Читать книгу Meine 13 hinterhältigsten Morde: Krimi Paket - Pete Hackett - Страница 49

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Als Shane Jacko und sein Kollege Hawthorne kurz nach 9 Uhr das Pflegeheim betraten, begegnete ihnen ein junger Mann in einem grünen Kittel, der vollkommen geistesabwesend zu sein schien. Er kam um die Ecke bei einer Treppe und rannte den Lieutenant fast über den Haufen.

„Entschuldigen Sie“, murmelte er und schaute wie ein Erwachender.

Der Lieutenant las das Namensschild auf seiner Brust. Dr. Stanley Patterson stand da. Er drängte sich an den Polizisten vorbei und eilte zum Ausgang.

Jacko und Hawthorne wechselten einen schnellen Blick, Jacko zuckte mit den Schultern, dann betraten sie den Lift. Der Sergeant drückte den Knopf mit der Nummer drei. Dementsprechend hielt der Lift im 3. Stock. Sie stiegen aus und klopften kurz darauf an die Tür zu Dr. Flemings Zimmer. Shirley öffnete und ließ die beiden Cops eintreten. Der Professor nahm wieder dieselbe Haltung ein wie am Vortag. Die Liege stand in einem 45-Grad-Winkel zum Boden, sodass der Professor alles sehen konnte, ohne die Augen besonders heben zu müssen. Mit jemand, der saß, konnte er ohne Problem Blickkontakt aufnehmen.

Die Cops wünschten einen guten Morgen, dann holte der Lieutenant ein zusammengelegtes Stück Papier aus der Innentasche seiner Jacke und faltete es auseinander. „Die Erklärung, Professor. Damit werden Dr. Barber, Dr. Patterson und Miss Bishop bestätigen, dass sie im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte der Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht zugestimmt haben und …“

„Dr. Barber ist leider noch nicht an seinem Arbeitsplatz“, unterbrach Fleming den Lieutenant ungeduldig. „Er kommt immer etwas später. Als leitender Arzt kann er sich das erlauben.“

„Dann warten wir eben auf ihn. Zwischenzeitlich könnten Sie vielleicht Miss Bishop damit beauftragen, dafür zu sorgen, dass die Akte hergebracht wird. Außerdem könnte sie Dr. Patterson informieren.“

Fragend schaute das Mädchen den Professor an. „Es geht in Ordnung, Shirley“, sagte Fleming. „Fordern Sie die Akte an. Sie befindet sich im Vorzimmer Dr. Barbers. Und zitieren Sie Stan her.“ Der Professor wandte sich dem Lieutenant zu. „Bis vor wenigen Minuten war Dr. Patterson hier anwesend. Wären Sie nur drei Minuten früher gekommen, wären Sie ihm sicher begegnet.“

„Ich denke, wir sind im begegnet“, erwiderte Jacko, „und zwar, als wir den Aufzug betraten. Es gab zwischen mir und dem jungen Mann fast einen Zusammenstoß.“

Shirley war zum Telefon gegangen. Jetzt sprach sie, legte auf und sagte: „Dr. Patterson wird in wenigen Minuten hier sein. Er bringt die Krankenakte mit. Nehmen Sie doch Platz, Gentlemen.“

Es dauerte in der Tat höchstens zehn Minuten, dann erschien Dr. Patterson. Er hielt einen braunen Hängeordner in den Händen, den er auf eine Kommode legte, um dann die beiden Beamten zu begrüßen. Der junge Arzt konnte seine Nervosität nicht verbergen. Seine Hand war feucht, sein Blick unstet.

