtigen Entscheidungen abzulenken.“ Mit einem empörten Schnauben wickelte sich Ophelia beim Aufstehen die Decke um ihren zarten Körper, verschwand aus dem Raum und strafte Orgal mit Missachtung. Orgal schaute ihr nach und bewunderte ihre Eleganz. Ophelia war die Tochter eines der besten Krieger und Stammesführer aus den Vulkansümpfen Gormits. Die Hochzeit hatten sein Vater und der Stammesführer des Vulkansumpfes vor vielen Jahren, als Orgal und Ophelia noch sehr jung waren, einst vereinbart, um den Frieden zwischen ihren beiden Stämmen zu erhalten. „Was soll ich mit dieser Frau nur tun, Beral? Sie ist nicht gehorsam. Ihr Temperament ist so unbeständig wie ein ausbrechender Vulkan. Sie kann weder kämpfen noch kochen. Alles was für sie zählt, ist ihr Spaß.“ „Gib ihr Zeit, mein Freund. Sie ist erst wenige Monde alt. Du dagegen hast doppelt so viele erlebt und kannst auf viel mehr Weisheit zurückgreifen. Sie muss noch aus der Rolle der Prinzessin herausschlüpfen und den Weg einer Königin annehmen. Aber ich glaube, dass sie es schaffen wird und dich mit vielen Kindern beschenken und unserem Stamm eine gerechte Königin wird. Und nun komm, Orgal, lass uns zu den Sternen aufbrechen.“ Berals Stimme hallte bei jedem seiner Worte immer leicht metallisch nach und verlieh so seinen Worten etwas Mystisches und weit Entferntes. Für viele Ferrumiten war aber gerade dieses Nachklingen ein sehr großes Problem. Vor allem die jüngeren hatten ihre Probleme damit.
Die eigene Stimme klang einem plötzlich völlig fremd und das Sprechen strengte einen ungemein an. Die Jüngeren verzichteten daher sehr oft auf das Reden, wenn sie sich in der Metallgestalt zeigten, und verließen sich voll und ganz auf einfache Gesten. Ältere Ferrumiten, wie Beral einer war, hatten sich längst an dieses Handicap gewöhnt und es mit der Zeit und viel Übung beinahe ausgemerzt.
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„Okay, Männer“, begann Orgal seine Rede. Er stand vor den drei ausgewählten Kriegern, die Beral für ihn erwählt hatte. „Wir werden heute etwas tun, was noch kein Vulkane vor uns tat. Wir nutzen heute die Technik der Vulkanoiden. Eine Technik, die uns zu den Sternen bringen wird und dann zum Mond Blizz. Dort werden wir nach einer Maschine suchen, die genug Energie haben soll, um das >>Artefakt der Ahnen>> mit Energie zu versorgen. Wir werden als Helden und wahre Krieger nach Hause zurückkehren und mit dem >>Artefakt der Ahnen<< diesen Abschaum von Vulkanoiden vom Mond fegen. Sie werden brennen und ihre Schmerzensschreie werden ein Lobgesang auf unseren Sieg sein.“ Beral und drei weitere kräftige Männer, Markus, Olof und Ringal, stießen einen Jubelschrei aus. Nach und nach betraten die fünf Männer das vulkanoide Sternenschiff. Orgal schaute sich nochmals alles ganz genau an und nickte anschließend Beral mit einem Lächeln zu, damit dieser sich in die Pilotenkanzel begeben konnte, um alles für den Start vorzubereiten. Orgals Lächeln war weniger ein Lächeln der Freude, dass sie sich endlich auf den Weg nach Blizz machen konnten, um eine Energiequelle zu suchen, die vielleicht gar nicht existierte, sondern eher wegen der Tatsache, dass dieser Metallschrott von vulkanoide Sternenschiff eines der Hochzeitsgeschenke war, die der Stammesführer aus dem Vulkansumpf seinem Vater überreichte. Ein altes Sternenschiff, das vor vielen Monden im Vulkansumpf niedergegangen war, würde nun dazu beitragen, eine der wichtigsten Unternehmungen der Vulkanen zu ermöglichen. Orgal lachte innerlich über diese Ironie des Schicksals. Beral hatte es sich bereits im Pilotensessel gemütlich gemacht. Der Sessel hatte genau die richtigen Masse für einen Mann seiner Statur. Das Leder des Sessels war aus Krokodilleder und schien all die Jahre unberührt gewesen zu sein. Beral atmete noch einmal tief durch und begann damit, mehrere Knöpfe zu drücken. Sofort begannen sich mehrere Zahnräder, die in der Decke versteckt waren, zu bewegen, als ob sie lebendig waren. Jedes der Zahnräder schien zu einem kleinen mechanischen Arm zu gehören, der wiederum nur dazu gedacht war, um ein dickes Metallkabel zu halten. Langsam senkten die Metallarme sich herab und führten die Kabel nahe an Berals Haut heran. Berals saß ganz ruhig da. Er hatte seinen Metallkörper angelegt und wartete darauf, dass die Metallkabel ihre fünf Zentimeter langen Metalldornen langsam in seinen Körper hineinbohrten. Die Metallarme positionierten sich um Beral herum und fuhren dann damit fort, die Metalldornen langsam in Berals Haut zu bohren. Beral saß ruhig und konzentriert da, während die Metallarme ganz langsam die Dornen fünf Zentimeter tief in sein Fleisch bohrten.
