Читать книгу Roman-Paket Western Exklusiv Edition 11 Romane - Sammelband 7021 - Pete Hackett - Страница 21
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ОглавлениеColtpoker-Larry richtete sich auf. Er hielt die Zügel des Braunen in der Hand. Sein Blick begegnete Lindas angstvollen Augen. Der Sturm umbrauste sie, zerrte an ihrer Kleidung, peitschte Mähne und Schweif des Hengstes. Lindas im Nacken zusammengebundenes Haar flatterte. Sie duckte sich auf dem Pferd, um dem Sturm so wenig Widerstand wie möglich zu bieten.
Larry schüttelte den Kopf.
»Nichts!«, rief er. »Die Spur ist weg. Aber sie können nicht mehr weit vor uns sein. Keine Angst, wir finden sie!«
Doch die Angst in Lindas Augen blieb. Sie wusste ebenso wie er, dass sie, wenn sie Pech hatten, nur ein Dutzend Yard an den Wagen vorbeireiten konnten, ohne sie zu bemerken. Plötzlich trieb ihnen der Sturm ein Knattern zu, das klang, als würden Feuerwerkskörper explodieren.
Schüsse ... Mit einem Satz war Larry wieder hinter der Frau auf dem Pferd. Mr. Brown wartete nicht auf den fordernden Sporendruck. Der Sturm löschte das eilige Pochen seiner Hufe aus. Über den Bergen im Westen blitzte es. Donner rumpelte. Dann hörten sie das Krachen der Revolver und Gewehre abermals, näher und heftiger jetzt.
Larry hielt, zog den Revolver. Der Sturm jagte Wände von Staub auf sie zu. Dahinter tobte ein Kampf auf Leben und Tod. Dort war Big Joe mit seinen letzten Männern. Big Joe, der sich die Frau, die ihm ,gehörte‘ noch weniger wegnehmen lassen würde wie die Wagen, die er so erbittert verteidigte.
Lindas Kopf ruckte herum.
»Worauf wartest du? Weiter! Sie brauchen uns!« Dann begriff sie den wahren Grund seines Zögerns. Sie schüttelte heftig den Kopf. »Nein, du brauchst keine Rücksicht auf mich zu nehmen! Mach dir deswegen keine Gedanken. Reite!«
Es war genauso riskant, sie allein in dieser tosenden Hölle zurückzulassen. Die Zähne zusammengebissen, trieb er sein Pferd weiter. Ein Schatten war plötzlich vor ihnen. Der Fetzen eines schrillen Wieherns durchdrang den Sturm. Ein reiterloses Pferd stob mit schlingernden Bügeln nahe vorbei.
Larry wollte Mr. Brown herumwerfen und dem Tier nachjagen, damit Linda ebenfalls ein Pferd bekam. Da entdeckte er den Reiter. Er hielt von der Seite auf sie. Ein Schatten hinter den Staubvorhängen, der allmählich deutlicher wurde.
»Lass dich nicht sehn!«, rief Larry der jungen Frau zu. Er hob sie auf der von dem Näher kommenden abgewandten Seite aus dem Sattel und nahm schnell ihren Platz ein. Dann zog er sein Halstuch über Mund und Nase, als wollte er sich lediglich vor dem Staub schützen. Der andere sah ihn ebenfalls nur als Phantom.
Er deutete mit dem Gewehr dorthin, wo die Planwagen waren, wo immer noch heftig geschossen wurde. Im Orgeln des Sturms war nicht zu verstehen, was er schrie. Morrister!, durchzuckte es Coltpoker-Larry. Er hielt ihn für einen seiner Revolverschwinger, der sich vor dem Angriff auf die Wagenburg drücken wollte.
Eine besonders heftige Bö riss plötzlich die Staubschwaden auseinander. Morrister war etwa zehn Schritte entfernt. Er hatte ebenfalls ein Tuch vor die untere Gesichtshälfte gebunden. Seine Anzugjacke flatterte. Ein wildes Aufblitzen war in seinen Augen, als er den jungen Langtry erkannte.
