Читать книгу Midwater Saga - Gesamtausgabe - Paula Bergström - Страница 13
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ОглавлениеAuch wenn es als unschicklich galt, als unverheiratete Frau in das Haus eines Witwers einzudringen, klopfte Fawn dennoch an die schwere Eichentür des Stadthauses des Dukes of Addington. Es lag im noblen Londoner Stadtteil Mayfair nahe dem Hyde Park. Sie schlug ungeduldig mit dem goldenen Türklopfer gegen das Holz, damit man ihr endlich öffnete, bevor sie noch jemand sah. Ein Vorbeigehender würde trotz der Dämmerung sofort erkennen, dass hier eine Frau vor der Tür des Dukes stand und um Einlass bat, doch immerhin hatte sie ihre Haube tief ins Gesicht gezogen, um ihre Identität zu verbergen.
Endlich öffnete sich langsam die Tür und das Gesicht eines Butlers erschien. Ohne ein Wort drängte sich Fawn ins Innere.
»Mylady! Ich glaube nicht, dass ich Sie hereingebeten habe«, meinte er hochnäsig und blickte sie von oben herab an.
»Bitte entschuldigen Sie mein Eindringen, aber ich muss Seine Gnaden dringend sprechen.«
»Der Duke ist nicht zu sprechen. Ich kann lediglich eine Nachricht für ihn entgegennehmen.«
»Ich muss den Duke of Addington in einer sehr vertraulichen Angelegenheit sprechen.« Fawn erhob ihre Stimme, weil sie es leid war, hier ihre Zeit zu vergeuden.
»Es tut mir leid, Mylady, er ist nicht …«
»Tavish, es ist in Ordnung. Bitte Lady Midwater herein und führe sie in den Salon. Dann bring uns bitte zwei Tassen Tee.« Francis’ Stimme hallte durch die große Halle.
»Sehr wohl, Euer Gnaden.« Der Butler blickte zu Bankbain, der im Türrahmen eines der unzähligen Räume erschienen war und belustigt eine Augenbraue hob. Vermutlich hatten ihn die lauten Stimmen angezogen.
Der Butler nahm ihren Umhang in Empfang und Fawn trat näher, sie war erstaunt über den Anblick der imposanten Eingangshalle. Schwarzer Marmor zierte den Boden, die Wände waren mit Seidentapeten behangen. Das Haus war größer, als es von außen wirkte, und Fawn blickte sich neugierig um, während Francis ihr entgegentrat.
»Lady Midwater«, begrüßte er Fawn, nahm ihre Hand und deutete einen Handkuss an.
»Euer Gnaden.« Sie knickste und betrat den Salon. Sie hatte das Stadthaus, das Francis nach seiner Hochzeit gekauft hatte, noch nie betreten. Welcher Luxus hier vorherrschte. Auch hier gab es feine Seidentapeten in einem Dunkelblau, die zart schimmerten. Die Sitzmöbel waren in der gleichen Farbe mit zartem Satin bezogen. An den Wänden hingen wunderschöne Porträts von Vorfahren, sie entdeckte sogar ein Bild, das Francis als Kind zeigte. Überall standen Nippesfiguren, die aufeinander abgestimmt waren. Die feine Hand einer Frau, die hier residiert haben musste, war deutlich zu erkennen. Für einen Augenblick spürte Fawn einen Stich. Wäre sie gern diese Frau gewesen, die für die Behaglichkeit dieses Hauses zuständig wäre?
»Ein wirklich schönes Haus. Dieser Salon, er ist so feminin eingerichtet. Es muss Ihrer Frau viel Freude bereitet haben, ihn zu gestalten«, lobte Fawn und wanderte langsam umher.
»Ich muss dich enttäuschen. Ivy war nie gern hier in diesem Haus. Es war ihr zu profan. Sie lebte lieber auf Fairfield Heights. Sie war nur ein Mal hier und hat danach keinen Fuß mehr über diese Schwelle gesetzt. Vermutlich bin ich deshalb so gern in diesem Haus«, meinte Francis nachdenklich.
Sie wurden unterbrochen, als Tavish den Tee servierte und sich dann lautlos verzog.
»Bitte setz dich doch. Was kann ich für dich tun, wenn du mich schon zu so später Stunde sprechen musst? Die Sonne geht bereits unter.« Er blickte in Richtung der Fenster.
Fawn hob überrascht die Augenbrauen. »Sie hören sich an, als wäre ich eine Dämonengestalt, die bei Sonnenuntergang in ihr dunkles Verlies zurückkehren muss.«
Der Duke lachte laut auf. Es war ein reines, klares Lachen und Fawn kam nicht umhin, dass sich auch ihre Mundwinkel leicht hoben.
»Gott bewahre. Du verstehst mich vollkommen falsch. Aber deine Fantasie habe ich schon immer bewundert.«
»Mylord, ich bin aus einem ganz bestimmten Grund …«
»Fawn, was soll das? Seit ich denken kann, haben wir eine vertraute Anrede benutzt. Können wir nicht wieder zu dieser zurückkehren?« Er nahm einen Schluck von seinem Tee und auch Fawn ergriff die für sie vorgesehene Tasse. Das warme Getränk tat ihr gut und es schmeckte ausgezeichnet. Sie wusste nicht, woran es lag, aber der Tee schien sie ein wenig zu besänftigen. Sie tat ein paar lange Atemzüge, damit sich ihr Puls, der rasch durch ihre Adern rauschte, beruhigte.