Da, wo die Dornen auf Metall trafen, konnte man sehen, wie sich eine Art Schacht ins Körperinnere öffnete, um dem Fremdkörper Platz zu machen. Als die letzten Metalldornen in seinem Körper steckten, atmete Beral schwer aus und begutachtete alle Kabelstränge, die ihm nun aus Armen, Beinen, Rücken, Brust und Kopf herauswuchsen. Beral schloss die Augen und konzentrierte sich, das Sternenschiff mit all seinen technischen Instrumenten zu spüren. Sein Geist sprang von einer Lochkarte zur anderen und suchte nach der, die seine Stimme über das ganze Schiff übertragen würde. Seine Suche dauerte nur wenige Sekunden, bis er fündig wurde. „Ich bin bereit“, ertönte plötzlich eine Stimme im ganzen Schiff, die sich metallisch und vollkommen unnatürlich anhörte. Berals Geist sauste zur nächsten Karte und aktivierte langsam die Lebensgeister der Maschine aufs Neue und die Maschinen antworteten ihm mit einem ohrenbetäubenden Geräusch, das sich im ganzen Schiff ausbreitete, aus den verschiedensten Leitungen trat Dampf aus, der den halben Passagier- und Laderaum einnebelte und einem die Sicht und das Atmen erschwerte. Ringal reagierte sofort auf die Bedrohung, die die Maschinen für sie bereithielt, und verklebte alle löchrigen Stellen mit Marjahonig. Einem sehr wohlschmeckenden und nach Sumpfblumen duftenden Honig der Marja-Sumpfbienen. Vermischte man den Honig jedoch mit Wasser, so hatte er die seltsame Eigenschaft, sofort zu verhärten, weshalb er von ahnungslosen Sumpfwanderern oft für Bernstein gehalten wurde. Ringals Bemühungen, die lecken Stellen abzudichten, zeigten schon nach wenigen Minuten den erwarteten Erfolg. Während er sich mit der Hilfe von Markus um weitere undichte Stellen kümmerte, steuerte Beral das Sternenschiff bereits Zentimeter um Zentimeter aus den Höhlen ihrer Heimat Ascheberg heraus. Immer wieder musste er den Maschinen viel Abverlangen, um durch die engen Stellen der Höhlenpfade heraus zu manövrieren, und stieß hart an seine eigenen Grenzen. Orgal stand während des ganzen Abflugmanövers am Fenster und beobachtete, wie dicke schwarze Wolken an seinem Fenster zu Boden schwebten.
So stand er die vollen 49 Minuten da und beobachtete, wie immer mehr schwarze Wolken aus verbrannten Holz und Kohle die Flure seiner Heimat verpesteten. Beral steuerte das Sternenschiff die letzten paar Meter aus der Höhle heraus und begann den Steigflug in einem steileren Winkel fortzusetzen. Orgal stand immer noch am Fenster und schaute nun zum allerersten Mal aus 5000 Kilometern Höhe auf seine Heimat, während sich ein metallenes Schott vor sein Fenster schob. Orgal drehte sich um und setzte sich zu seinen Männern. Keiner von ihnen konnte nun sehen, was draußen geschah. Sie hatten ihr Leben in die Hände Berals gelegt, einem Waffenschmied. „Wir haben die Sterne erreicht, meine Freunde. Ich aktiviere nun für euch die Monitore. Das ist so was wie ein Fenster, nur, dass es sein Bild über ein kleineres Fenster bekommt. Ihr werdet gleich unsere Heimat aus dem Sternenmeer sehen können.“ Im Passagierraum gingen mehrere Monitore an der Innenwand des Sternenschiffes und zur Pilotenkanzel an. Alle vier erhoben sich und gingen auf die zum Leben erwachten Fenster zu, um sich ihre Heimat anzuschauen. Der Mond war direkt vor ihnen und wurde durch die rote Sonne mit einem warmen roten Farbton angestrahlt. Unter ihnen lagen die roten und schwarzen Berge ihrer Heimat, das große rote Meer und die Ländereien der drei Nationen von Vulkan. Orgal legte eine Hand auf dem Monitor und ließ seine Hand langsam über seine Heimat gleiten. „Seht ihr das auch?“, flüsterte er mehr zu sich selbst als zu irgendjemanden in seiner Nähe. „Dicke schwarze Wolken über den Ländern unserer Heimat, riesige Städte, die mit ihrem künstlichen Licht die Sterne verschlucken und sich mit ihren Stahl- und Betongebäuden ins Land hineinfressen.