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Diagnostik
ОглавлениеDie Wechselwirkungen zwischen Parodont und Endodont gestalten die Differenzialdiagnose primär endodontisch oder primär parodontal verursachter Prozesse schwierig und erfordern eine sehr genaue Diagnostik. Verschiedene Symptome können sowohl endodontalen als auch parodontalen Ursprungs sein (Übersicht 1).
Übersicht 1 Symptome, die sowohl endodontalen, als auch parodontalen Ursprungs sein können.
• Erhöhte Sondierungstiefen |
• Marginale Suppuration |
• Schwellung der Gingiva |
• Fistelbildung |
• Perkussionsempfindlichkeit |
• Erhöhte Zahnbeweglichkeit |
• Horizontale Attachmentverluste |
• Vertikale Knocheneinbrüche (Röntgen) |
• Interradikuläre Osteolyse (Röntgen) |
Das Leitsymptom für die Differenzierung primär endodontal bzw. parodontal verursachter Läsionen ist die Sensibilität des Zahnes auf Kälte oder galvanischen Strom. Bei negativer Sensibilität liegt eine endodontische, bei positiver Sensibilität eine parodontale Ursache nahe. Bei mehrwurzeligen Zähnen ist dieses Kriterium jedoch häufig trügerisch. Partielle Pulpanekrosen können zu periapikalen, lateralen oder interradikulären Osteolysen oder Eiterungen führen, während die Restvitalität des nichtnekrotischen Pulparestes nach wie vor für einen positiven Sensibilitätstest sorgt.
Die Differenzialdiagnose zwischen primär endodontaler Läsion bei partieller Pulpanekrose und tiefer primär parodontaler Läsion, die zu einem Parodontalabszess geführt hat, ist diffizil. Hilfreich ist es, bei der Röntgendiagnostik einen röntgenopaken Stift (z. B. Guttaperchapoint) in die Fistel/parodontale Tasche einzuführen (Abb. 7c, 8). So lässt sich häufig der Ursprung der Eiterung (z. B. periapikale Region) darstellen. Hinweise für eine primär endodontal verursachte Läsion sind kariöse Läsionen (Abb. 8b) oder pulpanahe Restaurationen und Kronen2. Bei etwa 10 % der Kronen kommt es in den ersten 10 Jahren nach Präparation zu Pulpanekrosen. Bei einem Patienten, der generell keine oder wenig Attachmentverluste oder Knochenabbau und nur isoliert an einer Stelle eine stark erhöhte Sondierungstiefe mit Suppuration aufweist (endodontal-parodontale Läsion ohne Beschädigung der Wurzel bei Patienten ohne Parodontitis: Grad 1), sprechen die Befunde für eine primär endodontale Läsion (Abb. 7c, 8). Ein Patient, der auch an anderen Stellen lokalisiert oder generalisiert tiefe Taschen sowie Knochenabbau zeigt, bei dem aber der Beschwerden bereitende Zahn endodontisch nicht vorgeschädigt ist, hat mit hoher Wahrscheinlichkeit eher ein primär parodontales Problem. Eine periapikale hypodense (radiotransluzente) Zone auf zweidimensionalen Röntgenbildern muss kein eindeutiger Hinweis auf eine Läsion primär endodontaler Genese sein. Die dreidimensionale Ausdehnung primär parodontaler Knochentaschen kann je nach Projektion periapikale Osteolysen vortäuschen (Abb. 9).
Abb. 8a, b Jugendlicher Patient mit Beschwerden an Zahn 26. Klinisch findet sich mesiobukkal 26 eine Sondierungstiefe von 11 mm mit Suppuration; der Zahn reagiert positiv auf Sensibilitätstest. Ein Vorbehandler hatte bereits die Diagnose Parodontalabszess gestellt und ein subgingivales Scaling durchgeführt, bevor er zur systematischen Parodontalbehandlung überwies. a) Panoramaschichtaufnahme: kein Anhalt auf Knochenabbau; b) Zahnfilm 26 mit Guttaperchapoint in der mesiobukkalen Tasche: mesial bis ins Dentin reichende Karies, der Guttaperchapoint reicht bis in die periapikale Region. Diagnose: akute Parodontitis periapicalis ausgehend von partieller Pulpanekrose an 26. Die Chance für ein Reattachment nach Wurzelkanalbehandlung war allerdings durch das subgingivale Scaling vergeben worden.
Abb. 9 Palatinaler Knochendefekt primär parodontalen Ursprungs, dessen apikale Ausdehnung sich als periapikale hypodense (radiotransluzente) Zone auf das Röntgenbild projiziert: a) schematisch (nach10); b) Röntgenbild von Zahn 15 mit Guttaperchaspitzen in den parodontalen Taschen (Sondierungstiefen [ST] an allen 3 palatinalen Stellen 11 mm, Mobilität Grad III)11; c) Röntgenbild 7 Monate nach Schienung mit Komposit in Säure-Ätz-Technik und subgingivaler Instrumentierung mit systemischer Antibiotikagabe: knöcherne Auffüllung, ST maximal 5 mm11.