Shane Jacko las ihm und Shirley die Erklärung vor, die er aufgesetzt und in dreifacher Ausfertigung ausgedruckt hatte. „… dies bestätigen wir mit unserer Unterschrift“, las er. „Dr. Donald Barber, Dr. Stanley Patterson und Miss Shirley Bishop.“ Der Lieutenant hob den Blick, ließ ihn in die Runde schweifen, und als alle nickten, reichte er die Entbindungserklärungen Dr. Patterson und bat ihn, sie zu unterschreiben. Und zwar auf jeder Ausfertigung. Das gleiche Procedere wiederholte er mit Shirley. Dann sagte er: „Nun brauchen wir nur noch Dr. Barbers Unterschrift. Wir wollen Sie mit unserer Anwesenheit jedoch nicht länger stören, Professor. Darum werden wir im Verwaltungsgebäude auf Dr. Barber warten.“

Auf Stan Pattersons Stirn perlte Schweiß. Immer wieder räusperte sich der junge Mann. Hin und wieder fuhr er sich mit Daumen und Zeigefinger über das Kinn.

„Sind Sie krank, Dr. Patterson?“, fragte Hawthorne.

„Nein, wieso, wie kommen Sie darauf?“

„Nun, Sie schwitzen, Ihr Hals scheint belegt zu sein, ihre Augen glänzen, als hätten sie Fieber …“

Patterson schluckte. „Es ist nichts. Vielleicht der Anflug einer Erkältung. Nichts Ernstes.“

„Wir werden die Akte abholen, sobald Dr. Barber den Wortlaut der Erklärung kennt und sie unterschrieben hat“, sagte Jacko, dann verließen er und sein Kollege Hawthorne das Zimmer.

Sie wussten, wo sie das Büro Dr. Barbers suchen mussten. Der Lieutenant klopfte an die Tür seiner Sekretärin, öffnete und fragte: „Ist Dr. Barber in der Zwischenzeit eingetroffen?“

„Nein. Sie sind doch die beiden Gentlemen vom Police Department.“

„Ja. Ich bin Lieutenant Jacko, das ist Sergeant Hawthorne.“

„Irgendetwas stimmt nicht“, sagte die junge, hübsche Frau und lehnte sich auf ihrem Bürostuhl zurück. „Als ich heute Morgen eine Viertelstunde vor Dienstbeginn hier eintraf, stand Dr. Barbers Mercedes auf dem Parkplatz. Der Doktor selbst war nicht hier. Wenig später erschien Dr. Patterson und sagte etwas von einer kleinen Blutlache, die er in unmittelbarer Nähe von Dr. Barbers Wagen wahrgenommen hat. Später erschien er allerdings und meinte, dass er sich wohl getäuscht hatte und dass es sich bei Lache um ausgelaufenes Öl handelte.“

Jacko war, während die Frau sprach, in das Büro getreten. Der Sergeant war ihm gefolgt. Nach der Aussage der Frau schwante dem Lieutenant wenig Erfreuliches. Es war wie eine Eingebung, und er schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass er sich täuschte.

„Sie sagen, es handelt sich um einen Mercedes?“

„Ja, blaumetallic. E-Klasse. Ein Auto, von dem unsereiner nur träumen kann.“

„Gehen wir“, sagte Jacko kurz entschlossen zu seinem Kollegen.

Sie erreichten den Parkplatz. Etwa zwanzig Stellplätze waren für die Beschäftigten der Klinik reserviert. Manche sogar namentlich. Es waren die Parkplätze der Ärzte. Eine E-Klasse fiel den Cops auf. Jacko ging einmal um den Wagen herum und sah das kleine Schild, das darauf hinwies, dass dies der Parkplatz Dr. Barbers war. Der Wagen war verschlossen.

„Sieh mal hier!“, rief Hawthorne.

Der Lieutenant ging zu ihm hin. Der Sergeant deutete auf den Boden. „Was kann das sein? Blut?“

Der Fleck war ungefähr so groß wie zwei nebeneinander liegenden Männerhände. Der Rand war bereits auf eine Breite von zwei Zoll eingetrocknet und der Klecks hatte eine rostbraune Farbe angenommen. In seiner Mitte, wo sich wahrscheinlich die meiste Flüssigkeit konzentriert hatte, war er noch feucht. Es sah aus, als hätte sich über dem feuchten Fleck eine dünne Haut gebildet.

