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13.

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Frank befand sich schon lange nicht mehr in der Nähe des Zaunes. Er hatte seine Chance erkannt. Eine bessere Gelegenheit, Henrys Befreiung zu versuchen, würde er so schnell nicht wieder bekommen. Das grimmige Schauspiel konnte ihn nicht fesseln, obwohl es die Verdorbenheit der Beteiligten gnadenlos widerspiegelte. Durch das knietiefe Gras robbte Frank vorwärts. Er kroch durch den Zaun und schlich auf die Hütte zu. Er konnte mit ziemlicher Gewissheit annehmen, dass niemand auf die Bewegung im Grase achten würde. Alle waren ganz und gar bei dem sich entwickelnden Schauspiel. Niemand wollte sich die üble Szene entgehen lassen. Absichtlich zog man es in die Länge, absichtlich ließ man Hod eine kurze Frist, ihn bewusst herausfordernd, um ihn dazu zu zwingen, als erster nach dem Eisen zu greifen. Es war ein schändliches und verteufeltes Spiel, das man mit Hod Bruce trieb, das ihn erkennen ließ, welche Art von Menschen er und sein Bruder sich zu Genossen gemacht hatten.

„Ihr könnt das nicht mit mir machen!“, hörte Frank Hod Bruce schreien. Hods Stimme klang schrill. Man hörte die Angst und die Not aus ihr heraus. Vielleicht bekam er jetzt einen kleinen Vorgeschmack dessen, was die Rechtlosen erduldet hatten. Frank konnte für einen Schuft wie Hod weder Mitleid noch Mitgefühl aufbringen. Jetzt saß er selbst in der Klemme und benahm sich wahrhaftig nicht wie ein mutiger Mann. Er wurde immer kleiner und hässlicher, je mehr die Unverfrorenheit der anderen ihm zusetzte.

„Steig vom Pferd!“, wurde Hod befohlen. „Steig aus dem Sattel, großer Mann, du sitzt viel zu hoch“, hörte Frank Pete Smiths höhnische Stimme. „Jetzt kannst du zeigen, ob du schneller bist als Stuart. Es war dein Fehler, eine solche Behauptung aufzustellen.“

„Das habe ich nie getan, nie …“

„Wir wissen es besser, Hod!“

„Dann war es ein Scherz, ein schlechter Scherz, Freunde“, versicherte Hod. „Man darf mir das nicht übel anrechnen. Ich konnte nicht wissen, dass ihr so empfindlich seid.“

„Wir sind es, Hod“, meldete sich Hollinar. „Wir haben zwar ein dickes Fell, doch in manchen Sachen sind wir recht kitzlig. So ist es recht, Hod, lass dein Reittier stehen und stell dich auf. Groß erscheinst du uns nun nicht mehr.“

„Ich war nie groß, nie!“

„Sei nicht so bescheiden, Hod. Es passt nicht zu dir, so zusammenzuschrumpfen. Du zitterst ja, ist dir nicht wohl? Hod, du hältst uns noch immer für ausgekochte Schufte?“

„Nein, Freunde, nur kein Missverständnis. Wir haben uns immer gut verstanden, warum sollte es weiterhin nicht so sein?“

Ringsum brandete Gelächter auf. Die Männer hatten sich aus der Schusslinie gebracht. Hod stand Stuart in zehn Schritten Abstand gegenüber. Er stand nicht einmal aufrecht, sondern mit hängenden Schultern. Er war ein wenig vorgebeugt, als hätte er Magenschmerzen. Seine Augen waren weit offen und voller Unruhe. Frank, der sich bei den Hütten aufgerichtet hatte, sah es recht deutlich. Er merkte, dass Hod von furchtbarer Angst gepeinigt war.

