Читать книгу Bleihaltige Rechnung: Cowboy Western Sammelband 7 Romane - Pete Hackett - Страница 19
11.
ОглавлениеDurch die Nacht ritten Henry Carter und Frank Dinar dem Reitertrupp nach. Weder Frank Dinar noch sein alter Boss ahnten, dass der Morgen einige Überraschungen für sie bereit hielt. Beide ahnten nicht, dass man sie bereits entdeckt hatte und der Tod ihnen so nahe war, dass er Bügel an Bügel mit ihnen ritt. Der Tod, der unsichtbare Begleiter der beiden, berührte sie sozusagen an den Schultern, und sie merkten es nicht. Das sollte sich doch bald ändern.
Die vor ihnen reitenden Banditen verrieten mit keiner Handlung, dass sie die Verfolger bereits entdeckt hatten. Sie ritten in stetigem Tempo, um kein Misstrauen hervorzurufen.
Stuart Black sagte beim Reiten vom Sattel her zu seinem Nachbarn zur Rechten, Jubal Hollinar: „Wer könnten die Dummköpfe sein, die sich auf die Fährte unseres Trupps geheftet haben?“
„Ich schätze, der alte einsame Wolf, Henry Carter, dem wir das Blockhaus abbrannten. Er muss in der Nähe gewesen sein und ließ uns nicht aus den Augen“, entgegnete Hollinar.
„Nicht mehr lange“, erwiderte Black rau. Sein Grinsen konnte einem kalte Schauer über den Rücken jagen. Es war das Grinsen eines Mannes, der keine Hemmungen mehr hatte, dem nichts auf der Welt heilig war. „Hod und Skip werden die Shorthorn-Rinder inzwischen in seine Herde treiben und das große Spiel vorbereiten. Der alte Wolf ahnt sicherlich, wie arm er in dieser Nacht werden wird, doch weder der Himmel noch die Hölle werden ihm seine Crew und Herde wiedergeben. Seine Zeit ist um. Lange genug konnte er die Entscheidung hinauszögern. Es war an der Zeit, dass Hod und Skip sich entschlossen, die letzten Hindernisse wegzuräumen. Es wurden zu viele Rinder im Talkessel angesammelt.“
„Rinder, die nicht verkauft wurden, weil das Risiko zu groß war“, ergänzte der dritte Revolvermann Pete Smith. „Das war gut so. Dan Bruces Kundschafter und Spione haben auf keinem Viehabsatzmarkt Rinderbrandzeichen entdecken können, die auf den Heimatweiden verschwanden. Seinen Spionen wäre es ein Leichtes gewesen, Brandfälschungen zu entdecken. Er hatte die besten Leute auf diesem Gebiet mit Sondervollmachten ausgestattet und in Marsch gesetzt. Hod und Skip wären übel aufgefallen, wenn sie vorzeitig die gestohlenen Rinder an Viehhändler verkauft oder auf den Viehauktionen versteigert hätten. Die armen Kerle konnten Dan leider nichts melden. Je mehr Rinder verschwanden, um so größer wurde das Rätselraten darum, wo sie abgeblieben waren. Ich wette, dass Dan heute noch nicht weiß, wer ihm die Rinder von den Weiden holte.“
„Sicherlich glaubt er, es wäre Pecos Bill“, grinste Hollinar. „Er kam mit einem Tornado, langte sich aus den Wolken heraus ein Rind nach dem anderen und verspeiste es mit Donnerkrachen, dass die Erde bebte und der Himmel erzitterte.“
„Morgen früh wird er glauben, sein eigener Onkel und angeheirateter Onkel wäre dieser Pecos Bill“, grinste der übelste der Kerle, Stuart Black. „Er braucht nur einige seiner Shorthorn-Rinder in der Herde von Henry Carter zu entdecken, dann sieht er rot. Sein Temperament wird mit ihm durchgehen, und der Zorn, der seit Monaten in ihm aufgespeichert wurde, wird sich entladen.“
„Das heißt, wenn Hod und Skip in ihrer Beurteilung Dans keinen Fehler machten. Wie aber wird es sein, wenn er einen klaren Kopf behält?“
„Auch das rettet ihn nicht mehr. Der Mann ist ein Versager. In seinen besten Jahren hat er seinen Schwiegervater mit seiner Kraft und seiner Stärke imponieren können, so dass dieser glaubte, in Dan einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben. Doch Dan wurde nie so groß wie der Mann, dessen Erbe er antreten durfte. Von Jahr zu Jahr wurde er weicher und nachgiebiger. Ihm fehlte die Selbstsicherheit und vor allen Dingen die Härte. Er verlor alles an dem Tag, als sein Schwiegervater starb und Hod und Skip die Vorwerke übernahmen. Uns konnte das alles nur recht sein, denn jetzt beginnt unsere Zeit. Gents, bald werden wir uns aus den Verstecken heraus trauen und offen reiten können.“
Das Lachen, das diesen Worten folgte, zeigte deutlich, was die anderen unter „offen reiten“ verstanden.