Dann schwang er das Gewehr herum. Larry schoss. Gleichzeitig zerrte Morrister so heftig an den Zügeln, dass sein Fuchs vorn hochging. Nicht Morrister, sondern sein Pferd bekam Larrys Kugel in die Brust. Die Vorderhufe des Tiers hämmerten im Todeskampf. Eine Staubwoge stürzte auf das niederbrechende Pferd. Larry bekam gerade noch mit, dass der Verbrecher sich seitwärts und ohne die Winchester loszulassen herabschleuderte. Er sprang ab. Von dort, wo Morrister nun unsichtbar hinter den Staubschleiern aufprallte, zuckte ein Mündungsfeuer. Trotz der kurzen Distanz klang der Schuss wie hinter einer dicken Mauer abgefeuert.
Larry schoss zweimal.
»Warte!«, rief er Linda zu, als sich nichts mehr rührte.
Sie griff nach seinem Arm. Er sah die Sorge in ihren Augen.
»Vielleicht ist es nur ein Trick! Sei vorsichtig!«
Er starrte sie kurz an. Es war nicht die Angst um Big Joe, sondern um ihn, die in ihren Augen flackerte. Er lächelte hart.
»Sei unbesorgt, so schnell wirst du mich nicht los!«
Geduckt bewegte er sich vorwärts. Kein Schuss mehr. Da war das Pferd.
Eine große Blutlache tränkte die Erde unter ihm. Daneben eine leere, schon halb vom Staub zugewehte Patronenhülse. Morrister war verschwunden, wie vom Sturm fortgeblasen.
Drüben bei den Wagen fielen nach wie vor Schüsse. Larry eilte zu der Frau zurück, nahm ihr die Zügel aus der Hand.
»Bleib hinter mir!«
Die Angst, zu spät zu kommen, trieb ihn vorwärts. Wieder klafften für einen Moment die Staubfahnen auf. Sie konnten nun schon die Umrisse der Frachtwagen erkennen. Mündungsblitze glühten. Verzweifelt schossen die Verteidiger auf alles, was sich außerhalb ihres dürftigen Bollwerks bewegte. Im Brausen des Sturms konnte kein Mensch Freund und Feind unterscheiden. Larry hatte seinen Remington nachgeladen. Es war zwecklos, die Männer in der Wagenburg anzurufen. Der Sturm raste von vorn auf ihn zu. Gegen sein Toben kam keine Stimme an. Larrys Augen brannten. Jeden Moment konnten sie im wirbelnden Staub auf Morristers Schießer stoßen.
Plötzlich verstummten die Schüsse. Das Bruchstück eines Schreis flog mit dem Sturm heran. Larry und Linda hörten den wilden Triumph aus der Stimme. Eine Stimme, die einem Morrister Banditen gehörte. Der Spieler und die Frau blickten sich an. Lindas Lippen bewegten sich lautlos.
Im nächsten Moment rannte Larry los. Ein zweibeiniger Tiger, den nur mehr eine Kugel stoppen konnte. Eine halb vom Sturm losgerissene, heftig flatternde Wagenplane tauchte vor ihm auf. Noch immer kein Schuss. Larry erreichte den Sturmschatten eines Fahrzeugs, schob sich an ihm entlang.
Dann sah er den Mann. Er stand mit dem Rücken zu ihm, fünf Schritte entfernt, ein Gewehr im Hüftanschlag. Der Staub innerhalb des Wagendreiecks war nicht gar so dicht. Noch ein Schritt, und Larry konnte die Szene vom Heck des Murphy-Schoners aus überblicken. Drei Morrister-Männer hielten ihre Waffen auf Big Joe und einen jungen, stämmigen Frachtfahrer gerichtet, die nebeneinander an einem hochbordigen Fahrzeug lehnten.
Ihre Gewehre lagen vor ihnen auf der Erde. Big Joe blutete aus einer leichten Wunde an der linken Schulter. Sein graues Gesicht war wie von Rissen durchzogen. Ein Mann, der auch jetzt, den Tod vor Augen, noch jene Härte ausstrahlte, die sich Larry so unauslöschlich eingeprägt hatte. Doch irgendwie war ihm, als würde dort ein Fremder stehen, nicht der Mann, den er einmal gehasst und vielleicht auch gefürchtet hatte. Im Bruchteil einer Sekunde begriff er, dass es wahrscheinlich nicht Big Joe war, der sich geändert hatte, sondern er selber. Sechs Jahre war eine lange Zeit. Zu lange, um die Gegenwart mit den Ereignissen von damals zu belasten.