“ Beral beschleunigte das Sternenschiff und Vulkan wurde langsam kleiner, bis er bald so klein war, dass außer einer roten Kugel nichts mehr zu sehen war. Die Männer im Passagierbereich jedoch starrten immer noch wie in Trance auf ihre Heimat. Zum allerersten Mal sahen sie Vulkan von den Sternen aus und zum ersten Mal sahen sie, was der rapide Fortschritt angerichtet hatte. Eine ganz neue Welt hatte sich um sie herum entwickelt und Olof, Ringal, Markus, Orgal und Beral wurde klar, dass sie zu einer aussterbenden Spezies geworden waren. Als Vulkan zu weit entfernt war, um noch viel von ihrer Heimat erkennen zu können, ging Orgal zu Beral in die Pilotenkanzel rüber. „Wie lange werden wir vermutlich brauchen bis zum Mond Blizz, Beral?“ „Das Schiff ist alt und ich kenne mich nicht gut genug damit aus, um es wirklich zu verstehen. Wären wir noch auf Vulkan und würden über die Berge wandern, könnte ich dir sagen, wie weit wir von Bergspitze zu Bergspitze bei gutem Wetter brauchen würden, aber hier? Vielleicht brauchen wir bis nach Blizz sieben Tage oder vielleicht auch zehn, wahrscheinlich brauchen wir eher fünfzehn oder sogar zwanzig Tage.“ Orgal entließ die Luft in seinen Lungen mit einem hörbaren Geräusch. Sie würden vermutlich fünfzehn Tage in diesem Metallsarg eingesperrt sein. Beral war der einzige, der dieses Ding steuern konnte, und auch er musste mal schlafen und was essen, von anderen Bedürfnissen mal abgesehen. Es könnten also auch mehr Tage werden. Aber wahrscheinlich hatte Beral das schon mit einbezogen, als er die Reisedauer bestimmt hatte. Genug Proviant hatten sie jedenfalls dabei, um einen ganzen Sonnenzyklus zu überstehen. Verhungern würden sie also nicht so schnell. Orgal verließ die Pilotenkanzel und überließ sie Beral wieder ganz für sich. Im Passagierraum schaute er von einem Krieger zum anderen. Diese Reise wird eine der härtesten Prüfungen für alle von uns werden. Der Ausgang ist ungewiss und kann für jeden von uns im Tod enden, aber, wenn wir schon sterben müssen, werden wir wenigstens für eine ehrenvolle Sache sterben. „Oh, ihr Ahnen“, flüsterte Orgal. „Gebt uns Kraft.“
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Atos, der 10. Tag, grüne Sonne
Sternenmeer: nähe Derun
Nach siebzehn anstrengenden Tagen im Sternenmeer, ohne nennenswerten Schlaf und nur mit einer Mahlzeit am Tag, brachte Beral das Sternenschiff der Vulkanoiden in die Nähe des Mondes Derun. Seine Zeitschätzung, bereits kurz vor Blizz zu sein, hatte er nach den ersten fünf Tagen wieder verworfen. Das Schiff war zu alt, zu klein und wahrscheinlich auch durch die notdürftige Reparatur nicht ganz auf dem besten Stand. Nach seiner aktuellen Schätzung würden sie weitere siebzehn Tage brauchen, um Blizz zu erreichen. Würde er aus heutiger Sicht ein Abenteuer wie dieses wagen wollen, so würde er die Monde beobachten und warten, bis Vulkan sich dem Mond Blizz genähert hatte. Aber weder er noch Orgal noch einer der anderen an Bord dieses Metalldings waren ausgebildet worden, um sich im Sternenmeer zurechtzufinden. Es war irgendwie immer Tag und Entfernungen waren irgendwie unreal. Wenn man dachte, dass es nur ein paar Tage dauern müsste, stellte man sehr schnell fest, dass man seine geschätzte Zahl besser verdoppeln oder verdreifachen musste. In den siebzehn Tagen bis kurz vor Derun versuchten Orgal, Olof, Markus und Ringal sich so sinnvoll wie möglich zu beschäftigen. Die Aussicht über die Monitorfenster wurde schnell langweilig, da sie nichts Neues bot. Orgal führte eine strikte Tagesordnung ein. Er regelte, wann gegessen wurde, wann sie trainieren mussten und wann es Nacht sein müsste, um seinen Körper und Geist ruhen zu lassen. Der Tagesablauf verlief daher immer nach dem gleichen Muster. Nach dem Frühstück brachten sich Orgal und Markus in einen meditativen Zustand, um die Ahnen zu ehren, während Olof und Ringal im Lagerraum ihren Umgang mit Waffen übten. Mittags trafen sie sich gemeinsam mit Beral zum Essen und Austauschen und führten ein weiteres waffenloses Kampftraining ab, in dem jeder gegen jeden zeigen musste, was er konnte. Von diesem Training jedoch blieb Beral verschont, da er sofort nach dem Essen wieder verkabelt in der Pilotenkanzel saß und das Schiff wieder auf Kurs brachte.