Jemand aus dem üblen Verein sagte heiser: „Ich warte jeden Tag darauf, Whisky zu trinken und hiermit zu bezahlen.“ Bei diesen Worten lüftete er seinen Colt und hob ihn langsam an. „Wie in meinen besten Tagen werde ich ihn auf die Theke legen.“ Er wurde von lautem Gelächter unterbrochen, dann fuhr er fort: „Es sollen einige sehr hübsche Sachen in der Stadt geboten werden. Ich träume jede Nacht davon, und immer schwerer wird das Warten. Wenn wir nicht Aussicht hätten, bald in die Stadt einzureiten, würde ich es eines Tages auf eigene Faust versuchen und den Ladies meine Aufwartung machen.“
„Das schönste aller Mädchen, Freund, wirst du allerdings in Ruhe lassen müssen. Miland hat es sich vorgemerkt. Mit Miland möchten nicht einmal Stuart, Pete oder Jubal anbinden. Ich denke, er hat seine Methoden nicht geändert. Für seine Verdienste will er Virginia Bruce zur Frau. Das ist nicht dumm. Das bindet Skip und Hod an ihn, und eines Tages wird er der große Nachfolger von Dan Bruce sein. Das ist keine schlechte Idee, denn wenn sie Wirklichkeit wird, geht es uns, seinen Kameraden von der Quantrill-Truppe, so gut, wie es uns in unseren besten Tagen ging.“
Das Lachen der Reiter verstärkte sich. Sie schienen keine Gefahr zu fürchten. Was machten schon zwei Feinde aus! Sie waren in der Überzahl und somit todsicher überlegen. Nicht einer schaute zurück. Man ritt wie üblich in den Canyon ein, und erst, als die Wände weiter auseinander traten, so dass man hoch über sich den Himmel als ein breites Band sehen konnte, als rechts und links Abzweigcanyons ihre dunklen Mäuler öffneten, hatte ihr Anführer seinen Plan gefasst und teilte ihn den Reitern mit.
Die Formation löste sich auf. Pferde und Reiter verschwanden gleich Schemen hinter den Felssteinen, die im Hauptcanyon, wie von Riesenhänden aus dem Urgestein gelöst, weithin zu Labyrinthfeldern verstreut lagen. Hier, wo die Enge der Wände aufhörte, fiel das Mondlicht ein. Es war weich und mild und vermittelte gerade hier, wo sich viele Seitencanyons öffneten, eine friedliche Stimmung. Aber würden sich Henry Carter und Frank Dinar von diesem friedlichen Stimmungsbild täuschen lassen?
Beide hielten sogleich ihre Pferde an, als sie das Steinlabyrinth und die Canyonmäuler erblickten. Sie blieben im Schatten und spähten umher. Nichts rührte sich ringsum. Die düstere Einsamkeit der Nacht schlug ihnen entgegen. Kein Hufschlag verriet die Reiter, denen sie gefolgt waren. Auf dem granitharten Boden war keine Spur auszumachen. Frank atmete tief und beugte sich im Sattel vor. Durch schmal gezogene Augenlider beobachtete er angespannt, so als versuchte er, das Gewirr der Steine und das Dunkel der Canyonmäuler zu durchdringen.