Auch die Geschwindigkeit, mit der eine Läsion voranschreitet, kann Hinweise auf die Genese geben: Parodontitis ist eine chronische Erkrankung mit zumeist langwierigem Verlauf. Entsteht isoliert an einer Stelle innerhalb von nur 2 Jahren ein Knocheneinbruch, der bis ins apikale Wurzeldrittel reicht, sind eine primär endodontale Genese oder eine vertikale Wurzelfraktur sehr wahrscheinlich (Tab. 2). Ein weiteres Unterscheidungskriterium kann die Form der knöchernen Läsionen sein: Nach koronal weite und sich nach apikal v-förmig verengende Defekte weisen auf Läsionen primär parodontalen Ursprungs hin, während runde und halbrunde Querschnitte, bei denen sich der Knochen nach koronal wieder verengt, eher auf primär endodontale Läsionen hinweisen (Tab. 2, Abb. 10). Die knöcherne Läsion hat dort ihren größten Durchmesser, wo sie ihren Ausgang nahm.
Abb. 10 Der endodontal verursachte Entzündungsprozess zerstört die Verbindung zwischen den im Knochen und im Wurzelzement verankerten Desmodontalfasern. Der proximale Anteil dieser Fasern bleibt aber anscheinend zumindest anfangs intakt (Abb. 5), sodass sich nach Eliminierung der endodontalen Entzündungsursache durch Wurzelkanalbehandlung die Kontinuität der Desmodontalfasern wiederherstellen kann. Röntgenaufnahmen von Zahn 22, der bei Erstbefundung asensibel auf Kältetest reagierte: August 1997: Masterpoint-Röntgenaufnahme: Distal erstreckt sich eine knöcherne Läsion vom Limbus alveolaris bis zum Apex. Die knöcherne Läsion hat ihre größte Ausdehnung im apikalen Wurzeldrittel; September 2000: nahezu vollständige Auffüllung des Knochendefekts nach Desinfektion und Füllung des Wurzelkanals.
Tab. 2 Differenzialdiagnose zwischen primär parodontaler und primär endodontaler Ätiologie einer endodontal-parodontalen Läsion.
Kriterium | Primär parodontal | Primär endodontal |
Sensibilitätstest | positiv | negativ |
Cave: partielle Pulpanekrose bei mehrwurzeligen Zähnen | ||
Progression | langsam | rasch |
Gesamtbefund | generalisierte Parodontitis | generalisiert keine oder wenig Parodontitis, aber Karies oder große Restaurationen am betroffenen Zahn |
röntgenologische Knochentasche | koronal weit, sich nach apikal v-förmig verengend | runde und halbrunde Querschnitte, bei denen sich der Knochen nach koronal wieder verengt |
Vertikale Wurzelfrakturen sind ebenfalls schwierig zu diagnostizieren. Häufig führen erst Beschwerden des Patienten zu ihrer Entdeckung. Typisch sind ein dumpfer Entlastungsschmerz nach Okklusionskontakt und isoliert stark erhöhte Sondierungstiefen an wurzelkanalgefüllten Zähnen, insbesondere bei Versorgung mit Stiftaufbauten2. Mittels traditioneller Projektionsröntgentechnik ist der Frakturspalt nur darstellbar, wenn die Fragmente deutlich disloziert sind. Liegt er in orovestibulärer Richtung, also parallel zum Zentralstrahl, wird er vom Wurzelkanalfüllmaterial oder Wurzelstift überlappt; liegt er in mesiodistaler Richtung, also senkrecht zum Zentralstrahl, erzeugt er keinen Kontrast. Mit einer diagnostischen Sonde kann versucht werden, den Frakturspalt zu tasten. In manchen Fällen ist es erforderlich, die deckende Gingiva im Sinne einer Lappenoperation aus diagnostischen Gründen zu mobilisieren, um den Frakturspalt darzustellen10. Bei der Darstellung des Frakturspaltes kann das Anfärben z. B. mit Jodlösung hilfreich sein. Die Darstellung des Frakturspaltes ist erforderlich, um die vertikale Wurzelfraktur differenzialdiagnostisch gegen einen endodontischen Misserfolg durch Exazerbation der periapikalen Läsion mit Fistelung nach marginal abzugrenzen. Während die Prognose der vertikalen Wurzelfraktur infaust ist7, kann bei endodontischem Misserfolg die Revision der Wurzelkanalfüllung versucht werden.