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18.

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Das war eine Erkenntnis, die Buck wie ein elektrischer Schlag durchzuckte. Er stoppte den Rappen so ungestüm, dass das Tier mit den Vorderhufen durch die Luft schlug. Mit einem Schnaufen kam das Pferd zum Halt.

Ringsum wallten Nebelschwaden. Sie glichen milchigen Vorhängen, die der Wind aufriss und wieder verdichtete. Der Nebel hüllte die schroffen Gebirgsmassive und das öde Land fast völlig ein. Ein Schauer wallte Buck über den Rücken, denn zum dritten Mal flammte das grelle Todeslicht aus dem Nebelfeld vor ihm. Die Schüsse waren wohl aufs Geratewohl abgefeuert worden. Sie schlugen irgendwo gegen Felsen, ohne weiter Schaden anzurichten.

Der Rappe unter Buck glich einem Pfeil, den man auf eine Sehne gelegt hatte, bereit loszustürmen, seinen Reiter gegen die drohende Gefahr zu tragen. Die Schussfestigkeit des Tieres wurde wieder einmal hart und unerbittlich erprobt.

Nur der Himmel mochte wissen, was in diesem Augenblick in Buck Jones vor sich ging, welche Gedanken sein Gehirn durchzuckten. Alles in ihm spannte sich. Der Magen zog sich ihm zusammen, und eine bittere Übelkeit überkam ihn. Er hatte nun die Wahl, im Nebel zu fliehen oder aber, im Nebel gegen den Feind anzureiten. Er dachte nicht daran, den Rappen herumzureißen und auf und davon zu brausen. Die Tatsache, dass der Sattler nicht geantwortet halle, ließ nur den einzigen Schluss zu, dass er nämlich überfallen worden und irgendwo hilflos zurückgeblieben war. Auch er war den Weg der Rechtlosen bis zum bitteren Ende gegangen. Das waren die Gedanken, die Buck im Moment bewegten. Die Kehle wurde ihm eng. Der üble Druck in seinem Magen verstärkte sich. Wieder war ihm ein Kampf aufgezwungen worden, und er musste diesen Kampf auf Biegen und Brechen durchstehen.

Ein heiserer Laut kam von seinen Lippen, als er den Rappen wieder in Bewegung brachte. Er trieb ihn vorwärts. In diesem Augenblick hörte er eine schrille Stimme aus dem Nebelfeld vor sich dringen. „Buck, wenn du es bist, gib Acht, sie sind zu dritt!“

Schüsse rasten auf. Sie ließen die Stimme des Sattlers einen kurzen Augenblick verstummen, doch dann vernahm Buck wieder seine Worte. Sie kamen stockend, wie von einem Menschen, der noch einmal seine letzte Kraft zusammennahm, um sich verständlich zu machen.

„Sie haben mich erwischt, Buck, versuche es nicht! Reite zu, Buck! Fliehe, wenn du noch kannst!“

Wieder verstummte die Stimme des Sattlers, als wäre seine Kraft nun endgültig erschöpft. Seine Warnung konnte Buck Jones jedoch nicht mehr aufhalten. Er hatte die Not aus den Worten des alten Mannes herausgehört. Die Stimme erinnerte ihn an die Stimme seines Vaters. Es war ihm, als hätte sein eigener Vater um Hilfe gerufen.

Der Rappe unter Buck bäumte sich auf, als spüre er den Willen seines Reiters. Er preschte vorwärts. Obwohl Buck gewarnt war, hob er seine Waffe fast ein wenig zu spät an, als er im Nebeldunst eine geduckt dastehende Gestalt sah, die bei seinem Auftauchen die Revolverhand hob. Buck hatte mit einem Reiter gerechnet, nicht aber mit einem Mann, der abgesessen war.

Himmel, es war sein Glück, dass er bereits gezogen hatte. Er konnte so einen Sekundenbruchteil schneller als sein Gegner feuern, dessen Mündungsflamme wie ein Lichtfinger gegen den Himmel fuhr. Der Gegner brach vor den anstürmenden Hufen des Rappen zusammen. Das Tier sprang über den Mann hinweg, ohne ihn zu berühren. Der kurze Augenblick der nächsten Nähe hatte Buck genügt, um den am Boden liegenden Gegner zu erkennen. Sein Herz schlug so schnell, dass es die Rippenwandung sprengen wollte.

„Hollinar!“, kam es fast schrill von seinen Lippen. Jetzt konnte er die schrecklichen Zusammenhänge erfassen, die die Flucht der finsteren Gesellen aus dem Felsenkessel heraufbeschworen hatte. Wo Hollinar sich aufhielt, steckten auch Smith und der Schuft Nelson. Alle drei hatten die Umkehr in den Felsenkessel nicht gewagt. Sie waren geflohen, wie Henry Carter es vorausgesagt hatte. Auf ihrer Flucht waren sie auf den Sattler gestoßen. Sie hatten ihn angegriffen. Sein Maultier, das kaum noch einen Reiter tragen konnte, war den Schuften, die ja zu Fuß waren, wertvoll genug, um einen alten Mann in die Hölle zu schicken.