Der Abend verlief ähnlich wie der Morgen. Es wurde zu Abend gegessen und anschließend sich wieder seinen Aufgaben zugewandt. Orgal und Markus meditierten, während Olof und Ringal Vorbereitungen für den kommenden Tag trafen, die Technik des Schiffes überprüften und wenn Zeit war, noch die ein oder andere Kampftechnik trainierten. Das Einzige, was sich änderte, war die Sonnenfarbe. Orgal redete seinen Männern immer Mut zu, obwohl er genau wusste, dass sie dies nicht nötig hatten. Sie waren Krieger und Vulkanen. Doch ihre Reise hatte sie erst bis zum Mond Derun gebracht und damit hatten sie noch die gleiche Zeit vor sich, wie sie bereits zurückgelegt hatten. „Orgal ...“, schrie Beral plötzlich über die Lautsprecher und riss diesen damit aus seinen betrübten Gedanken. „...komm schnell und schau dir das an. Da kommt etwas aus dem Sternenmeer direkt auf uns zu. Ich bin mir nicht sicher, was es sein soll. Es sieht aus wie ein riesiges Knochengerüst eines mir unbekannten Tieres. Ich habe so was noch nie zuvor gesehen und kann mir keinen Reim draufmachen. Ich weiß nur, dass es direkt auf uns hält.“ Beral schaltete noch während des Redens die Monitore im Schiff an und richtete die Fensteraugen auf das Knochengerüst aus. „Was tut es denn jetzt?“, hörte man Olof aus dem Passagierraum, der mit einem Finger auf das Knochengerüst am Steuerbord-Monitor tippte, rufen. „Es scheint von innen Blau zu leuchten!“ Kaum hatte Olof das Leuchten angesprochen, da schoss auch schon das blaue Licht des Knochengerüstes als konzentrierter blauer Lichtball auf ihr eigenes Schiff zu und schien dabei sogar noch an Größe zu gewinnen. Alle bis auf Beral starten wie gebannt auf das Knochengerüst und den immer größer werdenden blauen Ball aus Licht, der jede Sekunde näherkam. Berals Geist schoss in rasendem Tempo nochmals durch alle Systeme des Metallschiffes und versuchte irgendetwas zu finden, das sie vor Schaden bewahren könnte. Doch alles, was er fand, war der Steuerbefehl für die Heilungsmatrix der Außenhülle. Das blaue Licht traf das Schiff mit seiner ganzen Kraft und sorgte dafür, dass Orgal, Markus, Olof und Ringal kräftig durchgeschüttelt wurden und immer wieder von durch die Gegend fliegenden Stühlen und Tischen getroffen wurden. Das Metall begann sich plötzlich zu verformen und Beral entließ einen Schmerzensschrei über die Lautsprecher in die Welt. Orgal sprang sofort auf die Beine und rannte über kaputte Stühle und Tische hinweg zur Pilotenkanzel, um nach Beral zu sehen. Er fand ihn inmitten von zischenden Dampfleitungen reglos im Pilotensitz vor. Sein Oberkörper hing über der linken Stuhllehne und wurde von den Kabeln aus der Decke in der Luft gehalten. An mehreren Stellen waren Zahnräder aus der Bedienkonsole herausgesprungen und Metallfedern, an denen irgendwelche Anzeigescheiben befestigt waren, schauten aus ihrer ursprünglichen Position heraus. Orgal hielt sich mit einer Hand in der Tür fest und betrachtete seinen regungslosen Freund, wie er in den Kabeln einer Maschine hing, die noch vor wenigen Tagen nicht mehr als ein Hochzeitsgeschenk gewesen war. „BERAL! NEIN!“ Und wieder traf ein blauer Lichtball das Schiff und riss Orgal von den Füßen. „Ihr verdammten Feiglinge“, schrie er dem Knochengerüst über die Fenstermonitore mit erhobener Faust entgegen. „Kommt her und kämpft, wie es wahre Krieger tun, damit ich meine Axt durch eure jämmerlichen feigen Körper ziehen kann, um euer Blut auf dem Schlachtfeld zu verteilen.“ Keine Sekunde später sollte Orgals Wunsch auch schon Realität werden. Das Knochengerüst veränderte seine Ausrichtung und näherte sich mit bedrohlicher Geschwindigkeit Orgals Position. Je näher es kam, desto gewaltiger wurde es. Die Ausmaße erinnerten Orgal an einen Giganten aus den Mangrovensümpfen seiner Heimat oder an so ein Metallhaus der Vulkanoiden, wo sie große Mengen Stahl schmolzen. „Zu den Waffen, Männer. Wir werden diesen Feiglingen zeigen, was es heißt, sich mit Kriegern von Vulkan anzulegen.“ Markus, Olof und Ringal griffen nach ihren Waffen, jeder seine persönliche Lieblingswaffe. Markus griff nach seinem Zweieinhalbhänder, Olof nach der schweren Kampfaxt und Ringal ließ seine Knochenkeule durch die Luft sausen. Voll gerüstet standen sie nun mitten im Chaos des Passagierraums und warteten auf das Eintreffen der Feinde. Stille lag in der Luft. Nur das leise Atmen der vier vollbewaffneten Männer war zu hören. Die Luft kühlte sich langsam ab und man konnte den Atem der Krieger sehen, den sie als kleine Nebelwolken ausstießen. Augenblicklich durchdrang ein Geräusch, als würde ein verrückter Schmied wie wild auf seine Waren eindreschen, das Schiff.