»Nun gut, Francis, das ändert aber nichts an der Tatsache, aufgrund derer ich dich zu dieser unchristlichen Zeit aufsuchen muss.«
Der Duke schaute sie gespannt an, hob dabei eine Augenbraue.
»Es kann nicht dein Ernst sein, dass du meine Familie erpresst«, stieß sie aus. Von der Ruhe, die sie gerade noch verspürt hatte, war plötzlich nichts mehr übrig. »Du bist ein Duke und kannst jede Frau heiraten, die dir gefällt.«
»Außer deiner Wenigkeit, nehme ich an.« Er trank in aller Ruhe seinen Tee.
»So ist es. Du hast mich bereits einmal nicht gewollt, warum sollte sich daran etwas geändert haben? Francis, ich will wissen, was das alles zu bedeuten hat. Wieso greifst du zu solchen Mitteln?«
»Ich brauche eine Frau an meiner Seite.«
»Ich stehe dir aber nicht zur Verfügung. Es tut mir leid, denn deswegen bin ich hier. Ich wollte dich persönlich darüber in Kenntnis setzen.« Ruckartig erhob sie sich und die Tassen auf ihren Untertellern klirrten.
»Dir ist bewusst, dass du alles verlieren wirst? Dein Zuhause, dein Vermögen, das du einmal geerbt hättest und das dir deine Unabhängigkeit ermöglichen würde. So bliebe dir nur das Leben im Haus einer ungeliebten Tante, in einer Stellung, die die Hoffnung auf eine weitere Heirat im Keim erstickt.« Der ruhige Ton des Dukes zeigte ihr unmissverständlich seine Überlegenheit in dieser Sache.
»Dann wirst du es also tun? Du wirst die Schuldscheine gegen mich einsetzen? Gegen die Frau, die du angeblich liebst?« Fawn fasste es nicht. Wie konnte er so grausam sein?
»Liebe?«, fragte er überrascht und lachte hart. »Du glaubst, ich heirate dich, weil ich dich liebe? Wie töricht du doch bist. Du erwartest doch nicht, dass ich dich der Liebe wegen heirate?«
Fawn wich bei seinen gefühllosen Worten einen Schritt zurück, doch Bankbain folgte ihr. Immer weiter drängte er sie rückwärts, bis die Rückenlehne eines Sessels sie aufhielt.
»Was willst du dann von mir?«, fragte sie ängstlich, hielt ihren Kopf aber hoch erhoben, um ihm zu zeigen, dass sie keine Angst vor ihm hatte. Mochten die Worte sie auch noch so hart getroffen haben.
Er beugte sich über sie und flüsterte leise: »Ich brauche einen Erben.« Er richtete sich wieder auf und blickte sie unumwunden an. »Sollte ich keinen männlichen Erben zeugen, würden der Titel und der ganze Besitz nach meinem Ableben einem Cousin dritten Grades zufallen. Ein wirklich schändlicher Geselle, der bereits wegen Betrugs im Gefängnis gesessen hat. Meine Mutter und ihre Schwestern würden auf der Straße stehen und das muss ich verhindern. Ich biete dir als Gegenleistung für einen männlichen Erben ein Leben in Luxus und Treue. Ich würde dir garantieren, dass es keine andere Frau in meinem Leben geben wird. Ich werde dich niemals öffentlich kompromittieren. Du wirst die reichste Frau im ganzen Umkreis sein.«
»Hast du eine Ahnung, wie wenig mir Geld und Besitz bedeuten? Nein, das hast du nicht, denn dann würden wir dieses Gespräch gar nicht führen. Du hast keine Ahnung von echter Hingabe und Treue, von Leidenschaft und … Liebe, die man empfinden kann.« Ihre Worte waren leise und ohne Hoffnung.
»Aber ich weiß, wie viel dir dein Vater bedeutet. Du wirst nicht zulassen, dass er alles verliert und zum Gespött der Gesellschaft wird. Ich erwarte dich in drei Tagen um elf Uhr in Fairfield Heights, an der kleinen Kapelle. Dort werden wir im engsten Kreis getraut. Bis dahin fang schon mal an zu packen, geliebte Fawn.« Den Nachsatz sprach er mit üblem Spott in der Stimme aus.
Fawn konnte nicht fassen, in welchem Ton er mit ihr sprach. Wie konnte er es wagen, sie derart zu erpressen? Sie bedachte ihn mit einem eiskalten Blick, den er ohne mit der Wimper zu zucken erwiderte. Wortlos raffte sie ihre Röcke und verließ mit einem Nicken den Salon.
»Tavish! Mylady möchte gehen«, hörte sie Francis’ Stimme, doch bevor der Butler die Tür erreichte, hatte sie das Haus bereits verlassen, ohne auf ihren Umhang zu warten.