Wahrscheinlich war es beiden Reitern nicht ganz geheuer. Beide schienen der Stille zu misstrauen.
„Ich weiß nicht recht“, sagte Henry Carter, „die Situation gefällt mir nicht.“
„Es könnte sein, dass die Meute in einen Canyon einritt, Boss“, sagte Frank Dinar leise. „Vielleicht hat er einen Moosuntergrund und verschluckt jedes Geräusch. Wenn es sich tatsächlich so verhält, wäre es ratsam, diesen Umstand schnell zu prüfen, bevor uns die Kerle ganz abhängen.“
Henry Carter atmete erregt und bewegte sich unruhig im Sattel. Seine faltige Stirn kerbte sich noch mehr.
„Also gut“, sagte er nach einer Weile des Nachdenkens. „Versäumen wir keine Zeit. Ich nehme die beiden Canyons rechts, du den Seitencanyon links, und du überprüfst gleichzeitig den Hauptcanyon. Es bleibt uns keine andere Wahl. Wir müssen uns beeilen, denn wenn sie uns jetzt abhängen, werden wir nie herausbekommen, wohin die Rinder gebracht werden.“
„Also los denn, Boss“, sagte Frank Dinar. „Es riecht hier nicht gut.“
„Es hat schon lange nicht mehr gut gerochen, Frank“, entgegnete der alte Mann mit heiser erregter Stimme. „Wenn es danach ginge, hätten wir das Land schon lange verlassen müssen. Jetzt ist unsere größte Chance, herauszubekommen, wo die Rinder sind. Es würde nicht nur uns entlasten, es würde einen Gesinnungswechsel bei Dan Bruce auslösen. Sie alle würden gegen die wirklichen Banditen aufgebracht. Allen Gemeinheiten zum Trotz würde das Recht siegen. Also vorwärts Frank, halte die Augen offen!“
Frank Dinar gab keine Antwort. Er zögerte sichtlich. Die Rechte tastete zum Colt, die Finger saugten sich am Coltkolben fest. Er ritt erst aus der Schattendeckung heraus, als sein Boss bereits fest entschlossen angeritten war. Henry musste, um seine Aufgabe erfüllen zu können, dicht am Steinlabyrinth vorbei, in dem ein Gewirr von mannshohen Steinen lag. Sein Anmarschweg war weiter als der von Frank Dinar. Frank ritt daher ganz langsam an. Er konnte sich nicht erklären, was es war, aber irgend etwas wollte ihn dazu verleiten, seinen Boss zurückzurufen. Das Verlangen war so groß, dass er bereits die Lippen öffnete, um Henry zu warnen. In diesem Augenblick, als er sich zu Henry wandte, vernahm er Steinschlag in nächster Nähe.
„Dinar, schau hierher“, gellte eine Stimme aus dem Canyonmaul.
Es riss ihn förmlich herum. Seine Rechte hob blitzschnell den Colt aus dem Halfter. Unwillkürlich setzte er seinem Reittier so hart die Sporen ein, dass das Pferd einen erschrockenen Satz zur Seite machte. Dieser Umstand rettete ihm das Leben. Flammenlichter stachen durch die Nacht, dorthin, wo er gerade noch verweilt hatte. Er jagte zwei Kugeln in der Richtung heraus, wo das Mündungslicht grell aufgeflammt war und schnell wieder erloschen war.