Larrys Atem stockte, als er die an einem Wagenrad zusammengesunkene hagere Gestalt entdeckte. Old Tate. Sein Kinn ruhte auf der Brust, seine Hände lagen schlaff auf der Erde. Blut schimmerte dunkel auf seiner Jacke. Larry erkannte nicht, ob er tot war oder noch lebte. Der Anblick des weißhaarigen Oldtimers zerbrach etwas in ihm. Die Wildheit loderte wie eine Flamme in ihm auf. Wahrscheinlich hatten die Verbrecher nur noch nicht geschossen, weil sie auf ihren Boss warteten. Morristers Triumph, seinen Todfeind lebend in die Hand zu bekommen, würde grenzenlos sein.
Coltpoker-Larry sprang vorwärts. Der Kerl vor ihm drehte halb den Kopf. Im ersten Moment hielt er die schemenhaft aus dem Staub schnellende Gestalt für einen Komplizen. Als er Larry erkannte, war’s schon zu spät. Larrys Hieb mit dem Revolverlauf fegte ihn nieder.
Die beiden anderen schnellten herum. Ihre Gesichter waren schreck- und hassverzerrt. Ihre Colts flammten noch aus der Drehung.
Larry knickte ein, ein Knie auf der Erde. Sein 38er krachte. Der Sturm riss den Pulverrauch fort. Die Schurken wurden wie von einer Riesenfaust gepackt, gerüttelt und niedergeworfen.
Big Joe und Randlett starrten den plötzlich aufgetauchten jungen Kämpfer wie einen Geist an. Larry sprang auf.
»Linda!«, schrie er.
Da kam sie schon mit sturmgepeitschtem Kleid und wehendem Haar aus dem Staub, der die Planwagen umhüllte. Larry lief auf sie zu. Da sah er den Schatten, der weiter hinter ihr aus den grauen Fahnen wuchs. Im letzten Moment riss er die Frau zur Seite.
Eine Kugel durchlöcherte die Wagenplane. Während Larry Linda in die Tiefe der Wagenburg schleuderte, glühte der nächste Schuss haarscharf an seinem Gesicht vorbei.
»Langtry, du verfluchter Hund, komm her! Kämpfen wir es aus!«
Morristers Stimme. Ein Schrei voll irrem Hass.
Larry schoss. Schrilles, vom Sturm zerrissenes Gelächter antwortete.
Larry hatte noch Old Tate Slocums zusammengesunkene, blutbesudelte Gestalt vor Augen, als er losstürmte und wieder und wieder sein Blei hinausjagte. Dann löschte der Sturm die Rufe aus, die nun in der Wagenburg durcheinander schwirrten. Larry wartete auf das Blitzen von Morristers Mündungsfeuer. Aber da waren nur die grauen Staubwogen, die der Sturm vor sich herjagte. Die Blitze flammten näher. Der Donner krachte in immer kürzeren Abständen.
Larry duckte sich. Der Teufel mochte wissen, ob Dean Morrister allein dort draußen war! Eins war sicher: Big Joes Frachtlinie interessierte den Verbrecher nicht mehr, solange er, Coltpoker-Larry, lebte. Irgendwo in dem brodelnden Staub lauerte der Schurke auf ihn.
Morrister, der Wolf!, dachte Larry. Ein grimmiges Lächeln spannte seine Mundwinkel. Mit flinken Fingern ersetzte er die abgeschossenen Patronen. Eine seltsame kalte Ruhe überkam ihn. Die Gewissheit erfüllte ihn, dass dieses Duell mit dem Tod von einem von ihnen beiden enden würde.
So sehr Larry seine Augen anstrengte, die Sicht reichte nur wenige Yards weit. Der Sturm brüllte und tobte. Larry musste sich fest einstemmen. Er glaubte nicht, dass Morrister geflohen war. Der Hass in seinem Schrei zuvor hatte ihn verraten. Irgendwo in diesem verfluchten Staub wartete er, vielleicht nur wenige Schritte entfernt, gierig darauf, ihn zu töten.