DONG DONG DONG DONG DONG
Ein wildgewordenes Hämmern durchdrang die Stille, in der die Männer noch vor wenigen Sekunden gestanden hatten. Die tröstende Stille, die kurz vor einer Schlacht jeden Krieger persönlich umarmte, war verschwunden. Das Hämmern wurde nach langen Minuten durch das Geräusch eines Bohrers ersetzt. Metall kratzte über Metall und Bohrer und Hammer wechselten sich in regelmäßigen Abständen ab, bis eine schwere Metallplatte von der Decke fiel und den Rest eines schön verzierten Holztisches unter sich begrub. Die vier Männer spannten ihre Muskeln an und warteten gespannt auf die Feinde, die aus dem Loch herunterkommen müssten, doch nichts geschah. Die Männer wechselten in perfekter Harmonie zueinander ihre Position, um den Eingang zur Pilotenkanzel und damit zu Beral zu blockieren. Die Minuten vergingen und die Kälte im Inneren des Passagierraumes fiel um einige weitere Grad ab. Über dem Boden des Raumes waberte ein kalter Nebel von etwa dreißig Zentimetern Höhe. Da, wo er auf Widerstand traf, bildete sich sofort ein feiner Kältefilm aus gefrorener Luft. Auch um die Beine der vier Männer machte sich der Nebel zu schaffen und versuchte seine kalte Natur langsam in die Adern und jede einzelne Zelle des Körpers einfließen zu lassen. Doch die vier Männer standen nur da und starrten auf das Loch in der Decke. Sie warteten auf den Feind. Weitere wertvolle Minuten vergingen, in denen die Kälte die Männer weiter angreifen konnte, bevor sich etwas aus dem Loch zu Boden fallen ließ. Nach dem Ersten fiel sofort etwas Zweites hinterher und etwas Drittes. Das Ding, das aus dem Loch gefallen war, zeigte Ähnlichkeiten zu ihrer eigenen Art, jedoch grotesk entstellt. Das erste Wesen hatte keine Augen, dafür drei Arme und eine zusätzliche Hand am Bauch. Da, wo Ohren sein sollten, lief eine rotgrüne Flüssigkeit heraus. Der Bauch war aufgequollen und mit unzähligen Narben übersät. Das Wesen war fast nackt. Nur eine schmutzige und stark zerrissene kurze Hose verdeckte den Lendenbereich. Die anderen beiden Gestalten hatten auch nicht viel mehr Kleidung am Leib. Das groteske Wesen, das sich rechts von dem ersten Wesen mit der Bauchhand positioniert hatte, trug ein feines und beinahe sauberes weißes Rüschenhemd, während die dritte groteske Gestalt eine braune Lederweste trug und sich links von Bauchhand gestellt hatte. Orgal und seine Männer musterten die Grotesken von oben bis unten. Orgal fiel auf, dass Lederweste eigentlich keine Lederweste trug, sondern seine eigene Haut wie eine Lederweste aussah. Die Augenlider von Lederweste fehlten komplett und an einigen Stellen seines Körpers schien die Haut so dünn zu sein, dass man dahinter die Organe sehen konnte. Orgal bemerkte weiterhin, dass das Wesen keine Waffen bei sich trug. Wenn er es recht bedachte, brauchte es das auch gar nicht. Die Finger von Lederweste waren so lang wie Jagdmesser und glänzten wie die Klinge von Orgals Schwert. Orgal richtete seinen Blick nun auf Rüschenhemd. Anders als bei Bauchhand und Lederweste konnte Orgal keine unnatürlichen Extremitäten oder dergleichen sehen. Rüschenhemd wirkte einfach nur verhungert, kalkweiß und total kraftlos. Orgal vermutete, dass Rüschenhemd jeden Moment zusammenbrechen müsste, so wie er dastand. Orgal betrachtete Rüschenhemd wie die anderen Unwesen genauer und erkannte, dass nicht nur die Haut sehr bleich war, sondern dass die Augen ebenfalls weiß und ohne Anzeichen von Pupillen waren. Es sah aus, als wäre Rüschenhemd blind. Doch wer würde einen Blinden in den Kampf schicken, wenn er nicht genau wusste, was dieser in einem Kampf tun könnte? Entweder wollte jemand, dass Rüschenhemd stirbt, oder er war der Gefährlichste von allen. Orgal hatte schon früh lernen müssen, dass auch das kleinste und unscheinbarste Geschöpf gefährlicher sein kann als die größten und gefährlichsten Bestien. „Überlasst mir den Bleichen. Ich ahne nichts Gutes bei diesen Unwesen“, sprach Orgal zu seinen Männern, während er sich wenige Schritte vor seine Männer positionierte, sodass er in direkter Linie zu Rüschenhemd stand und seine Männer nicht dabei behinderte, sich um die anderen beiden zu kümmern. „Okay, Orgal“, sagte Olof und positionierte sich auf gleicher Linie mit Orgal. „Markus und ich nehmen uns Metallfinger vor, während Ringal seine Knochenkeule an Dreiarm verfüttert.