„Ja, bei Gott“, entfuhr es dem Lieutenant. „Das ist Blut.“

„Fordern wir Verstärkung an“, schlug Hawthorne vor.

Also Jacko nickte, holte Hawthorne sein Mobiltelefon aus der Jackentasche. Während er die Spurensicherung anforderte, schaute sich der Lieutenant etwas um und begann, erste analytische Auswertungen im Kopf vorzunehmen.

Schnell kam er zu dem Schluss, dass – vorausgesetzt es war Barbers Blut auf dem Asphalt - er nicht aus der Richtung des Verwaltungsgebäudes gekommen sein konnte, als er zu seinem Wagen ging. Der Lieutenant stellte eine imaginäre gerade Linie zwischen dem Verwaltungsgebäude und der Fahrertür des Mercedes her. Barber hätte sich dem Wagen von links hinten nähern müssen.

Der Blutfleck aber befand sich zwei Yard von der rechten Heckseite des Wagens entfernt. Der Lieutenant folgte mit dem Blick der Richtung, aus der ein eventueller Schuss seiner groben Berechnung zufolge gekommen sein musste. Da war Park; Gebüsch, Strauchwerk, Hecken, Bäume, Wiesenflächen. Ideal für einen Hinterhalt.

Jacko folgte dieser angenommenen Richtung ein Stück, ging zwischen Büschen hindurch, tastete den Boden mit dem Blick ab, schaute wieder nach vorn und sah etwa hundert Yard entfernt durch das Zweig- und Blattwerk der Büsche ein Haus.

Es sah aus wie ein Wohnhaus. Gehalten in weiß und grau, mit einigen Erkern, einer Veranda und einem Vorbaudach, das von kunstvoll geschnitzten Pfosten getragen wurde. Die Veranda wurde von einem Holzgeländer begrenzt. Die Fensterläden waren geschlossen.

„Sieht aus, als würde da jemand wohnen!“, rief der Lieutenant.

Der Sergeant kam und knurrte: „Vielleicht der Gärtner. Sehen wir es uns mal näher an.“

Sie liefen zu dem Gebäude. Je näher sie kamen, umso deutlicher wurde, dass es verlassen und dem Verfall preisgegeben war. In den Ecken der Veranda lagen Haufen verdorrten Laubes, das der Wind hergetrieben hatte. Unter den Dachvorsprüngen spannten sich verstaubte Spinnennetze. Shane Jacko rüttelte an der Tür. Verschlossen.

„Hier geben sich wahrscheinlich nur Ratten und Mäuse ein Stelldichein“, murmelte der Sergeant.

„Hin und wieder scheint jemand herzukommen“, versetzte der Lieutenant. „Siehst du die Spuren vor der Verandatreppe? Abgesehen davon liegt überall auf der Veranda Staub. Nicht aber auf der Treppe sowie zwischen Treppe und Haustür.“

Hawthornes Blick schweifte über die Treppe, die Veranda, verharrte kurz vor der Treppe, dann sagte er nickend: „Du hast recht. Aber bringt uns das weiter?“

„Wohl kaum. Wobei der Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist, dass Barber gegebenenfalls von diesem Haus kam, als er sich seinem Auto näherte.“

Während sie zum Parkplatz und zu dem Mercedes zurückkehrten, erklärte Jacko seinem Kollegen seine Vermutung bezüglich der Richtung, aus der sich Barber seinem Wagen genähert hatte.

„Und was soll unter dem Strich dabei herauskommen?“, fragte der Sergeant. „Nehmen wir an, Barber kam aus der Richtung des Hauses, jemand lauerte bei seinem Auto auf ihn, schoss ihn oder schlug ihn nieder, entführt ihn …“

„Ich weiß, es spielt keine große Rolle, aus welcher Richtung er kam. Dennoch sollten wir uns das Haus mal näher ansehen.“

„Warum nicht. Wobei ich beim besten Willen nicht drauf komme, was du dir davon versprichst.“

„Sagtest du nicht selbst irgendwann einmal dieser Tage, dass wir nicht die winzigste Kleinigkeit unbeachtet lassen dürfen?“

Hawthorne verzog das Gesicht. „Eins zu null für dich.“

Sie mussten noch etwa fünfundvierzig Minuten warten, dann kamen die Kollegen von der SRD mit zwei Fahrzeugen und machten sich sofort an die Arbeit. Der Blutfleck und das Auto wurden von allen Seiten fotografiert. Von dem Blutfleck wurde eine Probe für die DNA-Analyse entnommen, der Wagen wurde genauestens auf Fingerabdrücke untersucht. Dann öffnete einer der Kollegen den Kofferraum.