Mitten im Jagen schwang Buck sich aus dem Sattel, wohl wissend, dass er hoch zu Pferd weniger Chancen hatte. Der Rappe löste sich von Buck, der, um nicht zu fallen, einige Schritte mitgelaufen war, und schoss mit trommelnden Hufen weiter in die Nebelwand hinein, die ihn wie in unersättlicher Gier verschlang, als wäre sie allen lebendigen Wesen feindlich gesonnen.

Buck hatte sich nicht verrechnet. Schussdetonationen krachten und Lichtfinger tasteten in die Richtung, in die der Rappe seinen Lauf fortgesetzt hatte. Buck zögerte nicht länger und schoss dorthin, wo das Mündungslicht kaum sichtbar in dem breiigen Nebel aufgeglüht und verloschen war, mit dem Erfolg, dass ein schriller Schrei zu ihm herüberdrang.

Mit rauchendem Colt rannte Buck weiter, bis die Nebelwand lichter wurde und Umrisse sich abzeichneten. Das Maultier und auch sein Reiter wurden sichtbar.

„Smith, ergib dich, du Schuft!“, schrie Buck den Mann an, der sich noch mühsam im Sattel des Maulesels hielt. Smith dachte nicht daran, der Aufforderung Folge zu leisten. Er nahm die Chance, die Buck ihm bot, nicht wahr. Er glaubte wohl immer noch, dass er es auf seine Art schneller und gründlicher erledigen könnte. Obwohl er zusammengesunken im Sattel hockte, hob er den Colt. Buck hatte jetzt keine andere Wahl. Sein Leben stand auf dem Spiel. Es wurde von dem unerbittlichen Gegner bedroht.

Die Mündungslichter schienen sich zu kreuzen, denn beide hatten zur gleichen Zeit gefeuert, beide zur gleichen Zeit das heiße Blei aus den Läufen herausgejagt. Die Kugel, die Buck zugedacht war, schlug dorthin, wo er gerade noch gestanden hatte. Sie traf nicht mehr, denn Buck hatte sich, während er schoss, fallen lassen. Das Geschoss schlug hinter ihm in den Boden hinein.

Smith konnte sich jetzt nicht mehr korrigieren. Mit weit aufgerissenen Augen und nach einem Halt suchenden Händen fiel er aus dem Sattel zu Boden, streckte sich und blieb bewegungslos liegen.

Buck schnellte auf, fasste sich kurz und schrie: „Nelson!“ in den Nebel hinein. „Nelson, jetzt sind wir beide dran!“

Zu Bucks Überraschung klang Nelsons Stimme zur Linken, wo sich ganz schwach die Konturen von Felsblöcken abzeichneten, auf. Es war ein Glück, dass der Rappe nicht in diese Richtung gelaufen war.

„Ich komme, Jones“, meldete sich Nelson, der sich in die Enge getrieben wusste, denn ohne Reittier konnte er seinem Gegner nicht entkommen.

By Gosh, er kam wirklich! Nelson war jedoch nicht allein. Vor sich her schob er als Deckung den alten Sattler, der sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

„Ich bin nicht so dumm wie Smith“, sagte Nelson aus der sicheren Deckung heraus, als er nahe genug herangekommen war. „Ich schieße den Alten nieder, wenn du mir keinen freien Abzug gewährst und mir den Rappen zur Verfügung stellst.“

„Nelson, du bist ein noch größerer Schuft, als ich annahm“, kam es wütend von Bucks Lippen.

„Das kümmert mich nicht, mein Freund“, höhnte Nelson. „Die letzte Begegnung hat mir gezeigt, von welcher Klasse du bist. Hoho, ich riskiere nichts!“

„Buck, nimm keine Rücksicht auf mich!“, meldete sich der alte Sattler mit bebender Stimme. „Denke an das zu erreichende Ziel!“

„Du kennst Buck Jones viel zu wenig, Oldman“, höhnte Nelson hinter ihm und drückte ihm die Coltmündung in den Rücken. „Für seine Freunde lässt er sich wahrhaftig zerreißen. Mich kümmern dagegen Freunde nicht. Sie interessieren mich nur so lange, bis die Geschäfte mit ihnen erledigt sind, dann nicht mehr. – Beeile dich, Jones, hole den Rappen.“

In diesem Augenblick ließ sich der alte Sattler wie ein Stein zu Boden fallen, und zwar so schnell, dass die von Nelson abgefeuerte Kugel sich vor Bucks Stiefel in den Boden eingrub. Jetzt stand Nelson frei da. Er war zu erschrocken, um gleich den zweiten Schuss hinterher zu jagen. Er starrte in Bucks hochgerissene Mündung hinein und hatte nicht den Mut, die eigene Waffe ein Stück höher zu reißen.