“ Olof ließ ein verschmitztes Lächeln seine Lippen umspielen. „Unterschätzt sie nicht. Unsere Ahnen sprachen einst von Dämonen, die in den Sternen leben sollen. Wenn das die Dämonen sind, die gerade vor uns stehen, wird das ein sehr schwerer Kampf. Sie sollen erbarmungslos und grauenv…“ Orgals Worte gingen im wildgewordenen Geschrei von Dreiarm und Metallfinger unter, als diese sich auf die vulkanischen Krieger stürzten. Markus, Olof und Ringal brüllten den Dämonen der Sterne ebenfalls ihren Schlachtruf entgegen. Metall traf Fleisch und riss Stücke heraus, verteilte sie auf den Kämpfenden und auf den Wänden des Sternenschiffs. Markus schwang sein Schwert über den Kopf, um Metallfinger mit einem Schlag in zwei Hälften zu teilen. Doch Metallfinger fing seinen Zweieinhalbhänder einfach mit der rechten Hand ab, indem er in die Klinge griff und sie zur Seite schlug. Markus taumelte einige Schritte zurück, fing sich wieder und machte sich zu einem erneuten Hieb bereit. In der Zwischenzeit hatte Olof es auf die Innereien des Unwesens abgesehen. Mit all seiner Kraft schlug er seine Axt in die durchschimmernde Haut von Metallfinger. Ein lautes, metallisches Geräusch ertönte und Metallfinger wurde von den Beinen gerissen. Ringal hatte ähnlichen Erfolg wie Olof. Seine Knochenkeule zertrümmerte zwei der drei Arme von Dreiarm und entlockte ihm einen wilden und unnatürlichen Schmerzensschrei.
Die Krieger Orgals kämpften wie wild, doch egal was sie taten, die Unwesen wollten nicht sterben. Ringal hatte bereits mehrere Knochen bei Dreiarm zerschmettert, und Blutergüsse von der Größe eines Kürbisses waren überall auf Dreiarms Körper zu sehen, doch Dreiarm stand immer noch. Markus und Olof verließen langsam die Kräfte. Die lederne Haut und der anscheinend metallische Brustkorb von Metallfinger bereiteten ihnen extreme Schwierigkeiten. Zu allem weiteren Übel war Metallfinger nicht gerade langsam und ließ Markus und Olof keine Zeit, sich sammeln zu können. Beide versuchten, die scharfen Finger von Metallfinger mit ihren Waffen abzuwehren und sofort zum Gegenangriff überzugehen, aber Metallfinger war einfach zu schnell. Bevor einer auch nur daran denken konnte, zum Gegenangriff überzugehen, mussten sie einen erneuten Angriff von Metallfinger abwehren. Die Geschwindigkeit von Metallfinger zahlte sich auch bald schon aus. Markus war beim Heben seiner Waffe eine Sekunde zu langsam, und Metallfinger rammte ihm seine langen messerscharfen Finger mitten in die Brust. Markus schrie vor Schmerzen auf, als Metallfinger seine Finger ausstreckte und mit einer ruckartigen drehenden Bewegung wieder aus der Brust von Markus herauszog. Markus brach mit halb geöffnetem Brustkorb zusammen. Blut rann aus seiner Brust, gefror sofort am kalten Boden und bildete ein sternförmiges Muster, dessen Zentrum Markus selbst war. Orgal beobachtete den Kampf seiner Männer und wäre ihnen am liebsten sofort zur Hilfe gekommen, aber er konnte nicht. Er brauchte all seine Kräfte für Rüschenhemd. Dieser hatte sich seit Kampfbeginn nicht mehr bewegt. Orgal wusste, dass das etwas bedeuten musste. Die Ahnen erzählten, dass Dämonen in der Lage waren, die chaotischen Leyenergien aus dem Sternenmeer zu beeinflussen. Orgal wartete voller Anspannung auf das, was geschehen würde. Er war konzentriert und auf alles gefasst. Die Schmerzensschreie seiner Krieger trafen ihn wie das kalte Schwert eines Feindes selbst. Jeder Aufschrei ließ ihn innerlich zusammenzucken, doch er musste abwarten, was Rüschenhemd tun würde.