Der Lieutenant spürte, wie sich sein Puls beschleunigte und sich ihm der Magen zusammenkrampfte.

Von Hawthorne kam ein überraschter Laut.

Zusammengekrümmt lag Dr. Barber in dem Kofferraum. Der Täter musste mit eiskalter Ruhe vorgegangen sein. Er hatte dem Arzt hier aufgelauert, ihn erschossen, in den Kofferraum gepackt und war dann verschwunden. Kaltschnäuziger geht es fast nicht mehr.

Der Coroner und ein Staatsanwalt wurden angefordert. Einer der Ermittler machte Fotos von der Leiche, dann waren wieder die Spezialisten von der SRD gefordert.

Die Staatsanwaltschaft kam und mit ihm der Coroner, der den Tod feststellte. Schließlich erfolgte die Anordnung, dass der Leichnam zur Gerichtsmedizin gebracht wurde.

Für den Lieutenant und seinen Kollegen gab es hier nichts mehr zu tun. Also kehrten sie in das Pflegeheim zurück und fanden sich wenig später in Professor Flemings Zimmer ein. Der Assistenzarzt war nicht mehr anwesend.

„Wir haben Dr. Barber gefunden“, sagte Jacko. „Er lag tot – erschossen – im Kofferraum seines Wagens.“ Der Lieutenant hatte keinen Grund, Zurückhaltung zu üben. Während er sprach, hatte er Dr. Fleming fixiert, nach irgendeiner Regung in seinen Zügen gesucht, einer Reaktion, die von der normalen nach einer solchen Eröffnung gravierend abwich.

Das Gesicht des Professors hatte sich verfinstert. Er fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen und sein Atem ging etwas schneller, stoßartiger. Und schließlich krächzte er: „Dr. Barber ist tot?“ Er sprach abgehackt, das Entsetzen in seiner Stimme schien echt zu sein, der Unglaube in seinen Augen war viel zu intensiv, um gespielt zu sein.

Shirley Bishop hatte die Hand auf den Mund gepresst. Jacko schaute ihr in die Augen und blickte in einen Abgrund des Schreckens und der grenzenlosen Bestürzung.

„Seltsam, nicht wahr?“, kam es von Hawthorne. „Nachdem Sie in Erfahrung gebracht haben, dass Ihre Frau Sie mit Dr. Barber betrügt, verschwand zuerst Ihre Frau spurlos, und jetzt hat man Dr. Barber getötet. Denken Sie, dass das ein Zufall ist, Professor?“

„Was wollen Sie von mir, Sergeant?“

„Ich will damit zum Ausdruck bringen, dass nur Sie ein Motiv hatten, gegen Ihre Frau und Dr. Barber vorzugehen. Der zeitliche Ablauf passt. Wen haben Sie engagiert, Dr. Fleming? Wer erledigte für Sie die schmutzige Arbeit?“

„Shirley“, rief Dr. Fleming aufgebracht, „stellen Sie eine Verbindung mit meinem Anwalt her. Sofort!“ Er richtete den zornigen Blick auf den Sergeant. „Ohne Beisein meines Anwalts hören Sie von mir kein Wort mehr, Detective. - Eine Unterstellung sondergleichen …“

„Ihr Anwalt kann dann gleich als Zeuge dafür unterschreiben, dass sie nichts gegen die Entbindung Ihrer Ärzte von der Schweigepflicht einzuwenden haben“, gab Bruce Hawthorne gleichmütig zu verstehen.

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