Читать книгу Was gibt es Neues? - Peter Blau - Страница 11
Ihr Postfach ist voll
ОглавлениеHut ab! Über 120.000 Mails mit Fragen sind seit dem Sendungsstart im Oktober 2004 im »Was gibt es Neues?«-Postfach* gelandet. Viele davon mit mehreren Vorschlägen, einige sogar gleich mit langen Listen rätselhafter Begriffe und Begebenheiten. In Summe, so darf grob geschätzt werden, sind bislang eine Viertelmillion Fragen in der Redaktion gelandet. Und sie werden alle sorgfältig gelesen und geprüft. Ob der nicht abreißen wollenden, erfreulichen Fülle an Einsendungen zugegebenermaßen manchmal erst mit ein paar Monaten Verspätung. Mehrfacheinsendungen der gleichen Frage erhöhen aber keinesfalls die Chance, dass sie genommen wird, sondern höchstens den Unmut jenes Mitarbeiters, der den Posteingang zu bearbeiten hat. Gesichtet, aussortiert, nachrecherchiert, formuliert, geordnet, griffbereit verstaut und schließlich zu möglichst abwechslungsreichen Sendungen zusammengeschnürt wurden und werden die Fragen nämlich von Anfang an von ein und derselben Person**.
Schön wäre es natürlich, wenn jede dieser bislang eingetrudelten 250.000 Fragen auch verwendbar wäre. Leider sind es unterm Strich nur rund 1 % der Einsendungen, die es schlussendlich auch in die Sendung schaffen und deren Absender dann auch mit einem 300-Euro-Büchergutschein gebührend belohnt werden. Diese geringe »Erfolgsquote« hat viele Ursachen. Der unvermeidliche Hauptgrund sind Doubletten. Da von keinem Zuschauer erwartet werden kann, dass er sorgfältig Buch über alle – inzwischen über 2.000 – bereits gestellten Fragen führt, kommt es natürlich vor, dass besonders geeignete Begriffe immer wieder eingeschickt werden, obwohl sie bereits auf Sendung waren. Die Top 3 dieser Kategorie sind: der Suppenbrunzer, die Geräuschprinzessin und die Playboygrenze. Bitte nicht mehr einschicken. Danke!
Noch höher ist die Doubletten-Quote bei Begriffen, die auf den ersten Blick sendungstauglich erscheinen mögen, aber aus guten Gründen das Auswahlverfahren bei der monatlich einberufenen »Fragen-Sitzung« nicht überstanden haben. Woher soll ein noch so aufmerksamer Zuschauer auch wissen, welche Fragen bereits eingeschickt und intern abgelehnt wurden? Eine erfreuliche Arbeitserleichterung wäre es allerdings, wenn zumindest der unangefochtene Sieger in der Disziplin »Postfach verstopfen« in Zukunft nicht mehr täglich aussortiert werden müsste: die inzwischen tausendfach eingeschickte »Hurenkinder- und Schusterjungenregelung«. Zwei entscheidende Gründe sprechen gegen den Einsatz dieser beiden Fachbegriffe aus dem Druckerei- und Layout-Wesen:
1. Es sind – sogenannte – »One-Jokes«: Witzworte, die nur ein sehr eindimensionales und daher für das Team undankbares und für das Publikum wenig abwechslungsreiches Ratespektrum eröffnen.
2. Aufgrund der Häufigkeit der Einsendung darf inzwischen überdies davon ausgegangen werden, dass jeder, der sich an seinem Computer je mit automatischen Zeilenumbrüchen o. Ä. befasst hat, über diese Begriffe gestolpert ist. Somit zwangsläufig auch die Mehrheit der Mitglieder des Rateteams.
Im Internet vermehren sich überdies oft in Windeseile Geschichten und Meldungen, die zwar nur schwer zu widerlegen, aber deswegen nicht weniger falsch sind. Ein besonders schönes Beispiel dafür ist der einem simplen Übersetzungsfehler geschuldete »Katzendieb«. Auf Dutzenden Seiten findet sich die merkwürdige Meldung, dass es in Australien gesetzlich verboten sei, mit schwarzer Kleidung, schwarzen Filzschuhen und schwarz angemaltem Gesicht in der Öffentlichkeit zu erscheinen, weil man sonst für einen Katzendieb gehalten und eingesperrt wird. Wahr ist vielmehr, dass es sich laut einem uralten australischen Gesetz bei einem so adjustierten Gesellen nur um einen sofort dingfest zu machenden »catburglar« (Einschleichdieb) handeln kann, der auf leisen Pfoten seinem kriminellen Geschäft nachgeht. Mit Katzen hat er nichts am Hut.
Ein nie versiegender, vorzugsweise stoßweise sprudelnder Quell oftmals gleich Dutzender gleichlautender Einsendungen sind TV-Sendungen und Tageszeitungen. Redaktionsintern wurde dieses Phänomen nach der bei Fragen-Fahndern beliebten populärwissenschaftlichen Fernsehsendung »Galileo«-Effekt* getauft. Die Autoren dieser und ähnlicher Sendungen und Zeitungsseiten haben oft ein besonderes Faible für wissenschaftliches Fachvokabular, um ihren Geschichten einen möglichst gelehrten Anstrich zu verleihen. Wenn der Redaktion der Begriff als Rätselwort brauchbar erscheint, gibt es in diesen Fällen keine fairere Lösung, als dem Ersteinsender den Büchergutschein zukommen zu lassen. Da entscheiden oft Sekunden. Auch aktuelle Berichte und Meldungen über kuriose Vorkommnisse aus aller Welt sind für das fleißige Publikum beliebte Inspirationsquellen. Und das oft völlig zurecht. Nicht selten landet daher ein derartiges originelles Ereignis nach einer Erwähnung z. B. in der »ZiB 24« innerhalb weniger Minuten über fünfzig Mal im Posteingang. Doch in diesem Fall ist der Schnellste nicht unbedingt gleichzeitig auch der Sieger. Mit der Geschichte allein fangen wir nämlich nur wenig an, mag sie auch noch so lustig sein. Auf die richtige Fragestellung kommt es an!
* Das Kontaktformular ist am einfachsten via www.wasgibtesneues.at oder tv.orf.at/wasgibtesneues erreichbar. Die Mailadresse lautet wasgibtesneues@orf.at.
** Da es sich bei dieser Person – Sie ahnen es bereits – um den Autor auch dieses Buches handelt, bitte ich ggf. um Nachsicht, wenn ich bei unserer Tour hinter die Kulissen von »Was gibt es Neues?« gelegentlich in die erste Person abgleite. Sonst liefe ich Gefahr, über mich selbst in der dritten Person schreiben zu müssen. Und man soll dem Wahnsinn ja nicht fahrlässig Vorschub leisten. Schon gar nicht als mehrfach vorbelasteter Patient, der sein Gehirn täglich mit überwiegend nutzlosem Fraktal-Wissen anfüllen muss, dabei den Überblick über Zehntausende Fragen nicht verlieren darf und zu allem Überfluss auch noch für den ORF tätig ist. Da schrammt man ohnedies schon regelmäßig an der Schwelle zur Geistesschwäche.
* Bitte schicken Sie uns den Begriff »Galileo-Effekt« nicht ein. Ich habe ihn selbst erfunden. Und für von mir selbst erfundene Begriffe schenken wir sicher niemand anderem einen Büchergutschein.