Orgal begann, Worte der Kraft aufzusagen. Er sprach leise, um sich nicht von seinen eigenen Worten irritieren zu lassen und von seiner selbst aufgetragenen Aufgabe in diesem Kampf abzulenken. Plötzlich hob Rüschenhemd die Arme. Orgal zögerte nicht und griff Rüschenhemd an, ohne abzuwarten, was dieser vorhatte. Seine Gedanken waren auf Kampf eingestellt. Orgal bewegte sich, wie es ihm beigebracht worden war, um die Kraft der Schnelligkeit zu beschwören – die Schnelligkeit der Ahnen. In weniger als einer Sekunde stand er auch schon vor Rüschenhemd. Die Hände schwang er in einer fließenden Bewegung Rüschenhemd entgegen und ballte sie kurz vor Rüschenhemds Brust zu Fäusten. Von der Kraft, die Orgals Schlag mit sich trug, flog Rüschenhemd gegen die metallene Wand des Sternenschiffs. Mit einem dumpfen Knall wurde Rüschenhemd abgebremst, als er die Wand erreichte. Orgal trat näher an den leblosen Körper von Rüschenhemd heran. Er versuchte, wachsam und konzentriert zu bleiben, trotz der Schreie seiner Männer. Rüschenhemd schien tot zu sein. Orgal konnte seine Faustabdrücke in der Brust sehr gut erkennen. Sein Schlag musste ihm alle Rippen gebrochen und Organe zerrissen haben.Vorsichtig entfernte er sich wieder von dem leblosen Körper, um seinen Kriegern im Kampf beizustehen. Orgal schien gerade rechtzeitig in den Kampf einzugreifen, um Ringal zu helfen. Dreiarm, der nur noch einen Arm hatte, hielt Ringal mit seiner Bauchhand fest und verhinderte damit, dass dieser seine Knochenkeule schwingen konnte. Mit dem ihm noch verbliebenen Arm schlug er auf Ringal ein, indem er seinen Arm wie eine Art Knüppel einsetzte. Orgal lief auf Dreiarm zu, um ihn mit seinen immer noch vor Energie knisternden Fäusten von Ringal wegzuschlagen. Knochen knackten, als Orgal seinen ersten Schlag gegen Dreiarm ansetzte, dann einen weiteren, und noch acht weitere Fausthiebe musste Orgal auf Dreiarm niedergehen lassen, damit dieser Ringal losließ. Gemeinsam droschen Orgal und Ringal auf Dreiarm ein, bis dieser mit einem leisen Stöhnen zusammenbrach. Zufrieden drehte sich Orgal zu Ringal um und konnte seinem Freund gerade noch so unter die Arme greifen, bevor dieser wie ein nasser Sack in sich zusammenfiel. Markus und Olof hatten ihren Gegner ebenfalls besiegen können. Beide hatten einen hohen Preis dafür gezahlt. Markus‘ Brustkorb war aufgerissen, sein Kopf war mit mehreren tiefen Schnittwunden übersät und sein linker Arm sah aus, als wäre er fast vollständig aufgeschnitten wurden, doch er hatte sich noch aufraffen können. Olof hatte einen ähnlich hohen Preis bezahlt, wenn auch nicht so hoch wie Markus. Sein Oberkörper und Waffenarm war mit zahlreichen tiefen und weniger tiefen Schnittwunden übersät. Aus jeder Wunde sickerte etwas Blut heraus und färbte seinen Oberkörper neu ein. Hätte er die Wunden von Markus erhalten, hätte ihn schon die erste umgebracht. „Lasst uns schauen, dass wir hier wegkommen“, sagte Orgal und versuchte mit Ringal zusammen zur Pilotenkanzel zu kommen. Die Kälte im Raum wurde immer schlimmer. An den Wänden bildete sich Raureif und der Wasserdampf in den Dampfleitungen begann bereits, erste Kristalle zu bilden. Orgals Männern machte die Kälte wegen ihrer Verletzungen noch stärker zu schaffen als dem Sternenschiff selbst. Die Kälte fraß sich förmlich in jede Wunde hinein, hielt sie so offen und fügte ihnen langsam kleine Kältewunden zu. Orgal wollte sich gerade mit Ringal durch die Tür der Pilotenkanzel zwängen, als das grauenvolle Kreischen wieder ansetzte. Sofort drehten sich alle zum Schlachtfeld um und mussten