Ein Schrei gellte durch den Canyon und echote an den Wänden wieder, so dass es von allen Seiten dröhnte. Eine Kugel schlug ihm den Stetson vom Kopf, eine andere streifte das Pferd, dass es einen weiteren Satz zur Seite machte und er die größte Mühe hatte, überhaupt im Sattel zu bleiben. Das Pferd hatte aus sicherem Instinkt heraus eine vorzügliche Deckung gewählt, doch als Frank Dinar das Tier weiter vortrieb, wurde es von einer tödlichen Kugel getroffen und Frank aus dem Sattel befördert. Zum Glück landete er auf den Beinen und federte weiter, so dass er zwischen den Steinen in Deckung kam. Er verlor keine Zeit und sprang geduckt weiter. Kugeln klatschten ins Gestein, rissen Steinsplitter los und jaulten als Querschläger weiter.
„Henry!“, schrie er laut und gellend. „Henry!“, echote es ringsum wie Teufelsspuk von den Wänden.
Obgleich er wusste, dass er mit dem Schrei seine Stellung verriet, konnte er nicht anders, als Henrys Namen laut zu brüllen. Er tat es in der verzweifelten Hoffnung, eine Antwort zu erhalten. Er wechselte sofort seinen Standort und rannte weiter, in der Hoffnung, eine Geländestelle zu finden, wo er seinen Rücken frei haben würde. Er wusste nicht, was mit Henry geschehen war, doch dass es
nichts Erfreuliches war, lag klar auf der Hand. Hatte Henry sich retten können oder war das Glück von seiner Seite gewichen? Wiederholt schrie er den Namen seines Bosses laut heraus in die von Schussdetonationen erfüllte Nacht und warf sich lang in Deckung, als die Todeslichter nach ihm suchten. Auf allen vieren robbte er über Steingeröll eine kleine Anhöhe hinauf, bis zu einem Spalt in der Wand des Canyons hin, der so breit war, dass er einen Mann aufnehmen konnte.
Vielleicht war es mehr als Glück und eine Fügung des Himmels, dass er eine solche Stelle antraf. Der Spalt glich einem Kamin, der steil nach oben führte. Er zögerte keinen Augenblick und versuchte, sich hinaufzuwinden. Er steckte seinen Colt ins Halfter, um dann mit der ganzen Kraft seiner Arme und Beine die gefährliche Kletterarbeit zu beginnen. Er bemerkte nicht einmal, dass sich an dem scharfkantigen Gestein die Haut von den Händen löste, seine Knie sich wund stießen und die Kleidung an verschiedenen Stellen riss. Er kletterte, so schnell er konnte, und hielt erst inne, als die Schussdetonationen verstummten und die Gefahr für ihn bestand, sich durch niedergehendes Gestein im Felskamin zu verraten. Vorsichtig, sich mit den Beinen an den engen Kaminwänden abstützend, lugte er über den Rand des Spalts hinweg. Himmel und Hölle, Henrys reiterloses Pferd stand nur dreißig Schritte entfernt von ihm. Henry selbst war nicht zu sehen.
„Wir haben Carter“, hörte er dann die Stimme eines Banditen, die verriet, dass sich die Meute in Gruppen aufgeteilt hatte. „Wo mag nur sein Begleiter stecken?“
„Wir erwischen ihn noch. Bleibt, wo ihr seid, wir treiben ihn euch wie einen Hasen zu.“
Sie sind ihrer Sache ziemlich sicher, dachte Frank, obwohl sie nicht wissen, dass ich aus dem Geröllfeld heraus bin. Dann drängte sich ihm der Gedanke auf, was mit seinem Boss geschehen sein mochte. Als ob man nur darauf gewartet hätte, ihm diese Frage zu beantworten, sagte einer der Kerle: „Carter kommt zu sich, Stuart. Ich werde ihn fesseln.“
Die Stimme wurde leiser, so dass Frank die weiteren Worte nicht mehr verstehen konnte. Vorerst genügte ihm die Tatsache, dass Henry überhaupt lebte. Es erleichterte ihn so sehr, dass er seine Lage klar überschauen konnte. Als er sich ein wenig umschaute, erkannte er im Mondlicht, dass an der Steilwand noch weitere Rinnen und Fluchten eingefressen waren. Seine Hoffnung, dass er doch noch mit heiler Haut davonkommen konnte, steigerte sich.