Larry presste die Lippen zusammen. Er sah Morrister wieder, wie er auf Linda gezeigt und gerufen hatte: »Hängt sie auf!«
Geduckt bewegte er sich weiter. Das Gleißen eines Blitzes hellte die Sicht auf. Sandwände, in denen losgerissene Grasbüschel wirbelten, sausten vorbei. Ein reiterloses Pferd stieg erschreckt wiehernd vor Larry auf die Hinterhand, kreiselte herum und galoppierte davon. Im Dröhnen des Donners versank jedes andere Geräusch.
Dann wieder staubdurchdrungene Finsternis. Kein Schatten von Morrister. Wenn er noch in der Nähe war, dann gab es nur eine Möglichkeit, ihn aus der Reserve zu locken. Larry wusste, was er riskierte, als er sich mit dem Aufblitzen seines Revolvers verriet.
Er schoss mit ausgestreckter Hand. Die schnell peitschenden Schüsse trieben Feuerkeile in die Staubmassen. Dreimal. Dann wollte sich Larry auf die Knie werfen. Da fuhr etwas wie eine glühende Messerklinge über seine linke Hüfte. Der Sturm riss die Detonation davon. Larry sah nur einen rötlichen Strich hinter den wogenden Staubschleiern: Morristers Mündungsfeuer.
Der junge Spieler schleuderte sich zur Seite und schoss. Morristers zweite Kugel verfehlte ihn. Wieder war die Mündungsflamme Larrys einziges Ziel. Auf der Seite liegend, jagte er die letzte Kugel aus seinem Revolver.
Morristers Blei hatte das Fleisch über seinem Hüftknochen aufgeschlitzt. Die Wunde blutete heftig. Larrys Kleidung sog sich voll. Er beachtete es nicht, rollte ein paar Yards weiter, während noch immer Dean Morristers Gewehr blitzte.
Verflucht, hatte er den Schurken noch immer nicht erwischt? Keuchend klappte Larry die Revolvertrommel heraus, lud die Waffe nach. Das Halstuch war ihm vom Gesicht gerutscht. Längst hatte er den Hut verloren. Sein dunkles Haar flatterte.
Morristers Gewehr schwieg. Der Sturm umhüllte den jungen Mann mit immer neuen Staubwolken. Er war wie meilenweit entfernt von den Wagen und jedem anderen Lebewesen. Er richtete sich auf. Der Streifschuss an der Hüfte schmerzte, behinderte ihn jedoch nicht. Schwer lag der Remington in seiner Faust.
Vielleicht lud auch Morrister gerade wieder seine Waffe nach ... Mit steifen Schritten ging Larry Langtry in die Richtung, aus der zuvor die Mündungsblitze gezuckt waren.
Blitze rasten über die Hochebene. Der Donner krachte, als würde das Plateau in sich zusammenstürzen. Eine dunkle, verkrümmte Gestalt lag nicht weit vor Larry. Der Stahl der Waffe, die unter dem Körper hervorragte, glänzte bläulich.
Es war Morrister. Er lebte noch, als Larry sich über ihn neigte, ihn herumwälzte. Larry hatte ihn zweimal getroffen, tödlich. Trotzdem hatte der Verbrecher geschossen, bis das Röhrenmagazin seiner Winchester leer war. Auch jetzt lebte nochmals der Hass in seinen Augen auf.
»Ich hatte es fast schon geschafft, Coltpoker«, keuchte er. »Ich hätte dich töten sollen, als du ins Camp am Bluebird Creek kamst ...«
»Es gibt Fehler, die man nur einmal macht, weil man nicht mehr dazukommt, sie zu wiederholen«, murmelte Larry bitter.
Die Flamme in Dean Morristers Augen erlosch. Für immer. Sein Atem verwehte im Sturm. Larry schob den 38er Remington in die Halfter. Es war kein Sieg, und irgendwie spürte er, dass noch immer der Tod in der sturmdurchbrüllten Dunkelheit lauerte.
Der Gedanke an Linda trieb ihn hoch und zwang ihn in Richtung zur Wagenburg zurück. Linda, ohne die er nicht mehr leben wollte, und um die er vielleicht nochmals kämpfen musste. Gegen seinen eigenen Vater.