mit ansehen, wie Rüschenhemd wieder aufstand. Seine Arme und Beine wurde immer länger und länger und das Brechen von Knochen hallte unheimlich leise durch den zerstörten Passagierraum wieder. Stacheln begann aus den Armen und Beinen zu zehn Zentimeter langen Klingen zu wachsen und Rüschenhemds Hals wand sich wie eine Schlange ihnen entgegen. Langsam setzte Rüschenhemd auf allen Vieren über Tische und Stühle hinweg und legte dabei Meter um Meter zurück. Wie eine Spinne ragten seine Gliedmaßen dabei über seinen Körper heraus und zeigten deutlich an, dass Rüschenhemd nun bei voller Größe über 3,50 Meter groß sein müsste. Der Kopf von Rüschenhemd bewegte sich wie eine Schlange auf der Suche nach Beute. Schlagartig erstarrte dieser und Rüschenhemds gesamter restlicher Körper ebenfalls. Sein Blick war auf Markus gerichtet. Wie eine Schlange zischte Rüschenhemd Markus etwas in einer Sprache zu, die fremdartig und grollend zugleich klang. Niemand bewegte sich. Markus hob langsam seine schwer gewordene Waffe in die Höhe. Die Luft begann an der eigenen Haut zu gefrieren und zog tief in den Körper ein. Rüschenhemds Blick war weiterhin auf Markus gerichtet. Markus spannte sich an, um auf einen eventuellen Angriff reagieren zu können.
Blitzschnell schnellte Rüschenhemds Kopf plötzlich auf Markus zu und biss mit seinen spitzen langen Zähne so fest zu, dass ein Knacken durch das Schiff ging. Orgal reagierte auf diesen spektakulären Angriff, indem er sich weiter in die Pilotenkanzel hineinfallen ließ. „Los, sofort zur Pilotenkanzel. Los, rein mit dir, Olof.“ Olof brauchte nicht lange darüber nachdenken und sprang Orgal und dem bewusstlosen Ringal sofort hinterher. Kaum in der Pilotenkanzel angekommen, legte Olof auch schon den Hebel für die Notverriegelung um. Das Schott zischte und entließ den wahrscheinlich letzten nicht gefrorenen Dampf in den Passagierraum hinein. Es begann sich zu schließen. Orgal und Olof schauten nervös durch den immer kleiner werdenden Spalt in den Passagierraum hinaus. Markus stand immer noch an der gleichen Stelle. Rüschenhemd hatte ein großes Stück seines Halses herausgebissen, doch Markus stand immer noch wie vor wenigen Sekunden. Das Blut aus der Wunde war bereits gefroren und bildete einen roten Spiegel auf Markus‘ Schultern und Rücken. Das Schott hatte noch wenige Zentimeter, bevor es sich ganz schloss. Orgal schaute voller Trauer auf den erstarrten, toten Markus bis Rüschenhemds Schlangenkopf sich dazwischenschob und Orgal noch ein letztes Mal anzischte, bevor sich das Schott endgültig schloss. Mehrere Schläge trafen das geschlossene Schott, vor dem Orgal immer noch wie angewurzelt stand. Sein Blick fiel auf den Spalt, hinter dem sich Markus befand. Olof packte Orgal an der Schulter und half ihm dabei, Ringal nach unten in den Notraum zu tragen. Hinter sich hörten die Krieger immer noch Rüschenhemd, der mit aller Gewalt gegen die Tür hämmerte. Doch es war bereits zu spät. Die Dampfleitungen zischten bereits fröhlich vor sich hin und entkoppelten die Pilotenkanzel ganz langsam vom Rest des Sternenschiffes. Orgal und Olof schnallten den bewusstlosen Ringal im Notsitz fest und machten sich dann selbst daran, sich festzuschnallen. „Ihr Ahnen. Leitet uns, wenn ihr wollt, dass wir unsere Mission beenden“, sprach Orgal nicht ganz so leise vor sich hin. Ein leichter Ölgeruch entfaltete sich unangenehm im Notraum, als auch schon die Pilotenkanzel mit einer gewaltigen Explosion vom Rest des Schiffes abgesprengt wurde und ohne die Führung eines Piloten unkontrolliert auf den Mond Derun niederging.