„Nelson, tritt von Gregor Stuart zurück“, forderte Buck. „Ich möchte nicht, dass du ihn noch einmal berührst!“

Bucks Stimme hatte einen stählernen Klang. Alle Erregung in ihm war mit einem Schlag verschwunden. Es war nur noch Kälte in ihm, eisige, unheimliche Kälte. Er wusste jetzt, dass er Nelson keine Chance mehr geben durfte, denn Nelson hatte seine Absicht, den alten Mann zu töten, wahrzumachen versucht. In diesem Manne war nichts Menschliches mehr vorhanden, nichts, was sein Dasein auf dieser Welt noch rechtfertigte.

Nelsons Revolverhand hing unbeweglich in der Luft. Die Mündung seiner Waffe zeigte jedoch nicht auf Buck. Kalter Schweiß stand ihm auf der Stirn. Sein Atem ging jetzt erregt. Tückisch funkelten seine Augen.

„Nun gut“, sagte er kehlig, wobei er seine Waffe betont langsam ins Halfter zurückgleiten ließ. „Du gibst mir eine Chance, weil du nicht anders kannst. Ich hätte mir an deiner Stelle nicht so große Mühe gemacht.“

Bei diesen Worten wich er von dem am Boden liegenden alten Mann weg, ganz so, wie Buck es befohlen hatte.

„Buck, er hat kein Entgegenkommen verdient“, sagte Gregor Stuart voller Grimm. „Keiner dieser Schurken hat ein menschliches Verständnis verdient.“

„Ich denke an meinen Vater, er wollte ein Wiedersehen mit mir, Oldman“, sagte Buck. „Nelson hat es verhindert. Wir haben eine besondere Rechnung zu begleichen, Nelson.“

Buck wollte seine Waffe ebenfalls ins Halfter zurückgleiten lassen, doch auf diesen Moment hatte Nelson nur gewartet. Er zog blitzschnell. Er hoffte seinen Gegner gründlich zu überraschen, doch Buck hatte das geahnt. Mit diesem Trick hatte er gerechnet. Mit einer Schleuderbewegung flog die Waffe in seine Hand, und die Kugel raste aus dem Lauf heraus.

Nelson hatte seinen Colt halb angelüftet, als ihn die Kugel voll traf. Sein höhnisch verzerrtes Gesicht veränderte sich in ungläubigem Staunen. Er fiel nicht, er stand kerzengerade da. Sein Hemd färbte sich dunkel. Sein Mund öffnete sich, als wollte er Buck noch etwas zurufen, aber es kam nur ein Gurgeln von seinen Lippen. Dann fiel er zu Boden, rollte vornüber und blieb liegen.

Über die rauchende Waffe hinweg blickte Buck auf seinen Gegner. Der Sattler rappelte sich vom Boden auf und schritt wie trunken auf Nelson zu, beugte sich über ihn und sagte: „Es ist vorbei, Buck, lass uns reiten! Der Schuft ist nicht wert, dass man den Stetson vor ihm lüftet.“

Buck gab keine Antwort. Er brauchte einige Minuten, um sich von dem schrecklichen Bann zu lösen, um über seine Nervenschwäche hinwegzukommen. Mit zitternden Händen stieß er die leeren Patronenhülsen aus den Kammern und schob neue Patronen hinein. Dann fragte er den Alten, ob er etwas abbekommen habe.

„Buck, sie haben mich geschlagen und misshandelt, sie haben die Kugeln um mich herumfliegen lassen, doch ich hatte Glück. Ich fühle mich so weit ganz wohl, wir können reiten. Wir sollten uns ein Versteck suchen, um einmal richtig auszuruhen.“

„Es hat sich eine Menge geändert, Oldman“, entgegnete Buck und berichtete dem alten Manne über die Geschehnisse, dann forderte er ihn auf, seinen alten Maulesel zu besteigen und ihm zu folgen.

Wenig später pfiff Buck seinen Rappen heran, der sich nicht weit entfernt hatte. Als er ihn eingefangen hatte und sich wieder im Sattel befand, hatte auch der Oldtimer seinen Maulesel bestiegen.

„Ich bleibe keine Minute länger mehr in der Nähe dieser drei Schurken“, sagte Gregor Stuart.