„Freunde, ich verzichte auf meinen Anteil. Sagen wir, dass es ein Scherz von mir war, dass ich so hohe Ansprüche stellte. Vergessen wir es.“

„Du wirst immer kleiner, Hod. Das ist schlecht für meinen Colt, es ist schwierig, ein so kleines Ziel überhaupt noch zu treffen. Wenn dein Bruder Skip die gleiche Art hat, müssen wir uns Teufelskugeln gießen, um euch aus der Welt zu schaffen.“

Frank hörte nicht mehr hin. Er wusste, dass seine Zeit knapp bemessen war, und so handelte er. Sein Glück war, dass das Hinterfenster der ersten Hütte unverschlossen war und er in den Raum hineinsehen konnte. Er rief leise, doch so laut, dass es in allen Winkeln der Hütte zu hören war: „Henry!“

Als er keine Antwort bekam, wiederholte er es noch einmal und versuchte vom Fenster aus das Dunkel im Hütteninnern zu durchdringen. Als sich nichts regte, eilte er rasch zur nächsten Hütte. Hier hatte er mehr Glück. Sein Ruf wurde leise erwidert.

„Ich komme, Boss“, sagte Frank, als er Henrys Stimme vernahm.

Pantherartig leise schob er die Hüttentür weiter auf und huschte leise hinein. Die Hütte wurde durch das andere Blockhaus so verdeckt, dass er den Gang durch die Tür wagen konnte. Henry hatte sich trotz der Fesselung vor Überraschung auf dem primitiven Lager halb aufgerichtet. Er verschwendete kein Wort und stellte keine Fragen. Er wartete ab, bis Frank die Fesseln gelöst hatte und sie von Armen und Beinen fielen.

Es zeigte sich, dass Henry Carter die Lehren der Apachen bis ins hohe Alter beherzigt hatte. Als die Fesseln fielen, entspannte er sich und reckte und dehnte sich. Dann rieb er sich die Gelenke. Er setzte das gestaute Blut wieder in Bewegung und ließ sich durch die Befreiung zu keiner unsinnigen Handlung verleiten. Im Gegenteil, die Ruhe, die dieser alte Mann ausströmte, ließ auch Frank Dinars Herz langsamer schlagen. Die Ruhe des alten Mannes steckte auch ihn an. Er spürte diese kalte Ruhe des Älteren, und es war ihm, als hätte er dem Tod eigenmächtig die Fesseln genommen.

Henry übereilte nichts und drängte nicht zum sofortigen Aufbruch. Im Gegenteil er nahm sich aus einem an der Wand hängenden Coltgurt die Waffe heraus, prüfte kurz die Ladung und sagte dabei zu Frank: „Eine abgesägte Schrotbüchse wäre mir lieber und auch wirksamer. Los denn, Frank, gehen wir.“

Er sagte das so, als lüde er zu einem Spaziergang ein.

„Boss, soll das heißen, dass wir kämpfen?“

„Hast du dir etwas anderes ausgedacht?“

Einen Augenblick lang überlegte Frank, dann schüttelte er den Kopf. Er hatte eingesehen, dass sein Boss alles gründlich überlegt und alle anderen Möglichkeiten verworfen hatte. Was würde auch eine Flucht zum Felsen nützen? Mit Pferden kam man dort nicht hinauf. Wenn man Pferde erbeutete, musste man durch das Felsentor ausbrechen. Zuvor aber musste der Widerstand niedergekämpft werden. Henry suchte aus diesem Grunde die Regale nach Munition ab. Er steckte die Munition ein und legte seine Rechte Frank auf die Schulter.

„Wenn du durchkommen solltest, mein Sohn, dann wirst du eines Tages erfahren, dass ich dir meine Ranch und meine Weiden vererbte.“

„Henry!“, stieß Frank überrascht aus.

„Schau mich nicht so ungläubig an“, erwiderte Henry. „Mein Testament liegt beim County-Sheriff. Jim und Tom hatten ebenfalls ihre Anteile.“

„Du weißt, was Jim und Tom zustieß?“

„Ich konnte es bis in die Hütte hinein hören“, erwiderte der alte Mann, dessen bleiches Gesicht zuckte und dessen Augen feucht waren. „Vielleicht kommen wir beide ebenfalls nicht davon, Sohn des Sattels.“

„Dann bekommt Buck die Weiden.“

„Buck habe ich Größeres zugedacht. In meinen Augen war er der Nachfolger von Dan Bruce. Ich hielt ihn für stark genug, dass er es schaffen könnte“, gestand Henry Carter.