„Sie werden unter die Erde kommen, Oldman“, erwiderte Buck. „Was immer sie auch getan haben, es ist vorbei. Gegen Tote sollte man keinen Groll hegen, sie unterstehen keinem irdischen Richter mehr.“

„Sohn des Sattels, das sagst du?“

„Ich verstehe dich nicht, Alter“, erwiderte Buck. „Glaube mir, ich trage keinen Hass in mir.“

„Dann bist du einer von der besonderen Sorte, mein Junge“, entgegnete der Alte, indem er sein Maultier in Bewegung setzte.

Buck musste den Alten bald allein lassen. Er verstärkte das Tempo seines Reittiers. Meile um Meile blieb zurück. Die Nebelschwaden lösten sich auf, und die Sonne brach durch. Gegen Mittag machte er eine Rastpause. Als er dann weiterreiten wollte, sah er, dass mehrere Dutzend Reiter sich ihm näherten. Als sie nahe genug heran waren, erkannte er sie als Topfhenkel-Reiter, die von ihrem Vormann Parler angeführt wurden. Im ersten Impuls wollte er die Deckung, in der er sich befand, nicht verlassen. Parlers krumm geschlagene Nase erinnerte ihn zu sehr an das, was er in der Stadt angestellt hatte. Er gab sich einen Ruck, trieb den Rappen aus der Deckung heraus und ritt den Reitern entgegen.

Bei seinem Anblick kam der große Reitertrupp zum Halt. Parler ritt ihm entgegen, doch zu Bucks Verwunderung, ohne die Rechte an den drohend im Halfter steckenden Colt zu legen. Zwanzig Schritte vor der haltenden Reiterfront zügelten sie beide die Pferde. Sie standen sich gegenüber und blickten sich fest in die Augen.

„Jones, wenn man dich ansieht, kann man glauben, du seist der Hölle entsprungen“, sagte Parler, indem er sich über die schief geschlagene Nase tastete. „Mit meinem lädierten Geruchsorgan komme ich mir direkt wie ein Adonis vor, wenn ich dich dagegen betrachte.“

„Parler, darüber können wir uns später unterhalten“, entgegnete Buck ein wenig nervös.

„Wozu denn“, lächelte Parler, „ich mache dir keinen Vorwurf mehr, Buddy. Dein Amoklauf hatte Berechtigung, und ich musste wohl erst eine schiefe Nase bekommen, und du musstest erst in den bitteren Reigen gestoßen werden, bevor die Dinge ins Rollen kamen. Wir sind auf dem Weg zum Felsenkessel, um unsere Rinder zu holen.“

Buck war so überrascht, dass er in den Steigbügeln aufstieg. Er ließ sich gleich wieder in den Sattel zurückfallen.

„Dan Bruce, unser Boss, verzeiht dir den kleinen Kratzer, Buck Jones. Sollte ich weniger großzügig sein? Niemand würde mir dann noch in die Augen sehen. Seitdem meine guten Jungen Miland erwischten, bist du in ihren Augen ein ganz großer Mann geworden, Buddy, vor allem, weil sich Miland vor seinem Tode noch erleichtert hat. Er legte ein umfassendes Geständnis ab. Es haben eine Menge Raureiter der Vorwerke vorgezogen, lieber das Land zu verlassen, als unter Milands Führung in einem Kampf auf Biegen und Brechen zu reiten. Mir scheint aber, du kommst gerade dorther, wo wir hin wollen?“

„Genau, Parler, denn dort erwarten euch Henry Carter und Frank Dinar.“

„Und was wurde aus …“

Buck ließ ihn nicht zu Ende sprechen.

„Auf dem Wege zum Felsental werdet ihr den Sattler Gregor Stuart treffen. Er wird euch Einiges berichten können.“

„Buck Jones, wir sind der Carter-Crew eine Menge schuldig geblieben. Den Weg zum Felsenkessel kennen wir durch Milands Beschreibung. Ich möchte dich nicht aufhalten.“

„Was willst du damit sagen, Parler?“, fragte Buck mit krächzender Stimme.

Parler lächelte vielsagend. „Auf der Topfhenkel-Ranch ist jemand, der dich erwartet.“

Bucks Überraschung zeigte sich deutlich in seinen Augen. Parler hieb sein Reittier noch einige Schritte weiter vor und senkte die Stimme, so dass nur Buck ihn verstehen konnte.

„Virginia hat es mir aufgetragen, Buck Jones. Sie pflegt ihren verwundeten Vater, aber sie kann es kaum erwarten, dass ein bestimmter Reiter auf einem Rappen durch das Topfhenkel-Tor reitet.“

„Ich bringe ihr den Rappen zurück“, antwortete Buck.

Vormann Parler winkte ab.

„Sie wird ihn nicht annehmen, Buddy … aber reite nur zu und finde es selbst heraus.“

ENDE

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