„Das ist eine sehr große Meinung, Boss.“

„Das dachte ich zuerst auch, bis Virginia mich besuchte und ich in beider Augen blicken konnte. Mir wäre es recht gewesen, wenn das, was ich in beider Augen lesen konnte, Wirklichkeit geworden wäre.“

„Vielleicht hast du dich getäuscht, Henry.“

„Ich sehe noch sehr gut, mein Junge, und kann mich auch in dich hineinversetzen. Virginia hat bereits entschieden, glaube es mir. Sie gehört zu den Mädchen, die nur einmal ihr Herz entscheiden lassen und treu bis in den Tod sind. Tut mir leid, Freund. Dem einen fällt so etwas ohne Mühe zu,

wonach ein anderer sich vergeblich sehnt. Vielleicht habe ich, weil es mir ähnlich wie dir erging, nie geheiratet. Vielleicht fühle ich deshalb für Virginia wie für eine eigene Tochter. Doch komm jetzt! Man hat Hod lange genug eingeheizt.“

„Boss, ich begreife dich nicht. Wir haben keine Veranlassung, Hod zu helfen. Wenn jemand eine große Abfuhr verdient, dann er und sein Bruder Skip.“

„Mag sein, Frank, doch wenn jemand tief in der Hölle sitzt, dann ist er für einen einzigen Lichtstrahl dankbar.“

Ohne eine Entgegnung abzuwarten, setzte sich der alte stämmige Mann in Bewegung. Es war erstaunlich, wie weich und leise er ausschreiten konnte, dass er trotz seiner Jahre die Elastizität der Jugend behalten hatte. Frank blieb nichts anderes übrig, als Henry Carter zu folgen. Die Hütten gaben genügend Deckung, zudem war es dunkler geworden. Der kurzen Dämmerung war rasch die Dunkelheit gefolgt.

*

„Wenn du dich schon nicht mit mir schießen willst, Hod, wenn du schon nicht den Mut aufbringst, dich wie ein richtiger Mann zu benehmen, dann werden wir ein Spiel spielen“, sagte Stuart Black gerade. „Jubal, hole seinen Colt und dann komm zu mir und hole meinen Colt. Entlade die Waffen, dass nur noch eine Kugel abgeschossen werden kann. Es bleibt dir überlassen, in welche Kammer du sie steckst. Bringe uns, wenn du alles erledigt hast, die Waffen zurück und du, Pete, sorge für Fackellicht. Ich schwärme für eine solche Beleuchtung, geht es dir nicht auch so, Larry?“

Nelson, der sich wie die anderen Kerle ein wenig zurückgezogen hatte, warf seine Zigarette fort, trat die Glut aus und entgegnete: „Asa Melvis war gegen diesen Feigling gesehen ein Held. Er ließ sich nicht auf Diskussionen ein und zog, als ich ihn gestellt hatte. Er hat seine Chance genützt. Er hat nicht erst lange verhandelt. Er vertraute auf seine schnelle Hand und auf sein Glück. Er starb, wie ein Mann sterben sollte. Du, Hod, bist nicht wert, dass man dir eine Kugel gibt. Ich würde dich reiten lassen, dich und deinen ehrenwerten Bruder Skip.“

„Nelson, das ist ein Wort. Mein Bruder und ich wollen leben, wir sind keine Helden. Lasst uns laufen!“

„Irrtum, wir kennen euch. In der Stadt würdet ihr haltmachen“, warf Hollinar ein, der sich von Stuart Black die Waffe geholt hatte. „Wir legen aber keinen Wert darauf, dass man sich dort für

die Verhältnisse hier zu stark interessiert. Wir wollen nicht, dass unsere guten Freunde Miland unter den Hut blicken. Es wäre auch wenig schön, wenn ausgerechnet ihr beiden, die ihr euch für Milands Amtseinsetzung so sehr ins Zeug gelegt habt, ihn jetzt belasten würdet. Deine gute Zeit ist um, Hod. Sei froh, dass du keine schlechte vor dir hast. Du müsstest uns eigentlich noch dankbar dafür sein.“

Er brach ab, denn zwei Banditen hatten Fackeln geholt. Man zündete sie an. Ein rotes, gespenstisches Licht erhellte die Szene.

Hollinar brachte zuerst Black den Colt zurück, dann näherte er sich Hod und streckte ihm den anderen Colt hin. Hod zögerte. Man sah den Angstschweiß auf seiner Stirn. Man konnte deutlich gewahren, wie sehr es in ihm arbeitete, wie seine Gedanken sich bemühten, noch einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Der Mann, der für andere keine Gnade kannte, hätte die tiefste Erniedrigung hingenommen, nur um zu überleben. Nicht einmal das wurde ihm zugebilligt.

Mit der Hand fuhr er sich an den Hals. Dann sah er sich hilflos um. Das leise Gelächter der Zuschauer sagte ihm, dass es aus und vorbei war, dass er jetzt das Spiel auf Leben und Tod annehmen musste.

„Zum Teufel mit euch allen!“, sagt er mit überschnappender Stimme. „Vielleicht ist Dan doch nicht so schwach, wie Skip und ich ihn hinstellten. Vielleicht gelang es ihm noch im letzten Augenblick, Skips und mein Spiel zu durchschauen und seine Reiter in die Sättel zu bringen. Vielleicht macht euer großer Miland einen entscheidenden Fehler.“

„Sehr interessant, Hod“, erwidert Stuart Black, dem das Hinauszögern der Entscheidung sichtlich gefiel. „Wo könnte ein solcher Felder stecken?“

„In eurer Art, Rinder auf eine Steilschlucht zuzujagen“, sagte Hod. „Dan ist misstrauisch geworden, er wird sich etwas denken können.“

„Nicht, wenn dein Bruder Skip und Miland ihn in die Zange nehmen! – Jetzt Schluss mit deinem Gerede! Fangen wir an, Hod!“

Hod hatte noch immer nicht den Colt ergriffen, den Hollinar ihm hinhielt. Es schien so, als habe die Angst ihm die Hände gelähmt. Nelson spuckte verächtlich aus.

Einer der Zuschauer sagte rau: „Man müsste ihn mit einem Lasso hinter einem Pferd laufen lassen. Er schlottert ja vor Angst.“

Die Verachtung ringsum brandete wie eine Welle gegen Hod Bruce an.

„Nun gut“, sagte er plötzlich rau. „Ich war ein Narr, dass ich etwas Anständiges erwartete, wo ich selbst nie rechtschaffen war, nicht einmal zu meinem Stiefbruder. Man bekommt im Leben wohl das wieder, was man herausforderte, und muss es hinnehmen. Eine späte Erkenntnis ist das, doch früh genug für diese verteufelte Welt, in der ich immerzu versagt habe. Ich habe in meinem Leben nie etwas getaugt, sicherlich noch weniger als ihr Schufte, Mörder und Banditen. Ich weiß jetzt, dass ich vieles falsch gemacht habe, indem ich mich treiben ließ.“

Er lachte jetzt. Ja, er lachte schaurig und hohl, wie irr, aber er wimmerte nicht mehr. Er versuchte nicht mehr sein Leben zu erbitten. Er hatte eingesehen, dass keine Macht der Welt die Schufte dazu bringen könnte, darauf zu verzichten, sein und Skips Leben auszulöschen. Er und Skip hatten ausgedient, sie waren den neuen Herren im Wege. Ihre Ansprüche waren zu hoch. Man dachte nicht daran, sie zu erfüllen. Man wollte die Beute unter sich allein aufteilen. Seine Hand zitterte jetzt nicht einmal, als er Hollinar die Waffe aus der Hand nahm. Er stand auch nicht mehr geduckt wie ein zum Tode Verurteilter, sondern reckte sich mit blitzenden Augen auf. Seine Umwandlung kam so plötzlich, dass selbst Nelson, davon überrascht, kein Auge von ihm ließ.

„Fangen wir an“, sagte Hod. „Ich kenne das Spiel. Zähle bis drei, Nelson!“

Seine Stimme klang wieder normal. Die Angst war daraus gewichen. Es war, als hätte die Nähe des Todes ihm die Kraft gegeben, wie ein Mann zu handeln. Er hatte die Waffe fest in die Hand genommen.

„Das gefällt mir“, hörte er Stuart Black wie aus weiter Ferne sagen. „Wenn man schon so long sagt, dann mit einem Lachen auf den Lippen. Fang an zu zählen, Nelson! Bei drei versuchen wir unser Glück.“

Nelson zählte: „Eins … zwei … drei …“

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